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Derby-Splitter von Schimmeln und sonstigen möglichen Premieren

Ein episches Finale in der Union, in der die Nummer 1 für Sammarco (links) und die 2 für So Moonstruck vergeben wurden, der leider ohne Andrasch Starke im Derby laufen wird. ©galoppfoto - Sandra Scherning

Autor: 

Frauke Delius

TurfTimes: 

Ausgabe 725 vom Freitag, 01.07.2022

Das Derby - hier geht es zu der langen Liste der bisherigen 152 Sieger: Klick! - ist das Rennen, um das sich die meisten Geschichten ranken. Seit sich 1979 mit Monika Blasczyk erstmals eine Frau in den Sattel eines Derbystarters schwingen durfte und mit dem von ihrem Vater Hans Blasczyk trainierten Varanes auf einem ehrbaren 13. Platz landete, sind nicht mehr als ein Dutzend weitere Derbystarts von weiblichen Reiterinnen absolviert worden. Immerhin landete Sibylle Vogt bei der letztjährigen Derbyausgabe mit Imi (Tertullian) in den Farben von Holger Renz auf dem Treppchen, sie wurde Dritte hinter dem Sieger Sisfahan (Isfahan) und Alter Adler (Adlerflug).

Gewinnt erstmals eine Frau?

Mit ihrer klassischen Siegerin: Gestüt Brümmerhofs Novemba und Sibylle Vogt, die sie beim Sieg in den 1000 Guineas geritten hat. @Turf-Times - Frauke DeliusMit ihrer klassischen Siegerin: Gestüt Brümmerhofs Novemba und Sibylle Vogt, die sie beim Sieg in den 1000 Guineas geritten hat. @Turf-Times - Frauke DeliusGelingt vielleicht in diesem Jahr sogar der erste Sieg einer Frau im blauen Band. So schlecht stehen die Chancen nicht. Denn mit Hollie Doyle kommt der weibliche Superstar im Rennsattel aus England. Gerade hat sie mit Nashwa im Prix de Diana, Gr. I, ihr erst klassisches Rennen gewonnen. Als zweite Frau überhaupt im westlichen Europa. Und die, die es vor ihr geschafft hat, im letzten Jahr mit Novemba in den German 1000 Guineas, heißt Sibylle Vogt und ist auch wieder mit dabei. Doyle reitet sogar noch eine Stute mit dem passenden Namen Wagnis (Adlerflug) für das Gestüt Röttgen, "auf Wunsch der Besitzer", sagt der Trainer Markus Klug, "ich bin damit mehr als einverstanden, nur die Startnummer 20 gefällt mir nicht so gut." Da ist Sibylle Vogt mit der Startbox 9 mit Nerik (Ruler Of The World) auf den ersten Blick besser bedient, der geht mit der Nummer 12 ins Rennen und hat zuletzt eine bärenstarke Vorstellung im Grafenberger Derby-Trial gegeben. Damals saß noch der Nummer-1-Jockey im Schiergen-Stall, Bauyrzhan Murzabayev, im Sattel. Der wartet ja auch noch auf seinen ersten Derby- und Gr. I-Sieg und entschied sich letztlich für das Pferd, das die Nr. 1 im Starterfeld trägt: Sammarco (Camelot) für das Gestüt Park Wiedingen, der die wichtigste Vorprüfung, das Sparkasse KölnBonn - 187. Union-Rennen in Köln, Gr. II, gewonnen hat. Doch der Champion hat sich für diese Entscheidung eine lange Bedenkzeit genommen, was für Nerik und ein ohnehin sehr, sehr offenes Derby spricht.

Ein Derby ohne "Mr. Derby"

Weiß wie man in Hamburg gewinnt und reitet die Nr. 2 So Moonstruck: Lanfranco Dettori nach dem Deutschen Derby 1991 mit Temporal. ©galoppfoto - Frank SorgeWeiß wie man in Hamburg gewinnt und reitet die Nr. 2 So Moonstruck: Lanfranco Dettori nach dem Deutschen Derby 1991 mit Temporal. ©galoppfoto - Frank SorgeEiner ist nicht dabei, den alle gerne gesehen hätten, "Mr. Derby" nämlich, Andrasch Starke, der nach dem Union-Rennen wegen eines Peitschenschlags zu viel eine Sperre absitzen muss, ausgerecht beim Derby. Dem Rennen, das er schon achtmal gewonnen hat, zuletzt mit dem bereits erwähnten Sisfahan im letzten Jahr. Damit ist er gleichgezogen ist mit dem bisherigen alleinigen Rekordhalter Gerhard Streit. Dessen Erfolge datieren aus den Jahren 1938 Orgelton bis 1961 Baalim. Bei Starke fing es 1998 mit Robertico an, es folgten 2000 Samum, 2002 Next Desert, 2006 Schiaparelli, 2008 Kamsin, 2013 Lucky Speed, 2015 Nutan und eben 2021 Sisfahan. Und mit So Moonstruck(Sea The Moon), dem Wettmarkfavoriten stand ein potentieller Nachfolger bereit, doch den reitet nun ein anderer. Lanfranco "Frankie" Dettori, der nächste Superstar aus England, der auch schon mal ein Derby in Hamburg gewonnen hat, 1991 war das - mit Temporal


In diesem Jahr geht das Derby ohne ihn auf die Reise: Sisfahan mit Andrasch Starke nach dem Sieg im IDEE 152. Deutschen Derby. ©galoppfoto - Peter HeinemannIn diesem Jahr geht das Derby ohne ihn auf die Reise: Sisfahan mit Andrasch Starke nach dem Sieg im IDEE 152. Deutschen Derby. ©galoppfoto - Peter HeinemannFür Starke war es nicht die letzte Chance, sich als alleiniger Rekordhalter in die Geschichtsbücher zu schreiben, aber darum geht es ihm auch nicht. "Es tut mir unendlich leid, das mir als Vorbild und Rekordhalter sowas passiert ist. Deshalb habe ich mich bei allen meinen Besitzern und Trainer unmittelbar nach dem Rennen entschuldigt", heißt es von ihm, "ich hatte die Peitsche eigentlich längst weggepackt, dieser kleine Klaps an den Hals war ein Reflex, wie man es im Training macht, wenn man ein Pferd geradehalten will." Aber Regeln sind eben Regeln, das weiß und respektiert niemand mehr als Starke, "in England ist so eine Strafe viel schneller vorbei, weil es viel mehr Renntage gibt, aber hier wiegt das viel schwerer und wird viel mehr diskutiert." Er selber hat nichts dazu gesagt, "ich habe in alle den Jahren gelernt, dass es manchmal besser ist zu schweigen". Natürlich reitet er ganz normal in der Arbeit weiter, "das ist mein Job, ich bin sehr glücklich hier im Gestüt Röttgen, und meine Arbeit ist es auch, die Pferde optimal für die Rennen vorzubereiten." Am Samstag reisen die sieben Klug-Schützlinge Richtung Hamburg. So Moonstruck (Sea The Moon) wäre die Wahl von Andrasch Starke gewesen.

Und wieder Schlenderhan?

Das Gestüt Schlenderhan könnte die Zahl der Derbysiege mit So Moonstruck rund machen. Denn mit 1908 Sieger, 1914 Ariel, 1918 Marmor, 1927 Mah Jong, 1930 Alba, 1935 Sturmvogel, 1938 Orgelton, 1939 Wehr Dich, 1940 Schwarzgold, 1941 Magnat, 1943 Allgäu, 1949 Asterblüte , 1953A llasch, 1969 Don Giovanni, 1970 Alpenkönig, 1976 Stuyvesant, 2007 Adlerflug, 2009 Wiener Walzer und 2020 mit dem in Frankreich von Francis-Henri Graffard trainierten In Swoop landete das älteste Privatgestüt Deutschland schon 19 Treffer im "Blauen Band". Der Trainer Markus Klug wundert sich über die Favoritenstellung von So Moonstruck, "gab's das überhaupt schonmal, dass ein Pferd, das kein Grupperennen gewonnen hat, der Favorit im Wettmarkt war?" Er selber kann sich nicht festlegen, wen er aus seinem siebenköpfigen Lot vorne sieht, "das hängt wie immer im Derby auch vom Rennverlauf und von den Bodenverhältnissen ab." Immerhin nennt er seine Top-3-Kandidaten: "Für mich liegt zwischen So Moonstruck, Ardakan (Reliable Man) und Lavello (Zarak) nicht viel, da kann jeder gewinnen." Also könnte es auch einen ersten Schimmel-Sieg im Derby geben, denn Ardakan, der  neben Pirouz (Counterattack) und Bukhara (Isfahan) als einer von drei Darius Racing-Kandidaten mit der Nr. 4 ins Rennen geht, punktet mit einem klassischen Sieg im Italienischen Derby, Gr. II, während der Ittlinger Lavello, der mit seinem Derbysiegreiter Adrie de Vries im Bavarian Classic immerhin Sammarco und So Moonstruck geschlagen hat.

Queroyal - ein teurer Derbystart

Eine teuere Nachnennung gab es am Montag vor dem Derby für ein Pferd, das eigentlich schon einmal regulär im Starterfeld war. Doch statt der normalen 7.500 Euro für die Teilnahme galt es für Gestüt Paschbergs Queroyal (Churchill) aus dem Quartier von Andreas Wöhler nun ein Zehntel des Preisgeldes von 650.000 Euro, also 65.000 Euro, zu zahlen. Das Geld kommt komplett dem Hamburger Renn-Club zugute, der damit Profiteur einer neuen Regel in der Rennordnung ist, wonach ein Pferd, das einmal aus einem Rennen gestrichen worden ist, nicht einfach wieder eingesetzt werden kann, was in jüngster Vergangenheit gerade beim Derby oft genug passiert ist. Aber "Regel ist Regel" gilt auch hier. Passiert ist der teure Lapsus wohl, weil das Pferde schon ziemlich sicher auf einer Einkaufsliste australischer Interessenten stand, die signalisierten, dass ein Start in einem Deutschen Derby nicht auf ihrer Prioritätenliste stünde. Weil gerade ein Streichungstermin mit einer mittlerweile schon vierstelligen Rate anstand, wurde Queroyal gestrichen. Doch aus dem Verkauf wurde nichts, so dass ein Derbystart natürlich doch wieder ins Auge gefasst wurde, "gerade nachdem wir ja im letzten Jahr schweren Herzens auf den Start seines Bruders Quebueno (Adlerflug) verzichtet haben, weil das Derby für ihn etwas zu früh kam", hört man von Züchterin Sibylle Kirstein, die sich durch den Sieg der großen Schwester Quelinda am vorherigen Samstag im Ausgleich III in Düsseldorf die ersten 3.250 Euro, die es dort als Preisgeld gab, zurückholen konnte. 

 

RaceBets-Podcast mit Einschätzungen der Trainer

Der neuen RaceBets-Podcast, Folge 129, beschäftigt sich natürlich auch mit dem IDEE 153. Deutschen Derby und den weiteren vier Grupperennen am kommenden Wochenende in Hamburg. Neben Wett-Tipps mit Andreas Sauren gibt es Interviews der Trainer Henk Grewe, Markus Klug und Peter Schiergen, so dass es gleich für 13 von 20 Derbystartern Informationen aus ersten Hand gibt, dazu die Jockeys Michael Cadeddu, Maxim Pecheur und Adrie de Vries. Außerdem hört man Lars-Wilhelm Baumgarten, den Initiator der Besitzergemeinschaft von Liberty Racing 2020, der sich über die Qualiifikation von Assistent (Sea The Moon) freut, der nach gesundheitlichen Problemen buchstäblich mit dem letzten Galoppsprung im Großen Preis von meravis auf Listenparkett noch auf den Derbyzug aufgesprungen ist. Den Stimmungsbericht aus Hamburg liefert Catrin Nack im Gespräch mit der Moderatorin Frauke Delius.  Der Podcast ist ab Freitagmittag im RaceBets-Blog oder überall dort zu hören, wo es Podcasts gibt. 

 




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