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Karriereende nach 30 Jahren

Jimmy Fortune. www.galoppfoto.de - Sandra Scherning

Autor: 

Turf aktuell

TurfTimes: 

Ausgabe 490 vom Donnerstag, 19.10.2017

Wenn ein Jockey nach 30 Jahren im Rennsattel seine Reitstiefel an den Nagel hängt, dann ist dies eine Nachricht. Wenn dieser Jockey in diesen 30 Jahren mehr als 1800 Siege auf den Rennbahnen etlicher Turf-Nationen feiern konnte, dann ist dies mehr als eine Nachricht, dann ist eine Rückschau auf seine Karriere angemessen. Mit etwas Wehmut hatte der 45jährige im irischen Wexford geborene Jimmy Fortune vor dem vorletzten Wochenende angekündigt, dass er mit dem Ritt auf der 4jährigen von John Gosden trainierten Nathra in den Sun Chariot Stakes (Gr. I) beim Renntag in Newmarket seine Jockey-Laufbahn beenden würde. Ganz freiwillig kam der Entschluss nicht, Rückenprobleme hatten Fortune in diesem Jahr von Mai bis August zu einer Pause gezwungen. Als er von Trainer John Gosden das Rittangebot für Nathra bekam und damit noch einmal in einer Gruppe I Prüfung in den Sattel steigen konnte, hielt er den Zeitpunkt für gekommen, einen Schlussstrich zu ziehen. „Es war keine leichte Entscheidung, aber es ging nicht mehr.“ Auch wenn er seinen Abschied nicht mit einem Sieg feiern konnte, so war der 3. Platz mit der krassen 210:10 Außenseiterin eine respektable Leistung.

Begonnen hatte Fortune seine Laufbahn 1987 als Lehrling am Quartier von Jim Bolger in seiner irischen Heimat. Doch schon am Ende des Jahres wechselte er als 15jähriger nach England an das Quartier von Michael O’Neill. Im Juli 1988 konnte er in einem Nachwuchsreitern vorbehaltenen Handicap der untersten Kategorie mit dem Wallach Hitchenstown auf der in Nordengland gelegenen Provinzrennbahn von Thirsk seinen ersten Erfolg im Rennsattel feiern. Nationale Aufmerksamkeit erreichte im folgenden Jahr, als er mit 510:10 Außenseiter Joveworth den Ayr Gold Cup, ein hochdotiertes Fliegerhandicap, für das Quartier von Michael O’Neill gewann und dabei die versammelte britische Jockey-Elite alt aussehen ließ. Dieser Erfolg war das Sprungbrett für den damals 17jährigen Iren, der fortan auch von führenden englischen Quartieren für Ritte gebucht wurde.

In 1990 gewann er mit 43 Saisonsiegen das englische Nachwuchschampionat. In dieser Phase war er bereits am Stall von Luca Cumani, einem der damals führenden Quartiere in Newmarket. Auch nach dem Wegfall der Gewichtserlaubnis etablierte er sich in der englischen Jockey-Szene, hatte erfolgreiche Jahre als Stalljockey am Quartier von David Barron und später bei Lynda und Jack Ramsden. Neue sportliche Höhen erreichte seine Karriere in 1998, als er zum Nachfolger von John Reid in der Rolle des Stalljockeys für die Pferde von Robert Sangster avancierte. Gleich zu Beginn dieser Liaison gelang mit dem von Peter Chapple-Hyam für Robert Sangster trainierten Commander Collins in der Racing Post Trophy sein erster Gruppe I Treffer, dem in der Folgezeit noch 15 weitere Siege auf höchstem Level folgen sollten. Das Jahr 1998 markierte in der Fortune-Karriere auch das Jahr, in dem er mit 108 Siegen seine beste Platzierung (Rang 4) im englischen Jockeychampionat erzielte, auch wenn er nach Siegzahl in 2007 mit 110 Erfolgen die beste Saisonausbeute verzeichnete.

Die Verbindung von Fortune zu den Sangster-Pferden überstand auch die aus Sangster-Sicht katastrophale Saison 1999, die zum Bruch von Sangster mit seinem langjährigen Trainer Peter Chapple-Hyam führte. Als neuer Trainer wurde John Gosden installiert und damit begann die weit über den Tod von Robert Sangster im April 2004 hinaus reichende Beziehung zwischen Fortune und Gosden, in der er allerdings auch Verbindungen zum Quartier von Paul Cole hatte.

Die meisten von Fortunes Siegen in Top-Prüfungen gelangen ihm auf Gosden-Schützlingen. Auch den einzigen klassischen Sieg in seiner Karriere erzielte er mit Lucarno im englischen St. Leger 2007 auf einem von John Gosden für Geroge Strawbridge vorbereiteten Hengst. Mit der famosen Singspiel-Tochter Dar Re Mi schaffte er im Sommer 2009 zunächst den Erfolg in den Pretty Polly Stakes (Gr. I) auf dem Curragh, anschließend den Sieg in den Yorkshire Oaks (Gr. I) beim nordenglischen Ebor-Meeting in York und schließlich überquerte er auch als Erster den Zielstrich im Prix Vermeille (Gr. I) in Longchamp, wurde anschließend jedoch in sehr umstrittenen Entscheidung disqualifiziert und auf Rang 5 zurückgesetzt. Auch die von John Gosden für Cheveley Park Stud trainierte Medicean-Tohcter Nannina verschaffte Fortune vier Gruppe-Erfolge, davon zwei auf Gruppe I Parkett. Als Zweijährige triumphierte Nannina in der Fillies Mile (Gr. I) in Newmarket, im folgenden Jahr 2006 gewann sie die Coronation Stakes (Gr. I) in Ascot. Die Royal Ascot Woche 2006 empfindet Fortune in der Rückschau als die beste Woche seines reiterlichen Lebens, mit fünf Siegen war er der Top-Jockey des Meetings.

Die in der Statistik der Racing Post beste Leistung eines von Fortune gerittenen Vollblüters bot der 3jährige Hengst Raven’s Pass bei seinem Erfolg in den Queen Elizabeth II Stakes Ende September 2008 in Ascot, als er den favorisierten Henrythenavigator schlug. Mit Raven’s Pass verbinden sich für Fortune allerdings nicht nur positive Erinnerungen. Trotz des Ascot-Erfolges engagierte Gosden für den nächsten Start des Hengstes beim Breeders‘ Cup Frankie Dettori als Jockey. Beim Sieg des Hengstes im Breeders‘ Cup Classic – erneut war Henrythenavigator der Unterlegene – musste Fortune somit zuschauen, ein Erfolg in einer US-Top-Prüfung blieb ihm in seiner gesamten Karriere versagt.

Große Siege außerhalb des englischen und irischen Turfs finden sich dennoch in seinen Annalen. Durch Mount Abu kam er 2001 im Prix de la Foret zu einem Gruppe I-Treffer in Frankreich, Linngari zeichnete 2007 durch seinen Sieg im Premio Vittoria di Capua für einen Gruppe I Erfolg in Italien verantwortlich. Zwei Derby-Siege erzielte Fortune bei seinen häufigen Wintergastspielen in Indien, der letzte noch in 2013 durch Super Storm. In der Zeit nach 2010, als John Gosden ihn als Stalljockey durch William Buick ersetzt hatte, war es etwas stiller um ihn geworden. Ritte in den Top-Prüfungen wurden selten, so dass die Nachricht eines Derby-Sieges während der neuigkeitsarmen Winterzeit ihn noch einmal in die Schlagzeilen brachte.

Seine Ausbeute bei den Gastspielen auf deutschen Rennbahnen blieb dagegen übersichtlich. Ein Erfolg auf Gruppe-Ebene blieb ihm in Deutschland gänzlich versagt. Zweimal war er im Jahr 2006 dicht dran, als er zunächst mit dem Gosden-Schützling Day Flight beim Iffezheimer Frühjahrsmeeting im Großer Mercedes Benz-Preis (Gr. II) den 2. Rang belegte und anschließend im Rheinland-Pokal (Gr. I) in Köln mit Fracas ebenfalls Zweiter wurde. Auf Listenebene gelangen ihm hierzulande in den 90er Jahren jedoch Treffer für skandinavische Trainer. So gewann er z.B. bei der Hannoverschen Saisonpremiere im März 1996 mit Walking Possession den Toto/Lotto-Sprint-Preis und im selben Sommer mit Glenlivet ein Listenrennen in Düsseldorf. Insgesamt war Deutschland für ihn nicht das Land der großen Erfolge, was einer der Gründe ist, warum er in der Wahrnehmung deutscher Turf-Fans nicht so präsent ist.

Mit dem Abschied aus dem Rennsattel wird sich Fortune auch aus der Turf-Szene zurückziehen. Ein Weitermachen als Trainer stand für ihn nie zur Debatte, eine Fortsetzung als erfahrenen Arbeitsreiter kommt aufgrund des Rückens nicht in Frage. Rückenprobleme begleiten schon länger seine Karriere, schon 2003 musste er deshalb zehn Monate lang aussetzen und unterzog sich einer Rückenoperation in Südafrika, durch die er seine Rückenprobleme eine Zeit lang im Griff hatte, doch blieb der Rücken zeitlebens seine Achillesferse und führte letztendlich auch zur Beendigung der Karriere. Für die Zukunft plant Fortune, dessen Frau vor zwei Jahren nach schwerer Krankheit verstarb, den Aufbau eines eigenen Immobiliengeschäfts, das er mit seinen beiden Söhnen, 17 und 18 Jahre alt, betreiben will.

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