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Der Arc 2017 - das Fazit

Bad in der Menge: Enable nach dem Sieg im "Arc". www.galoppfoto.de

Autor: 

Catrin Nack

TurfTimes: 

Ausgabe 488 vom Donnerstag, 05.10.2017

Getreu dem Motto, dass man sich im Leben immer zweimal trifft, pilgerten Rennsportfans aller Nationen auch am 2017 in das beschauliche Städtchen Chantilly, le Capitale Du Cheval, wie das Ortsschild verrät. Schon im Vorjahr hatte man hier, während die Pariser Paradebahn Longchamp ein totales Facelift erhält, das wohl bedeutendste Pferderennen Europas ausgetragen; nun traf man sich erneut auf dieser historischen, ca. 1840 erbauten Rennbahn, die, im Schatten des Schlosses und seinen prächtigen Stallungen gelegen, zwar nicht den Raum Longchamps´, dafür aber einen durchaus stilvollen Rahmen bieten konnte.

Zum 95. Mal wurde der „Arc“ ausgetragen; im Jahr 1920 aus der Wiege gehoben, hatte es nur in den Kriegsjahren zwei Ausfälle gegeben. Die Siegerliste liest sich wie ein Who-is-who des europäischen Rennsports, klangvolle Namen bei Zwei- und Vierbeinern, vornehmlich natürlich aus Frankreich, England und Irland, aber auch Italien und natürlich zwei Pferde aus deutschen Ställen sind zu finden. Und auch nach all den Jahrzehnten traten in diesem Jahr Dinge ein, die es bisher noch nie gegeben hatte, Rekorde wurden gebrochen. Die Siegerin eine junge Stute, die erste ihres Landes, der siegreiche Jockey – der vielleicht beste Reiter seiner Generation – nun im wahrsten Sinne alleiniger „Spitzenreiter“ mit fünf Siegen. Der siegreiche Trainer gewann nach 2015 seinen zweiten Arc, die Trainer der drei Erstplatzierten Pferde sind – ein Jeder für sich – Legenden der Zunft. „Es ist kein Rennen, es ist ein Monument“ war einst der Werbeslogan für den Arc, und die jüngste Austragung des Rennens fiel nicht aus dem Rahmen. 

Es war allein das Wetter, das enttäuschte, wenn sich auch die vorhergesagten Regengüsse nicht einstellen sollten. Doch nach sonnenverwöhnten Jahren in sommerlichen Temperaturen hieß es in diesem Jahr eher Daunenjacke statt Sommerkleid. Der Stimmung auf der Bahn tat dies keinen Abbruch. Wie schon im letzten Jahr hatten englische und irische Besucher einen klaren Überhang, wie es ja überhaupt alljährlich die Fans der Inseln sind, die dem Renntag ihren ganz eignen Stempel aufdrücken. Dem Samstag als sanfte Einstimmung, wenn man denn einen Tag mit vier Gruppe2 und einem Gruppe1-Rennen so bezeichnen möchte, folgte der Sonntag mit einer zwar kleinen - sieben Rennen, davon ein Rennen für Arabische Vollblüter - aber ungemein feinen Karte, denn feiner als ausschließlich Gruppe1-Rennen abzuhalten kann es ja nicht sein.

Auch wenn einige der Rennen sowohl qualitativ als auch quantitativ schon bessere Austragungen gesehen hatten - darunter litt nach dem Ausfall von Englands Kult-Steher Big Orange der Prix Du Cadran am Samstag, und trotz der Battaash-Gala, und trotz Marsha, war es ein schwach besetzter Abbaye - so ließ der Prix de L´Arc de Triomphe, um das Rennen nun endlich einmal beim vollen Namen zu nennen, kaum Wünsche offen. Auf hohem Niveau bemängeln konnte man, dass der amtierende Epsom Derby Sieger fehlte, doch die achtzehn Pferde, die sich gegen 16:10 Ortszeit an der Startstelle versammelten, trugen insgesamt 27 Gruppe1- Rennen im Gepäck, darunter mit Capri und Brametot die aktuellen Derby-Sieger aus Irland und Frankreich, die in vier Gruppe1-Siegen incl. drei Oaks und den King George VI and Queen Elizabeth Stakes zuletzt ungeschlagene Enable, die zweifache klassische (Guineas) Siegerin Winter, der frische International- Sieger Ulysses, nicht zu vergessen die beiden deutschen Starter Dschingis Secret und Iquitos.

Doch es war erneut das vermeidliche schwache Geschlecht, das dem Rennen seinen (ihren!) Stempel aufdrückte, die Stute Enable, schon lange als heißer Favorit praktisch un-wettbar, und im Rückblick müssen alle „Zweifel“ an ihrem Können aus einer Art Verzweiflung heraus geboren sein, denn wie hatte man je an ihr zweifeln können? Einem englischen Rennsport-Journalisten hatte ihr Trainer John Gosden einige Einblicke in Trainingsalltag und Vorbereitung seiner Star-Stute gegeben, wie beeindruckend ihr Körperbau sei, mit so viel Platz für Herz und Lunge, und mit wie viel Freude und Eifer die Stute ihr tägliches Training meistere: „Wäre sie ein Mensch, würde sie ein Liedchen summend zur Arbeit kommen. Sie ist einfach immer aufgeschlossen und mit so viel Freude dabei.“ So war es auch eine reine Freude, dieser wunderbaren Stute hier bei der Arbeit zuzuschauen; nicht, dass sie den Sieg in dieser Prestige-Prüfung wie Arbeit aussehen ließ. Mit insgesamt mehr als 20 Längen hat  Enable nun ihre letzen fünf Rennen  - wie erwähnt allesamt Gruppe1 - gewonnen, und auch hier segelte sie mit gespitzten Ohren einem niemals gefährdeten Sieg entgegen.

Bemerkenswert auch ihr Benehmen in den tumultartigen Szenen nach dem Rennen, hier schien die Stute mit wachem Gesicht und nach wie vor neugierig gespitzten Ohren das Tohuwabohu geradezu zu genießen. Und wir sind in guter Gesellschaft, sie zu bewundern, auch wenn wir uns alle hinter ihrem Jockey Lanfranco „Frankie“ Dettori einreihen müssen.

Dettori, einer der absoluten Stars der Zunft und sicher einer der besten Jockeys der Welt, hat mit seiner Verbindung zu John Gosdens Clarehaven Stables seit Jahren einen unaufhaltsamen Aufschwung erlebt, der seine Karriere nach den fabelhaften Godolphin-Jahren und dem tiefen Fall nach einem Drogen-Vergehen und wohl auch in für ihn ungeahnte und unerwartete Höhen katapultierte. „Wenn Frankie mit sich im Reinen ist, reitet er in einer anderen Liga, ich kenne keinen besseren als ihn,“ so Gosden, der hinzufügte: „Er kommt jeden Tag zur Morgenarbeit, wir sind wie eine erweitere Familie für ihn. Es macht Spaß mit ihm und er hat ein großes Herz. Vor allem aber ist er ein hervorragender Arbeitsreiter, der einen Galopp auch wirklich lesen kann. Es gibt Top-Jockeys, die morgens absolut unbrauchbar sind - Lester Piggott ist wohl das beste Beispiel, und darum hatte Vincent O´Brien ihn morgens auch gar nicht gern im Sattel- sie wollen einfach ausprobieren, was geht. Als Trainer möchte ich die Energie und Spritzigkeit für die Rennen bewahren, und dies nicht auf den Galopps lassen, und auch hier ist Frankie unbezahlbar.“

Dettori, der weder aus seiner Begeisterung für Gosden („Ein Genie“) noch für Enable („die beste Stute, die ich jemals geritten habe“) einen Hehl machte, ist nun mit fünf Siegen der gewinnreichste Jockey des Rennens, vor Namen wie Yves St. Martin, Pat Eddery oder Olivier Peslier, die je vier Sieger ritten. Sieben der letzten zehn Arcs wurden von Stuten gewonnen, und es ist eine durchaus bemerkenswerte Tatsache, dass Enable   die erste britische Stute überhaupt ist, die den Arc gewinnen konnte; erstaunlicherweise hatte vor vergangenem Sonntag noch keine in England oder Irland trainierte 3jährige Stute je den Arc gewonnen. André Fabre (Cloth of Stars) und Sir Michael Stoute (Ulysses) stellten die Platzierten, Trainerlegenden allesamt; zusammen 210 Jahre alt  und mit tausenden von Siegen in ihrem Lebenslauf; alle drei zusammen verantwortlich für bisher 10 Arc-Sieger, von denen -Ehre, wem Ehre gebührt - allerdings sieben auf das Konto des André Fabre gehen.

Das Duell zweier Rennpferde, welches auf dem grünen Rasen ganz eindeutig von einem Pferd entschieden wurde, setzt sich nun interessanterweise auch in der Gestütslaufbahn fort, namentlich natürlich das von Frankel und Nathaniel. Wie es sich das „Schicksal“ manchmal in seltsamen Randnotizen ausdenkt, gaben beide Hengste in ein und demselben Rennen an einem Freitag Abend in Newmarket ihr Lebensdebut; ihre Rennkarriere verlief parallel, aber immer einseitig zugunsten von Frankel, auch wenn Nathaniel als zweifacher Gruppe1-Sieger (King George und Eclipse) ganz sicher kein schlechtes Rennpferd war, aber wer steht schon gut da neben einer ein 14 Rennen ungeschlagenen Legende?

Im Gestüt, mit dem Fokus der Medien und der sozialen Medien auf jedem einzelnen Nachkommen von Frankel, ist es gleichsam ein Duell auf Augenhöhe. Trotz ungleich geringerer Chancen hat  Nathaniel nun, was Frankel nach wie vor im CV fehlt, einen Star,  einen klassischen Sieger, einen (mehrfachen) Gruppe1-Sieger, ein Talking Horse, auch wenn Enable all das in Personalunion darstellt. Es schließt sich ein Kreis, wenn Enable dann die weltberühmten Farben von Khalid Abdullahs Juddmonte Farm trägt, ein weiterer, da ihr Vater natürlich ebenfalls von John Gosden, ihre Mutter Concentric aber von keinem anderen als eben André Fabre in  Frankreich trainiert wurde.

Nach dem Stand der Dinge wird uns Enable noch ein weiteres Jahr erfreuen. „Ich würde sie natürlich sehr gerne noch ein Jahr trainieren, und zu versuchen, den Arc auf zwei verschiedenen Rennbahnen zu gewinnen, ist ein interessantes Ziel“, denkt Gosden wie immer ein paar Monate voraus. Ein aktuelles Photo der Stute zeigt sie nach ihrem Arc-Sieg allerdings mit einem dicken Verband um das Hinterbein. Es bleibt zu hoffen, dass dies nur eine Vorsichtsmaßnahme war. Denn es sind Stuten wie Enable, die die Fans elektrisieren, im Team mit ihrem Jockey ist sie beinahe zu gut, um wahr zu sein. Genießen wir sie, solange wir nur können.

 

Catrin Nack

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