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Post aus Prag

Meandre findet in Prag wieder in die Erfolgsspur. www.galoppfoto.de - Petr Guth

Autor: 

Martin Cáp

TurfTimes: 

Ausgabe 384 vom Donnerstag, 10.09.2015

Es war ein System, das mehrere Jahre funktionierte. Der tschetschenische Präsident Ramzan Kadyrow, dessen Ehrgeiz im Rennsport sich immer wieder nach Dubai richtete, hatte kleine „Filialen“ in Köln-Weidenpesch und in Tschechien gegründet, wohin er seine Pferde nach einem langen und schweren Winter in Meydan schickte. Insbesondere der Trainer Arslangirej Savujev, derzeit in Krabcice etwa 60 Kilometer von der deutschen Grenze tätig, wirkte im Frühling immer wieder eher als ein Physioterapeut, dessen Aufgabe es ist, sehr müde Top-Pferde wie Meandre, Dux Scholar oder Limario wieder in die nötige Kondition und Zustand zu bringen. Eine lange Pause, dann vielleicht ein oder zwei Aufbaurennen in Tschechien im Sommer und dann Anfang Oktober in das Arc-Wochenende in Longchamp einzugreifen, das war das Routine-Program der in Tschechien untergebrachten Kadyrow-Pferde.

Die russischen Sanktionen und das Startverbot in mehreren Ländern inkusive Frankreich und Deutschland haben die Situation grundlegend verändert. Die Pferde aus dem Kadyrow-Stall können derzeit nur in Tschechien und der Slowakei Rennen laufen und dürfen nicht nach Russland oder Tschetschenien transportiert werden. Von den gewonnenen Rennpreisen kann man nur mit dem Geld disponieren, das zur Kostendeckung des Trainers und des Stalles nötig ist. Kadyrow, der ursprünglich einen größeren Stall von 10 – 12 Pferden in Tschechien unterhalten wollte, sieht in seinen europäischen Filialen inzwischen keinen Sinn mehr. Er will angeblich abwarten und nach der Abschaffung der Sanktionen alle Pferde nach Russland holen. Bis dahin bleibt ihm aber nichts anderes übrig als per Internet große tschechische Rennen wie den Großen Preis von Prag am letzten Sonntag zu verfolgen, eventuell über diese Erfolge seinem Volk auf Instagram zu berichten.

Ein Kadyrow-Pferd ist aber gegen die Sanktionen immun. Der inzwischen siebenjährige Meandre (Slickly), viermaliger Gr.1-Sieger inkl. des Preises von Europa und sechster im Dubai World Cup sowie im Prix de l’Arc de Triomphe, wechselte nämlich nach dem Winter in Meydan den Besitzer und gehört jetzt dem Unternehmer Said Shaptukayev aus dem tatarstanischen Kasan. Trainer Savujev zögerte lange, ob man es mit Meandre doch noch in Rennen versuchen soll, aber schließlich wurde der Hengst im Sommer registriert und debütierte am Sonntag im Großen Preis des tschechischen Turfs (2400 m, 20 000 Euro) in Prag.

In einem kleinen, siebenköpfigen Feld gab es ein ziemliches Bummeltempo, was aber keineswegs gegen Meandre spielte. In der Zielgeraden wartete sein Reiter Bauyrzhan Murzabayev noch etwas mit dem Finish, aber optisch sah er vom Anfang an wie der Sieger aus. Der einzige Gegner, der Meandre zu einem kurzen Kampf gezwungen hatte, war der stark laufende Autor (Authorized), aber 100 Meter vor dem Ziel musste auch sein Jockey Pierantonio Convertino passen. Meandre siegte leicht mit 1 1/2 Längen, dritter wurde der Tscheche Aztek (Moonjaz). Der letztjährige Derbysieger Cheeky Chappie (High Chaparral) musste sich mit einem fünften Platz zufrieden geben, einen Kopf vor dem einstigen Sieger des St. Leger Italiano Donn Halling (Halling). „Mit Meandre kann man keine Pläne machen. Die einzige Sache, die bei ihm jetzt zählt, ist der gesundheitliche Zustand“, meinte Savujev nach dem Rennen, angesprochen, ob er mit dem Schimmel vielleicht einen Ausflug nach Frankreich oder Deutschland machen will. „Wir werden sehen, aber wahrscheinlich versuchen wir jetzt den European Jockeys‘ Cup.“

Dieses Meeting, das zum ersten Mal am 26. September in Prag stattfinden wird, soll auch das Ziel von anderen Schützlingen von Savujev sein, die weiterhin in den Kadyrow-Farben laufen. Der aus der Fährhofer Zucht stammende Gr.1 Sieger Zazou (Shamardal) und der von der Familie Matusche gezogene dreijährige Dashing Home (Dashing Blade) sollten am Sonntag den Großen Preis von Prag (1600 m, 20 000 Euro) unter sich ausmachen, aber auf der Ziellinie wurden sie von dem dreijährigen Tamarind Cove (Galileo) mit Jockey Jaromír Safár abgefangen. Der Sohn der irischen klassischen Siegerin Saoire wurde als Jährling für 425 000 Guineas von John Magnier ersteigert, konnte aber zweijährig nicht herausgebracht werden und wechselte deshalb letzten Herbst in den Stall von Josef Vána als Teil eines „Pakets“ von 6 Pferden inklusive des späteren Derbysiegers Touch Of Genius. Tamarind Cove hatte lange das Renommee eines faulen Hengstes, der nichts umsonst geben will, aber Josef Vána fand in ihm ein sehr schnelles 1600 Meter-Pferd und nach einem dritten Platz im Prager Derby kehrte jetzt der Galileo-Sohn wieder in die Rennen zurück, die ihm am besten passen. Eine halbe Länge hinter ihm landete Dashing Home vor dem achtjährigen Zazou, dessen Team das langsame Tempo am Anfang des Rennens bedauerte. „Auch Zazou hat in dem Alter schon seine Probleme, daran können wir nicht viel ändern…“ sagte dazu Savujev.

Sein größtes Herbst-Meeting hatte am Sonntag auch die Budapester Rennbahn Kincsem Park. Ähnlich wie in Prag waren die Hauptrennen fast ausschließlich von den einheimischen Pferden besetzt, umso mehr muss man die Terminkollision bedauern. Eine Ausnahme konnte der beste tschechische Steher Trip To Rhodos (Rail Link) sein, dessen Besitzer und Präsident des Jockey Clubs Jiri Charvát ursprünglich das traditionelle Kincsem Díj (2400 m, 29 000 Euro) im Auge hatte. Nachdem man aber wenige Tage vor dem Start festgestellt hatte, dass in Budapest nur Hengste und Stuten laufen können, hatte man umdisponiert und den Wallach Trip To Rhodos in den Mercedes Benz-Steherpreis geschickt, wohin auch der beste Ungar Thunder Teddington (Halling) ging. In deren Abwesenheit räumte das Kincsem Díj die letztjährige Listensiegerin aus München Seperate Opinion (Osorio) mit Károly Kerekes ab. Fünf Längen hinter ihr wurde Heliconia zweite vor dem aus Röttgen stammenden Akaba (Kallisto).

Auch das zweite traditionelle Rennen Imperiál Díj (1600 m, 14 000 Euro) hatte einen leichten Sieger in dem siebenjährigen Hengst Silent Blessing (Diktat) mit Jockey Jaroslav Línek, der um 1 1/2 Längen vor Gran Torino im Ziel war. Platz drei ging an den Ex-Zoppenbroicher Krabat (Tertullian) und Vierter wurde der in Österreich trainierte Zwegat (Areion).

Am selben Nachmittag fand auf der Budapester Rennbahn ein symbolischer Abschied der ungarischen Rennszene von Overdose statt. Es gab eine Schweigeminute und auch eine Ausstellung der von Overdose gewonnenen Preise, unter ihnen natürlich die Goldene Peitsche. Das einstige Wunderpferd wurde schon vor einiger Zeit auch mit einem eigenen Rennen über 1000 Meter geehrt. Das diesjährige Overdose Díj (14 000 Euro) wurde von Puck Fair (Paco Boy) mit Jockey Zdenko Smida gewonnen. Die dreijährige Stute konnte um 3/4 Längen die inzwischen siebenjährige regionale Sprintlegende Alfkona (Areion) schlagen.

Martin Cáp

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