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National Hunt - The tale of two Nickys

Shishkin vergangenes Jahr in Cheltenham. www.galoppfoto.de - JJ Clark

Autor: 

Catrin Nack

TurfTimes: 

Ausgabe 654 vom Freitag, 05.02.2021

Zwei Pferde schrieben in der NH-Szene die Schlagzeilen des vergangenen Wochenendes. Trainiert von zwei Trainern, die die Kurzform ihrer Vornamen teilen, sonst aber – genau wie ihre Schützlinge – extrem verschiedene Spektren der Zunft repräsentieren.

Nach der witterungsbedingten Absage von Cheltenham stand die nordenglische Rennbahn von Doncaster im Zentrum des Geschehens. Nicht ungewohnt für eine Rennbahn, auf der immerhin Englands ältester Klassiker, das St. Leger, ausgetragen wird. Auch der Hindernissport hat hier eine feste Heimat, und einige der Graded-Rennen haben Traditionscharakter. Das vergangene Wochenende bot immerhin drei Grade2- und ein Listenrennen.

Nicky (Nicholas) Henderson ist eine Ikone der Trainerzunft. Sein Name Synonym für hochklassige Pferde und echten Stars, man denke Remittance Man, See you then, Simonsig, Sprinter Sacre, Buveur d´Air, Long Run usw. Sein Element sind die Sprint-Distanzen der Sphäre, zwei Cheltenham Gold Cup-Siegen stehen kombiniert 14 Siege in der Champion Chase und – Hurdle gegenüber. Ein Grand National fehlt nach wie vor in seinem CV. In Eton ausgebildet, ist Henderson durchaus Mitglied der südenglischen „High Society“, sein Stall Seven Barrows Anlaufstelle großer Besitzer.

Mit Shishkin, in den Farben der irischen Besitzer Marie Donnelly, für die u.a. auch Al Boum Photo läuft, brachte Henderson einen seiner aktuell absoluten Stars nach Doncaster. Der jetzt 7j. Sholokov-Sohn ist bei nur acht Starts „under Rules“ (d.h. ohne Point-to-Point-Rennen, die eine Art inoffizielle Einführung in den Hindernissport bieten, im Formspiegel der Pferde jedoch aufgeführt werden) praktisch ungeschlagen; allerdings fiel er beim allerersten Hürdenstart seiner Laufbahn. Seitdem ist Shishkin einer der Poster Boys des Sports, u.a. (Cheltenham) Festival Sieger über Hürden. In seiner ersten Saison über Jagdsprünge ist er bei nun drei Starts ungeschlagen, ein Naturtalent. Der große Sprinter Sacre gab einst sein Jagd-Debüt an einem Wochentag in Doncaster, Shishkin als echtes „Saturday-horse“ reiste für eine Gr.2-Prüfung über 2m 1/2f an und hatte mit seinen drei Gegnern - Opfern – auch auf dem klebrigen Boden wenig Mühe. Er notiert nach wie vor als heisser Favorit für die Arkle Chase, der „Champion Chase“ für Nachwuchspferde, die Novices.

Im fernen Cumbria, kurz vor der schottischen Grenze, ist hingegen Nicky Richards beheimatet. Als Sohn des legendären Trainers Gordon Richards (nicht verwandt und nicht zu verwechseln mit dem bekannten Jockey gleichen Namens) vertritt Richards durchaus bestes Blut, der Norden hat jedoch andere Gesetzte. Sein Trainingsquartier Greystoke hat durch Gordon seinen sagenumwobenen Ruf erhalten;  es war immer schwer, in solch große Fußstapfen zu treten. Richards ist ein Mann der alten Schule, seine Pferde sind die Marathon-Läufer im Hindernissport, die er mit unendlicher Geduld reifen lässt. Solch eine Haltung braucht einen entsprechenden Schlag Besitzer, nicht leicht zu finden im finanziell wesentlich schwächer strukturierten Norden. Immer wieder gelingt es Richards, ganz nordenglisch eher wortkarg und spröde daherkommend, jedoch, ein Pferd zu großen Siegen zu Formen, man denke vor allem an den großen Monet´s Garden, der unter seiner Ägide noch als Zwölfjähriger ein Graded-Rennen gewann und anschließend im Stall seinen Lebensabend verbrachte.

Der ebenfalls zwölf Jahre alter Takingrisks ist ein anderes „Kaliber“. Kein Superstar, nicht einmal ein Star, aber ein Kämpfer. Ein hart arbeitender Handicap Staying Chaser, einer Sparte, der man leider viel zu wenig Beachtung schenkt, manchmal schenken kann. Die Graded-Rennen beanspruchen den Fokus, da fallen auch hochklassige und -wertige Handicaps gerne einmal hintenüber. Bei 32 Starts hat der Wallach nun neun Rennen gewonnen, sein Erfolg am vergangenen Wochenende mitgezählt.

Sein Sieg in der Sky Bet Handicap Chase (alteingesessenen Fans als Great Yorkshire Chase bekannt), einem Listenrennen über 3m, war sein dritter in „Black Type“ Klasse. Am Toto mit 40-1 sträflich unterschätzt, zeigte der Wallach all die Qualitäten, die einen Schützling von Nicky Richards ausmachen: Herz, Kampfgeist und grenzenloses Stamina. Richards wurde nach dem Rennen von einer Reporterin überrumpelt. Der Clip, in den Sozialen Medien zurecht auch von anderen Trainern gefeiert, zeigt Richards, der zunächst versucht, Haltung zu bewahren. „Er ist mein 'Hack' [frei übersetzt sein Reitpferd bei der Morgenarbeit] und ich hoffe, dass er mich nie verlässt“, bekennt Richards mit noch recht emotionslosen Gesicht, dann, auf Nachfrage der Reporterin, versucht er in Worte zu fassen, was der Erfolg seines Lieblings für ihn bedeutet. Nach wenigen Worten bricht Richards das Interview ab und flieht – mit tränenerstickter Stimme – aus dem Bild. Nicht wortgewaltig wie ein Nicky Henderson, hätte Richards die Tiefe seiner Emotionen nicht deutlicher ausdrücken können.

Catrin Nack

 

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