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Magische Momente
(Quelle: Horsepower 2010 von Frauke Delius - Update 06.09.2010)
Es hängt so vieles am Kauf eines Pferdes bei einer Vollblut-Auktion, dass man vor lauter Rascheln der Katalogseiten und Rauschen in Expertengesprächen kaum noch an die magischen Momente glauben kann, dass da einer ein Pferd einfach so kauft, weil es ihm auf den ersten Blick gefällt. Wenn so ein Pferd dann auch noch ‚Galopper des Jahres‘ wird und das bedeutendste Stutenrennen Deutschlands gewinnt, den Henkel – 151. Preis der Diana, Gr. I, und ein Jahr später noch den 138. Großen Mercedes-Benz Preis von Baden, dann bekommt so eine Geschichte fast etwas märchenhaftes, besonders wenn das Pferd so einen Namen trägt: Night Magic.
Aber sie ist wahr, diese Geschichte. Hans-Gerd Wernicke hat sie uns erzählt. Der 79-jährige Unternehmer aus der Nähe Salzburgs (= Stall Salzburg) ist der glückliche Käufer und Besitzer von Night Magic. Ein Späteinsteiger in den Galopprennsport, „ich bin erst seit 2005 dabei“. Bei der BBAG-Jährlingsauktion 2007 habe er gemeinsam mit seinem ständigen Agenten Dirk Eisele von der BBA Germany viele Pferde besichtigt und Pedigrees studiert, aber der Moment, als eine Schimmelstute von Sholokov aus der Night Woman mit der Lot-Nummer 97 die Auktionshalle betrat, gehört wohl zu den magischen : „Sie kam in den Ring und hat sich so toll präsentiert, da habe ich sie spontan gekauft“, erzählt Hans-Gerd Wernicke, „die hatten wir vorher völlig außer Acht gelassen.“
43 000 € kostete der Zuschlag für dieses Angebot des Gestüt Etzeans. Im Nachhinein ein echtes Schnäppchen, doch im ersten Moment hielt sich der Begeisterung beim Anruf zu Hause am anderen Ende der Telefonleitung in Grenzen. Aber, „wenn in einer Familie so ein pferdeverrückter Mensch ist, wie ich es bin, dann wird das schon akzeptiert“, heißt es mit einem Lächeln. Lange genug hat sich Hans-Gerd Wernicke mit seiner Passion zurückgehalten, „irgendwann muss man schließlich das Geld verdienen, sonst kann man sich Pferde nicht leisten.“ Und man darf wohl davon ausgehen, dass das nicht „im Schlaf“ ging, wie es gerne erzählt wird, wenn ein Unternehmer, sein Geld mit Matratzen und Schlafsystemen der Marke Wenatex verdient.
Dabei hat Hans-Gerd Wernicke sein Berufsleben mit Pferden begonnen. War Gestütswärter im Haupt- und Landgestüt in Neustadt an der Dosse, „das liegt 100 Kilometer vor Berlin in der Mark-Brandenburg“. Aber seit 1952 sei er beruflich total von den Pferden weg gewesen, hobbymäßig habe er sich einige Jahre im Münchner Traberlager engagiert, sogar eine Amateurfahrerprüfung abgelegt, „leider hat es nicht zu einem Sieg gelangt.“ Aber 1978 war auch damit Schluss. Dass nach Warmblutpferden und Trabern auch noch die Galopper zum Zuge kamen, war Zufall. „Das kam über einen Freund, Günter Engelhardt vom Gestüt Breitenfeld. Der hatte ein Pferd bei Wolfgang Figge in München im Training und habe auch ich anfangen, mich für den Galopprennsport zu interessieren.“
Der Rest der Geschichte ist schnell erzählt. Man fand sich sympathisch. „Wolfgang Figge ist ein exzellenter Pferdemann, war mehrfach bayerischer Champion-Trainer und ist menschlich ein sehr netter Kerl“, heißt es. Was die Zusammenarbeit angeht, so Wernicke, „bin ich konsequent meinen eigenen Weg gegangen.“ Die RennpferdeTrainingsCenterGmbH (www.rtcgmbh.com) wurde ins Leben gerufen, zehn angestellte Mitarbeiter arbeiten im Rennstall, der Trainer Wolfgang Figge gehört dazu. Der Name ‚Stall Salzburg‘ unter dem zur Zeit 16 Rennpferde für Hans-Gerd Wernicke laufen ist schnell erklärt: „Ich wohne vier Kilometer von Salzburg entfernt, mindestens einmal in der Woche bin ich in München im Stall, denn ich lege großen Wert auf eine harmonische Zusammenarbeit und empfinde große Verantwortung gegenüber meinen Mitarbeitern, das ist Teil des Erfolges.“ Und einen großen Anteil an diesen glücklichen Fügungen trägt sicher auch Night Magic. „Sie war immer topgesund, hat sich schon als Zweijährige im BBAG-Auktionsrennen toll präsentiert und ist dann ihren Weg gegangen“, gerät Wernicke ins Schwärmen.
Natürlich gab es schon Kaufangebote für diese Stute, sie ging sogar schon einmal in Deauville durch den Auktionsring, wo sie der Besitzer für 800 000 € zurückgekauft hat. So ein Pferd, mit dem man so viel Spaß hat, gibt man eben nicht so einfach her. „Aber irgendwann muss ich auch an die Zukunft des Pferdes denken“, räumt Wernicke ein, „das möchte ich noch offen lassen.“ Selber züchten möchte er nicht. „Das braucht viel Zeit und ich habe ein Alter erreicht, in dem ich mich frage: Lohnt sich das noch?“ Wenn, dann wolle er die Pferde auch sehen und miterleben dürfen, wie sie aufwachsen, „eine Stute einfach so aufstellen und einmal in der Woche zum Streicheln vorbeikommen, das würde mir nicht reichen.“ So wird Gerd-Wernicke auch bei dieser BBAG-Jährlingsauktion wieder mit seinem Agenten unterwegs sein und seinen Derbystarter für 2012 suchen: „Das wäre schon ein großer Traum, in diesem Jahr ist es mir nicht geglückt, aber immerhin war ich mit meinem in Frankreich trainierte Pain Perdu schon Dritter im französischen Derby.“
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