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Die Zucht von Wertheimer & Frère

Ein Bild aus dem Jahre 2013, nach dem Sieg von Indonésienne (Muhtathir) im Prix Marcel Boussac. Die Herren neben dem Jockey sind Gérard (3.v.l.) und Alain Wertheimer, ganz links steht Christophe Ferland. Bei dem Reiter handelte es sich um den damals noch relativ unbekannten Flavien Prat, der inzwischen in den USA eine große Karriere hingelegt hat. Indonésienne steht in der eigenen Herde, hat bislang zwei Blacktype-Pferde gebracht.www.galoppfoto.de

Autor: 

Daniel Delius

TurfTimes: 

Ausgabe 762 vom Freitag, 07.04.2023

“Wertheimer & Frère” steht auf dem Titel des blauen Büchleins, das einen Einblick in eine der erfolgreichsten Zuchten Europas gibt. Aufgeführt sind die 119 Mutterstuten, die im Besitz von Alain, 74, und Gérard Wertheimer, 71, stehen. Die Inhaber der Luxusmarke Chanel züchten in Frankreich, aber auch in den USA, seit Generationen ist die Familie in der Vollblutzucht aktiv. Der Großvater Pierre Wertheimer gewann 1956 das Epsom Derby mit Lavandin (Verso II), der Vater Jacques Wertheimer war schon seiner ersten Saison 1975 dank Cracks wie Ivanjica (Sir Ivor), Green Dancer (Nijinsky) und Vale de l’Orne (Val de Loir) Champion der Besitzer in Frankreich. Top-Deckhengste wie Lyphard (Northern Dancer) und Riverman (Never Bend) entstammen der Wertheimer-Zucht. Das Aushängeschild der aktuellen Besitzer war natürlich die Ausnahmestute Goldikova (Anabaa), Siegerin in 14 Gr. I-Rennen. Ihr ist folgerichtig in dem vorliegenden Buch eine Sonderseite gewidmet, auch wenn sie 2021 im Alter von erst 16 Jahren eingegangen ist. Mehrere Töchter und Enkelinnen stehen von ihr in der Herde. 

Vier Trainer werden aktuell von den Wertheimers beschäftigt: 43 Pferde stehen bei Carlos Laffon-Parias, 38 bei Christophe Ferland, der sein Domizil in diesem Jahr vom Südwesten Frankreichs nach Chantilly verlegen wird, 24 bei Andre Fabre und 13 bei Edouard Monfort, einer der jüngeren Generation der französischen Trainer, der auf einer eigenen Anlage nicht weit entfernt von Le Mans trainiert. Als Stalljockey fungiert seit einigen Jahren Frankreichs Champion Maxime Guyon. 

Die Wertheimers haben seit geraumer Zeit keinen eigenen Deckhengst, es dürfte Beteiligungen geben, ganz sicher auch an Intello (Galileo), Gr. I-Sieger in den blau-weißen Farben, Gr. I-Vererber. Fünf Stuten bekommt er dieses Jahr. Im irischen Yeomanstown Stud wird zudem der mehrfache Gr.-Sieger Shaman (Shamardal) bedient, der für die Wertheimers u.a. den Prix d’Harcourt (Gr. II) gewonnen hat. 2021 hat er in seinem ersten Jahr im Gestüt 131 Stuten gedeckt. Seine Mutter, die mehrfache Listensiegerin Only Green (Green Desert), ist unverändert in der Herde, sie wird dieses Jahr von dem Shamardal-Sohn Lope de Vega gedeckt. 

Ohne einen echten eigenen Deckhengst ist für die diesjährigen Bedeckungen schon einiges Geld auf den Tisch zu legen, denn die Liste liest sich wie das “Who’s Who” der internationalen Szene. Der erwähnte Lope de Vega steht mit acht Bedeckungen numerisch sogar an der Spitze. Es folgen in Europa Siyouni (7), Frankel und Kingman (jeweils 6), No Nay Never, Sea the Stars und Zarak (jeweils 4). Dubawi darf natürlich auch nicht fehlen, zu ihm gehen drei Stuten. Ansonsten werden in Europa Australia, Camelot, Churchill, Dark Angel, Galiway, Kendargent, Make Believe, Mehmas, Nathaniel, New Bay, Night of Thunder, Saxon Warrior, Sea the Moon, Showcasing, St. Mark’s Basilica, Too Darn Hot und Wootton Bassett von Wertheimer-Stuten aufgesucht. 

In den USA gibt es mit Happy Saver (Super Saver) einen auch aus eigener Zucht stammenden Hengst, der von sechs dort stationierten Stuten aufgesucht wird. Im Training bei Todd Pletcher hat er u.a. die Jockey Club Gold Cup Stakes (Gr. I) gewonnen, war vielfach Gr. I-platziert. Er stammt aus der direkten Linie des großen A.P.Indy (Seattle Slew), steht für 12.500 Dollar im Airdrie Stud in Kentucky. Natürlich wird ansonsten die Spitze der Vererber im Lande gebucht: American Pharoah, Blame, Constitution, Curlin, Gun Runner, Into Mischief, Justify, Mendelssohn, Munnings, Not This Time, Quality Road, Tapit, Uncle Mo und War Front sind auf der Liste. Rund zwei Dutzend Stuten stehen in den USA. 

Es gibt auch einige deutsche Elemente in der Stutenherde. Sosia (Shamardal) stammt als Tochter der Sahel (Monsun) aus der Karlshofer Sacarina-Familie. Sie war listenplatziert, hat bislang zwei Listensiegerinnen auf der Bahn, darunter Copie (Iffraaj), die im vergangenen Jahr in Baden-Baden ein Listenrennen über 1800 Meter gewonnen hat. Sie wurde in die Zucht genommen, geht zu Frankel. Ihre Schwester Anasia (Intello), ebenfalls Listensiegerin, wird von New Bay gedeckt. Die Mutter Sosia steht auf der Liste von Sea the Stars, von dem sie einen zwei Jahre alten Sohn bei Andre Fabre hat. Mit deren Schwester, der Prix du Prince d’Orange (Gr. III)-Siegerin Soudania (Sea the Stars) ist noch eine weitere Stute der Familie im Portfolio, sie geht, tragend von Frankel, zu Camelot. 

Mit der Blacktype-Vererberin Australienne und der zweifachen Gr. II-Siegerin The Juliet Rose sind zwei Monsun-Töchter zu finden. Australienne pausiert dieses Jahr, The Juliet Rose, eine Tochter der in Köln auf Listenebene erfolgreichen Dubai Rose (Dubai Destination) wurde zu Dubawi gebucht. Sie hat den Prix de Royallieu (Gr. II) und den Prix de Royaumont (Gr. III) gewonnen. 

Die Ammerländer Zucht vertritt Burma Sea (Lope de Vega), Zweite im Prix Finlande (LR), 2015 nach Beendigung ihrer Rennkarriere für 350.000 Euro gekauft. Sie ist Mutter des Gr. III-Siegers Devil (Siyouni) und des Gr. II-Zweiten Sober (Camelot), geht wieder zu Camelot. Ihre Tochter, die zweifache Siegerin Ivresse (Invincible Spirit), wird von Australia gedeckt.  

Ein spektakulärer Kauf war der von La Petite Coco (Ruler of the World) bei Tattersalls im Dezember. Die jetzt Fünfjährige aus der Zucht von Bernd Schöne aus Irland stammt aus der La Petite Virginia (Königstiger) und somit aus der Fährhofer Lomitas-Linie. Sie gewann für Team Valor u.a. die Pretty Polly Stakes (Gr. I), die Blandford Stakes (Gr. II) und die Give Thanks Stakes (Gr. III). Die Wertheimers legten in Newmarket eine Million gns. für sie auf den Tisch und investieren auch bei der Bedeckung, denn sie geht zu Dubawi. Die Mutter La Petite Virginia ist inzwischen in den Fährhofer Besitz zurückgekehrt. 

Schließlich findet man in der Herde auch noch die Linie der Schlenderhaner Preis der Diana (Gr. I)-Siegerin Well Timed (Holy Roman Emperor), vertreten durch die Prix Coronation (LR)-Siegerin Wanderina (Manduro). Die Tochter der Wandering Spirit (Dashing Blade) ist Mutter der mehrfach listenplatziert gelaufenen Ondulee (Adlerflug). Diese ist vergangenes Jahr für 150.000 Euro nach England verkauft worden, die Mutter ist geblieben und hat die Reise zu Too Darn Hot angetreten.

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