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Neue Leitlinien: Trainer kriegen Post vom Dachverband

So wie hier in Hoppegarten soll es bald in allen Rennställen aussehen mit Paddocks für den freien Auslauf ... ©galoppfoto - Sabine Brose

Autor: 

Frauke Delius

TurfTimes: 

Ausgabe 650 vom Freitag, 08.01.2021

Bereits im Oktober 2020 hat das Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft die seit 26 Jahren bestehenden Leitlinien zur Beurteilung von Pferdehaltungen unter Tierschutzgesichtspunkten aktualisiert. Heute nun wurden diese vom Galopper-Dachverband via Email an die TrainerInnen versandt, eine offizielle Pressemitteilung dazu ist jedoch von diesem nach unserem Kenntnisstand bisher noch nicht publiziert worden. Dabei sind die neuen Leitlinien seit ihrer Veröffentlichung verbindlich, auch wenn es bis zur Durchsetzung bzw. sogar möglichen Strafen und drohenden Verboten sicherlich noch eine Karrenzzeit geben wird.

Hier geht es zum Download der neuen Leitlinien zum Tierschutz im Pferdsport von 2020: Klick!
Die grundsätzlichen Leitlinien zur Beurteilung von Pferdehaltungen unter Tierschutzgesichtspunkten von 2009 finden sich hier: Klick!

"Die Beachtung der Vorgaben des Tierschutzes ist für Deutscher Galopp und die Akteure im Ökosystems des Galopps in der täglichen Arbeit Richtschnur des Handelns und Verpflichtung", heißt es in dem Anschreiben. Die Verpflichtung von Dr. Monica Venner als unabhängige Beauftragte für Tierschutzfragen habe das unterstrichen. 

Allerdings war auch schon zu hören, dass die Tierschutzbeauftragte bei ihren Besuchen in einigen Rennställen schon Bedenken angemeldet hat. Denn die neuen Leitlinien bringen einige neue Anforderungen mit sich, die für den Rennsport in ohnehin schon schwierigen Zeiten zusätzliche - auch finanzielle - Belastungen bedeuten. So ist unter anderem die Boxengröße, die Belüftung etc. neu definiert, außerdem muss jedes Pferd auch im Rennstall die Option haben, sich frei und eigenständig bewegen können, sprich: Auch im Rennstall muss es Koppeln oder Paddocks geben. Davon ist die Realität gerade auf einigen großen Rennbahnen weit entfernt. 

Ein sehr umstrittenes Thema war auch die Festlegung eines Mindestalters für den Ausbildungsbeginn. Insgesamt hat es zwei Jahre gebraucht, um einen gemeinsamen Nenner zu finden. Geeinigt hat man sich letztlich auf 30 Monate. Bis zu diesem Alter gelten Pferde als Jungpferde, erst mit zweieinhalb Jahren dürfen sie in eine zielgerichtete Ausbildung genommen werden. Der Galopprennsport hat eine Ausnahmegenehmigung bekommen: „Bei Galopp- und Trabrennpferden mit ausschließlichem Training auf Schnelligkeit kann das Mindestalter bei Trainingsbeginn ausnahmsweise herabgesetzt werden, wenn ein maßvolles, auf den Entwicklungsstand sowie das Leistungsvermögen abgestimmtes und schonend gestaltetes Training sichergestellt wird“, heißt es in den Leitlinien.

Doch das letzte Wort noch nicht gesprochen. Denn die Ausnahmeregelung und damit der Galopprennsport stehen auf dem Prüfstand. Das Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft hat sich verpflichtet, zeitnah umfassende wissenschaftliche und praktische Untersuchungen zu initiieren und zu unterstützen, bei denen vor allem die Trainingsbedingungen, die Auswirkungen eines frühen Nutzungsbeginns, die Haltungsumwelt sowie die Durchführung der tierärztlichen Beurteilung der physischen und psychischen Belastbarkeit der betroffenen Pferde im Vordergrund stehen. Nach Abschluss der betreffenden Untersuchungen sollen die Leitlinien auf der Basis der erzielten Forschungsergebnisse nochmals überprüft werden. Innerhalb von fünf Jahren sollen diese Studien durchgeführt werden, die ersten Monate sind schon rum und der Rennsport ist gefordert.

Was genau das für die Rennställe - die Zuchtbetriebe dürften weniger betroffen sein -  bedeuten könnte, wurde bereits ausführlich im RaceBets-Podcast diskutiert und ist hier nachzuhören: "Das Vollblut-Rennpferd" und "Wie trainiert man Rennpferde?". Experten wie Dr. Thomas Weinberger von der Pferdeklinik Burg Müggenhausen, der Trainer Christian von der Recke und Ferdinand Leve, Besitzertrainer und Architekt mit dem Schwerpunkt Pferdesportanlagen erläutern dort, welche Herausforderungen sich durch die neuen Leitlinien für den Galopprennsport ergeben. "Wir können uns nicht mehr auf eine jahrhunderte alte Tradition berufen", so Weinberger, "wir müssen dem wissenschaftlichen Beweis standhalten, dass die Art, wie wir unsere Pferde halten und trainieren auch tierschutzgerecht ist." Unter anderem soll es nun neben der Zweijährigen-Prüfung vor dem ersten Start schon beim Eintritt in den Rennstall eine Tauglichkeitsprüfung für die Jährlinge geben. 

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