Drucken Redaktion Startseite

Das Grand National in Aintree: Lady's Day und Überraschungsieg durch Auroras Encore

Autor: 

Catrin Nack

TurfTimes: 

Ausgabe 260 vom Donnerstag, 11.04.2013

Volle Tribünen in Aintree: Die Liverpooler Bahn hat das Grand National und den Lady's Day. www.galoppfoto.de - John-James ClarkVolle Tribünen in Aintree: Die Liverpooler Bahn hat das Grand National und den Lady's Day. www.galoppfoto.de - John-James Clark

Sonnig - aber kalt, und Kleider - aber kurz, das waren die Schlagzeilen der Show am zweiten Tag des Grand National Meetings, nun schon "traditionell" der Lady's Day. Kein Wetter der Welt kann "Liverpools Best"  davon abhalten, die kürzesten und phantasievollsten Kleider zu präsentieren, da gerieten die Pferde beinahe in den Hintergrund. Der "wahre" Rennsport-Fan fährt nach Cheltenham, und das "Spaß-Publikum" kommt nach Aintree, sagt man, aber das Management der Liverpooler Bahn unternimmt seit Jahren große Anstrengungen, das Profil des Meetings zu heben, und wurde an den ersten Tagen mit Hindernis-Sport der Extra-Klasse belohnt.

So oder so ....: Lady's Day in Aintree. www.galoppfoto.de - John-James ClarkSo oder so ....: Lady's Day in Aintree. www.galoppfoto.de - John-James Clark

 Höhepunkt bisher - mit einer Vorstellung, die an reiner Klasse auch das "National" toppen konnte, war natürlich der sehnlich erwartete Auftritt des Superstars der Szene, Sprinter Sacre. Der fast schwarze Network-Sohn aus französischer Zucht hat nach seiner ungemein imponierenden Siegesserie über die großen Sprünge nun einen Ruf wie ein Donnerhall, schon ist er der "Frankel der Chaser". Bisher auf Distanzen kaum weiter als 3300m unterwegs - eine seiner Niederlagen über Hürden kam über 4000m - entschied man sich nach Cheltenham etwas überraschend, erneut diese Distanz in Angriff zu nehmen, und stieß in der Melling Chase auf durchaus veritable Grade 1 - Gegner, Cue Card hatte gerade die Ryanair-Chase in Cheltenham über eben diesen Trip gewonnen, Flemenstar ist der Star aus Irland, allerdings einer, der sich in dieser Saison schwer tat, seine Form zu finden. Timeform gab Sprinter Sacre im Vorfeld ein eigenes Rating von 203p (!), und sollte es jemals Zweifel an der Klasse dieses Pferdes gegeben haben, so wurden alte und neue Fans mit einer weiteren Vorstellung voller Superlative belohnt.

Überlegen: Sprinter Sacre mit Barry Geraghty in der Melling Chase. www.galoppfoto.de - John-James ClarkÜberlegen: Sprinter Sacre mit Barry Geraghty in der Melling Chase. www.galoppfoto.de - John-James Clark

Schon im Führring das mit Abstand bestaussehende Pferd, machte der Wallach auch hier mit den Gegnern kurzen Prozess, hielt sich hinter einem tapfer laufenden Cue Card lange Zeit im Hintertreffen auf, übernahm in der Gerade resolut die Spitze und stand - am Gebiss - mehr als sicher und in beeindruckender Manier nach Hause. Cue Card lief rund 4 1/2 Längen hinter dem Sieger erneut ein großes Rennen - seine weitere Route wird nun sicher immer davon abhängen, welches Rennen Sprinter Sacre eben nicht in Angriff nehmen wird.  In nun neun Rennen über  Chases ungeschlagen, sollte diesem Pferd - Gesundheit vorausgesetzt- nun die National-Hunt Welt über Jahre zu Füssen liegen. Nach der doch sehr kontroversen Herabstufung von Dancing Braves Rating zugunsten von Frankel gab es auch schon die ersten Stimmen, die eine Überprüfung von Arkles Einschätzung fordern …

Die National-Hunt-Welt hat einen neuen Superstar: Sprinter Sacre. www.galoppfoto.de - John-James ClarkDie National-Hunt-Welt hat einen neuen Superstar: Sprinter Sacre. www.galoppfoto.de - John-James Clark

Neben den Ladies und eben "Sprinter" durfte man vor allem die Vorstellung von At Fishers Cross nicht übersehen. Der Oscar-Sohn aus einer Supreme Leader-Mutter ist der Nachwuchs-Star der Staying Hurdlers, heute schon einer der Favoriten für die World Hurdle 2014, eine Stellung, die nach der Verletzung von Big Buck's - und dessen doch eher fraglichen Genesung - mehr als vakant ist. Im Besitz von JP McManus, und trainiert von der jungen Rebecca Curtis,, machte der Wallach erneut kurzen Prozess mit einem soliden Grade 1 - Feld; AP McCoy konnte nach dem letzten Sprung mit einem Lächeln zur großen Leinwand schauen: "Dies ist ein sehr, sehr gutes Pferd, und seine Trainerin hat wahre Wunder mit ihm vollbracht. Er konnte nicht springen - ich meine, er war rein körperlich nicht in der Lage, zu springen, und seine Betreuer haben ihn förmlich auf den Kopf gestellt. JP und Noreen McManus verdienen ein solches Pferd, ich freue mich sehr für sie." 

JP und AP hatten schon mit My Tent or Yours - allerdings für Trainer Henderson, dem das diesjährige Championat wohl nicht mehr zu nehmen sein wird - den ersten, und ebenfalls sehr überlegenen Sieger des Tages gestellt. Der Desert Prince-Sohn ist ein Riese von Pferd und sollte in der nächsten Saison als 7-jähriger über die großen Sprünge noch besser aufgehoben sein, er beginnt bereits, die kleinen Hürden nicht wirklich ernst zu nehmen. Dynaste brachte die in dieser Saison eher stockende Form von David Pipe mit einer eindrucksvollen Vorstellung in Schwung. Dies ist ein ernsthaftes Pferd für den Boxing Day zu Kempton. Die Topham Chase, das Rennen des Tages über die National-Hindernisse, gewann einmal mehr das Team Henderson-Geraghty, diesmal mit Triole d'Alene, der Walkons späte Schlussattacke sicher abwehren konnte. Überschattet wurde das Rennen von dem Tod von Little Josh, der nach einem Sturz am viertletzten Sprung nicht gerettet werden konnte.

Das Wetter besserte sich zum letzen, dem Haupt-Tag des Meetings, so dass die Damen, auch ohne Lady's Day für ein Fest gekleidet, nicht ganz so sehr frieren mussten. Ein absolutes Highlight eines jeden Aintree-Meetings ist die Parade der alten Grand National Helden, der vierbeinigen, versteht sich. 13 ehemalige Sieger fanden sich zu der beliebten Parade ein, mit Rough Quest ist der älteste noch lebende Sieger nun stolze 27 Jahre alt. Auch dabei natürlich der letztjährige Sieger Neptune Collonges, der inzwischen schon eine Dressurprüfung gewonnen hat und Freitag seine Aufwartung in einem Kinderkrankenhaus machte.

Grand National Chase: Der überraschende Sieger Auroras Encore (links) mit Ryan Mania. www.galoppfoto.de - Petr GuthGrand National Chase: Der überraschende Sieger Auroras Encore (links) mit Ryan Mania. www.galoppfoto.de - Petr Guth

In seiner langen Geschichte hat das Grand National natürlich schon einige überraschende Ergebnisse gebracht, 100-1 Sieger wie Foinaven oder Mon Mome (der im Übrigen unten den 13 ehemaligen Siegern in der Parade war). Als Einstimmung vor jedem Rennen konzentriert sich die lokale Fachpresse gerne auf Aspekte im Starterfeld, die eine gute Geschichte abgeben: Katie Walsh könnte der erste weibliche Sieg-Jockey werden, gewinnt AP McCoy das Rennen erneut?  Man hätte aber schon sehr tief graben müssen, um die Story des diesjährigen Siegers Auroras Encore zu finden, sein Profil ist so un-aufregend – und seine Form war so durchwachsen, dass er sicher nicht zu Unrecht mit 66-1 ein "vergessenes" Pferd war (am Tote zahlte er stolze 133-1!).

Natürlich hat er eine Geschichte, seine Trainerin Sue Smith – nach Jenny Pitman (Royal Athlete, 1995) und Venetia Williams (Mon Mome, 2009)  die dritte Frau, die einen National Sieger trainiert hat - arbeitet mit ihrem Team hart im harschen Norden Englands, sie ist die Ehefrau der britischen Springreiter-Legende Harvey Smith, nach den Worten seiner Trainerin dafür verantwortlich, alle im Stall noch härter anzutreiben. Der Star des Stalles war über lange Jahre der eisenharte Mister McGoldrick, der in Nordengland durchaus eine Art Kult-Pferd ist. Alte Fans werden sich vor allem an Kildimo erinnern, der hier in Aintree 1992 die Becher Chase gewann. Schottland hat auch eine Hand in diesem Grand National, in Form von Jockey Ryan Mania, der bei seinem ersten Ritt gleich einen vollen Erfolg landete, dem mit weiten Abstand größten einer bisher eher unspektakulären Karriere, in der er sogar im Winter 2011 frustriert seine Lizenz abgegeben hatte. Wie so oft bei einem Sieg, gab Auroras Encore seinem Jockey einen fehlerfreien Ritt, hielt sich durchaus im Vordertreffen auf und schien das Abenteuer Grand National sichtlich zu genießen.

Siegerehrung für Auroras Encores Erfolg im Grand National Chase in Aintree: Trainerin Sue Smith und Besitzer Jim Beaumont. www.galoppfoto.de - Petr GuthSiegerehrung für Auroras Encores Erfolg im Grand National Chase in Aintree: Trainerin Sue Smith und Besitzer Jim Beaumont. www.galoppfoto.de - Petr Guth

Die beste Nachricht war natürlich, dass es keine größeren Unfälle gab und alle Pferde gesund blieben, von 40 gestarteten Pferden kamen 17 mit ihrem Reiter ins Ziel. Der Jubel, der ausbrach, als alle Pferde Becher´s Brook fehlerfrei überwanden, war lauter als der für den Sieger; bei dessen Quote stand er natürlich nicht gerade auf dem Wettschein vieler Zocker. Cappa Blue, im letzten Jahr Vierter, wurde 2013 nun Zweiter, Trainer Evan Williams stellte damit im fünften Jahr in Folge in platziertes Pferd in diesem Rennen, nachdem in den letzen Jahren der alte Haudegen State of Play in den selben Farben ohne den vollen Erfolg so große Rennen lief. Dritter wurde Teaforthree aus dem Rebecca Curtis-Stall, wie Evan Williams aus Wales stammend. Offiziell gab es zwei Stürze, die anderen Pferde wurden von ihren Jockeys vorzeitig angehalten. So wurde deutlich, dass durch die bereits in der letzten Ausgabe der Turf-Times angesprochenen Veränderungen durchaus mehr Starter das Ziel erreichen. Gleichzeitig wurde aber auch deutlich, dass das Rennen nach wie vor ein harter Ausdauer-Test für Pferd und Reiter ist, und das soll es ja auch sein. Vielseitigkeits-Veranstaltungen in Luhmühlen oder Burghley, oder gar Distanz-Ritte in der Wüste,  verlangen sicher noch ganz andere Reserven von den vierbeinigen Athleten.

Premiere für den Grand National-Sieger: Frisch und munter präsentiert sich Auroras Encore mit Ryan Mania am Samstag nach den Rennen dem (noch nüchternen) verbliebenen Publikum. www.galoppfoto.de - John-James ClarkPremiere für den Grand National-Sieger: Frisch und munter präsentiert sich Auroras Encore mit Ryan Mania am Samstag nach den Rennen dem (noch nüchternen) verbliebenen Publikum. www.galoppfoto.de - John-James Clark

Der Sieger, dies eine Neuerung und wirklich eine wunderbare Idee der Veranstalter, wurde nach den Rennen am Samstag dem noch verbliebenen (oder nüchternen) Publikum vor den Tribünen präsentiert, und präsentieren tat sich Auroras Encore von seiner allerbesten Seite. Frisch „wie Larry“ wollte der Wallach entweder fressen oder sich bewegen, aber keinesfalls still stehen und für Bilder postieren. Zusammen mit Jockey Ryan Mania, der ja leider direkt am nächsten Tag in Hexham nach einem schweren Sturz per Helikopter in ein Krankenhaus geflogen werden musste (inzwischen aber schon wieder entlassen werden konnte und in einer Parade den Bewohnern seines Heimatortes präsentiert wurde), stellte sich Auroras Encore dann aber mehr oder weniger geduldig den noch verbliebenen Photographen und den Rennsport-Fans. Das Grand National ist eine Institution. Die gemeinsamen Anstrengungen von Veranstaltern und Aktiven hat nun sichergestellt, dass es dieses Rennen – zu Recht - noch lange geben wird.


Verwandte Artikel:

Block: Adsense 728 x 90
Google AdSense 728x90