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Das Herpes Virus - wie soll sich der Galopprennsport verhalten?

So könnte ein Herpes-Test aussehen - nicht viel anders als bei den Menschen der Corona-Test. ©galoppfoto - Sabine Brose

Autor: 

Gastkolumne

TurfTimes: 

Ausgabe 658 vom Freitag, 05.03.2021

In unregelmässigen Abständen schreiben in einer veterinärmedizinischer Kolumne Ärzte der Tierklinik Burg Müggenhausen zu aktuellen Themen. Diesmal haben sich Dr. Sarah Czekal und Dr. Nina Weltrich mit dem Ausbruch des Herpes-Virus in Spanien beschäftigt. 

Ein Virus und dessen Auswirkungen beschäftigt seit nunmehr über einem Jahr die Menschen weltweit. Das Corona-Virus hat unser aller Alltag verändert. Seit einigen Tagen sind die Augen des Pferdesports in Europa aber nun auf einen anderen Virus gerichtet: Bei einem großen internationalen Springturnier in Valencia, Spanien, ist das Equine Herpes Virus (EHV-1) aufgetreten. Die betroffenen Pferde zeigten Symptome in unterschiedlich starker Ausprägung (von Atemwegssymptomen bis zu neurologischen Auffälligkeiten). Die FEI (Weltreiterverband) hat auf den EHV-Ausbruch reagiert und bis 28.März fast alle Veranstaltungen abgesagt. Auch die FN (Deutsche Reiterliche Vereinigung) hat in Abstimmung mit den Landessportverbänden alle nationalen Turniere bis Ende März in Deutschland abgesagt. Das Equine Herpes Virus ist in Deutschland nicht anzeige- und meldepflichtig, daher gibt es keinen genauen Überblick über die aktuellen Ausbrüche.

Grundsätzlich wurden beim Pferd bisher die Equinen Herpes Viren 1 bis 5 diagnostiziert. Abhängig von der Spezies werden unterschiedliche Krankheitsbilder hervorgerufen. Allen Herpesviren gemeinsam ist die Latenz, d.h. nach dem Kontakt mit dem Erreger trägt das Pferd den Virus lebenslang in sich. Man geht davon aus, dass in Deutschland 80-90% der Pferde bereits Kontakt mit dem Equinen Herpes Virus hatten, zumeist im Fohlen- oder Jungpferdealter. Durch Immunsuppression z.B. Stress, Stallwechsel, Medikamente, etc. kann es jederzeit zu einer Reaktivierung des Virus und einer Virusausscheidung kommen.

Der Virusausbruch von EHV-1 zeigt sich meistens in Form eines fiebrigen Atemwegsinfekts (respiratorische Form). Die betroffenen Pferde haben neben Fieber oft Nasen- oder Augenausfluss, vergrößerte Lymphknoten und zeigen ein vermindertes Allgemeinbefinden, was oft zu reduzierter Futteraufnahme führt. Häufig sind die Symptome so schwach ausgeprägt, dass die Infektion unbemerkt verläuft. Bei EHV-1 können neben Fieber und Atemwegssymptomen aber auch neurologische Symptome auftreten. Das reicht von leichten Bewegungsstörungen, fehlendem Kot- und Harnabsatz bis hin zum vollständigen Festliegen der Pferde und damit leider oft zum Tod des Pferdes. Bei tragenden Stuten kann EHV-1 auch zum Spätabort führen.

Der Hauptweg zur Übertragung des Equinen Herpes Virus ist die Tröpfcheninfektion. Durch Schnauben/Husten und direkten Kontakt werden die Viren leicht von Pferd zu Pferd übertragen, aber auch durch die gemeinsame Nutzung von Futter- und Wasserstellen. Aber auch wir Menschen können über unsere Hände, Kleidung oder Ausrüstungsgegenstände das Virus weitertragen.

Der Nachweis des Virus kann über einen Nasentupfer durch eine PCR-Untersuchung (genau wie bei Covid19) stattfinden (möglichst früh in der Fieberphase) und/oder über eine Blutprobe. Bei Aborten wird das Virus im Fetus oder der Plazenta nachgewiesen.

Wie bei den meisten viralen Erkrankungen ist nur eine symptomatische Therapie möglich, sprich die Gabe von Entzündungshemmenden Medikamenten, die auch das Fieber senken.  Bei neurologischen Verläufen sind die Pferde oft Intensivpatienten und benötigen gegebenenfalls Rund-um-die-Uhr-Versorgung in einer Pferdeklinik, da diese Patienten oft nicht in der Lage sind selbstständig Futter und Wasser aufzunehmen und viele auch die Harnblase nicht entleeren können, so dass die Entleerung über einen Harnkatheter notwendig wird.

Um nun vorbeugend zu handeln, sollten bestimmte Hygiene- und Infektionsschutzmaßnahmen eingehalten werden:

-        Tägliche Kontrolle der Gesundheit der Pferde (Fressverhalten, Verhalten, Messen der Körpertemperatur).

-        Bei Auftreten von Symptomen (Fieber, Husten, Mattheit, Fressunlust) Separieren des Pferdes und Untersuchung durch den Tierarzt.

-        Neue Pferde, wenn möglich erst einmal separat stellen und beobachten, ggf. negativer PCR-Nachweis.

-        Hygieneregeln für Besucher und Mitarbeiter (Händewaschen, Desinfizieren von Gegenständen, die für mehrere Pferde benutzt werden, etc).

-        Regelmäßige Impfungen gegen EHV-1 und EHV-4 können die Schwere des Krankheitsverlaufs und den Infektionsdruck mindern. Die Hersteller der Impfstoffe geben Wiederholungsintervalle von 6 Monaten an. Den besten Schutz (vor einem schweren Verlauf, nicht vor der Infektion) kann die Impfung bieten, wenn alle Pferde eines Bestandes geimpft sind. Aber auch bei diesem Virus ist es möglich, dass durch Mutationen die Wirksamkeit der vorhandenen Impfstoffe deutlich reduziert werden kann.

Aktuell ist der Rennsport (noch) nicht von dem Herpesausbruch betroffen. Trotzdem sollte man sich nicht in falscher Sicherheit wiegen und die Problematik ignorieren. Renn- und Reitsport sind keine hermetisch abgeriegelten Bereiche. Viele Menschen, die tagtäglich in den Rennställen ein- und ausgehen haben auch Verbindungen in den klassischen Reitsport: so können sich Besitzer, Rennstall-Angestellte, Tierärzte und Hufschmiede nicht nur im Rennstall, sondern unter Umständen auch in normalen Reitställen aufhalten. Daher sollte das Einhalten von gewissen Hygiene- und Infektionsschutzmaßnahmen zum Schutz aller Pferde selbstverständlich sein. Auch eine regelmäßige, korrekt durchgeführte Impfung nach Herstellerangaben des gesamten Bestandes sollte im Interesse von allen sein.

Letztlich haben wir alle das gemeinsame Ziel, dass unsere Pferde gesund und fit bleiben.

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