Post aus Prag: Internationale Jockeystars als Zugpferde
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TurfTimes:
Was macht man, wenn man einen großen Sponsor findet, der viel Geld in einen Renntag investieren will und sein einziger Wunsch ist, dass es einen internationalen Reiz und Resonanz wie große Fußballspiele haben soll? In Prag hat man diese Frage auf eine neue Weise beantwortet. Man hat fünf große Rennen geschaffen, die mit 20 000 Euro (das Hauptrennen sogar mit 60 000 Euro) dotiert sind und dazu einen „European Jockeys‘ Cup“ (www.ejc2015.cz) ins Leben gerufen. Als Geldgeber fungiert ein lokales Pharmaunternehmen. Alle Pferde sollen von eingeladenen internationalen Jockeystars geritten werden – zur großen Freude vom Prager Publikum und Verstimmung der einheimischen Jockeys, die mit wenigen Ausnahmen an diesem Renntag „auf der Bank“ bleiben müssen.
Die Idee Zuschauer und internationale Medien auf globale Jockeystars anzulocken ist in der Region nicht neu. Schon vor mehr als 20 Jahren hatte es mit großem Erfolg Rennbahndirektor Marian Surda aus dem slowakischen Bratislava versucht. Als 1993 aus die Tschechoslowakei in zwei Nachfolgerstaaten zerfiel und der Turf in der Slowakei sich neu erfinden musste, bekam Surda die Idee, den damals noch im Sattel aktiven Lester Piggott nach Bratislava zum ersten Slowakischen Derby zu holen. Alles klappte, wie erwünscht – Piggott siegte mit Zimzalabim leicht und locker und Bratislava schaffte es sogar auf die Titelseite der Racing Post. Surda hat diesen Schachzug in den weiteren Jahren noch mehrmals mit Stars wie Pat Eddery, Frankie Dettori, Cash Asmussen, John Reid oder Mick Kinane wiederholt.
Irgendwann war dann klar, dass der Veranstalter nicht mehr den Jockeyagenten spielen muss, Ende der 90er Jahre gab es in Tschechien, Polen, Ungarn und der Slowakei bereits mehrere größere Ställe, die es sich leisten konnten solche Stars auf ihre Pferde ohne fremde Hilfe zu holen. So waren Michael Roberts und andere mehrmals im ehemaligen Ostblock zu sehen. Sie stießen stets an ein hohes Interesse, aber irgendwann war es keine Sensation mehr. Der große Andrang am 18. Juli 1993, als damals Massen von Menschen nach Bratislava strömten um Lester Piggott zu sehen, blieb unübertroffen und ging definitiv in die Turfgeschichte ein.
Das Prager Meeting, das am Samstag den 26. September stattfindet, hat eine andere Geschichte. Der Sponsorenwunsch, die europäische Vollblutspitze in die Goldene Stadt zu holen, wurde früh als zu ambitioniert erkannt. Nach mehreren Konsultationen in der Rennsportszene hatte dann die Sponsorengesellschaft einen Kompromiss geschaffen – sich mit der regionalen Elite aus Tschechien, Slowakei, Ungarn oder Polen zufriedengeben und auf diese Pferde Spitzenjockeys aus dem Ausland holen. So ist eine Art „tschechischer Shergar Cup“ entstanden, wobei man mit dem Termin vor allem Interessenten aus Frankreich, wo an diesem Samstag keine Top-Rennen stattfinden, entgegenkommen wollte. Lange sah es so aus, als ob sogar Olivier Peslier, Maxime Guyon oder Ioritz Mendizabal kommen könnten. Die zwei ersten müssen aber am Ende doch noch zuhause bleiben und der letztere musste aus privaten Gründen absagen.
Trotzdem ist es den Tschechen gelungen eine interessante Liste von 16 Namen aus 11 Ländern mit etlichen Champions und Derbysieger zu erstellen. Aus Frankreich kommen Fabrice Veron, Cristian Demuro, Umberto Rispoli und Theo Bachelot, aus England und Irland sind immerhin Martin Dwyer, Martin Lane und Tadhg O’Shea dabei. Aus Deutschland sollte neben Filip Minarik ursprünglich auch Dennis Schiergen kommen. Nach seiner Verletzung war Andreas Suborics im Gespräch, der aber gerade an diesem Wochenende gesperrt ist. Skandinavien wird von Per Anders Graberg vertreten, weiter kommen Károly Kerekes, Jose Luis Martinez, Olivier Placais oder Jaroslav Línek nach Prag.
Das Prager Konzept rechnet nicht mit Teams wie in Ascot. Jeder Jockey reitet für sich selbst und hat seine eigene Farbe der Kappe. Auch Stars der Veranstaltung wie Demuro oder Minarik müssen jedoch abwarten, welche Pferde sie bekommen. Dies wird diesmal nicht per Los entschieden. Die Besitzer können sich die Jockeys selbst aussuchen, allerdings in der Reihenfolge nach dem Handicap der Pferde. Unter den gennannten Pferden sollen Meandre, Zazou, Trip To Rhodos, Dashing Home, Mikesh oder Donn Halling sein. Der Nennungschluß erfolgte an diesem Donnerstag, die Reiterangabe dann am Dienstag, 22. September.
Den tschechischen Jockeys, die an diesem Tag nicht mit reiten können, bleibt nur ein kleiner Trost. Nach den fünf „Championship-Rennen“ gibt es noch ein Zweijährige-Rennen und ein Handicap, wo man auch die einheimischen Reiter verpflichten kann. „Da kann man leider nichts machen. Wir machen diese große Aktion um den Rennsport an die breite Öffentlichkeit zu bringen“, meinte der Trainer Václav Luka, der zu den Machern des European Jockeys‘ Cup gehört.