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Im Porträt: Sibylle Vogt nach ihrem großen Coup mit Winterfuchs

Autor: 

Frauke Delius

TurfTimes: 

Ausgabe 566 vom Freitag, 03.05.2019

 

Freudentränen nach dem gelungen Coup mit Winterfuchs: Sibylle Vogt mit der Ravensberger Derby-Hoffnung nach dem Sieg im Dr. Busch-Memorial. Foto: Dr. Jens FuchsFreudentränen nach dem gelungen Coup mit Winterfuchs: Sibylle Vogt mit der Ravensberger Derby-Hoffnung nach dem Sieg im Dr. Busch-Memorial. Foto: Dr. Jens FuchsJede Menge Frauenpower und eine strahlende Reiterin: Sibylle Vogt nach dem Gruppesieg mit Winterfuchs (Franck Lotzer am Führzügel)  und Trainerin Carmen Bocskai. Foto: Dr. Jens FuchsJede Menge Frauenpower und eine strahlende Reiterin: Sibylle Vogt nach dem Gruppesieg mit Winterfuchs (Franck Lotzer am Führzügel) und Trainerin Carmen Bocskai. Foto: Dr. Jens Fuchs

Frauen, die in Deutschland Gruppe-Rennen gewinnen, sind noch eine echte Rarität. Die englische Amazone Hayley Turner sorgte 2008 in der Lando-Trophy, Gr. III, in Hannover mit Lady Deauville für die Premiere. Stefanie Koyuncu (damals noch Hofer) legte mit Smooth Operator 2012 in der Silbernen Peitsche, Gr. III, in München nach. Und nun der dritte Frauen-Treffer auf Gruppeparkett durch Sibylle Vogt, die mit Winterfuchs (Campanologist) im Dr. Busch-Memorial, ebenfalls Gr. III, das Feld mit ansonsten nur männlichen Kollegen im Sattel ganz cool von hinten aufrollte. Hierzulande kriegen Frauen in großen Rennen wenig Chancen. Und dann sogar in dieser richtungsweisenden Prüfung für das Rennen des Jahres, das IDEE 150. Deutsche Derby. Das riecht nach mehr und aufregenden Wochen für die 24jährige Schweizerin. Denn nach dieser Performance stehen die Chancen nicht so schlecht dafür, dass sie den Fuchshengst des Gestüts Ravensbergs, der von Carmen Bocskai in Iffezheim trainiert wird, auch in Hamburg reiten darf. 

Großer Moment: Sibylle Vogt mit Sternkranz 2017 bei der Parade zum Deutschen Derby. www.galoppfoto.de - Frank SorgeGroßer Moment: Sibylle Vogt mit Sternkranz 2017 bei der Parade zum Deutschen Derby. www.galoppfoto.de - Frank SorgeDenn erstens hat sie schon Erfahrung mit dem Derby, als vierte Frau überhaupt durfte sie 2017 für Dr. Margarete Renz den Außenseiter Sternkranz reiten, mit dem sie 14. wurde. Damit befindet sie sich nach Monika Blasczyk (Varanes 13. Platz 1979), Stefanie Hofer (Mi Senor 12. Platz  2011) und  Eva-Maria Geisler (Rosenhill 13. Platz 2016) in guter, wenn auch noch chancenloser Gesellschaft. Das kann sich jetzt ändern, denn Winterfuchs ist bei den Buchmachern nach dem Laufen in Krefeld in die Top-Ten der Favoriten vorgerückt und er kommt nicht aus irgendeiner, sondern aus der berühmten, traditionsreichen W-Linie, aus der mit Wilderer (1958) und Waidwerk (1965) und Waldpark (2011) schon drei Derbysieger hervorgegangen sind. Zudem gehört sein Besitzer Johann Henrich Delius vom Gestüt Ravensberg nicht zu denen, die pokern, wenn es um den Derbyjockey geht, sondern ganz nach alter Schule auf das feste Personal aus dem Rennstall setzen. Damit ist er beim Derby mit Waldpark, damals mit Jozef Bojko, dem 2. Mann im Wöhler-Stall, schon gut gefahren. Zuvor haben es seine Eltern genauso gemacht. 

So gesehen hat die 24jährige Schweizerin mit großen Zielen sicher nichts falsch gemacht, als sie sich postwendend nach dem Rennen an diese Adressen wandte: „Ich möchte mich ganz herzlich für das Vertrauen von Besitzer und Trainerin bedanken, dass ich Winterfuchs reiten durfte. Ich kenne ihn aus der täglichen Arbeit und bin sehr glücklich, dass wir gewonnen haben.“ Aber Sibylle Vogt weiß auch, dass ein Derby für ihren Stall und die Besitzer schon etwas ganz Besonderes ist, "da hätte ich Verständnis, wenn die sich dann doch für einen erfahreneren Reiter entscheiden würden." Aber natürlich würde sie sich "sehr, sehr freuen", denn "ich denke, dass Winterfuchs und ich sehr gut zusammen passen. Im Rennen hat er extrem nach links gehangen, das habe ich in der Arbeit abstellen können. Da hängt er gar nicht mehr, auch bei den Galopps nicht. Ich denke im Rennen hat er sich an King orientiert, der hängt auch nach links. Da müssen wir nochmal schauen."

Dabei ist ihr schon bewußt gewesen, was für eine Bedeutung so ein Rennen hat. Aber eigentlich sei Georg Bocskai nervöser gewesen als sie, "der ist mit mir die komplette Bahn abgelaufen und hat mir von seinen Siegen erzählt, von jedem Pferd und wie es wann und wo reagiert hat." Überhaupt könne sie von so einem erfahrenen Reiter viel lernen, sie sei auch deshalb nach zwei Jahren bei Markus Klug wieder an der Rennstall von Carmen und Georg Bocskai zurückgekommen. "Bei Klug war ich nur die Nummer 5 oder 6", heißt es, "bei Carmen kriege ich viele Chancen und kann vor allem oft in Frankreich reiten, wo ich ja als Frau anders als in Deutschland noch 1,5 Kg erlassen kriege." 

Fakten Sibylle Vogt
Geboren:23.3.1995  in Leimbach in der Schweiz
Rennreiter/Jockey seit:Interessenüberschneidungen: Sibylle Vogt mit ihrem Freund, dem Galoppertrainer Sven Schleppi in Saarbrücken. Foto: privatInteressenüberschneidungen: Sibylle Vogt mit ihrem Freund, dem Galoppertrainer Sven Schleppi in Saarbrücken. Foto: privatAusbildung zur "Pferdewirtin Schwerpunkt Rennreiten" bei Trainerin Carmen Bocskai, beendet 2013, insgesamt fünf Jahre am Stall, nach einer halbjährigen Pause war ich für zwei Jahre im Rennstall von Markus Klug in Röttgen, jetzt bin ich wieder in Iffezheim bei den Bocskais und reite auch noch für meinen Freund, den Trainer Sven Schleppi, bei der Arbeit."
Stall/Arbeitgeber:Carmen und Georg Bocskai in Iffezheim
1. SiegDer erste Sieg  in Deutschland: Sibylle Vogt nutzte im Mai 2016 die Chance mit Dragoslav im Ausgleich III in Köln. www.galoppfoto.de - Sandra ScherningDer erste Sieg in Deutschland: Sibylle Vogt nutzte im Mai 2016 die Chance mit Dragoslav im Ausgleich III in Köln. www.galoppfoto.de - Sandra ScherningFreude über den ersten Sieg: Sibylle Vogt und Trainer Wilfried Schütz nach dem Erfolg mit Dragoslav in Köln. www.galoppfoto.de - Sandra ScherningFreude über den ersten Sieg: Sibylle Vogt und Trainer Wilfried Schütz nach dem Erfolg mit Dragoslav in Köln. www.galoppfoto.de - Sandra ScherningIn Frauenfeld mit Galleris Platine im Jahr 2010
Wie viele Siege haben Sie insgesamt?: 73
Größte Erfolge:Alles richtig gemacht mit Winterfuchs: Sibylle Vogt hat der Ravensberger Derbyhoffnung im Dr. Busch-Memorial einen perfekten Ritt serviert. Foto: Dr. Jens FuchsAlles richtig gemacht mit Winterfuchs: Sibylle Vogt hat der Ravensberger Derbyhoffnung im Dr. Busch-Memorial einen perfekten Ritt serviert. Foto: Dr. Jens FuchsDer Gr. III-Sieg im Dr. Busch-Memorial mit Winterfuchs

Was ist Ihr niedrigstes Reitgewicht?                   

52 Kg

 

 

15 Fragen an Sibylle Vogt
Was verbindet Sie mit dem Rennsport und wie fing alles an?"Ich habe mit den Ponyrennen in der Schweiz angefangen, mit meinem eigenen Pony Wendy. Zuvor haben wir Fuchsjagden geritten und die immer gewonnen, deshalb hat mich der Trainer Hans-Georg Speck angerufen, der fünf Minuten weg wohnt, er fragte, ob ich Interesse am Ponyrennen hätte. Jeder fängt mal klein an: Das erste Pony Jack - mit Sibylle Vogt am Führzügel und der kleinen Schwester Steffi im Sattel. Foto: privatJeder fängt mal klein an: Das erste Pony Jack - mit Sibylle Vogt am Führzügel und der kleinen Schwester Steffi im Sattel. Foto: privatMeine Eltern hatten vorher nie etwas mit dem Rennsport zu tun. Meine Mutter war nie dabei, die konnte das nicht sehen, weil sie Angst hatte. Aber mein Vater hat mich unterstützt, der hat mir auch das Reiten beigebracht, in einer Reitschule war ich nie. Trotzdem war es es, der die Ausbildung abgeblockt hat, doch da hat mich meine Mutter unterstützt, sie hat gesagt, mach das, was Dir Spaß macht. Wenn Du nicht gut genug bist, kannst Du immer noch was anderes machen." 
Wie sieht Ihre persönliche Bilanz aus, welche Höhen und Tiefen gab es?"Tiefen gibt es immer wieder, einer meiner persönlichen war mein Beinbruch 2012. Im Training ist eine junge Stute gestiegen und hat sich überschlagen, dabei ist sie auf mein Bein gefallen. Aber das war bisher auch das Schlimmste, was mir im Rennsport passiert ist, die zwei Nasenbrüche zähle ich da gar nicht mit. Eine meiner Höhen war natürlich der Derbyritt und der Unionritt mit Sternkranz für die Besitzer Renz und jetzt natürlich mein Gr. III-Sieg mit Winterfuchs für das Gestüt Ravensberg."
Welches große Ziel haben Sie im Rennsport?"Ein Ziel ist es in Gr. I-Rennen erfolgreich zu sein und dabei eine der erfolgreichsten Rennreiterinnen in Europa zu werden."

Worin liegt für Sie der Reiz Ihres Berufs?

 "Die Arbeit mit so wundervollen und edelen Athleten wie den Vollblutpferden, die einem auch viel zurückgeben, wenn man sich in der morgendlichen Arbeit mit ihnen beschäftigt."
Was mögen Sie an Ihrem Beruf eher nicht? "Das frühe Aufstehen ... auch mit der Zeit ist man ist schon sehr eingeschränkt, aber damit lernt man umzugehen, das gehört dazu."
Wer sind Ihre Vorbilder und warum? "Das ist eine schwierige Frage ... Olivier Peslier ist für mich einer der besten und natürlich auch mein Lehrherr Georg Bocskai, so schnell wie der, kann keiner den Stock wechseln."
Haben Sie ein Lieblingspferd und wenn ja, warum gerade dieses?"Ich mag alle Pferde."
Welche Rolle spielt der Tierschutzgedanke bei Ihnen? "Tierschutz spielt natürlich eine große Rolle. Deutschland ist Vorreiter mit dem Stockgebrauch, dann gibt es die gepolsterten Stöcke, damit kann ich mir aufs Bein hauen, das tut mir nicht weh, die sind nur laut. Und man darf nur fünfmal draufhauen, das ist streng reglementiert. Ganz weglassen kann man die Peitsche nicht. Wir reiten mit kurzen Bügeln, aber wenn ein Pferd hängt, dann muss man es korrigieren, das passiert bei der Dressur auch. Das  ist ja nur ein verlängerter Arm."
Welches ist Ihre Lieblingsrennbahn? "In Deutschland ist das München."
Ein freier Tag – was tun Sie?"Ich verbringe meine Freizeit am Liebsten mit Freunden und der Familie."
Wo/wie entspannen Sie?"Zuhause und da schlafe ich meistens, weil ich so viel arbeite und reite. Was ich aber gerne mache, ist mal ins Schwimmbad oder in eine Therme oder gut Essen zu gehen. Ansonsten habe ich keine Hobbies außer den Pferden. Ich reite fünf, sechs Lots bei Bocskais, dann fahre ich zu den Schleppis und reite da auch nochmal so viele. Da bleibt kaum Zeit für was anderes. 
Was ist Ihr Lieblingsessen?"Weiß ich so spontan gar nicht. Sehr gerne Süßes und Deftiges, zum Beispiel Knödel, Rotkohl oder was Wildes, Hirschkeule oder so .... mit dem Gewicht habe ich Gottseidank keiine Probleme."
Auf was können Sie nicht verzichten? "Ein, zwei Tage ohne Pferde, das geht schon, aber ohne Schokolade geht es nicht, das ist meine Nervennahrung." 
Sie haben drei Wünsche frei, was wünschen Sie sich?"Gesundheit ist das Wichtigste."
Wie sähe bei Ihnen eine Werbebotschaft pro Rennsport aus, die sich an Leute richten soll, die keine Ahnung davon haben? "In diesem Sport kann man so nah dran sein, wie sonst nirgendwo. Die Pferde und das Tempo, wenn sie galoppieren. Das ist einfach faszinierend." 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

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