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Post aus Prag - Das rätselhafte Verschwinden von Zazou

Das offizielle Fahndungsfoto der tschechischen Polizei.

Autor: 

Martin Cáp

TurfTimes: 

Ausgabe 758 vom Freitag, 10.03.2023

Es passiert nicht alle Tage, dass die Polizei ein Fahndungsfoto eines englischen Vollblüters aus dem Hengstbuch den Medien zur Verfügung stellt. Am Dienstag griff zu dieser Maßnahme die tschechische Polizei, die auf diese Weise die Öffentlichkeit um mögliche Hinweise zur Entführung des Deckhengstes Zazou (Shamardal) bat. Denn der vom Gestüt Fährhof gezogene Gruppe 1-Sieger, einstiger Zweiter im Deutschen Derby (Gr. I) und Fünfter im Dubai World Cup (Gr. I), verschwand spurlos in der Zeit von Freitag auf Sonntag aus seinem Stall im nordböhmischen Gestüt Darhorse.

Auf rätselhafte Art und Weise verschwunden: Der einstige Derbyzweite und jetzt im Besitz von Ramona Kadyrow stehende Zazou - hier mit Olivier Peslier in Dubai. ©galoppfoto - Frank SorgeAuf rätselhafte Art und Weise verschwunden: Der einstige Derbyzweite und jetzt im Besitz von Ramona Kadyrow stehende Zazou - hier mit Olivier Peslier in Dubai. ©galoppfoto - Frank SorgeDer 16-jährige Hengst befindet sich im Besitz des tschetschenischen Herrschers und eines der prominentesten Gesichter des russischen Regimes Ramzan Kadyrow, er gehört allerdings zum Vermögen, das bereits nach 2014 als Reaktion auf Russlands Annexion der Krim im Rahmen von EU-Sanktionen „eingefroren wurde“. Kadyrow kann somit mit Zazou und seinem weiteren in Tschechien stehenden Deckhengst Mikhail Glinka (Galileo) nicht disponieren, er kann sie nicht exportieren und auch keinen finanziellen Gewinn mit ihnen machen. Das Regime, in dem die Pferde in Krabcice unweit der deutschen Grenze stehen, wird schon seit mehreren Jahren von einer speziellen Abteilung des tschechischen Finanzministeriums kontrolliert.

Die Story, über die zuerst das Reitsport-Portal Jezdci.cz berichtete, wurde im Laufe von wenigen Stunden zuerst von der Polizei und später auch vom Finanzministerium bestätigt. Der Besitzer des Gestüts Darhorse Rostislav Kopecký wollte sie mit Bezug auf die laufenden Polizeiermittlungen nicht kommentieren, Zazou schaffte es dennoch in die Headlines aller größten tschechischen Medien. Wie aus dem kurzen Statement der Polizei zu entnehmen ist, hatten die Täter keine große Mühe und es scheint so, dass sie sich gut im Areal auskannten.

Am Mittwoch meldete sich auch Kadyrow selbst auf Telegram zu Wort. In einem ähnlichen Ton, den er bereits nach dem Verhängen der Sanktionen wählte, kritisierte er scharf den Westen und nannte Zazou als erstes Opfer der Sanktionen. „Heute stellt sich heraus, dass Zazou von Unbekannten gestohlen wurde. Wie ist es möglich? Wurde er auf einer abgelegenen Farm gehalten, damit sie ihn so einfach abholen konnten? Wo ist die Sicherheit? Wo bleibt die tapfere Polizei mit demokratisch effizienten und fortschrittlichen Ermittlungstechniken? In unserer Republik kann ein Auto nachts offen gelassen werden, und dann holt jemand das sanktionierte Pferd aus dem Stall,“ ärgerte sich Kadyrow.

Die tschechische Polizei schätzte den Wert von Zazou auf 400.000 Kronen (ungefähr 17.000 Euro), was Kadyrow als eine Untertreibung schmähte. „Übrigens bitte ich Sie, den Wert meines Pferdes nicht herabzusetzen. Mein reinrassiger Zazou kostet mindestens 10 Millionen US-Dollar,“ fügte einer der größten Verbündeten von Präsident Wladimir Putin hinzu.

Kadyrow kaufte den damaligen Schützling aus dem Stall von Waldemar Hickst im Frühjahr 2012 mit dem Ziel den Dubai World Cup zu gewinnen. Zazou holte schließlich den fünften Platz, mehr als sechs Längen hinter dem siegreichen Monterosso (Dubawi). Sein Training übernahm später Arslangirei Shavuyev, der damals in Krabcice tätig war, und Zazou beendete seine Karriere achtjährig als Dritter im Großen Preis von Prag. Insgesamt gewann er 9 von seinen 36 Starts mit einer Gewinnsumme von 1,2 Millionen Euro. Seit 2016 deckte er im Gestüt Darhorse für 40.000 Kronen (ca. 1.700 Euro), er war zweimal der meistbeschäftigte Deckhengst im Lande. Schon im ersten Jahrgang hatte er mit dem klassisch platzierten Faliraki ein Top-Pferd, einige Nachkommen feierten Erfolge in Polen und Ungarn. Inzwischen hatte sich seine Decktaxe halbiert, 2022 bekam er sieben Stuten.

Im letzten Jahr gab es Medienberichte, dass drei Wochen vor dem Ausbruch des Krieges auf der Ukraine unbekannte russisch sprechende Männer in Krabcice erschienen sind, die die Kadyrow-Pferde angeblich auf Anweisung des Besitzers ins Ausland transportieren wollten. Sie hatten allerdings keinen Erfolg, der Gestütsbesitzer lehnte ihre Forderungen ab.

Martin Cáp, Prag

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