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First Season Sires 2010

Autor: 

Daniel Delius

TurfTimes: 

Ausgabe 144 vom Freitag, 10.12.2010

Der Titel eines Championhengstes mit seinem ersten Jahrgang spielt in Deutschland nur eine untergeordnete Rolle. Was nicht nur darin liegt, dass hiesige Trainer gegenüber früheren Zeiten zurückhaltender als in der Vergangenheit agieren, dass zudem die Zahl der Zweijährigen-Rennen wie die aller Prüfungen deutlich zurückgegangen ist. Ein direkt von der Rennbahn kommender Hengst, der in Deutschland aufgestellt wird, ist inzwischen eine Rarität. Das Deckhengst-Geschäft ist ein echter Kampf geworden.

In England/Irland, wo die ersten Zweijährigen-Rennen immer im März starten und Nachwuchsgalopper mit zehn Starts und mehr in einer Saison keine Seltenheit sind, da sind First Season Sires immer besonders im Fokus. Und so ist es kein Wunder, dass der Championhengst in dieser Sparte stets aus dieser Region kommt.

Iffraaj, der Champion der First Season Sires 2010. Foto: John ReadonIffraaj, der Champion der First Season Sires 2010. Foto: John ReadonEs ist Iffraaj (Zafonic), der im irischen Kildangan Stud unter der Darley-Flagge steht. Er ist Nachfolger von Hengsten, die schnell wieder in Vergessenheit geraten sind, aber auch von Hengsten, die sehr nachhaltig vererbt haben. Vorgänger von Iffraaj ist Shamardal (Giant’s Causeway), der vor Jahresfrist bester „freshman sire“ nur wurde, weil sein Sohn Shakespearean in Irland ein hochdotiertes Auktionsrennen gewinnen konnte, ansonsten wäre der Titel an Dubawi (Dubai Millennium) gegangen. Beide haben jedoch bewiesen, dass sie nicht nur frühreife Nachkommen bekommen, sondern dass diese sich in ihrer Karriere auch weiter entwickeln. Einer der Vorgänger von Iffraaj war Invincible Spirit (Green Desert), der 2006 35 individuelle Sieger in seinem ersten Jahrgang hatte, damals Rekord, erst jetzt von Iffraaj verbessert. Der im Irish National Stud aufgestellte Invincible Spirit hat sich jedoch in der Spitzengruppe der Vererber etablieren können, ist auch kommerziell ein sehr interessanter Hengst. Fulminant gestartet sind auch zwei weitere ehemals führende Deckhengste mit ihrem ersten Jahrgang, Bertolini (Danzig) und Kheleyf (Green Desert), doch ist das bei beiden nicht so recht weitergegangen. Die Zahl der Sieger ist zwar hoch, doch fehlt jeweils das Aushängeschild. Möglicherweise war die sehr schnell vorgenommene Erhöhung der Decktaxe auch nicht gerade förderlich, das ist inzwischen korrigiert worden.

Wohin bei Iffraaj die Reise geht, wird sich zeigen. Auf der Bahn hat er drei Gr.II-Rennen über jeweils 1400 Meter gewonnen. Gezogen ist er sehr gut, seine von Nureyev stammende Mutter ist eine Halbschwester von Cape Cross (Green Desert). Er startete 2006 im Kildangan Stud zu einer Decktaxe von 12.000 €, die sukzessive auf 6.000 € in diesem Jahr herunterging. Gedeckt hat er bis auf 2009 stets dreistellige Bücher (in seinem ersten Jahr hatte er 147 Stuten), hatte in der zu Ende gehenden Saison bislang 36 individuelle Sieger bei rund doppelt so vielen Startern. Darunter sind Wootton Basset, der den Prix Jean-Luc Lagardere (Gr. I) gewonnen hat, sowie die Gr. III-Siegerin Espirita und mehrere Black Type-platzierte Pferde. Das ist vorerst absolut vorzeigbar, zumal Iffraaj sicher qualitativ nicht unbedingt erstklassige Stuten bekommen hat. Das dürfte sich trotz der gestiegenen Decktaxe jetzt ändern, der Hengst gilt als ausgebucht. Für die Züchter und Anbieter von Jährlingen hat er sich nach den Erfolgen seiner Nachkommen im Herbst als kommerziell sehr erfolgreich erwiesen, seine Produkte waren stark nachgefragt, erzielten bis zu 160.000 gns. (Tattersalls October), wobei insbesondere John Ferguson für Darley als Käufer auftrat. Waren seine Söhne und Töchter auf „kleineren“ Auktionen im Angebot, waren es nicht selten Salestopper. Es ist eher nicht anzunehmen, dass seine Nachkommen über weite Wege kommen, vermutlich wird er ein guter Vererber von Sprintern und Meilern.  Deutsche Züchter haben Iffraaj bislang nahezu unbeachtet gelassen. An lebenden Nachkommen hierzulande existieren nur zwei Fohlen des Gestüts Hofgut Heymann.

Aussie Rules, der Coolmore-Hengst ist in der First Season Sire-Statistik 2010 auf dem 2. Platz. www.coolmore.comAussie Rules, der Coolmore-Hengst ist in der First Season Sire-Statistik 2010 auf dem 2. Platz. www.coolmore.comAuf den nächsten Plätzen folgen in der Statistik zwei Coolmore-Hengste, Aussie Rules (Danehill) und Holy Roman Emperor (Danehill). Aussie Rules, Sieger in der Poule d’Essai des Poulains, startete mit einer Decktaxe von 15.000 €, die schnell herunterging, nächstes Jahr werden 6.000 € verlangt. Das erscheint reell, angesichts der vier Black Type-Sieger inklusive der „Winterkönigin“ Djumama, doch konnte man mit seinen Jährlingen in diesem Herbst auch keine Reichtümer ernten, sie wurden zögerlich nachgefragt. Djumama, der durchaus weite Wege zugetraut werden, könnte 2011 die beste Werbeträgerin für ihn sein. Das Gestüt Brümmerhof hat einen Sohn von ihm, Aquilis, als Jährling nach Tschechien verkauft, dort zählt er zu den Spitzenpferden des Jahrgangs.

Holy Roman Emperor war nur zweijährig am Start, er hat mit den Phoenix Stakes und dem Prix Jean-Luc Lagardere zwei Gr. I-Rennen gewonnen. Er ist dann dreijährig bereits aufgestellt worden, was so zunächst nicht vorgesehen war, doch gab es durch den kurzfristigen Ausfall von George Washington (Fruchtbarkeitsprobleme) in Coolmore eine Vakanz, die der Danehill-Sohn dann geschlossen hat. Es ist sicher wenig förderlich, wenn Hengste bereits so früh ins Gestüt gehen, wie dies aktuell vermehrt geschieht, doch bei Holy Roman Emperor war dies den Umständen geschuldet.  Er wurde 2007 relativ spät annonciert, doch deckte er immerhin noch 150 Stuten. „Private“ lautete seine erste Decktaxe, von 35.000 € 2008 ging es dann schnell herunter, nächstes Jahr wird er für 10.000 € angeboten. Einen Listensieger hat er bisher auf der Bahn, dazu 22 weitere individuelle Sieger, ordentlich für den Anfang, aber man erhofft schon noch etwas mehr Klasse. An der Verkaufsfront haben sich seine Nachkommen durchaus wacker geschlagen. Wittekindshof hat eine zwei Jahre alte Stute von ihm aus der Night Petticoat, sie steht bei Peter Schiergen.

Mit Indesatchel (Danehill Dancer) und Kodiac (Danehill) folgen in der einschlägigen Statistik zwei Hengste, die in Mitteleuropa eher unbekannte Größen sind. Der zweifache Gr. III-Sieger Indesatchel steht im englischen Bearstone Stud (Decktaxe 2010: 3.000 £), er hat acht individuelle Sieger, seine gute Position in der Statistik ist darin begründet, dass zwei seiner Nachkommen gutdotierte Platzierungen in den Auktionsrennen erreicht haben. Kodiac ist ein Halbbruder von Invincible Spirit. Seine beste Leistung auf der Rennbahn war Rang vier im Prix Maurice de Gheest (Gr. I), er startete mit einer Decktaxe von 5.000 €, hat immerhin schon drei Listen-Sieger auf der Bahn.

Es war nicht ernsthaft zu erwarten, dass Hurricane Run (Montjeu) einen fliegenden Start in seine Gestütskarriere machen würde, auch wenn er 2007, seinem ersten Gestütsjahr, mit 187 Bedeckungen einer der meistbeschäftigten Hengste weltweit war.  Damals noch zu einer Decktaxe von 30.000 €, nächstes Jahr werden es 15.000 € sein. Er selbst hat zweijährig gerade einmal ein kleineres Rennen gewonnen, kam erst dreijährig richtig auf Touren. Das erhofft man sich natürlich auch von seinen Nachkommen, drei Black Type-platzierte Nachkommen hat er auf der Bahn, dazu zahlreiche „Schläfer“, zu den wohl auch der Elle Danzig-Sohn Lyric Street (als Fohlen für 95.000 € verkauft) zählt. Er steht bei Luca Cumani, war beim einzigen Start Ende Oktober in Newmarket Dritter.

Natürlich ist aus deutscher Sicht Shirocco (Monsun) von höchstem Interesse, denn er war von Beginn seiner Karriere derjenige im Ausland stationierte Hengst, der von den meisten deutschen Stuten aufgesucht wurde. Seine Nachkommen sind, wenig überraschend, keine Zweijährigen, er selbst war in jenem Alter gar nicht am Start, hat Rennen wie den Breeders‘ Cup Turf (Gr. I) und den Coronation Cup (Gr. I) erst vier bzw. fünfjährig gewonnen. Bei der hohen Anzahl deutscher Nachkommen war es fast folgerichtig, dass sein bisher einziger Black Type-Sieger, Stall Nizzas Jardina, diesen Treffer in Köln geschafft hat. „Hint that great things to come“ wirbt Darley für den Hengst, dessen Decktaxe unverändert bei 10.000 £ festgelegt wurde. Was in den englischen Ställen steht, das wissen wir natürlich nicht so genau, aber es gibt Hinweise, dass die deutschen „Shiroccos“ größere Hoffnungen tragen. Von den neun derzeit auf einer Trainingsliste aufgeführten Hengsten aus deutscher Zucht haben sieben eine Derby-Nennung für 2010, von den acht diesbezüglich gelisteten Stuten wurden sieben für den Preis der Diana eingeschrieben. Zu erwähnen sind zudem der aktuell bei Jean-Claude Rouget erfolgreiche Sanogo sowie die hoffnungsvolle Wild Coco, die Henry Cecil für das Gestüt Röttgen trainiert. Shirocco war von Beginn an ausgebucht, 2007 deckte er 137 Stuten, dieses Jahr waren es 142, dazwischen nie weniger.

Ein weiterer in Deutschland gezogener Hengst ist noch gelistet (die in Deutschland stehenden Hengste sind unten beschrieben), es ist der ehemalige Etzeaner Spitzenflieger Soave, ein zwölffacher Sieger für die Ställe Happy End bzw. Magic. Er steht im französischen Haras des Faunes, hat mehrere ordentliche Zweijährige auf der Bahn und könnte sich in Frankreich mit seinem Prämiensystem zu einem kommerziell attraktiven Vererber mausern.

Vorerst nicht mehr im bisherigen Geschäft sind mit Ad Valorem (Danzig), Ivan Denisovich (Danehill) und Byron (Green Desert) drei Hengste, die nicht einmal weit hinten in der Statistik liegen. Da ist scheinbar der jeweilige Markt schon ausgereizt und es dürfte nicht überraschen, wenn die bislang bei Coolmore bzw. Darley gestandenen Hengste demnächst woanders aufgestellt werden.

Dreikampf in Nordamerika

Während in Europa die Fronten klar sind, kommen für das Championat der Hengste mit dem ersten Jahrgang in Nordamerika kurz vor Toresschluss noch drei Hengste in Betracht. Es sind Congrats (A P Indy), der bislang 24 individuelle Sieger (1.362.778 $) hat, Bluegrass Cat (Storm Cat) mit zwanzig Siegern (1.335.700 $) sowie Bernardini (A P Indy) mit zwölf Siegern (1.283.869 $), wobei wir die Zahlen aus der Dienstagsausgabe der Kollegen von Thoroughbred Daily News haben. Bluegrass Cat stammt aus einer A P Indy-Mutter, was dessen Einfluss in der nordamerikanischen Zucht unterstreicht.  

Congrats ist sicher die Überraschung an der Spitze der Statistik. Der Gr. II-Sieger, Gr. I-platziert auf Distanzen bis zu 2000 Meter, stammt aus einer Mr Prospector-Stute. Er startete zu einer Decktaxe von 12.500 $, stand dieses Jahr für nur noch 4.500 $ auf der Vinery South Farm in Florida, was sich ändern wird. Er wurde Richtung Vinery-Kentucky beordert, wo für ihn 2011 15.000 $ aufgerufen werden. Mit Wickedly Perfect hat er bereits eine Gr. I-Siegerin auf der Bahn. Vom Schnitt pro Starter liegt jedoch Bernardini weit voraus, denn der Darley-Hengst, der im Vergleich eine geringe Starterzahl von 39 hatte, kann mit A Z Warrior und Biondetti (Gran Criterium in Mailand) zwei Gr. I-Sieger vorweisen, hinzu kommt die Gr. III-Siegerin Theyskens’ Theory und der Gr. I-platzierte Stay Thirsty. Der Preakness-Stakes (Gr. I)-Sieger sollte Stehvermögen vererben, ist möglicherweise der Hengst mit dem größten Potenzial für 2011. 

Ein klarer Champion in Deutschland

Es gab, wenn wir denn richtig recherchiert haben, gerade einmal drei derzeit in Deutschland stehende Hengste, die 2010 ihren ersten Jahrgang auf der Bahn hatten, Lord of England (Dashing Blade), Liquido (Lomitas) und der seit dem Frühjahr hier aufgestellte Goodricke (Bahamian Bounty). Die klare Nummer eins ist Lord of England, der sich für einen deutschen „first season sire“ schon sehr gut profilieren konnte. Natürlich reichte es international nicht zu einem vorderen Platz, das geht schon von der Zahl der startenden Pferde nicht, doch ein Gruppe-Sieger und insgesamt drei Black Type-Nachkommen können sich im Vergleich schon sehen lassen. Von den 39 laut Zuchtnachweis lebenden Nachkommen waren 13 am Start, Salona hat das Zukunfts-Rennen (Gr. III) gewonnen, Acadius das Oppenheim-Rennen (LR), Night of Dubai war auf Listenebene platziert, Theo Danon hat gewonnen. Nicht verkehrt sollen auch im Ausland stationierte Nachkommen des Hengstes wie Malanos (war schon Zweiter in Newmarket) und Tower of England sein.

Lord of England war selbst ein sehr guter, früher Zweijähriger, er debutierte bereits im Juni erfolgreich. Frühreife hat er seinen Nachkommen mitgegeben, doch spricht nichts dagegen, dass sie auch dreijährig schnell laufen und über weite Distanzen kommen. Er hat den Großen Dallmayr-Preis über 2000 Meter gewonnen, was bereits das Ende seiner Karriere bedeutete, weitere Distanzen ist er nie angegangen, als Sohn von Dashing Blade wären diese vermutlich auch nicht sein Ding gewesen. Die über jeden Zweifel erhabene Mutterlinie weist jedoch zahllose Steher auf, auch Derbysieger wie Lagunas und Lavirco. Sein Bruder Loriango (Acatenango) war sogar ein Extremsteher, ein anderer, Lonango (Acatenango), hat das Derby in der Slowakei gewonnen. Da er viele Stuten aus Steherfamilien bekommen hat, sollten seine Nachkommen in der Lage sein, die Derbydistanz zu bewältigen. In den Jahren 2009/2010 hatte er 28 bzw. 26 Nachkommen, nicht die Welt, aber allemal genug, um sich weiter zu profilieren. Sein Plus ist natürlich ein starkes Standortgestüt wie Etzean, das ihm von Beginn an alle Chancen gegeben hat und auch kommerziell belohnt wurde, ein Sohn von ihm wurde auf der BBAG für 75.000 € verkauft.

Lord of England startete mit einer Decktaxe von 3.000 €, die in den letzten beiden Jahren auf 2.500 € abgesenkt wurde. 2011 werden 4.500 € verlangt, was im internationalen Vergleich natürlich immer noch eine echte Gelegenheit ist. Inwieweit er jetzt auch von fremden Top-Gestüten gebucht wird, wird sich zeigen.

Etwas schwieriger sieht die Lage bei den anderen beiden Hengsten aus. Der St. Leger-Sieger Liquido, der im Gestüt Lindenhof steht, war zweijährig überhaupt nicht am Start und schon deshalb war keineswegs zu erwarten, dass seine Zweijährigen zu Seriensiegern werden. Immerhin hat sein einziger Starter (von neun Nachkommen) in Ungarn gewonnen, was ja schon einmal eine Hausnummer ist. Der Jahrgang 2009 umfasst nur sechs Köpfe, interessanter wird es anschließend mit 16 Nachkommen 2010. Liquido muss sich „selber machen“, er war ein hartes, gutes Rennpferd, ist Sohn eines Champions aus einer soliden Mutterlinie, so dass seine Produkte eine gewisse Nachhaltigkeit haben dürften.

Goodricke debutierte im Frühjahr in Ohlerweiherhof, nachdem er zunächst ein Jahr im Overbury Stud in England, dann zwei Jahre in Italien stand. Die Zahl seiner Nachkommen auf der Insel ist übersichtlich, wird bei rund einem Dutzend liegen. Aktuell hat er seinen ersten Sieger gestellt, von fünf Startern. Seine Tätigkeit in Italien liegt etwas im Dunkeln, so dass er mit seinen ersten Nachkommen vorerst nur schwer in die Schlagzeilen kommen wird. Es wäre allerdings fahrlässig, ihn zu unterschätzen, denn er hat zweifellos das Zeug, ein interessanter kommerzieller Hengst zu werden. Immerhin hat er den William Hill Sprint Cup (Gr. I) gewonnen, war Zweiter im Prix Maurice de Gheest (Gr. I). Und er ist rechter Bruder von Pastoral Pursuits, Darley July Cup (Gr. I)-Sieger, Deckhengst im National Stud in Newmarket. Er hatte in England einen guten Start als Vererber, nicht von ungefähr ist seine Decktaxe von 5.000 auf 7.000 £ für 2011 erhöht worden. Dies alles sind Eckdaten, die sicher nicht gegen Goodricke sprechen.  

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