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Post aus Prag - Fünfter Pardubitzer Sieg für Jan Faltejsek

Autor: 

Martin Cáp

TurfTimes: 

Ausgabe 540 vom Freitag, 19.10.2018

Wenn man in den 70ern und früher 80ern in der damaligen Tschechoslowakei die Menschen auf der Straße fragte, welchen Jockey kennen sie, bekam man meistens nur eine Antwort: Václav Chaloupka. Der viermalige Sieger der Großer Pardubitzer war dank dem Kultsteepler Korok (Astyanax) und einer spektakulären Expedition zur Grand National schlicht ein „Household Name“, wenn es um Pferderennen ging. Kurz vor der Wende kam dann Josef Vána, dessen fünfter Sieg in Pardubitz im Jahre 1997 als ein Rekord für die Ewigkeit galt. Vána schaffte viel später noch drei weitere Siege im berühmtesten Hindernisrennen des Landes und gilt schon lange Jahre als die Turfpersönlichkeit Nr. 1 im Lande. Lange schien an seinen Rekord niemand heranzukommen, aber spätestens seit diesem Jahr ist es anders. Jan Faltejsek ist nach seinem neuesten Erfolg auf Tzigane du Berlais (Poliglote) nun fünfmaliger Sieger der Großen Pardubitzer (6900 m, ca. 193.300 Euro) und stieg zum zweiterfolgreichsten Jockey in der Geschichte des 1874 gegründeten Rennens auf.

„Ich bekomme einfach nur gute Pferde und habe dazu etwas Glück,“ schmunzelte der 35-jährige Jockey aus Kladrub nach dem Rennen. „Ob ich letztendlich mehr Siege als Josef Vána holen kann? Darüber denke ich gar nicht nach, der Mann ist eine Legende. Das ist ähnlich, als ob man träumen würde, dass man in der NHL mehr Punkte als Wayne Gretzky erzielen kann.“ Tatsache ist aber, dass von den letzten sieben Jahrgängen des Rennens fünfmal der Sieger Jan Faltejsek hieß. In den Jahren 2012 bis 2014 brillierte er auf der Ausnahmestute Orphee des Blins (Lute Antique), 2016 war er mit Charme Look (Look Honey) erfolgreich. Die einzigen Gelegenheiten, wo er nicht auf dem Siegertreppchen stand, war der dritte Platz mit Universe Of Gracie (Pentire) und im vergangenen Jahr musste er wegen starken Rückenschmerzen den Ritt für seinen früheren Chef Guillaume Macaire absagen.

Diesmal stieg Faltejsek, der abseits von Pardubitz auch drei englische Grade2-Rennen inklusive des Cheltenhamer Cleeve Hurdle auf Knockara Beau gegen den Superstar Big Bucks gewinnen konnte, für Trainer Pavel Tuma und Besitzer Jirí Charvát in den Sattel. Das in dieser Saison auch mehrmals in Deutschland erfolgreiche Team hatte mit dem siebenjährigen Wallach Tzigane du Berlais einen brandneuen Namen im Rennen. Der großrahmige Halbbruder der auf Gr. 1-Ebene in Sandown Park erfolgreichen Gitane du Berlais (Balko) wurde einst von Charvát für 26 000 Euro ersteigert und galt lange als ein versprechendes, auch wenn spätreifes Pferd. Auf der höchsten Szene kündigte er sich in der letzten Saison mit einem zweiten Platz im Elbe-Preis, das als ein wichtiges Rennen auf dem Weg zur Großen Pardubitzer gilt, an. In der aktuellen Saison wurde er vor dem Herbst-Highlight nur zweimal herausgebracht und lief schon in der September-Qualifikation anständig, wo er auf dem zweiten Platz nur eine Länge hinter dem Sieger Ange Guardian (Banyumanik) endete.

Mit seiner Vorliebe für weichen Boden schien er bei den aktuellen Witterungsverhältnissen in Pardubitz allerdings nicht gut aufgehoben zu sein. Mit 23 Grad und Sonnenschein erinnerte das zweite Oktober-Wochenende eher an ein Sommermeeting. Im schnell gelaufenen Rennen kam es zu allen Fällen und Kollisionen innerhalb von 45 Sekunden zwischen dem vierten und sechsten Hindernis des Kurses. Auf dem Taxis-Graben endete das Rennen für vier Teilnehmer – Ter Mill (Mill Pond), Templár (Varadero), Universe Of Gracie (Pentire) und Vicody (Secret Singer). Die schlimmste Bilanz auf dem berühmten Hindernis seit einigen Jahren hatte ihren Hintergrund in einer Kollision auf der rechten Seite des großen Feldes kurz vor dem Absprung. Der von Josef Bartos gerittene Vicody sprang zu früh ab und fiel beim Aufsprung unter die Beine von Universe Of Gracie, der somit auch zum Fall kam. Vicody brach sich ein Bein und musste aufgegeben werden. Auf der Irischen Bank verlor Vajgaros (Rosensturm) seinen Reiter Leighton Aspell und auf dem folgenden sechsten Hindernis konnte sich Niklas Lovén auf Delight My Fire (Way Of Light) nicht halten.

Der spätere Sieger Tzigane du Berlais war in dieser Phase auf der Spitze aktiv, in der mittleren Phase des Rennens überlies aber Faltejsek die Initiative dem traditionellen Tempomacher Bridgeur (Vendangeur) und verbrachte den Rest des Rennens im Mittelfeld. Als es nach dem Hindernis Nummer 25 ernst wurde, kämpften fünf oder sechs Pferde um die Spitze. Der Vorjahressieger No Time To Lose (Authorized) musste unter Josef Vána viel Boden gut machen und kam in keiner Phase für den Sieg in Frage. Hingegen der von Susanne und Jürgen Kleibömer gezüchtete Ange Guardian hatte einen sehr guten Moment im letzten Bogen, wo sein Reiter Jirí Kousek als einziger im Felde ruhig saß. In der Zielgerade konnte er dann aber doch nicht beschleunigen und wurde nur sechster, vier Längen hinter seinem Trainingskollegen No Time To Lose. Der Josef Vána-Stall musste sich schließlich nur mit den Plätzen vier, fünf und sechs zufrieden geben, sein bester Teilnehmer war letztendlich Zarif (Observatory) unter Raffaele Romano.

Fast sah es schon nach einem Überraschungssieg des 8-jährigen Stretton (House Rules) mit Thomas Garner, der im Gestüt Napajedla geborene Schützling von Cestmír Olehla wurde aber in den letzten Metern noch von zwei Pferden passiert. Auf der Außenseite kam Tzigane du Berlais unter Faltejsek immer besser in die Partie und setzte sich schließlich sicher um 3 Längen durch. Auf dem zweiten Platz lief ein großes Rennen der von Frantisek Sevcu selbstgezogene Hegnus (Magnus). Insgesamt kamen 11 Pferde ins Ziel. Auf dem achten Rang endete der einstige St. Leger-Sieger in der Slowakei Vandual (Rainbows For Life), mit Nikas (Scater) und Ribelino (Truth Or Dare) waren auf den Rängen 9 und 11 auch noch zwei frühere Sieger des Rennens vertreten.

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Der Einlauf bestätigte übrigens den Trend der letzten zehn Jahre, in denen die Große Pardubitzer entweder von den Vorjahressiegern oder von Debütanten gewonnen wurde. „Wegen der Hitze und hartem Boden im Sommer konnte Tzigane du Berlais nur in zwei Qualifikationsrennen laufen. Ein Start in Cheltenham zum Jahresende ist durchaus eine Option, wir müssen uns aber noch mit dem Trainer darüber unterhalten,“ meinte der siegereiche Besitzer und Präsident des Jockey Clubs Jirí Charvát, der schon 2006 mit Decent Fellow (Esclavo) einen Pardubitzer Helden im Stall hatte.

Auf der Rennbahn selbst waren mehr als 30 000 Menschen, weitere 2,1 Millionen Zuschauer verfolgten die siebstündige Live-Sendung des tschechischen Fernsehens. 

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Der Wettumsatz des Renntages betrug 6 Millionen Kronen (cca 232 000 Euro), auf die Große Pardubitzer selbst wurden etwa 102 000 Euro gewettet.

Obwohl im Hauptrennen diesmal mit der Ausnahme des Slowaken Vajgaros keine ausländische Pferde dabei waren, im Rahmenprogramm des zweitägigen Meetings gab es einige Gäste. Gleich drei französische Starter inklusive des vierten auf Listenebene in Craon Unbrin de l’Isle (Dom Alco) traten im Elbe-Preis (5200 m, cca 27 000 Euro) an. Als aber der von Emmanuel Clayeux trainierte Schimmel in der Zielgerade bereits alles unter Kontrolle haben zu schien, kam an ihm der bisher sieglose Mahony (Look Honey) mit Marek Stromský vorbei. Der im Gestüt Idee geborene Power Zar (Desert Prince) wurde vierter, die weiteren Franzosen Neflier (Kapgarde) und Sarika (Grand Tresor) belegten die Plätze fünf und sechs.

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Eine durchaus populäre Siegerin war auch die 7-jährige Izynka (Look Honey), die im Moldau-Preis (4500 m, cca 15 500 Euro) bereits zum siebten Hindernissieg kam und im nächsten Jahr ähnlich wie auch Mahony die Große Pardubitzer ansteuern wird.

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Am Samstag ging der diesjährige Sieger aus Bad Harzburg Anaking (Astarabad) spazieren und gewann um 9 Längen ein 3400 Meter langes Hürdenrennen.

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Sein Kollege im Stall von Pavel Tuma, der im Badenia-Jagdrennen siegreiche Northerly Wind (Sains Des Saints) belegte den zweiten Platz hinter Monsieur Bachir (Bachir) in der Silbernen Trophäe (4400 m, cca 11 500 Euro).

Martin Cáp, Prag

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