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Nicht nur das Geld lockt in der Goldenen Peitsche

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Turf aktuell

TurfTimes: 

Ausgabe 179 vom Freitag, 26.08.2011

Oft ist es eine reine Geldfrage, die eine Entscheidung über die Besetzung eines Galopprennens bewirkt. Dotiert ein Rennverein eine Gruppe-Prüfung hoch, so lockt er attraktivere Starter. Bietet er, wie bei deutschen Gruppe-Rennen mittlerweile üblich, nur Rennprämien in der Nähe der von der sportlichen Kategorie der Gruppe-Prüfung abhängigen Mindestdotierung, so verzichtet manch profilierter Grand Prix Crack auf einen Start, um eine besser dotierte Alternative wahrzunehmen. Doch jenseits der Geldfrage gibt es auch „weiche Faktoren“, die auf Besitzerseite darauf Einfluss nehmen, ob ein Start in einem speziellen Rennen in Erwägung gezogen wird. Wie wohl sich ein Besitzer auf einer Rennbahn fühlt und wie gerne er gerade auf dieser Rennbahn einen Sieg feiert, kann man nicht mit Zahlen messen, wird sich aber in der Entscheidung über einen möglichen Start niederschlagen. Auch die zusätzlich zum Rennpreis ausgelobten Ehrenpreise für den siegreichen Besitzer spielen in speziellen Fällen eine Rolle.

Ein solch spezieller Fall ist bei Deutschlands bekanntestem Fliegerrennen, der seit 1953 auf der Rennbahn Iffezheim gelaufenen Goldenen Peitsche, sicherlich gegeben. Hier erhält der Besitzer des Siegers neben einer Siegprämie von 40.000 Euro eine mit echtem Blattgold überzogene Rennpeitsche als Ehrenpreis, der für manchen in der Vergangenheit ein stärkeres Motiv für einen Start in dieser Prüfung als das Preisgeld war. So versuchte das Münchener Ehepaar Werner und Sieglinde Wolf Anfang der 90er Jahre unbedingt dieses Fliegerrennen zu gewinnen, um in den Besitz dieser vergoldeten Peitsche zu kommen. Die in Frankreich trainierte Silicon Bavaria, deren Namensgebung sowohl Herkunft als auch Branche des Münchener Computerunternehmers deutlich machte, wurde stets gezielt auf das Iffezheimer Rennen vorbereitet und startete in drei aufeinanderfolgenden Jahren bei der Großen Woche. Doch es war wie verhext, zweimal ein 2. und einmal ein 4. Rang sprangen heraus, der Sieg – und damit der begehrte Ehrenpreis – blieben den Münchenern versagt.

Mit ein Grund für ihr Scheitern war die gestiegene sportliche Attraktivität des Rennens, das bei der Einführung des europäischen Gruppe-Systems als Gruppe III begann, im Jahr 1991 jedoch zu einer Gruppe II-Prüfung heraufgestuft wurde. Der internationale Reiz des Rennens hing nach der sportlichen Heraufstufung in der Zeit zwischen 1993 und 2004 nicht nur von einem schönen Ehrenpreis ab. In dieser Phase gab es auch gutes Geld zu verdienen. Die damalige Dotierung von 216.000 DM bzw. nach der Euro-Umstellung 111.000 Euro war durchaus konkurrenzfähig und lockte nicht nur die dritte Flieger-Garnitur aus dem Ausland. Insgesamt 14 Sieger seit 1980 entstammten englischen Quartieren, acht wurden in Frankreich trainiert und nur fünfmal wurde die Prüfung von einem in Deutschland trainierten Vollblüter gewonnen. Die fehlenden vier Siege gingen durch den noch im Vorjahr in Baden-Baden gescheiterten 2008er-Sieger Overdose nach Ungarn und dreimal nach Schweden.

Auch an diesem Sonntag wird sich wieder ein internationales Feld an der Startstelle einfinden, wenn die 141. bestwetten.de Goldene Peitsche (Gruppe II, 1200m, 70.000€) entschieden wird. Bei der Starterangabe war ein zehnköpfiges Feld aus fünf Nationen angegeben worden, doch der avisierte schwedische Gast Verde Mar wurde wegen Fiebers bereits abgemeldet. Die Sieger der beiden letzten Jahre, der französische Titelverteidiger Amico Fritz (Fabrice Veron) aus dem Quartier von Henri-Alex Pantall und der 2009er Sieger War Artist (Andreas Suborics) sind auch diesmal mit von der Partie und teilen sich die Favoritenrolle.

Der im Besitz von Rupert Plersch, einem Unternehmer aus dem bayerischen Illertissen, stehende War Artist ist gleichzeitig ein Musterbeispiel für die manchmal problematischen geografischen Zuordnungen eines Siegers. Er gewann dieses Rennen vor zwei Jahren als Brite, wurde er zu diesem Zeitpunkt doch von James Eustace in Newmarket trainiert. Im Vorjahr nahm er nicht am Rennen teil. Hätte er es getan, so wäre als Franzose gelaufen, da er in 2010 von Alain de Royer-Dupre in Chantilly vorbereitet wurde. Sollte ihm jedoch am Sonntag ein Erfolg gelingen, so wird dies als deutscher Sieg gewertet, denn mittlerweile wird der 8jährige Wallach hierzulande trainiert. Sein neuer Betreuer ist Markus Klug, der noch im letzten Jahr vor seinem Wechsel zum Gestüt Röttgen sein Trainingsquartier in Iffezheim hatte, so dass War Artist diesmal sogar als halber Lokalmatador ins Rennen geht. Seine letzten beiden Starts brachten zwar keine zählbare Ausbeute, doch war der noch im Winter beim Dubai Racing Carnival erfolgreiche Flieger in Gruppe I-Rennen in Ascot und Newmarket am Start. In Iffezheim trifft auf Gegner anderen Kalibers und hat daher gute Chancen zum ersten Doppelsieger dieser Prüfung seit ihrer Heraufstufung zum Gruppe II-Rennen zu werden.

Ähnliches gilt auch für Amico Fritz, der ebenfalls in Ascot und Newmarket auf höchstem Level am Start war, in Newmarket dabei allerdings deutlich hinter War Artist blieb. Sein Sieg in Köln auf Gruppe III-Ebene im April fiel zudem nicht allzu beeindruckend aus, so dass die Wetter War Artist dem 5jährigen Hengst im Besitz des Züricher Operndirektors Alexander Pereira vermutlich vorziehen werden.

Die 5jährige britische Stute Rose Blossom (Paul Hanngan) wird auch ihren Anhang unter den Wettern finden. Sie kommt mit einem frischen Sieg in ihrer Heimat auf Listenebene nach Baden-Baden, konnte im letzten Jahr auch schon auf Gruppe III-Parkett in England gewinnen. Bei ihren Auftritten auf Top-Niveau endete sie zwar nur im Hintertreffen, doch internationales Top-Niveau stellt die Goldene Peitsche nicht dar. Da sie in Ascot im selben Rennen wie War Artist am Start war und weit hinter ihm ins Ziel kam, spricht der direkte Vergleich gegen sie, doch ändern sich gerade in Fliegerrennen oft die Kräfteverhältnisse von Auftritt zu Auftritt.

Der heimische Vertreter Smooth Operator (Terence Hellier) aus dem Krefelder Quartier von Mario Hofer rechnet sich ebenfalls eine vordere Platzierung aus. Beim Frühjahrsmeeting dieses Jahres überzeugte er im Benazet-Rennen auf Gruppe III-Level mit einem souveränen Erfolg. Schon 2009 zeigte er in der Goldenen Peitsche als Runner up zu War Artist eine starke Leistung, so dass der 5jährige in alle Überlegungen einzubeziehen ist.

Die weiteren fünf Starter treten als Außenseiter an. Der 5jährige Franzose Silverside (Julien Grosjean), der zwar ein wahrer Globetrotter ist, aber bei seinen Starts in aller Herren Länder auf sportlich anspruchsvollerem Parkett nur wenig erreichen konnte, und seine ein Jahr jüngere Landsmännin Clairvoyance (Filip Minarik) müssen gegen das obige Quartett zurückstehen. Der tschechische Starter Golden Eagle (Eduardo Pedroza) würde mit einem Erfolg für eine Sensation sorgen, die jedoch erscheint mehr als unwahrscheinlich. Auch Stall Nizzas Aslana (Andrasch Starke) als Vertreterin des Schiergen-Quartiers und Mood Music (Andreas Helfenbein) als zweite Farbe des Hofer-Stalles haben in der letzten Zeit zu wenig gezeigt, um hier Endkampfchancen anmelden zu können.

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