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Post aus Prag - Tschechien feiert die Helden von Ascot

Autor: 

Martin Cáp

TurfTimes: 

Ausgabe 541 vom Freitag, 26.10.2018

Die Überraschung war groß, die Euphorie enorm. Der 6-jährige Subway Dancer (Shamardal) sorgte mit seinem dritten Platz in den Champion Stakes (Gr.1, 2000 m, 1.3 Millionen Pfund) für den größten internationalen Erfolg in der Geschichte des tschechischen Rennsports. Der von Zdeno Koplík trainierte und von dessen Bruder Radek gerittene Wallach war das erste tschechische Pferd in Ascot überhaupt und trat gegen Cracksman und Co. als Außenseiter 66:1 an. „Wir haben ja über ein solches Resultat gar nicht nachgedacht, wir hofften, dass wir vielleicht das Führpferd von Cracksman schlagen können,“ schmunzelte Zdeno Koplík nach dem Rennen. „Die ursprüngliche Idee war einfach Spaß zu haben und mal diese Reise zu versuchen, wenn wir schon einmal solch ein gutes Pferd haben, das noch dazu weichen Boden kann. Ich habe auch zu meinem Bruder im Führring gesagt: Genieße einfach den Augenblick und sei nicht nervös, wir haben es geschafft in Ascot zu sein.“

Bisher lief Subway Dancer für den Stall Bonanza ausschließlich in Frankreich, wo er vor 2016 das Prix Andre Babouin – Grand Prix des Provinces (Gr.3) gewann und in der letzten Saison zweiter im Prix Dollar (Gr.2) wurde. Als Frontrunner profiliert, verbrachte er diesmal den Großteil des Rennens an letzter Position und schien Anfangs des Rennens das schnelle Tempo nicht zu akzeptieren. Langsam kam er aber auf Touren und Anfangs der Zielgeraden beorderte ihn Radek Koplík in die Außenspur, wo er mit großem Speed kam und die ersten Gegner passierte. Der souveräne Sieger Cracksman (Frankel) unter Frankie Dettori war zu diesem Augenblick bereits allen enteilt, aber der tschechische Außenseiter kämpfte tapfer mit dem Rest und belegte den dritten Platz 3/4 Längen hinter dem zweiten Crystal Ocean (Sea The Stars), aber vor dem irischen Derbysieger Capri (Galileo) und Rhododendron (Galileo). „Da konnte ich auf der Tribüne einfach nicht die Tränen halten,“ sagte Koplík, der 2009 auch den bisher einzigen tschechischen Starter im Prix de l‘ Arc de Triomphe stellte und zur Zeit in kleinen Dorf Malá Víska in den Wäldern etwa 70 Kilometer von Prag tätig ist.

Mit dem Preisgeld 139 880 Pfund verdoppelte Subway Dancer seine bisherige Gewinnsumme und steht nun mit 8,7 Millionen Kronen (ca. 336.600 Euro) auf dem zweiten Platz der Liste der gewinnreichsten tschechischen Pferde in Flachrennen knapp hinter dem Kölner Gruppe 1-Sieger Darsalam (Desert King), der übrigens mit dem sechsten Platz im St. Leger und neunten Platz im Gold Cup sein Vorgänger in Sachen England-Reisen war. Dabei wurde Subway Dancer als ungeprüfter Dreijähriger vom Agenten Chris Richner für nur 3.000 Euro erworben. Das wird sich so nicht mehr wiederholen, denn der um zwei Jahre jüngere Halbbruder Secret Advisor (Dubawi) war inzwischen für Godolphin Dritter im Queen’s Vase (Gr.2). Die Mutter Sub Rose (Galileo) gewann im Training von Alain de Royer-Dupré ein Gruppe 3-Rennen in Chantilly.

Die historische Expedition von Ascot überschattete die restlichen Hightlights einer ereignisreichen Woche. In Most schaffte der amtierende spanische Champion Václav Janácek das Kunststück alle fünf Rennen, bei denen er in den Sattel stieg, zu gewinnen. Darunter auch ein großes Sprintrennen mit Mr Right (Echo Of Light) und den Preis des Winterfavoriten (1600 m, ca. 21.200 Euro) auf dem im Gestüt Görlsdorf geborenen King Archie (Archipenko). Der von Pavel Tuma trainierte Halbbruder von Kerosin und Karajol, den Jirí Charvát für 50.000 Euro auf der BBAG Jährlingsauktion erworben hatte, galt spätestens seit seinem Sieg beim European Jockeys‘ Cup als ein vielversprechender Zweijähriger. In Most setzte er sich ohne größere Probleme durch, auch wenn sich der zweite Manoamano (Alexandros) bis auf 3/4 Längen nähern konnte. Der dritte Platz ging an Filip (Intello) vor Angkor Wat (Nathaniel). Bereits einen Tag später war aber ein weiterer interessanter Name zu sehen, als der zum dritten Mal startende Chiouboucar (Rail Link) locker um 2 1/4 ein gut besetztes Zweijährigen-Rennen über 1800 Meter in Prag gewonnen hatte.

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Die Zweijährigen standen während des letzten Wochenendes auch in Warschau im Mittelpunkt. Der neue Winterfavorit heißt Arkano (Alhebayeb), der unter Martin Srnec nach einer starken Leistung das Nagroda Mokotowska (1600 m, ca. 13.400 Euro) für Trainer Wojciech Olkowski gewonnen hatte. Mit seinem leichten 5 Längen-Sieg erinnerte der Schimmel schon etwas an den in den selben Farben laufenden Sieger der Triple Crown Bush Brave. Den zweiten Platz holte sich der von Kishore Mirpuri selbstgezogene Noble Eagle (October) vor Un Beso (Rajsaman), der im Gestüt Fährhof geborene Sicario (Poet’s Voice) wurde nur sechster. 

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Einen Tag vorher waren die Stuten im Nagroda Efforty (1400 m, ca. 12.100 Euro) dran und auch hier gab es eine leichte Siegerin. Die von Michal Abík gerittene Plantea (Planteur) machte sich vom Start selbst das Tempo und kam locker um 2 Längen vor der Ungarin Golden Sea (Born To Sea) und Sixte (Silver Frost) nach Hause. Im siebköpfigen Feld war keine in Polen geborene Stute dabei. 

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Ein großes Comeback kam in Bratislava zustande, wo sich das amtierende Pferd des Jahres Zoriana (Jukebox Jury) mit einem hochüberlegenen Sieg im Quissisana-Rennen (2000 m, 7.000 Euro) zurückmeldete. Die vom Gestüt Hachtsee gezüchtete Schimmelstute enttäuschte zuletzt im ungarischen Kincsem díj und kämpfte mit gesundheitlichen Problemen. Nun bekam sie von ihrem ständigen Reiter Stefan Budovic wieder ihr bevorzugtes Rennen auf der Spitze und konnte sich in der Zielgerade um 5 Längen lösen. Den Kampf um den zweiten Platz gewann Maková Panenka (Stormy Jail) vor Mooreen (Calming Influence). 

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Immer wieder berichten wir auf dieser Stelle über interessante junge Reiter aus dem osteuropäischen Raum. Der 18-jährige David Liska konnte sich am vergangenen Sonntag über seinen 50. Karrieretreffer freuen, was in Tschechien nicht nur mit den Verlust der Erlaubnis, sondern auch mit dem offiziellen Titel „Jockey“ verbunden ist. Der bei Václav Luka in Süd-Böhmen tätige Auszubildende brauchte für diese Leistung gerade einmal 17 Monate. Seit seinem letztjährigen Sieg auf Nagano Gold (Sixties Icon) im Prager St. Leger gehört er zu den meistbeschäftigten Reitern im Lande und ist mit 30 Saisonsiegen der klare Spitzenreiter in der aktuellen Jockeystatistik.

 

Martin Cáp, Prag

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