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Irish Grand National: Willie Mullins 1-2-3

Autor: 

Catrin Nack

TurfTimes: 

Ausgabe 565 vom Freitag, 26.04.2019

Tiger Roll ist schwer beschäftigt. Seit seinem sensationellen zweiten Grand National Sieg Anfang April ist der 9jährige Authorized-Sohn stark gefragt. Die Iren feiern ihren Helden. Zur Präsentation im Heimatdorf kamen rund 2.000 Fans, dem Vernehmen nach gab es Freigetränke im lokalen Pub. Besitzer Michael O´Leary hatte bereits auf dem Rückflug von Aintree - man fliegt selbstverständlich Ryanair und nicht privat - allen Passagieren an Bord zwei Freigetränke spendiert. Es folgte ein Fernsehauftritt in RTE1´ Late Night Show, immerhin musste der Wallach nicht In das Fernsehstudio geführt worden; die Außenaufnahmen allerdings waren für Tiger Roll, den in Aintree nichts aus der Ruhe bringen konnte, aufregend genug. Auch Jockey Davy Russell ließ sich nicht lumpen: es folgte eine weitere Parade durch Russells Heimatort Youghal, auch hier säumten Hunderte von Fans die Straße, während der Jockey mit Familie und Trophäe stolz posierte.

In England rücken die Flachrennen nun verstärkt in den Fokus (die ersten englischen Klassiker werden bereits am ersten Mai-Wochenende gelaufen), in Irland mit Meetings in Fairyhouse, Cork und Punchestown steht der Hindernissport jedoch noch im Mittelpunkt. Hinter dem hohen Prestige der englischen Austragung mag das Irische Grand National etwas zurückstehen; es handelt sich jedoch auch hier um eine hochdotierte, äußerst anspruchsvolle Prüfung, 1870 erstmals gelaufen und alljährlich am Ostermontag im Rahmen des Easter-Festivals auf der Rennbahn Fairyhouse ausgetragen. Rund um das Hauptrennen bietet Fairyhouse, ca. 30km nördlich von Dublin gelegen, drei Tage Hindernissport bester Klasse an.

Wie die englische Version wird auch Irlands Fassung als Handicap gelaufen, gegen Aintree´s 4m2f (ca. 6900m) gilt es hier „nur“ 5834m zu bewältigen, über „konventionelle“ Hindernisse noch dazu. Meist handelt es sich um eine größtenteils nationale Angelegenheit; während Irlands Trainer sehr reisefreudig sind und die großen Rennen Großbritanniens mit schöner Regelmäßigkeit „heimsuchen“, halten sich umgekehrt die englischen Trainer zumeist zurück. Über lange Jahre machte die schwache irische Wirtschaftslage eine Reise nicht eben sinnvoll, heutzutage schreckt vor allem die starke irische Konkurrenz ab:  Trainer wie Willie Mullins, Gordon Elliott oder Henry de Bromhead, um nur die allerwichtigsten Namen zu nennen, haben boomende Rennställe und scheinbar endlosen Nachschub an hochklassigen Pferden, wie die großen Festivals in England nun seit Jahren deutlich machen. Trotzdem gelang es über die Jahre einigen englischen Trainern (und Pferden), sich in die Siegerliste des Irish Grand National einzutragen:  Keiner berühmter – und mehr umjubelt- als der legendäre Desert Orchid, der im Jahr 1990 Höchstgewicht – und einen gewissen Richard Dunwoody- für Trainer David Elsworth (der im Übrigen am 5. Mai eine aussichtsreiche Kandidatin in den 1000. Guineas sattelt)  zum Sieg schleppte. Davon war in diesem Jahr nichts zu sehen: alleine Mullins und Elliott stellten 19 der 30 Starter im Irischen Grand National, genau zwei Pferde wurden von englischen Trainern ausgesandt, eines davon mit JP McManus für einen irischen Besitzer; keines der Pferde spielte im Rennverlauf eine Rolle (tatsächlich wurden die beiden englischen Starter angehalten).  

Nachdem Willie Mullins Mitte März in Cheltenham endlich den ersten Gold Cup-Sieger seiner so außergewöhnlichen Trainerkarriere stellen konnte, gelang ihm nun vier Wochen später noch eine Premiere, namentlich der erste Irische Grand National-Sieger, geritten von Stalljockey und Jockey-Legende Rupert „Ruby“ Walsh. Walsh, mit 39 Jahren sicher im Herbst seiner hocherfolgreichen Karriere, reitet seit Wochen in absoluter Höchstform; er hatte aus Mullins´ sieben Startern die Qual der Wahl und ritt mit dem erst sechsjährigen Burrow Saint zielsicher das richtige Pferd. Der französisch gezogene Wallach, seit Ende 2017 in Irland beheimatet, ist offiziell noch ein Novice, sprich ein Nachwuchs-Pferd in seiner ersten Saison über Hürden bzw. Jagdsprünge. Diese Pferde haben in diesem schweren Handicap einen besonders guten Schnitt; tatsächlich war Burrow Saint erst Anfang Februar zum ersten Mal in einem Jagdrennen gestartet, das Irish National war erst sein vierter Start über die großen Sprünge. „Es war eine einfache Wahl“ erklärte ein über beide Ohren strahlender Walsh nach dem Siegritt, seinem dritten Erfolg in dieser Prüfung „Wenn die Pferde die Erfahrung haben, stehen sie einfach zu hoch im Handicap. Burrow Saint ist als Novice verbessert, startete zum ersten Mal im Handicap und hatte ein schönes Gewicht. Er machte zu Beginn des Rennens ein paar Anfängerfehler, ist aber ansonsten gut gesprungen.“

Seine Freude, den so langersehnten ersten Sieger dieses Rennens für Mullins zu reiten, konnte Walsh nicht verhehlen: „Ich bin wirklich begeistert, den ersten Grand National Sieger für Willie zu reiten. Er gab mir meinen ersten Job, als ich 16 war, nun bin ich 39. Das ist eine lange Zeit, ohne sich in die Haare zu kriegen.“  Tatsächlich war es erneut die „Magie Walsh“, die dem Rennen den Stempel aufdrückte und Burrow Saint praktisch im ganzen Rennen wie einen Sieger gehen ließ. Kein Jockey analysiert Rennen wie Walsh, kaum einer hat seine Erfahrung, und kaum einer diese wundersame Fähigkeit, bis zur wirklich allerletzten Sekunde mäuschenstill und beinahe regungslos auf seinem Partner zu sitzen. Lange vor dem letzten Hindernis konnte es nur einen Sieger geben, auch wenn der im Besitz von „Annie Power“ Rich Ricci stehende Wallach letztendlich „nur“ mit ca. 1,5 Längen gewann, so war der Sieg absolut ungefährdet.

Burrow Saint verwies mit dem Vorjahres-Zweiten Isleofhopendreams  sowie  Acapella Bourgeois zwei Trainingsgefährten (in Worten: Willie Mullins stellte die drei erstplatzierten Pferde des Rennens!)  auf die Plätze, von Gordon Elliotts Armada von 12 Startern wurde der „Beste“ am Ende Sechster (25/1 Außenseiter Roaring Bull, ebenfalls erst sechs Jahre alt, zugleich die beste Platzierung von Besitzer Gigginstown House Stud, die selber erneut mit ebenfalls 12 Startern ins Rennen gegangen waren (aber nicht alle von Elliott trainiert wurden)). Wie auch im letzten Jahr geht Elliott, diesmal schon weit vor der Zielgeraden, im Kampf um den Irischen Trainertitel gleichsam die Puste aus.  Sein Traum, Champion-Trainer zu werden, ist mit diesem Ergebnis in weite Ferne gerückt; kaum vorstellbar, dass das Punchestown-Festival mit seinen hohen Preisgeldern daran noch etwas ändert. Fast eine Million (!) Euro hat Mullins nun Vorsprung, ca. 4,9 Millionen an Preisgeldern haben seine Schützlinge in der aktuellen irischen Saison eingaloppiert, gegen Elliotts 3,88 Millionen.  Erstaunlich und im wahrsten Sinne bemerkenswert dabei die „Trefferquote“ eines Mullins, der über die Saison mit einem Siegschnitt von 25% agiert; bei (aktuell) 784 Starts haben seine Schützlinge 195 Rennen gewonnen. Elliotts Schützlinge müssen froh sein, dass sie nicht lesen können; diese Zahlen würden ihnen wie in Urlaub vorkommen. Sie selber kamen 1180 Mal an den Start und gewannen 170 Rennen, was einer Quote von rund 14% entspricht; wie im letzten Jahr macht sich die lange Saison nun bei einigen Pferden bemerkbar.

Auch in den großen Rahmenprüfungen zu Fairyhouse ging Elliott leer aus. Zwei Grade1- Rennen wurden am ersten Meetingtag ausgetragen; Team Mullins-Walsh sicherten sich dabei mit Voix de Reve den Ryanair Gold Cup für Novices (Gr.1, 2m4f), für Besitzer Graham und Andrea Wylie. Ein wenig Kompensation für die tragischen Verluste, die gerade dieser Besitzer in Cheltenham und Aintree hinnehmen musste. Im kleinen Fünfer-Feld stellte Gordon Elliott zwei Starter, der sonst so konstante Mengli Khan wurde Letzter, der achtfache Sieger Cubomania überlebte tragischerweise seinen Sturz nicht.

Auch Henry de Bromhead und Rachael Blackmore waren erneut auf der Siegerstraße; Honeysuckle´s Erfolg in der Gr.1 Mares´ Novices Hurdle war der erste irische Gr.1-Sieger für Blackmore, die zuvor bereits in Cheltenham in höchster Klasse punkten konnte. Honeysuckle´s Erfolg war ein Triumph für de Bromhead, der mit der Stute geduldig auf dieses Rennen gewartet hatte. Die aus deutschen Wurzeln stammende Stute (ihre Mutter ist die Lando-Tochter First Royal, einst bei Pavel Vovcenko im Training) war völlig überlegen, ist bei nur vier Starts ungeschlagen, dabei hat sie zwei Gruppe-Rennen gewonnen.  Auch am Ostermontag wurden diverse Gruppe- Rennen ausgetragen: in der Keelings Irish Strawberry Hurdle (Gr.2, 2m4f) siegte der Manduro-Sohn Rashaan als 16-1 Außenseiter für das kleine Quartier von Colin Kidd, der Sturz von Publikumsliebling und Mitfavoriten Wicklow Brave ging zum Glück glimpflich aus. Mullins und Walsh waren auch in der Gr. 2 Novice Hurdle über zwei Meilen nicht zu besiegen; als Letzter musste der Maxios-Sohn und Ex-Deutsche Star Max in dieser Klasse zunächst noch Grenzen bekennen.

Und Gordon Elliott? Kleiner Balsam für seine Seele war ein Sieger Mitte der Woche im schottischen Perth; somit hat der Trainer in England die Eine-Million-Pfund-Schallmauer durchbrochen und erhielt dafür sogar eine kleine Urkunde.

Catrin Nack

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