TurfTimes:
Ausgabe 734 vom Freitag, 02.09.2022
Zum dritten Mal in Folge wird Torquator Tasso am Sonntag in die Startbox zum Großen Preis von Baden einrücken. Im ersten Jahr, 2020 und somit unter strengen Corona-Regeln, war er der „junge Wilde“ und hinter Barney Roy und Communique als Dritter immerhin bester Deutsche. Man erinnert sich mit einem gewissen Schaudern, wie geschickt die beiden englischen Starter, in unterschiedlichen Rennfarben, für verschiedene Trainer aber doch im Besitz einer Familie stehend, vom Start weg dem Rennen geschickt ihren Stempel aufdrückten. Torquator bei der Premiere im Großen Preis nur auf Platz 3: Barney Roy (links) gewinnt mit James Doyle im 148. Longines Großen Preis von Baden vor seinem Landsmann Francis Norton mit Communique. ©galoppfoto - Jimmy ClarkDas von der Spitze aus gedrosselte Tempo war Gift für den Speed eines Torquator Tasso, aber genau, was der erfahrene Globetrotter Barney Roy (Charlie Appleby, James Doyle) brauchte – tatsächlich war der Sieg im Großen Preis von Baden nicht nur sein einziger über diese weiten 2400m; es wurde auch der allerletzte seiner Karriere. Auch der zweitplatzierte Communique, der unter Francis Norton eben den langsamen Takt geschlagen hatte, konnte danach nie wieder auch nur ansatzweise eine ähnliche Form zeigen.
Das Duell gegen den Derbysieger Sisfahan (rechts) beim Großen Preis 2021: Torquator Tasso und René Piechulek gewinnen für das Gestüt Auenquelle. ©galoppfoto - Jimmy ClarkIm letzten Jahr waren die Erwartungen doch andere. Sicher – noch wusste Turf-Deutschland nicht, genau welches Goldstück in Marcel Weiß' Mülheimer Quartier schlummerte. Schießlich lag der spektakuläre Arc-Sieg noch in der Zukunft. Trotzdem trat „Tasso“ gegen den amtierenden Derby-Sieger Sisfahan (Henk Grewe, Andrasch Starke) und den unvermeidlichen Godolphin Starter Passion and Glory (Saeed Bin Suroor, Oisin Murphy) als Favorit an. An einem glühend heißen Nachmittag sollte der Fuchs dieser Rolle spektakulär gerecht werden. Vielleicht war dies gar der Tag, an dem sich nicht nur sein enges Umfeld, sondern ganz Turf-Deutschland in den eleganten Fuchs verliebte. Nun 4jährig, war es der 10. Lebensstart des Adlerflug-Sohns. Drei Siege hatte er vor diesem ersten Sonntag im September errungen, „nur“ einen auf höchster Ebene. Es war das Profil einen guten, eines sehr guten Pferdes, aber eben noch nicht das eines Spitzenpferdes. Vielleicht war es aber das Profil eines Pferdes, dem alles leichtfiel, der nur mit dem Nötigsten genug erreichte, und der dabei auch noch so verd** gut aussah. Wir alle kennen diese Leute aus unserer Schulzeit, Mitschüler, denen alles zufiel. Das Vertrauen der Wetter war daher groß, aber nicht grenzenlos. 2.8 -1 zahlte Torquator Tasso am Toto, genug, um als Favorit einzurücken, aber keine Quote, die auf den sichersten Sieg unter der Sonne schließen ließ.
Torquator Tassoss dritter Start in Deutschlands Prestige-Prüfung findet in einer kleinen, rein national besetzten Gesellschaft statt, Und doch: mit einem neuen Jockey, weil René Piechulek für seinen Stall im selben Rennen für Mendocino verpflichtet ist. Kein Geringerer als Lanfranco „Frankie“ Dettori wird sich am Sonntag in den Sattel schwingen. Werden die Jockey-Legende und unser deutscher Star „a match made in heaven“? Und welchen Widerstand wird Sammarco – oder einer der anderen Gegner – leisten können? So oder so: es wird der letzte, der allerletzte Auftritt eines der besten und schillerndsten Deutschen Rennpferde der letzten Jahrzehnte auf heimatlichem Boden werden. Der. letzte. Auftritt. Dass unsere kleine deutsche Vollblutzucht nach der langen Durststrecke innerhalb von 10 Jahren zwei Arc-Sieger stellen konnte, heißt beileibe nicht, dass der nächste nicht doch wieder Jahrzehnte auch sich warten wird warten lassen. Pferde wie Torquator Tasso sind rar, ein Juwel. Geniessen – und feiern! – wie sie, solange und so fest wir nur können.