TurfTimes:
Ausgabe 297 vom Donnerstag, 26.12.2013
Wenn der Sieger im Deutschen Derby zu einer Quote von 321:10 zum Zuge kommt, somit einer der größten Außenseiter im Feld ist, dann könnte der Eindruck entstehen, es sei ein Zufallssieger gewesen. Eine einmalige Leistung eines möglicherweise gerade an diesem Tage besonders glücklichen Pferdes. Pastorius war an jenem 1. Juli 2012 sicher ein Pferd, das nur ganz wenige im Blick hatten, aber sein Erfolg war, wie sich danach herausstellen sollte, alles andere als eine Eintagsfliege. Er hat vielmehr eines der am besten besetztes Derby der letzten Jahre gewonnen.
Zu jenem Zeitpunkt war Pastorius allerdings etwas aus dem Blick verschwunden, denn nach einer tadellosen Zweijährigen-Karriere war er dreijährig vor Hamburg zweimal nur unauffällig gelaufen. Er galt als zweifelhafter Steher und es war ein Derby, in dem mit Novellist einer der heißesten Favoriten der jüngeren Geschichte an den Start kam, er galt gemeinhin als unschlagbar. Doch es sollte anders kommen.
Erster Start, erster Sieg: Pastorius gewinnt in Baden-Baden 08.10.2011. www.galoppfoto.de - Sarah BauerZweijährig war Pastorius eines der besten Pferde des Jahres. Am Ende der Saison sollte er ein Rating von 94 Kg bekommen, höher eingestuft wurden nur der "Winterfavorit" Tai Chi (96 Kg) und Pakal (94,5 Kg). Los ging es in Baden-Baden während der großen Woche, als Pastorius in einem 1500m-Rennen nur an seinem späteren Stallgefährten Kolonel (Manduro) scheiterte. Er lief dann im Winterfavorit-Trial, einem Listenrennen in Köln, dort war Black Arrow (Teofilo) in einer knappen Entscheidung mit einem Kopf vor Pastorius, der allerdings sehr schwache Rest war meilenweit zurück. Es ging dann im Oktober noch einmal nach Baden-Baden, wo Pastorius diesmal in einem Fünferfeld als 13:10-Favorit antrat und Feuerblitz (Big Shuffle) und drei anderen nach 1600m keine Chance ließ. Sein Trainer Mario Hofer sattelte ihn dann auf der Heimatbahn, im Herzog von Ratibor-Rennen (Gr. III). Favorit war Black Arrow, der nach dem Kölner Rennen nicht mehr gelaufen war, ohnehin noch keine Niederlage hinnehmen musste. Doch Pastorius, wie in Iffezheim mit Terry Hellier im Sattel, konnte diesmal den Spieß umdrehen, gewann sehr leicht gegen Black Arrow, im weiteren Feld waren mit Dabbitse (Soldier Hollow) und Energizer (Monsun) immerhin zwei spätere Gruppe-Sieger.
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Dreijährig ging es mit Rang vier im Dr. Busch-Memorial (Gr. III) los, das Amaron (Shamardal) gegen Energizer und Auenturm (Ransom O'War) gewann, Pastorius wurde Vierter, ordentlich, aber nicht überragend. Das Mehl-Mülhens-Rennen - German (Gr. II) war das nächste, logische Ziel, dort spielte Pastorius keine Rolle. Er kam in dem von Caspar Netscher (Dutch Art) gewonnenen Rennen nur auf den siebten Platz, eine Enttäuschung. Sein Trainer entschloss sich, das Pferd bis zum Derby zu schonen, womit es nahezu endgültig vom Radar verschwand.
Pastorius auf dem Weg zum Derbysieg. Foto: Sebastian Höger
14 Pferde gingen am 1. Juli 2011 beim 143. Deutschen Derby in Hamburg-Horn an den Start, auf 17:10 war Novellist herunter gewettet worden. Er kam als in vier Rennen ungeschlagener Kandidat an den Start, hatte zuvor das Union-Rennen mit fünf Längen Vorsprung gewonnen. Am Toto waren ansonsten noch der von Frankie Dettori gesteuerte Black Arrow und der aktuelle Derby Italiano (Gr. II)-Sieger Feuerblitz beachtet worden. Pastorius war völlig vergessen, zumal er auch aus der äußersten Startbox das Rennen aufnehmen musste. Doch es sollte sein Tag werden, auch weil sein Jockey Terry Hellier eines der besten Rennen seiner Karriere ritt - er war an diesem Tag der richtige Mann auf dem richtigen Pferd. Ganz sicher war Pastorius nicht der größte Steher. Er gewann nur einmal in seiner Karriere über 2400 Meter, das war in Hamburg, wobei ihm ein relativ langsam gelaufenes Rennen und der gute Boden zupass kam.
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Der Rekordsieg in München: Pastorius gewinnt den Großen Dallmayr-Preis, Gr. I, mit acht Längen vor Durban Thunder und Zazou. Fotos - Wiebke Brem (links) und Sebastian Höger (rechts)
Seine beste Strecke waren vermutlich 2000m, was er beim darauffolgenden Start im Grossen Dallmayr-Preis zeigte. Er setzte sich gegen ein gutes Feld mit Durban Thunder (Samum) und Zazou (Shamardal) an der Spitze in großem Stil durch, im Ziel waren es acht Längen Vorsprung. Es waren zwar nur hierzulande Pferde am Start, doch die konnten schon laufen und der Stil des Sieges war schon bedeutend.
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Im Grossen Preis von Baden (Gr. I) war er der beste Dreijährige, nur die fabulöse Danedream (Lomitas) und Ovambo Queen (Kalatos) waren besser, Novellist kam auf den vierten Rang. Der Grosse Preis der Einheit (Gr. III) über 2000m in Berlin-Hoppegarten wurde als Pflichtaufgabe angesehen, als 14:10-Favorit ging Pastorius an den Start, doch auch solche Rennen müssen erst einmal gewonnen werden, er setzte sich leicht gegen Durban Thunder durch.
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Pastorius mit Adrie de Vries gewinnt den 22. Westminster Preis der Deutschen Einheit. www.galoppfoto.de - Frank Sorge
Es sollte sein letzter Start in Deutschland gewesen sein. 17 Tage später lief er in den Qipco Champion Stakes (Gr. I), das durch den finalen Auftritt von Frankel (Galileo) zu einem echten Spektakel wurde. Pastorius verkaufte sich glänzend, kam 7 3/4 Längen hinter dem Ausnahmepferd ins Ziel, vor ihm waren noch Größen wie Cirrus des Aigles (Even Top) und Nathaniel (Galileo), besser konnte er nicht laufen, was noch mit knapp €84.000 belohnt wurde.
2013 sollte er nur noch dreimal an den Start kommen, es begann gleich mit einem Paukenschlag. Mario Hofer sattelte ihn im Prix Ganay (Gr. I) über 2100m in Longchamp, erstmals saß Olivier Peslier im Sattel. Die Konkurrenz bestand aus gestandenen internationalen Grand Prix-Pferden, als Favoritin war Giofra (Dansili) aufgaloppiert. Pastorius war trotz der Pause gleich in Bestform, wurde früh in die Entscheidung geworfen und hatte es am Ende eigentlich nur noch mit seinem jetzigen Boxennachbarn Maxios (Monsun) zu tun. In einem Feld mit insgesamt fünf Gr. I-Siegern - Maxios war es zu diesem Zeitpunkt noch nicht - war es eine hervorragende Leistung.
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Seine beiden anderen Starts in diesem Jahr standen unter einem ungünstigen Stern. Sowohl in Kranji beim Singapore Airlines International Cup (Gr. I) wie auch in Sandown in den Coral-Eclipse (Gr. I) passte es in mehrfacher Hinsicht nicht. Mitte August zog sich Pastorius in der Vorbereitung auf den Großen Preis von Baden (Gr. I) eine Fissur zu, was letztendlich das Finale der Karriere bedeutete.
Der Derbysieger von 2012 hat jetzt seine Deckhengst-Box im Gestüt Fährhof bezogen: Pastorius mit Terence Hellier, Trainer Mario Hofer (links) und Besitzer Franz Prinz von Auersperg nach dem Sieg im 143. Deutschen Derby. www.galoppfoto.de - Frank Sorge
Pastorius stammt aus dem ersten Jahrgang von Soldier Hollow (In The Wings), der etwas mehr als fünfzig Köpfe umfasst, darunter sind erstaunliche elf Pferde, die Black Type erzielt haben. Pastorius ist schon das herausragende Pferd, aber auch Dessau, Dabbitse und Salon Soldier sind zu erwähnen. Und es sicher mehr als eine Fußnote, dass sein Sohn Arctic Fire gerade Dritter in einem Gr. I-Hürdenrennen in Fairyhouse/Irland war. Die darauffolgenden Jahrgänge sind quantitativ deutlich schwächer ausgefallen, sie umfassen 25, 20 und 17 Köpfe, bei der letzten Zahl handelt es sich um die (Noch)-Jährlinge. Danach werden die Jahrgänge wieder wesentlich kopfstärker. Immerhin gab es bei den Dreijährigen Spitzenpferde wie Ars nova und Ivanhowe, im Zweijährigen-Jahrgang sind Aurelio Real und Filaga zu erwähnen, hinzu der aktuell in Hong Kong für rund €430.000 verkaufte Diskus.
Die Mutter Princess Li hat neben Pastorius bislang vier weitere Nachkommen gebracht. Princess Lala (Royal Dragon) gewann in den Farben der Familie Schwinn die Goldene Weintraube der Pfalz in Haßloch, 26 Starts benötigte sie für einen einzigen Sieg. Inzwischen ist sie in der Zucht, in diesem Jahr kam ihr Erstling zur Welt, eine - natürlich - von Soldier Hollow stammende Stute, als Züchter zeichnen David und Hans-Peter Schön. Nach Princess Lala kam Point Blank (Royal Dragon), ein dreifacher Sieger u.a. im Ausgleich, mehrfacher Gruppe-Platzierter und in der Vergangenheit gelegentlicher Tempomacher von Pastorius. Nach diesem gab eine zwei Jahre alte Sholokhov-Stute und in diesem Jahr ein Hengstfohlen von Soldier Hollow. Princess Li selbst, die aus dem vierten Jahrgang von Monsun stammt, war eine solide, wenn auch nicht überragende Stute, sie gewann drei Rennen, ihr bestes Rating lag bei 69kg.
Die nächste Mutter, die von Susanne und Wolfgang Porsche gezogene, nicht gelaufene Princess Dancer (Suave Dancer) hatte ihre goldene Stunde sicher bei der Geburt von Princess Li. Princess Dancer beendete ihre Karriere in der polnischen Vollblutzucht, immerhin verzeichnen die Annalen dort drei von ihr stammende Sieger. Einer davon, der jetzt vier Jahre alte Prince of Ecosse ist jedoch mehrfacher Sieger, gehörte zu den besseren Pferden des Landes. Sein Vater Ecosse (Peintre Celebre) ist ein vom Gestüt Ammerland gezogener Sohn der Prix Corrida (Gr. III)-Siegerin Elacata (Acatenango), der in Polen wenige Male gelaufen ist, vor allem auf Grund seiner Abstammung aufgestellt wurde. Princess of Leone (Leone), deren Vater ebenfalls Ammerländer ist, war sechsfache Siegerin. Die Linie hat auch in Schlenderhan Akzente gesetzt, etwa durch den Gr.II-Sieger und Deckhengst Arcadio (Monsun). Und wenn man noch etwas tiefer ins Pedigree hereinschaut, dann gibt es sogar eine Verbindung zum Fährhof. Pastorius siebte Mutter ist die 1957 geborene Tudor Love, deren Tochter Love In (Crepello) einer der frühen Ankäufe von Walther J. Jacobs war und in Fährhof eine bedeutende Linie gegründet hat. So ist die vierte Mutter des großen Lomitas (Niniski) eben Tudor Love - Pastorius trifft also auf dem Fährhof entfernte Verwandtschaft.
Pastorius im Profil:
Pastorius (GER) 2009
b., H., v. Soldier Hollow - Princess Li v. Monsun
6 Siege inkl. Prix Ganay, Longchamp, Gr. I, Großer Dallmayr-Preis - Bayerisches Zuchtrennen, München, Gr. I, SPARDA 143. Deutsches Derby, Hamburg, Gr. I, Westminster 22. Preis der Deutschen Einheit, Hoppegarten, Gr. III, German Racing - Herzog von Ratibor-Rennen, Krefeld, Gr. III, 3mal platziert inkl. Zweiter Winterfavorit-Trial, L., Dritter Longines - Grosser Preis von Baden, Baden-Baden, Gr. III (14 Starts, Gewinnsumme: 753.960 €, GAG: 101 Kg)
Züchter: Franz Prinz von Auersperg u. Florian Haffa
Besitzer: Stall Antanando
Standort: Stiftung Gestüt Fährhof
Decktaxe: € 6.500