Der Hindernissport wird gerne auch „the winter game“ genannt; der englische Rennsport liebt seine Traditionen. Heutzutage findet er Sommer wie Winter statt, wenn das Wetter es denn zulässt. Strenger Frost widerspricht per se Rennsport auf Gras; sogar einige der Allwetter-Meetings fielen am vergangenen Wochenende Frost und Schnee zum Opfer. Eine hierzulande kaum bekannte Maßnahme, Rennen auf Gras im Winter zu sichern, sind Frost-Cover. Riesige Plastikplanen, von Hand ausgelegt und abgenommen, sollen den Boden vor dem Gefrieren schützen; das funktioniert bis ca. – 2° Celsius. Da extrem arbeits- und somit Arbeiter-intensiv, kann dies natürlich nicht jede Rennbahn leisten; große Samstags-Renntage versucht man seit Jahren, mit dieser Methode zu schützen.
Am vergangenen Wochenende nur mit mäßigem Erfolg – auf zwei Rennbahnen konnte der Freitags-Renntag „gerettet“ werden; letztendlich auf Kosten der Samstage. Auch ein Prestige-Tag im irischen Punchestown, mit einer Spitzen-Prüfung, fiel dem Wetter zum Opfer. Trotzdem konnte die „grüne Insel“ mit dem Top-Akt des Wochenendes aufwarten. Die Temperaturen im südirischen Cork ließen einen Renntag zu; der Boden war offiziell yielding – soft, was übersetzt gut/weich – weich bedeutet. Tatsächlich kennt nur der irische Rennsport die Bezeichnung „yielding“.
Das Hauptrennen der Karte, die Gr.II Hilly Way Chase über ca. 3300m (etwas mehr als zwei Meilen) sah ein Pferd des Kalibers „Star“, wie in „Star der Szene“. Der von Willie Mullins trainierte französisch gezogene Energumene ist bei bisher 12 Starts zehnfacher Sieger, darunter vier Gr.I-Rennen. Er ist der amtierende Champion Chaser; eine seiner Niederlagen kam Anfang dieses Jahres in Ascot Clarence House Chase. Sein harter Kampf gegen den von Nicky Henderson trainierten Shishkin war eines der Rennen der vergangenen Saison. Nun scheint es zudem, als wäre es für Shishkin das berühmte Rennen „zuviel“ gewesen.
Während Energumene alle drei nachfolgenden Starts, darunter besagte Champion Chase, in der Shishkin angehalten wurde, zu Siegen gestalten konnte, hat Shishkin auch bei seinem Saison-Debut Anfang Dezember nicht überzeugen können (siehe Turf-Times vom 9.12.). Energumene hingegen ist ein so typischer Vertreter seines mächtigen Stalles: optisch eher unscheinbar und für einen Chaser relativ klein, halten sich die von Mullins trainierte Pferde selten mit Geplänkel auf. Sie sind fit, sie können springen, und sie tun genau dies. Nicht, dass das sonntägliche Rennen bei nur vier Startern einen wirklichen Gegner für Energumene enthalten hatte. Aber auch diese Rennen müssen erst gewonnen werden, und der Denham Red-Sohn tat dies in unauffällig-beeindruckender Manier. 19 Längen betrug der Abstand ins Ziel; die Zeit war solide, der Sieger schien immer im zweiten Gang.