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Harro Remmert und Wurftaube

Wurftaube und Harro Remmert - eine ganz besondere Beziehung. Fotos Archiv u. www.dequia.de

Autor: 

Frauke Delius

TurfTimes: 

Ausgabe 173 vom Donnerstag, 14.07.2011

Es sind die Geschichten der ganz großen Pferde, die immer besonders gern gelesen werden, so wie beispielsweise die von  Alexandra Bresges-Jung über Deutschlands immer noch einzigen Triple-Crown-Sieger  Königsstuhl  (click zur Geschichte). Auf unserer Wunschliste stand auch schon lange die Geschichte der  Championstute Wurftaube, die Harro Remmert trainiert und die das  Gestüt Ravensberg nach vielen Jahren der Tristesse wieder in die Schlagzeilen gebracht hat. Nun ist Wurftaube die Mutter des Derbysiegers! Was natürlich dazu führt, dass wir uns in der Geschichte über Wurftaube noch einmal mit dem  IDEE 142. Deutschen Derby beschäftigen - und damit natürlich auch mit Waldpark. Aber es ist auch jede Menge Wurftaube drin. So wie beim Derbysieger und wie bei Wiesenpfad, dem sechsmaligen Gruppesieger und jungen Stallion in Trona, an dem Gisela und Harro Remmert gemeinsam mit ihrer Tochter Heide in einer Besitzergemeinschaft beteiligt sind, auch. Und natürlich lassen wir uns die Geschichte von Harro Remmert erzählen.

Der Wurftaube-Sohn Waldpark (Jozef Bojko) gewinnt für Gestüt Ravensberg das Derby. www.galoppfoto.defolgreich.Der Wurftaube-Sohn Waldpark (Jozef Bojko) gewinnt für Gestüt Ravensberg das Derby. www.galoppfoto.defolgreich.„Ihr mit Euren W-W-W-W-W-Pferden, so werden wir oft auf der Rennbahn geflachst“, erzählt Gisela Remmert, „ob von Dr. Christoph Berglar oder von Georg Baron von Ullmann.“ Dann kommt der erste Juli-Sonntag 2011, der Derby-Tag in Hamburg-Horn. Es hat geregnet. Die Bahn ist weich. Unter genau den gleichen Bedingungen hat Wurftaube, das Ravensberger Comeback-Pferd, 1996 das St. Leger gewonnen über 2800 Meter,  noch 400 Meter weiter als die Derbydistanz. Und an diesem Sonntag läuft ihr Sohn  Waldpark. Bis dato bei drei Starts ungeschlagen, aber auch noch nicht richtig geprüft. Harro Remmert, der Wurftaube als Trainer zur Championstute gemacht hat, ist auch bei ihrem Sohn zuversichtlich. „Wir haben das Derby zusammen mit den Mosers in der Waage gesehen“, erzählt er, „Waldpark ist gelaufen wie auf Schienen, Jozef Bojko hat alles richtig gemacht, hatte immer die Hände voll und alles unter Kontrolle, schon eingangs des Schlussbogens war ich mir sicher, dass an diesem Tag keiner den Ravensberger schlagen kann. Wir haben ihn ins Ziel geschrien. Danach haben uns viele gratuliert, obwohl wir doch eigentlich gar nichts mit Waldpark zu tun, aber viele wissen, dass wir mit der W-Linie unser Leben verbracht haben.“

Wiesenpfad nimmt seinen Rennbahn-Abschied in Hannover im großen Familien- und Besitzerkreis mit Gisela Remmert (rechts) neben der Tochter Heide Harzheim und Enkeln und Harro Remmert (links). www.galoppfoto.deWiesenpfad nimmt seinen Rennbahn-Abschied in Hannover im großen Familien- und Besitzerkreis mit Gisela Remmert (rechts) neben der Tochter Heide Harzheim und Enkeln und Harro Remmert (links). www.galoppfoto.deHarro Remmert ist nicht nur der Trainer von Wurftaube, der Mutter Waldparks, sondern auch Mitbesitzer des sechsmaligen Gruppesiegers  Wiesenpfad, ein Wurftaube-Enkel und somit ein Neffe des aktuellen Derbysiegers. Waldpark ist nach Wilderer 1958 und Waidwerk 1965 der dritte Derbysieger in der über 100jährigen Geschichte des westfälischen Gestüts in Spexard bei Gütersloh, das  seine Pferde von jeher nach Wiese, Wald und Waid benennt – und so die berühmte W-Linie begründet hat. Die geht zurück auf Waldrun, die am 23. Februar 1949 erstmals Ravensberger Boden betreten und mit ihren neun Fohlen eine der erfolgreichsten Linien der deutschen Vollblutzucht begründet hat.  Neben den Eigentümern, insbesondere Reinhard Delius, der als Enkel des Gestütsgründers Paul Niemöller in zweiter Generation von 1946 an für das Gestüt Ravensberg verantwortlich  zeichnet, ist  es vor allem Johannes Kuhr, der als Trainer und Gestütsleiter die erfolgreiche Ravensberger Zeit von 1920 bis 1968 prägt. „Er war mein Schwiegervater,  meine Frau Gisela ist im Gestüt Ravensberg großgeworden,  dort habe ich sie auch kennengelernt“,  so Harro Remmert, „und Johannes Kuhr war auch derjenige, der mir die Chance gegeben hat,  meinen Traumberuf auszuüben.“ Ravensberg sei, so Remmert, eine seiner schönsten Lebenserinnerungen. Die Lehrzeit in Ravensberg, der Trainer, der fast wie ein Vater  war und später dann ja auch der Schwiegervater wurde, weil die pferdeverrückte Gisela auch in der Arbeit mit geritten sei: „Da hat eigentlich sofort  der Blitz eingeschlagen.“ Der Sohn Jan und die Tochter Heide, verheiratet mit Rolf Harzheim, sowie vier Enkelkinder sind das Ergebnis.  

Die Kindheit und Jugend von Harro Remmert ist schwierig. „Ich bin alleine aufgewachsen“, heißt es da in der Rückschau, „erst habe ich eine Hotellehre angefangen, aber mein Wunsch war es immer, etwas mit Tieren zu machen.“ Der Bruder Peter fing mit dem Rennreiten an, so kommt  auch Harro Remmert, der bis dato nur auf einem Bauernhof die Kaltblüter auf die Koppel geritten hat zu einer Lehrstelle bei Otto Schmidt in Dortmund.  Der jedoch fällt schnell  sein Urteil: „Der Junge kann nicht viel“, heißt es, „ich musste so manche Kiste Bier ausgeben, weil mir die Pferde durchgingen“,  erinnert sich Harro Remmert, „die Kollegen haben sich bei mir auch immer ein Spaß daraus gemacht,  meine Pferde extra wild zu machen.“ Selbstvertrauen, so Remmert, habe er damals keines gehabt.

Harro Remmert und Ravensbergs Wildpark beim Sieg im Silbernen Band der Ruhr am 02.11.1969. Foto: Archiv RavensbergHarro Remmert und Ravensbergs Wildpark beim Sieg im Silbernen Band der Ruhr am 02.11.1969. Foto: Archiv RavensbergDie Arbeit in einem Gestüt erscheint so als rettender Gedanke, „und so bin ich auf mein Moped gestiegen und bin nach Ravensberg gefahren“.  Johannes Kuhr hat augenscheinlich an dem jungen Mann, der sich ihm da vorstellte, schnell Gefallen gefunden. Schneller als gedacht sitzt  Remmert doch wieder im Rennsattel: „Der Junge ist leicht, dem bringe ich das Rennreiten schon bei“, so die Devise. „Mein erster Sieger für Ravensberg war  Wildbach aus der Waldrun-Tochter Wildbahn“,  heißt es in der Rückschau, „und das gleich im Großen Preis von Niedersachsen, das ist vergleichbar mit einem Listenrennen heute und das als Lehrling.“ Und aus dem „Jungen, der nicht viel kann“, wird  der erfolgreichste Lehrling seiner Zeit, „die Kilos waren innerhalb von zwei Jahren weg, auch weil mich neben dem Trainer Johannes Kuhr auch Willy Schütz und Dr. Löwe sehr unterstützt haben.“ Der Sieg mit dem Birkhahn-Sohn Wiesenbaum im Preis von Schlenderhan 1963 ist da ebenfalls noch in guter Erinnerung, oder auch mit Wildpark im Silbernen Band der Ruhr 1966, „aber“, so Remmert, „über die Abstammung der Pferde  und die W-Linie habe ich mir damals noch keine Gedanken gemacht, das kam erst später. Ich habe damals die wunderbare Atmosphäre in Ravensberg genossen. Die Ruhe. Die Natur. Alles war so klar geregelt. Es gab 18 Rennpferde, für mehr war kein Platz. Was der Trainer gesagt hat, das war Gesetz.“

Diese Tradition, so Remmert, sei auch heute noch spürbar. Auch Johann Henrich Delius, der nun auch offiziell  die Nachfolge seines Vaters Reinhard (88) angetreten hat, habe schließlich auch nie die Jockeyfrage diskutiert. Genau wie sein Vater das auch gemacht hätte, so Remmert.  So kam Jozef Bojko, seit 2007 zweiter Mann im Rennstall von Andreas Wöhler zu seinem Derbyritt, nachdem sich der erste Mann Eduardo Pedroza für Earl of Tinsdal und gegen den Ravensberger Waldpark entschieden hat, „viele andere hätten da wohl einen ausländischen Jockey engagiert“, meint Remmert, „aber Johann Henrich Delius hat gemeint, der Bojko kennt das Pferd und wenn der Trainer es für richtig hält, dann soll er ihn auch reiten.“

Überhaupt ist der Kontakt zur Familie des Bielefelder Textikfabrikanten nie abgerissen, auch wenn der Weg zunächst wegführt als Jockey in den großen Rennstall der Gräfin Batthyany, zu Georg Zuber und dann nach Köln zu Sven von Mitzlaff, wo er mit Gestüt Zoppenbroichs Athenagoras 1973 zu dem Derbyritt kommt,  der ihm im Jahr zuvor noch versagt geblieben war: „Dass ich Tarim nicht reiten durfte, habe ich trotz gegenteiliger Beteuerungen erst aus der Zeitung erfahren“, so die immer noch bittere Erinnerung, „ich habe damals von heute auf morgen gekündigt und wusste nicht, wie es weitergehen soll, aber dann kam gottseidank sehr schnell der Anruf von Sven von Mitzlaff.“  Als Jockey hat er 552 Rennen gewonnen, als er bei einem Rennen auf der Galopprennbahn Krefeld im April 1976 schwer verunglückt. Sein Pferd Arpad scheut und rennt mit ihm in ein Waldstück, wo sich Harro Remmert beim Sturz einen Rückenwirbel bricht, was zu einer Querschnittlähmung führt, die ihn seither an den Rollstuhl bindet. „Ohne den Unfall wäre ich sicher nie Trainer geworden, weil ich nicht gerne so viel Verantwortung habe“, so Harro Remmert, „aber damals hatte ich keine andere Wahl.“  Mit wenigen Pferden fing er bereits ein Jahr nach seinem Unfall in Neuss an, „Reinhard Delius war einer der ersten, der mir zwei Pferde in Training gab: Sauhatz und Rotte, beide sehr solide Pferde, die einige Siege landen konnten.“

Die Rückkehr zur W-Linie kommt allerdings erst viele Jahre später. Im Gestüt Ravensberg ist nach dem Tode von Johannes Kuhr im Jahr 1968 alles zunächst weitergelaufen wie bisher. Heinz Gummelt, der 1943 als erster Jockey-Lehrling in Spexard begonnen hatte, wird der Nachfolger, dessen herausragendes Pferd, der 1972 geborene Windwurf, noch einmal die Turf-Schlagzeilen beherrscht. Doch danach kehrt Tristesse in. Von der W-Linie ist nicht mehr viel zu sehen und zu hören. Nach Gummelts Tod 1994 wird der gestütseigene Trainingsbetrieb eingestellt. Reinhard Delius betreibt seitdem nur noch eine kleine Mutterstutenherde und einen kleinen Rennstall, das Gestüt wird an die Trainingszentrum Ravensberg GmbH unter Leitung von Trainer Peter Rau verpachtet, seit 2004 ist Trainer Andreas Wöhler der Pächter auf Ravensberg . Dort wird Waldpark auch gemeinsam mit einem selbst gezogenen Pferd des Trainers groß und natürlich auch anschließend auch von Wöhler trainiert.

Aber zurück ins Jahr 1994. In dem Jahr als nach der Neuordnung auch die Trainerfrage neu gestellt wird, gehen natürlich auch Pferde zum Ravensberger Coach Peter Rau, aber eine großrahmige Fuchsstute namens Wurftaube kommt zu Harro Remmert nach Köln. Keiner kann zu diesem Zeitpunkt  ahnen, dass diese Acatenango-Stute die Turfgeschichte um eine paar besonders bemerkenswerte Erfolgskapitel bereichern wird. Ausgehend von der Stammmutter Waldrun, über Windstille – Westfalen – Wolke – Wolkenpracht bis zur Wurfbahn, deren Nachkommen das „W-W-W-W-W“ wieder in aller Munde gebracht haben. Angefangen natürlich mit Wurftaube, ihrem ersten Fohlen. „Die kam zu mir als Jährling“, so Remmert, „ein große kräftige Stute, die überhaupt keine Mucken machte. Sie war trotzdem selbstbewusst, tat aber in der Arbeit nur das Nötigste. Ich habe sie sehr vorsichtig aufgebaut und sie immer nur gegen langsame Gegner laufen lassen, so dass ihr alles leicht viel. Wenn Wurftaube ihre Grundkondition hatte, dann brauchte man mit ihr ohnehin nicht mehr viel zu tun.“

Der erste Start, ein vierter Platz in Gelsenkirchen, erscheint da noch nicht allzu bedeutend, der anschließende Maidensieg unter Waldemar Hickst in Hannover sieht da schon versprechender aus. Dann kam ein kleineres Stutenrennen in Baden-Baden, Wurftaube gewann überlegen mit fünf Längen und Manfred Chapman kommentiert  „da haben wir was Gutes gesehen.“ Der anschließende Start im Gruppe-Rennen in Hamburg, im Herold-Preis, veranlasst  den Gestütsherrn Reinhard Delius dann doch zu einer vorsichtigen Nachfrage: „Ob das denn nicht ein wenig hoch gegriffen sei…?“ Aber die Entscheidung des Trainers wird akzeptiert und nach vielen Jahren der Rennbahn-Abstinenz (mit Ausnahme von Baden-Baden) reist Reinhard Delius sogar persönlich zum Rennen nach Hamburg an. Eine Fahrt, die sich gelohnt hat. Wurftaube gewinnt trotz einiger Widrigkeiten auch dieses Rennen, „Peter Schiergen hatte im Endkampf die Zügel verloren“, erinnert sich Remmert, „aber die Stute lief stur geradeaus, der hat das nichts ausgemacht“.

Freude im Absattelring bei Trainer Harro Remmert, Jockey Peter Schiergen und Besitzer Reinhard Delius: Der war für Wurftaubes Start im Herold-Preis 1996 nach vielen Jahren erstmals wieder nach Hamburg gereist.Freude im Absattelring bei Trainer Harro Remmert, Jockey Peter Schiergen und Besitzer Reinhard Delius: Der war für Wurftaubes Start im Herold-Preis 1996 nach vielen Jahren erstmals wieder nach Hamburg gereist.

Dann geht  es noch einmal zurück ins Listenrennen nach Krefeld, „das macht man ja normalerweise nicht mit einer frischen Gruppesiegerin“, so Remmert, „aber es war das Rennen , das am besten als Vorbereitung auf das 100. Fürstenberg-Rennen in Baden-Baden passte.“ Und dieses Baden-Baden macht Wurftaube endgültig zum Star. Sie landete dort diesmal mit Kevin Woodburn im Sattel ihren fünften Sieg in Folge und das Besitzerehepaar Ruth und Reinhard Delius, die seit Windwurfs Rennbahn-Abschied Ende der Siebziger Jahre bei den Siegerehrungen in der 2. Reihe standen, finden sich nach 20 Jahren auf einmal wieder auf dem Siegerpodest ganz oben wieder. Dann kommt das St. Leger, Gr. II,  in dem sich Wurftaube auf einem ähnlich schweren Geläuf wie das, auf dem ihr Sohn Waldpark das 142. IDEE Deutschen Derby gewinnt, zum Sieg  … „kämpft“  … wäre falsch gesagt. Sie gewinnt  hochüberlegen mit 11 Längen vor Night Petticoat. Das ist der sechste Sieg für die dreijährige Stute, die natürlich im Rennstall bleiben sollte.

Das neue Rennjahr beginnt mit dem Gerling-Preis, Gr. II, der Harro Remmert auch noch 14 Jahre später zum Schwärmen bringt: „Wurftaube lief da gegen zehn Hengste und stach im Feld richtig raus. Ihr Fell glänzte wie Gold. Das war immer so, wenn sie im Frühjahr die Haare verloren hatte.“ Und nicht nur optisch glänzt Wurftaube, sie gewinnt leicht mit 1¾ Längen. Der siebte Sieg in Folge. Eine  unglaubliche Serie, die trotz weiterer Glanzleistungen im Großen Preis der Wirtschaft in Baden-Baden, Gr. II,  und im WGZ Bank-Deutschlandpreis, Gr. I, nicht fortgesetzt werden kann: mit zwei zweiten Plätzen rundet sie ihre Rennkarriere ab.  Die Bilanz zeigt am Ende sieben Siege, darunter zwei  Gr. II- und zwei Gr. III-Siege sowie Platzierungen in Gr. I und Gr. II-Rennen, die Gewinnsumme beträgt 290.000 Euro, Wurftaube ist Championstute und natürlich auch das was man eine „Perle für die Zucht“ nennt.

Auch Harro Remmert ist mittlerweile auch zu einem echten Zuchtexperten gereift und kann nicht nur die W-Linie  vor- und rückwärts deklinieren. „Eigentlich ist die Züchterei ja für einen Trainer viel zu teuer“, meint Harro Remmert, „aber meine Frau ist so pferdeverrückt, deshalb habe ich Gisela das Pferd geschenkt, das sie immer in der Arbeit geritten hat, Twistgirl: Mit deren Tochter Twist Love (v. Surumu) haben wir dann im kleinen Rahmen gezüchtet, das beste Pferd war Triano, das haben wir unserer Tochter Heide zur Hochzeit geschenkt: Der war immerhin Listensieger und Gruppe-Platziert, hatte ein GAG von 94 kg.“

Spätestens mit dem Ende der Trainerkarriere im Jahr 2002 soll eigentlich ganz Schluss sein mit den Pferden. „Da hatte sich National Academy das Bein gebrochen, musste eingeschläfert werden, sowas ist mir immer unheimlich nah gegangen“, heißt es, „eigentlich wollte ich weg davon.“  Aber dann stehen drei Jährlinge auf den Ravensberger Koppeln, von denen einer auf die Auktion soll. Da ist zum einen der Wurftaube-Bruder Wurfstern aus der Wurfbahn von Silvano, der Wurftaube-Sohn Waldbrand von Tiger Hill und schließlich noch der Wurftaube-Enkel aus der nicht gelaufenen Waldbeere, dem ersten Wurftaube-Produkt, mit dem schönen Namen Wiesenpfad von Waky Nao. Verwirrend? Es sind drei Müttergenerationen – Wurfbahn mit ihrer Tochter Wurftaube und der Enkelin Waldbeere – die zusammen mit ihren Nachkommen auf der Koppel stehen.  Drei gut geratene Hengste, von denen Wiesenpfad der auf den ersten Blick der Unauffälligste war: „Er war ein ziemlich kleines Fohlen, stach nicht besonders heraus und von Waky Nao als Vererber wusste man auch noch nicht viel“, kommentiert Harro Remmert die Sachlage anno 2004, „wir haben uns entschlossen Wiesenpfad zu kaufen und haben dafür eine Besitzergemeinschaft gegründet." Die Turf-Geschichte ein paar Jahre später betrachtet sieht dann ganz anders aus. Während aus Wurfstern und Waldbrand grundsolide Sieger und Rennpferde werden, avanciert Wiesenpfad zu einem dieser ganz besonderen „W“-Pferde, die immer wieder in dieser Linie auftauchen: Er gewinnt sechs Gruppe-Rennen, landet neun Siege, ist viermal platziert, kommt gesund durch vier Rennjahre und wird schließlich 2010 Deckhengst im Gestüt Trona. Gisela und Harro Remmert gehören erstmals mit zu den Siegern auf Besitzerseite und bleiben natürlich trotzdem auf dem Teppich, wohlwissentlich, dass so eine Deckhengstkarriere in heutigen Rennsportzeiten eine ganz besonders schwierige ist.  „Wiesenpfad war als Rennpferd außergewöhnlich, er kommt sehr auf seine Großmutter Wurftaube. Wiesenpfad hat ihre Fuchsfarbe und das ausgeglichene Temperament, er brachte alles mit, was ein Rennpferd braucht, Härte und Kampfgeist. Wiesenpfad ist zwar klein, aber ein Modellathlet. Er ist gesund abgetreten. Wir freuen uns jetzt auf seine Nachkommen.“ – so wird Harro Remmert auf der Webeseite von www.wiesenpfad.de zitiert, wobei ein Fohlen aus der Tannenkönig-Stute Adela dabei besonders Augenmerk gilt, die haben Gisela und Harro Remmert selber gezogen.

Dreimal Wurftaube: 1993 als Fohlen, 1998 als Mutterstute gemeinsam mit ihrer Mutter Wurfbahn auf der Koppel und im Juni 2011 mit ihrem jüngsten Fohlen Waldspecht im Gestüt Ravensberg. Fotos privat u. www.rennstall-woehler.deDreimal Wurftaube: 1993 als Fohlen, 1998 als Mutterstute gemeinsam mit ihrer Mutter Wurfbahn auf der Koppel und im Juni 2011 mit ihrem jüngsten Fohlen Waldspecht im Gestüt Ravensberg. Fotos privat u. www.rennstall-woehler.deDass die Geduld in der Vollblutzucht, neben dem Glück und dem Geld, eine besondere Tugend ist, zeigt sich auch bei den Nachkommen Wurftaube, das alles ist nachzulesen in der letzten Ausgabe von Turf-Times in der Pedigree-Analyse von Waldpark. Der Derbysieger ist das neunte Produkt Wurftaubes und bisher mit Abstand der beste Nachkomme. „Der hat alles, was die guten Pferde der W-Linie ausmacht. Die lassen sich einsetzen, geben alles und haben einen unheimlichen Speed. Wurftaube war so. Ebenso Wiesenpfad und jetzt Waldpark. Aber auch Pferde wie Waleria und Walero, die ja auch zu dieser Linie gehören, haben diese Eigenschaften“, schwärmt Remmert.  Auf Waldpark hält er große Stücke: „Wenn er gesund bleibt, gewinnt er mindestens noch ein Gr. I-Rennen und im nächsten Jahr ist Paris die Option“, heißt es aus berufenen Munde, „der hat das Derby bestens wegsteckt.“ Diese Urteil kommt aus allererster Quelle, denn Gisela und Harro Remmert haben Waldpark nach dem Derby schon höchstpersönlich bei einem Besuch in Ravensberg in Augenschein genommen: „Ein paar Mal im Jahr besuchen wir Ravensberg“, heißt es, „schließlich hängt unser Herz daran.“ Besonders gefreut hat sich Harro Remmert über Wurftaube und ihren neuesten Nachwuchs Waldspecht: „Im letzten Jahr habe ich mir etwas Sorgen um Wurftaube gemacht, da ging es ihr nicht gut, nachdem sie ihr Fohlen verloren hat, aber jetzt glänzt ihr Fell wieder!“ 18 Jahre alt ist Wurftaube mittlerweile, noch jung genug, um noch ein, zwei weitere Fohlen zu bekommen, auch wenn sie in diesem Jahr natürlich nicht mehr gedeckt worden ist, weil ihr letztes Fohlen erst am 25. Juni, wenige Tage vor dem Derby also (s. auch Waldparks kleiner Bruder), zur Welt kam.“ Harro Remmert hat sie täglich vor Augen, „Ruth und Reinhard Delius haben mir zum Abschied am Ende meiner Trainerkarriere ein Bild von ihr geschenkt, das Klaus Philipp gemalt hat, das hängt in meinem Zimmer und ich freue mich jeden Tag darüber.“  Auch wenn Gisela und Harro Remmert mit dem Derbysieg von Waldpark offiziell nichts zu tun haben, so kam der Anruf von Dr. Christoph Berglar, der Harro Remmert noch am Derbysonntag selber gratulierte,  doch an die richtige Adresse. Schließlich haben die Remmerts  mit den W-Pferden ihr Leben verbracht.

Mehr Geschichten von Wurftaube gibt es auch in diesem Blog:  http://jawoliefensiedenn.blogspot.com/2011/03/happy-birthday-wurftaube.html

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