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Der Gastkommentar von Dr. Till Grewe zum Relaunch von Galopp-Sport.de

Dr. Till Grewe überragt alle - der Medienexperte und Chef des Stalles Domstadt mit seiner Familie und Freunden nach dem souveränen Maidensieg von Ross am 22.03. in Krefeld. www.klatuso.com

Autor: 

Gastkolumne

TurfTimes: 

Ausgabe 369 vom Donnerstag, 28.05.2015

Eigentlich war er längst überfällig: Der Relaunch der Internetpräsenz des deutschen Rennsports. Jetzt ist er da, doch die Galoppsport-Community ist verstört. Findet sich nicht mehr zurecht im neuen Design von German-Racing.com, mit dem die alte datenbankorientierte Seite von Galopp-Sport.de gleich mit geschluckt worden ist. Dazu haben uns viele Emails erreicht, die Tendenz war wenig positiv. Ist das nur die Abwehr des Neuen, Ungewohnten oder ist an der lautstark geäußerten Kritik auch etwas dran? Dazu haben wir mit Dr. Till Grewe einen echten Medien-Experten gefragt. Der Unternehmensberater ist unter anderem auch Lehrbeauftragter der Otto-Friedrich-Universität Bamberg und der Munich Business School und weiß als Besitzer von Egon, Ronja und Ross - letzterer ist sogar selbst gezogen - auch im Galopprennsport bestens Bescheid. 

Fehlkonzipiert!

von Dr. Till Grewe 

Früher war alles besser. Früher heißt in dem Fall: Freitagmittag. Dann kam die Email von Frau Lersch, Leiterin Marketing & PR beim Direktorium, die mich zum Online-Reaktionär werden ließ: „Die neue German Racing Website ist online“. Ich denke: Klasse, endlich tut sich mal wieder was bei German Racing. Bekomme ich jetzt auch die lang ersehnte Member Card? Die Ernüchterung folgt prompt beim Klick auf Galopp-Sport.de: Wat fott es, es fott. Gibts nicht mehr. Ist in einen riesigen Luftballon namens German-Racing.com geblasen worden, voll fetter Buchstaben, greller Farben und bunter Bilder, nein: vor allem Dummys. Nur wenige richtige Profilbilder sind verlinkt - kein Wunder bei aktuell 106.674 Pferden und Personen in der Datenbank. 

Mit dem neuen Marketingportal will German Racing denen, die noch nicht „drin“ sind, „den Zugang zu unserer schönen Welt des Galopprennsports und der Vollblutzucht“ (German Racing) erleichtern. Also den Tausenden, die auch am Pfingstmontag wieder auf die Rennbahnen nach Köln oder Hannover gepilgert sind, online Informationen und Spaß vermitteln, um sie auch abseits der Renntage interessiert zu halten und dauerhaft an den Sport zu binden. Wie wichtig… Wie überfällig (siehe auch Turf-Times Nr. 77, August 2009, S. 27: Klick!)… Aber doch nicht so! 


Viele Klicks führen auch auf der neu gestalteten Webseite von German Racing zum Ziel: So findet Dr. Till Grewe seinen Egon, der als erstes Pferd des Stalles Domstadt sogar im Derby gelaufen ist und eine eigene Facebook-Seite mit 3.000 Fans hat.Viele Klicks führen auch auf der neu gestalteten Webseite von German Racing zum Ziel: So findet Dr. Till Grewe seinen Egon, der als erstes Pferd des Stalles Domstadt sogar im Derby gelaufen ist und eine eigene Facebook-Seite mit 3.000 Fans hat.Denn die neue Seite ist an denen vorbeikonzipiert, die schon „drin“ sind oder hoffentlich bald auch dank des neuen Portals zu Aberdutzenden drin sein werden. Die Vielnutzer konnten auf Galopp-Sport.de schnell und übersichtlich alle wesentlichen Informationen zu ihrem Sport abrufen, wenn die Seite gerade nicht wieder für ein paar Stunden offline war. Sicher, Galopp-Sport.de taugte so überhaupt nicht als Marketingportal für die breite Masse - sieht man mal vom Namen ab, oder verbindet mittlerweile irgendwer „German Racing“ mit Galopprennsport? Ein Relaunch war dringend notwendig: Die grafisch arg einfache Seite hatte einige, offenbar nicht auszumerzende, technische Schwierigkeiten und ließ einige sinnvolle Funktionen vermissen. 

Aber die Stammkunden des Galopprennsports, die aktiven Besitzer, Züchter, Wetter, Fans, die als Abonnenten bis zu 30 Euro pro Monat für das komplette Nutzungsrecht von Galopp-Sport.de bezahlen, wollen auch nach einem Relaunch mehrheitlich vor allem Zahlen, Daten, Fakten zu Rennleistungen, Nennungen, Zuchtergebnissen abrufen. Und sie verlangen von einer Website vor allem eines: Nutzerfreundlichkeit, neudeutsch „Usability“. Informationen: übersichtlich, klar strukturiert, vollständig und schnell. Zahl der Rennen, Inland, Ausland, Trainer, Besitzer usw. - alles fand sich einfach auf Galopp-Sport.de dank der klassischen Navigationsstruktur, auf German-Racing.com leider, wenn überhaupt, nur noch über Umwege. 

Dafür gibt es jetzt ganz viele tolle neue statistische features: Kuchen- (100% Siege, 1 Start) und Balkendiagramme (900€ vs. 300€ Gewinnsumme), GAG-Liniencharts (1 Start, 1 Punkt), alle so groß wie mein ganzer Bildschirm. Bin ich auf einem Shoppingportal für emotionale Käufergruppen gelandet? Dann wäre die Seite nicht schlecht. Aber das einzige, was es hier bald zu kaufen gibt, sind Datenbankabos. Ich scrolle durch verschachtelte Submenüs und suche und klicke und scrolle - oups, geht nicht, ein Bug - und suche und klicke, und es dauert ewig. Ist das die Betaversion? 

Klar, nicht ganz fair, die neue Seite ist „responsive“, passt sich also größtenteils, wenn auch leicht verzögert, dem Display des jeweils genutzten Endgeräts automatisch an. Das ist zwar für informationslastige Seiten Geschmackssache, gerade wenn das Design (Bilder-, Schrift-, Buttongröße) nicht so elastisch ist, wie es sein sollte, aber en vogue. Eine Umschaltmöglichkeit auf die Desktop-Version fehlt noch. Es sind auch einige gute Ideen dabei, zum Beispiel neue Sortier- und Filtermöglichkeiten, aber was helfen die, wenn sich die heillos überfrachteten Seiten so langsam aufbauen. Ich habe mal gezählt: um auf meinem iPhone den Namen des siegreichen Trainers eines Rennens am Montag in Köln herauszubekommen, musste ich 9x wischen/tippen - und das auf einer für Tablet und Smartphone optimierten Seite. Auf Galopp-Sport.de reichten dafür zwei Klicks. 

Wie hätte man es meines Erachtens besser machen können? 1. Frage Deine (potentiellen) Kunden, was sie wollen, oder werte quantitativ aus, wie ihre Surf- und Klickgewohnheiten aussehen. 2. Schaue, was die Konkurrenten machen, die schon mit einem guten Produkt live sind. 3. Verbessere Dein Produkt entsprechend und stelle das neue Produkt dann online, wenn es fehlerfrei läuft und einigermaßen sicher Deiner Zielgruppe gefällt. Ein Blick ins Ausland hätte geholfen: Weder im französischen, noch im amerikanischen Rennsport gibt es, Dateneigentumsrechte hin oder her, den jetzt hierzulande versuchten Spagat zwischen Marketing und Information. Den hinzubekommen ist zwar nicht unmöglich, aber schwierig. Die Engländer haben das sehr ansprechende Portal GreatBritishRacing.com und die hervorragende Datenbank von RacingPost.com, bei der ich, übrigens, als „Member“ erst letzte Woche wieder zu einer Zufriedenheitsumfrage eingeladen wurde. Zufall? Nein. 1+1 ergibt nach Fusionen häufig weniger als 2. 

Daher ist beim „Quantensprung“ (German Racing) leider die Einstiegshöhe gerissen worden. Wer es noch nicht bemerkt hat: ich bin sauer. Ich war Galopp-Sport.de-Informations-Junkie. Gebt mir bitte mein Lieblingstool zurück!

Hier geht es zur neuen Webseite: www.german-racing.com. Derzeit sind die Daten noch für alle Benutzer freigeschaltet, das soll sich jedoch bald wieder ändern, so dass die Nicht-Abonennten dann wieder nur eingeschränkten Zugriff haben. 

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