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Wie ein Ritterschlag - Murcielagos Doppelsieg in der Quinté

Autor: 

Karina Strübbe

TurfTimes: 

Ausgabe 290 vom Donnerstag, 07.11.2013

Matthias Keller und Murcielago auf der heimischen Koppel. Foto: privatMatthias Keller und Murcielago auf der heimischen Koppel. Foto: privat€63.420, diese Summe weist das Verdienstkonto von Murcielago auf, nicht insgesamt, sondern für 2013. Wäre Murcielago in Deutschland gelaufen, befände er sich mit der Gewinnsumme auf dem aktuell 21. Platz der Jahresstatistik, zwischen Belango (u.a. Listensieger) und Nordvulkan (Dritter im Deutschen Derby). Ein Black Type-Rennen hat der von Matthias Keller trainierte sechs Jahre alte Wallach jedoch seit 2010 nicht mehr bestritten. Er ist momentan nur noch in Frankreich unterwegs. Dort gelang ihm in den letzten Wochen ein erstaunlicher Erfolg, er avancierte zum Doppelsieger in Quinté-Rennen. „Das war wie ein Ritterschlag, gegen die großen französischen Trainer zu gewinnen“, sagt Matthias Keller. Obwohl „nur“ Course D-Rennen, sind diese Handicaps hoch dotiert und gerade deswegen schwer zu gewinnen. Jeweils €28.200 Sieggeld galoppierte der Areion-Sohn bei seinen beiden Siegen ein und das bei durchaus illustrerer Konkurrenz. So schlug er am 31. Oktober in Chantilly mit Fred Lalloupet immerhin einen mehrfachen Listensieger, der auch auf Gruppeebene Platzierungen vorweisen kann.

Einer der letzten Deutschland-Auftritte, Murcielago mit Andreas Helfenbein in Köln 2011. Foto: www.galoppfoto.de - ScherningEiner der letzten Deutschland-Auftritte, Murcielago mit Andreas Helfenbein in Köln 2011. Foto: www.galoppfoto.de - Scherning„Wir hatten letztes Jahr auch oft Pech mit ihm. Er war zweimal nach Zielfoto knapp geschlagen. War zweimal zu früh in Front und dann kam noch einer. Jetzt haben wir es mit Seitenblender probiert und ihn taktisch ein wenig umgestellt. Jetzt hat es zweimal geklappt. Wir waren schon beim ersten Mal ganz happy, zumal man nie damit rechnen kann. Dass er mit vier Kilo Aufgewicht noch einmal gewinnen kann, hat uns schon etwas überrascht.“ Trainer Matthias Keller freut sich da natürlich besonders über seinen Stallcrack. Nur vier Pferde hat er aktuell auf seiner Trainingsliste. Er betreibt den Galopprennsport nebenbei, aus Leidenschaft natürlich. Seine Brötchen verdient er als Gebietsleiter in der Pharmaindustrie für den Veterinärbereich. Die Pferde sind vor oder nach der Arbeit dran. Ein Hobby, das Zeit frisst und nicht ohne die Unterstützung seiner Lebensgefährtin Susanne möglich wäre. Matthias Keller selbst, seine Töchter und zwei Arbeitsreiter kümmern sich um die tägliche Arbeit mit den Pferden. „Es sind Galopper mit Familienschluss.“ Natürlich sitzt auch Keller selbst, immerhin langjähriger Amateurrennreiter, im Sattel seiner Schützlinge. Startet eins seiner Pferde, ist er am liebsten selbst dabei: „Meist transportiere ich das Pferd selbst, weil ich auch gern dabei bin, wenn sie laufen. Wir nehmen das gern als Urlaubstage mit.“

Skittle war 2013 die einzige Starterin von Matthias Keller in Deutschland. Foto: www.galoppfoto.de - Sabine BroseSkittle war 2013 die einzige Starterin von Matthias Keller in Deutschland. Foto: www.galoppfoto.de - Sabine BroseIn den letzten Jahren sieht man immer weniger von Matthias Keller trainierte Pferde hierzulande in Rennen. 2013 hatte er mit Skittle in Mannheim genau einen Starter in Deutschland, 2012 das gleiche Bild. Grund dafür sind zum einen die Rennpreise, zum anderen die praktische geografische Lage, die Matthias Keller im Saarland hat. „Ob ich nach Köln oder Paris fahre, ist der gleiche Weg.“ Hinzu kommen die fehlenden Rennen, gerade für bessere Pferde unterhalb des Black Type-Levels. „Wo fände ich für Murcielago jetzt noch ein Rennen? Nirgendwo. Ich müsste ihn bis nächstes Jahr einpacken.“ Noch eine Veränderung hat es über die Jahre gegeben. Zu Beginn seiner Trainerzeit Anfang der 2000er Jahre konnte Matthias Keller seine größten Erfolge mit Hindernispferden, allen voran Timolino, verbuchen. Das hat sich geändert. Ganz ohne das Springen geht es aber auch nicht. „Ich habe immer Spaß daran, Pferde zu Hause zu springen. Murcielago ist auch eingesprungen, seine Mutter war auch Listensiegerin über die Sprünge, war auch eins meiner ersten Pferde im Training. Aber momentan sind keine Rennen da und in Frankreich ist es auch sehr schwer.“

Zurück zum Stallcrack Murcielago, der mit zunehmendem Alter – nicht untypisch für einen Sprinter – immer besser zu werden scheint. Bei einem Valeur von  45, was einem GAG von 86 entspricht, wird die Luft im Handicap auch in Frankreich dünner. Starts auf höherer Ebene sind bereits geplant. Am 21. November soll Murcielago in einem Listenrennen in Fontainebleau antreten. Und vielleicht können sich Matthias Keller und Murcielagos Besitzer und Züchter Carsten Biedermann aus Bad Harzburg im kommenden Jahr dann auch einen ganz besonderen Traum erfüllen. „Wir haben immer vom Prix de l’Abbaye am Arc-Tag geträumt. Wir haben da immer von gesprochen, sind aber noch nie gestartet, um das Handicap nicht kaputt zu machen. Aber jetzt kann man das mal riskieren. Das ist zwar ein Griff nach den Sternen, aber in Sprintrennen ist vieles möglich.“

 

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