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Vif Monsieur sorgt mit umstrittenem Disqualifikationserfolg für eine historische Rarität im Kölner Europa-Preis

Das siegreiche Team um Vif Monsieur kann sich nach der Bekanntgabe der Disqualifikationsentscheidung freuen Foto: Turf Aktuell

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Turf aktuell

Dramatik und Aufregung gehören zum Rennsport und sind oft das Salz in der Suppe beim Sport der schnellen Vollblüter, doch wünscht man sich dies während eines Rennens auf dem Rasen der Rennbahn und nicht beim Warten auf die Entscheidung der Rennleitung, die sich mit einer alles andere als einfachen Beurteilung einer Behinderung in der Endphase des 51. Preises von Europa (Gruppe I, 2400m, 155.000€) am Sonntag auf der Kölner Rennbahn zu befassen hatte.

Der Saisonhöhepunkt des Kölner Turf-Jahres, der gleichzeitig das letzte Gruppe I-Rennen der diesjährigen Turf-Saison in Deutschland markierte, hatte in dem tschechischen Gast Méandre zwar einen knappen Sieger gesehen, der von Adrie de Vries Mitte der Zielgeraden an die Spitze geschickt worden war und seinen Vorteil gegen den stark anziehenden Empoli (Andrasch Starke) knapp mit einem Hals verteidigte, doch die sofort nach Überqueren des Zielstrichs ertönende Hupe der Rennleitung machte unmissverständlich klar, dass es Klärungsbedarf über einen Vorfall Mitte der Zielgerade gab. Der Leidtragende dieses Vorfalls war eindeutig der Wöhler-Schützling Earl Of Tinsdal (Eduardo Pedroza), der eindeutig gestört worden war, doch wer war der Schuldige?

Der Ebbesloher Empoli war ihm erkennbar in die Quere gekommen und hatte ihn dabei auch berührt, doch sah die Rennleitung in ihm nicht den Alleinschuldigen. Sie nahm auch den späteren Sieger Meandre in die Mitverantwortung und beurteilte seine von der Mitte der Bahn nach innen tendierende Bewegung als genauso entscheidend für die Behinderung von Earl of Tinsdal, der durch diese Zangenbewegung keinen Raum für eine ungestörte Entfaltung besaß. Sie disqualifierte somit in einem für die mehr als 50jährige Geschichte des Kölner Europa-Preises einzigartigen Vorgehen die beiden Erstplatzierten.

Völlig unblutig am grünen Tisch der Rennleitung kam damit der von Jens Hirschberger trainierte 3jährige Vif Monsieur zu seinem größten Karrieretreffer. Als 104:10 Außenseiter hatte der Doyen-Sohn sofort nach dem Start die Spitze übernommen und sich bis in die Zielgerade dort auch gehalten, doch gegen die dann an ihm vorbeiziehenden Konkurrenten hatte er keine Mittel mehr. Drei Längen hinter Empoli kam Vif Monsieur als Dritter ins Ziel, doch rückte er als Unbeteiligter auf die oberste Stufe des Siegertreppchens auf und verschaffte damit auch seinem belgischen Jockey Koen Clijmans den größten Treffer seiner Jockeykarriere. Earl of Tinsdal als von der Behinderung an einem möglicherweise besseren Abschneiden Gehinderter belegte bei seiner dritten Teilnahme am Europa-Preis im Endclassement den 2. Rang vor den beiden degradierten Meandre und Empoli.

Das Team um den Tschechen kündigte schon in Köln weitere rechtliche Schritte an, so dass sich mit der umstrittenen Entscheidung der Rennleitung wohl auch noch weitere Instanzen beschäftigen müssen. Trainer Jens Hirschberger wollte im Interview nach der von Pfiffen begleiteten Siegerehrung die Entscheidung der Rennleitung inhaltlich nicht kommentieren, sah ihn ihr jedoch eine Art ausgleichender Gerechtigkeit, da er die Disqualifikation des von ihm betreuten Turfjägers bei der Großen Woche in Baden-Baden auch nicht verstanden hätte.

Ein etwas fader Nachgeschmack blieb nach diesem Europa-Preis bei breiten Kreisen des Publikums, da unabhängig von der Frage der formalen Berechtigung der Disqualifikation der beiden Erstplatzierten nach den Bestimmungen der deutschen Rennordnung generell das Problem existiert, dass dem Publikum nur schwer ein Sieger zu vermitteln ist, der auf dem Rasen nicht den Hauch einer Siegchance hatte. Es bleibt zu hoffen, dass solch exotische Ausgänge, die im Mutterland des Turfs unmöglich wären, auch in Deutschland nur historische Raritäten des Rennsports bleiben und sich in den verbleibenden Gruppe-Rennen dieser Saison Dramatik und Aufregung wieder auf das Geschehen auf dem Rasen beschränkt.

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