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Post aus Prag - Palík und Gasparini begeistern im Prager St. Leger

Jiri Palik auf dem Tschechischen St. Leger-Sieger Gasparini. www.galoppfoto.de - Petr Guth

Autor: 

Martin Cáp

TurfTimes: 

Ausgabe 735 vom Freitag, 09.09.2022

Es war ein Tag der Hoffnung und auch eine Werbung für den Rennsport, wie sie besser nicht sein konnte. Im letzten klassischen Rennen der Saison, dem 77. Renomia St. Leger (2800 m, ca 24.400 Euro) auf der Prager Rennbahn Velká Chuchle, setzte sich in einem dramatischen Einlauf wieder ein im Lande gezüchtetes Pferd durch. Der von seinem Besitzer Petr Karlík selbst gezogene Sieger des Slowakischen Derby Gasparini (Eagle Top) gewann nach einem Meisterritt von Jirí Palík um einen kurzen Kopf vor den Stuten Totally Gold (Dark Angel) und Vignetta (Pouvoir Absolu). Eine Welle der Begeisterung ging durch das Publikum und der Schützling von Trainer Jan Demele bekam nach dem Rennen Ovationen, die in solcher Intensität auf der Prager Rennbahn nur selten vorkommen. Die Sieger-Zeremonie war dann durchaus mit einer soliden Fußball-Veranstaltung vergleichbar.

Die Pferde aus der einheimischen Zucht hatten in den klassischen Rennen die beste Bilanz seit 2005. Zamico (Amico Fritz) gewann die 2000 Guineas, Vignetta (Pouvoir Absolu) war in den Oaks erfolgreich und nun hat Gasparini im St. Leger noch nachgelegt. Drei verschiedene in Tschechien geborene klassische Sieger gab es zum letzten Mal vor 24 Jahren, damals war die hiesige Zucht allerdings weit größer als heute. Der aktuelle dreijährige Jahrgang setzt sich aus gerade einmal 168 Fohlen zusammen, wobei neunzehn von ihnen im ausländischen Besitz waren. Es gibt praktisch keine großen Gestüte mehr, die Mehrzahl von den traditionellen Zuchtstätten aus der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts existiert nicht mehr. Das größte und älteste Gestüt Napajedla lässt nur noch wenige Stuten decken, für die meisten Produkte der tschechischen Zucht sind inzwischen diverse Owners-Breeders verantwortlich. Die Zuchtoperationen der größten von ihnen haben sogar das Land verlassen, wie das Beispiel von Jirí Trávnícek zeigt, der seine Zucht ins Haras de Beaufay in der Normandie verlegt hatte und dieses Jahr mit der Derby-Siegerin Queen Of Beaufay (Zarak) große Erfolge feierte.

Neben diesem Background war es aber auch das Rennen selbst, das am Sonntag für Begeisterung sorgte. Nach dem Start wollte niemand so richtig die Führung unternehmen und es deutete sich ein langsames Rennen an. Palík ergriff sofort die Initiative und sorgte für eine recht flotte Fahrt. In der Zielgeraden sah Gasparini bereits wie ein geschlagenes Pferd aus, aber der Hengst zeigte sein Kämpferherz und kurz vor dem Ziel waren die ersten drei Pferde regelrecht auf einer Linie. Der Richterspruch lautete „Kampf kurzer Kopf – kurzer Kopf – 1/2 mit einem glücklichen Ende für Gasparini. Vierter wurde der Schweizer Derbysieger Hello Hola Hay (Zarak). Für Palík war es bereits der vierzehnte klassische Sieg in fünf verschiedenen Ländern.

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Eine schöne Geschichte brachte auch das zweite große Rennen des Tages, der Große Preis von Prag (1600 m, ca. 24.400 Euro). Auch hier kämpfte Jirí Palík um den Sieg, doch musste er sich auf dem Schimmel Politicum (Lethal Force) diesmal mit dem zweiten Rang zufrieden geben. Den Erfolg im bedeutenden Vergleichsrennen auf der Meilen-Distanz (dieses Jahr allerdings ohne Dreijährige am Start) holte sich der populäre Oldie Ideal Approach (Bushranger) aus dem Stall Lokotrans und stieg im Alter von 10 Jahren zum ältesten Sieger in der Geschichte des Rennens auf. Martin Laube musste auf dem Schützling von Lubos Urbánek nicht viel tun, Ideal Approach wehrte relativ leicht die Angriffe von Politicum und Zariyannka (First Defence) zurück. Der zuletzt Zweite auf deutscher Listenebene Pace Man (Reliable Man) belegte auf der für ihn doch kürzeren Distanz den fünften Platz.

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In Warschau wurde der Westminster Freundschaftspreis (2000 m, ca. 26.700 Euro) gelaufen. Deutschland wurde von Atze (Amaron) vertreten, der von Roland Dzubasz trainierte Wallach war aber nur Sechster. Um den Sieg kämpften diesmal einheimische Pferde und der 5-jährige Timemaster (Mukhadram) zeigte unter Martin Srnec einmal mehr, warum er in den letzten zwei Jahren das beste polnische Pferd auf der Meile ist. Der Hengst des Stalles Carramba gewann sicher um 1 3/4 Längen vor dem 3-jährigen Kaneshya (Hunter’s Light) und Anator (Motivator).

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Ein interessantes Rennen sollte die Wielka Wroclawska Nagroda Prezydenta Wroclawia (5000 m, ca 42.300 Euro) werden. Das größte Hindernisrennen der Herbstsaison auf der Rennbahn Wroclaw-Partynice wurde von einem Massensturz am Tribünensprung überschattet. Ins Ziel kamen somit nur drei Pferde. Einen überraschenden Sieg holte sich der einhemische Nick (Jape) mit Amateur Pavel Peprna, der Larizano (Jape) und Minister Wojny (Indy Champ) schlagen konnte.

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Im Lande blieb auch das größte Hürdenrennen Wielka Partynicka – Nagroda Unico Logistics (4200 m, ca. 21.200 Euro), das von Noble Eagle (October) mit Adam Cmiel beherrscht wurde. Der Favorit Dominique (Motivator) holte sich das zweite Platzgeld vor Leading Lion (Ruten).

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Im Hindernismetier gibt es noch eine wichtige Nachricht zu vermelden. Der italienische und tschechische Jockey-Champion Josef Bartos feiert an diesem Sonntag sein Comeback nach mehr als drei Monaten gesundheitlicher Pause. In Prag wird er dreimal in den Sattel steigen, unter anderem wird er den vom Gestüt Röttgen gezogene Sternkranz (Kamsin) im größten Hürdenrennen der tschechischen Saison Zlatý pohár EZ Praha reiten. Einmal wird er auch in einem besseren Flachrennen zu sehen sein, wo er 66 kg auf die Waage bringen soll.

Martin Cáp, Prag

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