Post aus Prag: Jockeychampionat fast wie Eishockey

Der tschechische Nationalsport ist noch immer Eishockey. Das ist wahrscheinlich die einzige Sportart der Welt, auf deren Weltmeisterschaft nicht die besten Spieler zu sehen sind, da sie mit dem Play-Off der amerikanischen NHL beschäftigt sind. Einen ähnlichen Beigeschmack hat das tschechische Jockeychampionat, um das zwar die Besten im Lande kämpfen, aber die größten Namen des Sports sind eben im Ausland tätig. Filip Minarik kämpft um sein viertes Championat in Deutschland, Václav Janácek ist wieder der Spitzenreiter der spanischen Statistik und der in Polen hocherfolgreiche Tomás Lukásek reitet inzwischen wieder in Katar. Somit machten das Championat einmal mehr der erfahrenste tschechische Jockey Jan Rája und sein junger Kontrahent Jaromír Safár unter sich aus.

Die Entscheidung fiel am letzten Renntag der Saison im nordböhmischen Most, wo Safár mit der Sprinterin Quaff (Big Shuffle) über 1400 Meter punkten konnte und mit 29 Siegen seinen dritten Titel holte. Im sportlichen Highlight des Tages, dem 1800 Meter langen Herbstpreis der Stadt Most für zweijährige Pferde, lief der mit 14:1 stark unterschätzte Mount Q (Mount Nelson) allen davon und siegte unter Martina Havelková leicht um 6 Längen vor Samanda Mandura (Manduro) und Viconte (Zambezi Sun). Der vom Newsells Park Stud gezüchtete und auf der letztjährigen BBAG-Jährlingsauktion für 40 000 Euro verkaufte Hengst, ein Sohn der Listensiegerin Quesada (Peintre Celebre), läuft in den Farben des Stalles Meridian der Familie Poledník. Er ist also ein Stallkollege des Gruppe 3-Siegers Autor und sollte eine der großen Hoffnungen der Trainerin Stepánka Mysková für die klassischen Rennen 2018 sein.

In großer Form agiert zu Zeit der Stall von Josef Vána in Italien, wo der im westböhmischen Mlýnce tätige Trainer entscheidende Schritte zum italienischen Hindernischampion gemacht hatte. Allein in der letzten Woche feierte er drei Siege und hat einen klaren Vorsprung vor dem zweiten Raffaele Romano. Am Sonntag holte sich sein Neuzugang Champ de Bataille (Dream Well) unter Josef Vána jr. das mit 95 000 Euro dotierte Gran Corsa Siepi di Milano (Gd1, 4000 Meter), als er in den letzten Metern den Favoriten Kifaaya (Intikhab) niederrang. Der sechsjährige Schimmel, ein regelmäßiger Teilnehmer von Gruppe- und Listenrennen in Auteuil, wurde erst Ende September von Scuderia Aichner SRL in Frankreich gekauft und sollte in Zukunft vor allem in Italien eingesetzt werden. Er ist ein weiteres Beispiel für die größere Orientation des Vána-Stalles auf Frankreich, wo seine Pferde bis vor kurzem nur sporadisch eingesetzt wurden. Insgesamt hat Josef Vána in der aktuellen Saison bereits 64 Sieger gestellt.

Auch das zweite große Hindernisrennen in Milan, Premio Giulio Berlingieri (Gd2, 3600 m, 66 000 Euro), ging nach Tschechien, als der dreijährige Arkalon (Tiger Groom) mit Jan Faltejsek aus dem Stall Charvát im Canter gewann und somit über Hindernisse ungeschlagen bleibt. Allerdings gab es auch einen Wermutstropfen – nach einem schweren Sturz im Hauptrennen musste der einstige Derbysieger Roches Cross (Whipper) aufgegeben werden. Ein schnelles und sehr populäres Pferd, das sich nach dem Sieg im Prager Derby auf Gruppe 2-Ebene in Iffezheim gegen Danedream versuchte und später zu weiteren Erfolge über Hindernissen gefunden hatte. Insgesamt kam Roches Cross zu 16 Siegen und einer Gewinnsumme von ca. 161 700 Euro.

Wir haben uns in dieser Kolumne öfter getraut Einschätzungen und Prognosen über verschiedene Talente der Rennsportszene zu geben. Vor mehr als einem Jahr haben wir zum Beispiel geschrieben, dass ein gewisser Bauyrzhan Murzabayev auf Anhieb eine Chance in Deutschland verdienen würde. Ein weiterer interessanter Name ist derzeit in Polen zu sehen. Dem 25-jährigen Slowaken Michal Abík, der als Stalljockey von Adam Wyrzyk agiert, ist das Warschauer Jockeychampionat nicht zu nehmen. Eine Woche vor dem Ende der polnischen Saison sicherte er sich weitere drei Siege. Mehr zu seiner Geschichte berichten wir nächste Woche.

Martin Cáp, Prag