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Was kommt 2023? Die Umfrage zum Jahresende

Autor: 

Daniel Delius

TurfTimes: 

Ausgabe 749 vom Freitag, 16.12.2022

Wie in den vergangenen Jahren hat Turf Times zum Jahresende eine Reihe von Agenten nach ihren Meinungen und Prognosen bezüglich der kommenden Decksaison gefragt. Einige Antworten standen zum Redaktionsschluss noch aus, wie werden sie dann in unserer ersten Ausgabe 2023 nachreichen. 

Diesmal wurde folgende Fragen gestellt:

1 - Die Wahl in Deutschland

2 - Je ein “value for money”-Hengst in Deutschland, England, Irland, Frankreich

3 - Ein interessanter Debütant in Europa

4 - Ein Geheimtipp oder ein “vergessener” Hengst

5 - Wie wird sich der Markt nach dem so starken Jahr 2022 entwickeln?

 

Holger Faust (HFTB Racing Agency)

1 - Ich kann und möchte es nicht auf einen Deckhengst reduzieren. Außerdem fällt es mir schwer so ganz unbefangen zu antworten.

Torquator Tasso ist natürlich ein Newcomer mit einer Rennleistung, wie sie es in Deutschland noch nicht gegeben hat, aber dann möchte ich die Hengste nennen, die ich repräsentiere. Isfahan hat aus wenig Chancen sehr viel gemacht und ein Züchter hat bereits die Bestätigung, dass man mit ihm einen Derbysieger und Diana-Stuten züchten kann, was will man mehr? Counterattack hat 25 Starter in Europa bisher, darunter fünf Blacktype Pferde und im 1.Jahrgang einen klassischen Sieger. Mit 20% Blacktypepferde zu Startern ist er die Nummer 1 der Second Crop Sire (unter 80 Deckhengsten) in Europa.

 

2 - Für Deutschland nenne ich zwei und zwar beide Areion-Söhne Alson und Rubaiyat. Beide werden in Areions Fußstapfen treten, wenn die deutschen Züchter nicht den gleichen Fehler wie bei Areion machen und diese Hengste auch nutzen werden.

In Frankreich The Grey Gatsby, wenn er eine gute Stute bekommt, produziert er ein gutes Pferd.

In Irland Teofilo, Mutterstutenvererber Nummer 1, er macht gute Steher und Saxon Warrior, der erste Jahrgang war gut genug.

In England Havana Grey, hatte ein Wahnsinnsjahr, die Pferde sind sehr frühreif und unglaublich schnell, wenn seine Produkte auch dreijährig so konstant bleiben, wird er bald sehr teuer werden.

 

3 - Der Adlerflug.Sohn und Arc-Sieger Torquator Tasso. Baaeed steht natürlich über allem, wenn man sich 80.000 Euro leisten kann und möchte. In der Breite sieht es aber europaweit in 2023 ein bisschen dünn aus, was Debütanten betrifft.

 

4 - Die stehen im Haras de Colleville: Galiway und Kendargent, beide hatten 2021 Champions auf der Bahn, beide hatten 2022 ein ruhiges Jahr. Kendargent ist auch schon ein hochinteressanter Mutterstutenvererber.

 

5 - Ich glaube nicht, dass der Markt sich an Pferderennen oder Pferden orientiert. Ich denke, die Marktlage hat andere Hintergründe hat.

Inflation, Krisen etc. Geld ist nicht mehr so viel Wert, Immobilienankauf derzeit unattraktiv, die Börsen kennen nicht mehr nur eine Richtung. Was sollen Leute mit Geld machen? Warum nicht in ihr Hobby investieren? Und es gibt ja auch immer eine Chance, dass man mit diesem Hobby auch noch Geld verdienen kann.

Dass in Rennsportländern ständig die Rennpreise erhöht werden, bestes Beispiel Australien, und dort in über 50 Rennen (Quelle TDN?) eine Million Dollar ausgeschüttet werden hilft dem Sport natürlich auch in seiner gesamten Entwicklung.

Ich denke, 2023 wird der Markt ähnlich bleiben, ob jede Auktion wieder Rekordzahlen schreibt, ist auch nicht ausgeschlossen, es kommt auf die oben genannten Faktoren an.

 

 




Rüdiger Alles (IVA Alles)  

1 - Torquator Tasso, der „Arc-Sieger 2021, ein Adlerflug- Sohn, ingezogen auf die 3. Mutter von Weltchampion Galileo. Das gewinnreichste Pferd der Deutschen Geschichte.

2 - Deutschland: Guiliani (Tertullian), Decktaxe 2023 € 4.000

England: Nathaniel (Galileo), Decktaxe 2023 15.000 Pfund

Irland: Saxon Warrior (Deep Impact), Decktaxe 2023 € 35.000

Frankreich: Almanzor (Wootton Bassett), Decktaxe 2023 € 25.000

3 - Baaeed (Sea the Stars), Decktaxe 2023 80.000 Pfund,  10-facher Sieger bei 11 Starts, davon 5 Gr1-Siege über die Meile.

4 - Teofilio (Galileo), Decktaxe 2023 € 30.000, seit Jahren beständig in der Spitzengruppe der erfolgreichen Deckhengste in Europa.

5 - Die Frage aller Fragen! Nach den fantastischen Umsätzen weltweit kann ich mir für 2023 keine Steigerung vorstellen!

 

Richard Venn

1 -  Von den “proven stallions” sollte es Guiliani sein, aber ich bin natürlich sehr von Torquator Tasso begeistert.

2 - Deutschland: Protectionist

Frankreich: Muhaarar

England/Irland: Showcasing

3 - Zwei Hengste, die dieses Jahr nach Frankreich verkauft wurden, beide aus herausragenden deutschen Linien, Mare Australis und Lavello. 

4 - Mondialiste steht inzwischen im Osten Frankreichs, er sieht hervorragend aus und ist sehr gut gezogen. Man sollte ihn im Auge behalten. 

5 - Wer weiß das schon? Wir sollten aber positiv bleiben und ich bin sicher, dass es weiter in die richtige Richtung geht. 

 

Ronald Rauscher

1 - Die Wahl in Deutschland ist Alson. Eine gute Rennleistung und dementsprechend auch das Pedigree.

2 - Die value for money Abteilung ist in Deutschland mit Protectionist besetzt. Im Jährlingsmarkt wie auch im Rennpferde-Bereich immer noch stark trotz überschaubarer Stutenzahlen. In Frankreich  könnte Galiway (stärkere Jahrgänge in der Pipeline) weiter auf sich aufmerksam machen. In Irland sind Ghaiyyath und Lucky Vega beide sehr interessant. Ghaiyyath mit einem sehr guten ersten Fohlen-Jahrgang.Lucky Vega mit der vollen Unterstützung der Besitzer.

3 - Ein sehr guter Debutant ist State of Rest, der in Ireland decken wird und natürlich Torquator Tasso in Auenquelle als Sohn des hervorragenden Adlerflugs aus der Familie von Allegretta.

4 - Der Geheimtipp könnte Blackbeard sein, als Sohn von No Nay Never, der voll frequentiert werden wird von allen kommerziellen Züchtern.

5 - Die Prognose gebe ich mit Vorsicht ab. Irgendwann wird das Riesenrad auch wieder nach unten müssen. Die Welt außerhalb der Tore von Goffs, Tattersalls, Arqana und Keeneland sieht anders aus. Das Niveau von 2022 zu halten wäre ein Riesenerfolg.

 

Crispin de Moubray

1 - Torquator Tasso war erstklassig, hart und er ist ein Sohn von Adlerflug. Es wäre verrückt, ihm nicht eine oder zwei Stuten zu schicken. 

2 - Iquitos von Adlerflug aus einer Areion-Stute verbindet zwei der besten deutschen Hengste, zudem war er ein extrem beständiges Pferd. 

In Frankreich Muhaarar, trotz der erhöhten Decktaxe auf 7.500 Euro, denn er liefert beständig Blacktype-Pferde. Gezogen, um Rennpferde zu werden, interessant auch für den Markt für Pferde im Training.

In England/Irland ein “Arc”-Sieger zu einer Decktaxe von 12.500 Euro mit einer großartigen Mutterlinie: Waldgeist.

3 - State of Rest hat Gr. I-Rennen in den USA, Australien und Europa gewonnen, er stammt von einem beständigen Vererber ab, weist eine große Mutterlinie auf und steht in einem guten Gestüt, dem Rathbarry Stud.

4 - Pastorius hat alles: Rennleistung, Pedigree und die Rennleistungen seiner Nachkommen.

5 - Ich halte es mit einer Aussage aus meinem Lieblingsfilm “Der große Crash - Margin Call”: “If you’re first out the door, that’s not called panicking.” So move towards the exit please.   

 

Beatrix Mülhens-Klemm/Peter Brauer (Panorama Bloodstock)

1 - Die Wahl zwischen Torquator Tasso und Japan fällt uns schwer. Dass sie in Deutschland stehen, halten wir in beiden Fällen für großes Glück.

2 - Uns kommen die 11.000 Euro für Japan sehr angemessen vor, das Verhältnis „value for money“ stimmt. Im Preisbereich darunter bieten durchaus mehrere viel fürs Geld. Die Hengstlandschaft in Frankreich ist immer schwer einzuschätzen. Cloth of Stars könnte noch eine Zukunft haben. Die einen sagen so, die anderen so. Es wäre reichlich früh, den Glauben an ihn aufzugeben und so scheinen 7.500 Euro vorerst weiterhin nicht übertrieben. In Irland ist der grandiose Waldgeist mit 12.500 Euro für uns bestimmt nicht überpreist, sondern verlockend. Im Preisbereich darunter wird dem value-orientierten Züchter ebenfalls eine Menge geboten, wenn er sich der Faszination der Debütanten und Junghengste entziehen kann. Unter den bewährten Hengsten gibt es so manchen, der konstant viele gute Pferde bringt, aber wegen eines fehlenden „Rausreißers“ auf einer überschaubaren Decktaxe steht. Es zahlt sich aus, die einschlägigen Erfolgsstatistiken in Relation zu den Decktaxen zu studieren. 

3 - In diesem Jahr gibt es weit weniger Debütanten als in anderen Jahren und nicht viele springen einem ins Auge. Baaeed ist der unumstrittene Superstar und entsprechend ist seine Decktaxe: 80.000 Pfund. Wir betrachten Torquator Tasso als absolut überzeugend und seine Decktaxe von 20.000 Euro für einen Arc-Sieger von großer Beständigkeit als fair. Einen gibt es aber noch, der eine besondere Faszination ausstrahlt: Stradivarius. Wer sich davor scheut, einen ausgemachten Steher zu verwenden, dem kann man entgegenhalten, dass dieser außergewöhnliche Hengst ein großartiges Beschleunigungsvermögen hatte und im Finish enorme Zeiten lief. Der Besitzer hat ein wirklich aufsehenerregendes Paket an Sonderprämien für die Sieger aus dem ersten Jahrgang aufgelegt. Es gibt weniger inspirierende Möglichkeiten, um 10.000 Pfund auszugeben.

4 - „Vergessen“ werden viele Züchter vorerst ganz Großbritannien, denn der Brexit hat zu einer Verdopplung der Transportzeiten und einer Verteuerung der Transporte geführt. Das Züchten mit vergessenen Hengsten ist nicht ungefährlich: Zurück nach oben kommen sie nur sehr selten, was sie natürlich nicht hindern muss, noch den einen oder anderen brauchbaren Nachkommen zu zeugen. Verkaufen kann man ihre Nachkommen aber nur schlecht, In Frankreich könnte Lawman ein zu Unrecht vergessener Hengst sein. Derzeit ist er aber „eiskalt“. Im riesigen irischen Angebot ist einer, der uns auffällt, Holy Roman Emperor. Für das, was er geleistet hat, sind 10.000 Euro Decktaxe im Vergleich mit vielen anderen Angeboten vernünftig. 

5 - Wie stark war 2022 denn, wenn man mal von den hitzigen Gefechten im Bereich der Spitzenangebote absieht? Wenn man die Entwicklung der letzten Zeit betrachtet, so war diese zwar weit stabiler und besser, als angesichts der belastenden Faktoren befürchtet werden musste. Zu diesen gehörte außer Pandemie, Krieg und Inflation der Tod von zwei großen Umsatzgaranten: Khaled Abdullah und Scheich Hamdan. Doch deren Erben erschienen nach einer Zeit der Konsolidierung auf der Käuferseite und die anderen Probleme wurden überkompensiert durch das Auftauchen immer neuer Big Spender, aus dem Orient, z. B. Saudi-Arabien, aus den USA, Brasilien, Thailand. Die vielen Meldungen über Topzuschläge und Rekorde waren auch zweifellos ein Stimulus für die Stimmung. 

Die Wahrheit ist aber, dass dieser nicht die Gesamtheit des Marktes nach oben reißen konnte. Das Geschehen im obersten Segment ist nicht repräsentativ für das Ganze. Viele mussten erleben, dass für ihren Jährling oder ihr Fohlen aus einer „normalen“ Stute und von einem „normalen“ Hengst selbst bei guten Bewegungen und korrektem Exterieur kein Käufer da war oder die Ausgabebereitschaft Grenzen hatte. Das war selbst in Frankreich mit seinem Kaufanreiz durch die noch einmal gesteigerten Prämien so. Im Dezember gingen viele tragende Stuten für die Decktaxe oder noch weniger weg, und zwar keineswegs nur Stiefmütterchen.

Es könnte durchaus sein, dass die Stärke des Marktes Spitzenbereich weiter bestehen bleibt, obwohl ein ganz wichtiger Tummelplatz der Großen, Royal Ascot, ohne Elizabeth II. viel von der bisherigen Anziehungskraft einbüßen wird. Was den mittleren und den mäßigen Qualitätsbereich angeht, ist Optimismus auch nicht verboten, aber es kommt viel darauf an, ob es den Veranstaltern in den einzelnen Ländern gelingt, mehr jüngere Menschen vom Galoppsport und der Zucht zu überzeugen. Immerhin ist die Aufgabe überall erkannt und es wird auch daran gearbeitet. 

 

Tom Goff (Blandford Bloodstock)

1 - Torquator Tasso war ein Top-Rennpferd, stammt von Adlerflug ab, der stark vermisst wird, ich würde ihn sofort buchen.

2 - In Deutschland ist Amaron sehr günstig. In Frankreich wähle ich Kendargent, den ich sehr mag. Nathaniel ist in England aus welchen Gründen auch immer ein unverändert unterschätzter Hengst. Gleneagles-Nachkommen hatten es mir dieses Jahr sehr angetan, beide Hengste verkörpern sehr guten “value”. 

3 - Too Darn Hot - wir sind gespannt auf den ersten Jahrgang. Ghaiyyath - außergewöhnlich hochklassige Fohlen. Und der neu aufgestellte Bayside Boy, ein sehr gutes Rennpferd. 

4 - Footstepsinthesand ist unverändert ein Top-Hengst und erscheint für 10.000 Euro sehr günstig. 

5 - Man hätte meinen können, dass der Markt nach einem weiteren außergewöhnlichen Jahr Schwierigkeiten haben könnte, seine Dynamik aufrechtzuerhalten, hauptsächlich wegen der wirtschaftlichen Folgen der schrecklichen Ereignisse in der Ukraine. Aber die Vollblut-Industrie erstaunt immer wieder mit ihrer Widerstandsfähigkeit und ihrem Auftrieb, so dass es durchaus möglich ist, dass die Lage weiter stabil bleibt. So bleibe ich für 2023 optimistisch.

 

Stephan Vogt (Renello Bloodstock)

1 - Die Wahl in Deutschland fällt auf Isfahan. Mit einem Preis von € 7.500 ist er aktuell der Beste "proven sire" den wir in Deutschland haben. Ich denke, wer klassische Ambitionen hat, sollte auf ihn zurückgreifen.

2 - Ich bin der Meinung, dass Counterattack sehr gute Produkte bringt. Für € 7.500 Decktaxe ist er auch nicht zu teuer eingestuft. Seine Produkte passen ideal zu unseren deutschen BBAG-Auktionsrennen und haben ebenfalls 3j Stehvermögen.

Frankreich: Für einen Besitzerzüchter ist Intello sehr attraktiv für € 8.000. Wer etwas mehr ausgeben möchte, um für den Markt zu züchten, kann auf ALMANZOR für € 25.000,- zurückgreifen. Seine Produkte haben sich auf den Jährlingsauktionen sehr gut verkauft.

In England ist Sea the Moon immer noch sein Geld wert. Die Produkte laufen sehr gut und sind auf den Auktionen auch international sehr nachgefragt. Ebenfalls die Fohlen von Mohaather haben mir sehr gut gefallen und große Unterstützung auf der Fohlenauktion bekommen. 
 
Irland: Meiner Meinung nach ist Kodiac für € 40.000 "The gift that keeps on giving".Er produziert frühreife Pferde, die auf den Jährlingsauktionen sowie den Breeze-Up Auktionen immer gut bezahlt werden.
 
3 - Torquator Tasso als deutscher Vertreter ist hier natürlich zu nennen. Zu loben ist auch, dass das Gestüt Auenquelle ihn in Deutschland aufstellt. Allerdings, wenn man ganz Europa einbezieht,  muss man nur einen Namen nennen: Baaeed. 
 
4 - In  Vergessenheit geraten ist Dabirsim. Er steht für € 8.000 in Frankreich und bringt sehr nützliche Pferde. Ebenfalls als kleinen Geheimtipp würde ich Time Test vom National Stud empfehlen, der auch bestens durch Rocchigiani repräsentiert wird.
 
5 - Der Markt in 2022 war für mich überraschend stark. Ich bin davon ausgegangen, dass die politische und wirtschaftliche Lage Europas mehr Einfluss auf den Vollblutmarkt hätte. Dies war nicht der Fall. Besonders der Markt von Pferde in Training boomte durch das Auslandsgeschäft. Selbst Top-Stuten, die früher direkt in die Zucht gewechselt wären, wurden für hohe Summen verkauft, um noch im Ausland Rennen zu laufen.
Ich denke diese Trent wird sich weiter fortsetzen. Der Markt für Rennpferde wird weiter durch das Ausland gefördert. Demnach sind Fohlen und Jährlinge auch positive beeinflusst.

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