Enable ist „ready to go“

Mehrfach wurde ihr Saisondebüt in den letzten Wochen verschoben, doch am Samstag in den Coral Eclipse Stakes (Gr. I) auf der Rennbahn in Sandown im Südwesten Londons ist es nun endlich so weit: Die zweifache Arc-Siegerin Enable betritt wieder eine Rennbahn und startet in ihre vierte Rennsaison. Frankie Dettori meinte nach einem Trainingsgalopp am letzten Sonntag, er hätte den Eindruck, die Lady sei jetzt „ready to go“.

Genau diesen Eindruck vermittelte die fünfjährige Nathaniel-Tochter im Frühjahr zunächst nicht. Trainer John Gosden betonte in den letzten Wochen stets, dass es anders als im Vorjahr keine Verletzung sei, die das Saisondebüt immer weiter nach hinten geschoben hätte. Ursprünglich sollte sie im Coronation Cup beim Derby-Meeting in Epsom Ende Mai den Saisonauftakt bestreiten, dann wurden die Prince of Wales‘s Stakes in der Royal Ascot-Woche als neues Ziel für den Jahreseinstand ausgegeben, doch auch dieses Rennen ließ sie aus. „Sie schien uns noch nicht so weit zu sein“, erklärte Gosden in einem Interview, „und unser großes Ziel in diesem Jahr ist der dritte Arc-Sieg, so dass wir ohnehin keinen frühen Start wollten, um die Saison für sie nicht zu lang werden zu lassen“.

Enable ist bekanntermaßen keine Trainingsweltmeisterin, sie tut im Training oft nur das Nötigste. In den letzten zwei Wochen nahm ihr Spaß am Training jedoch zu, sie verlor zudem etwas Gewicht und machte einen fitteren Eindruck als zuvor. „Wir sind sehr zufrieden mit ihr“, vermittelte Gosden seinen aktuellen Eindruck über Enable, den Dettori mit der Aussage „Sie ist ein Champion und ich freue mich sehr darauf, sie wieder in einem Rennen zu reiten und dem Publikum zu zeigen, dass sie noch da ist“ ergänzte.

Auch wenn Enable ihre vierte Rennsaison bestreitet, ist sie bislang erst elfmal gelaufen. Als Youngster absolvierte sie nur einen einzigen Start, der in einem Maidenrennen auf der Allwetterbahn in Newcastle in einem ungefährdeten Sieg endete. Ihre Dreijährigen-Kampagne von April bis Oktober 2017 umfasste dagegen sieben Rennen. Nach einer Niederlage, der bislang einzigen in ihrer Karriere, in einem kleinen Rennen Ende April in Newbury begann ihr kometenhafter Aufstieg zur besten Stute Europas. Zunächst gelang ein Listensieg im Mai in Chester, dann der Doppel-Triumph in den englischen und irischen Oaks im Juni bzw. Juli in Epsom und auf dem Curragh, nur zwei Wochen nach dem irischen Oaks-Erfolg folgte der Sieg in den King George in Ascot, erstmals gegen männliche Konkurrenz, gefolgt vom Yorkshire Oaks Erfolg im August beim Ebor Meeting im nordenglischen York und gekrönt mit dem Arc-Triumph zum Abschluss der Saison am ersten Oktober-Sonntag in Chantilly.

Durch eine Trainingsverletzung im letzten Frühjahr begann sie ihre Rennsaison als Vierjährige erst sehr spät im September 2018 mit einem Erfolg in einem Gruppe III Rennen auf der Allwetterbahn in Kempton. Nur mit diesem einen Start im Bauch glückte die Titelverteidigung im letztjährigen Arc, der wieder an seine traditionelle Austragungsstätte in ParisLongchamp zurückgekehrt war. Einen Monat nach dem knappen Arc-Sieg beendete sie den Fluch der Arc-Sieger im Breeders’ Cup und sicherte sich auf den Churchill Downs mit den Breeders’ Cup Turf ihren siebten Gruppe I Erfolg.

Nach dem US-Sieg wurde sie nicht zu Deckzwecken ins heimische Gestüt geholt, sondern bezog dort nur ein vorübergehendes Winterquartier, um in diesem Jahr erneut Turf-Geschichte auf der Rennbahn schreiben zu können und möglicherweise als erster Vollblüter überhaupt, einen dritten Arc-Triumph zu landen. Zuletzt war bei einem solchen Versuch die französische Stute Treve 2015 nach zwei Arc-Siegen in den Jahren 2013 und 2014 bei ihrem dritten Versuch als Vierte zu Golden Horn gescheitert. Nur vier Jahre danach kann die im Besitz von Khalid Abdullah stehende Stute nun einen solchen Coup landen, sofern alles glatt läuft. Aktuell bieten englische Buchmacher Festkurse im Bereich 4:1 bis 4,5:1 für Enables Arc-Erfolg, eine erstaunlich niedrige Quote angesichts der vielen Unwägbarkeiten bis zum Arc in drei Monaten.

Noch deutlich geringer sind die von den Buchmachern angebotenen Kurse für einen Sieg Enables in den bevorstehenden Coral Eclipse Stakes. In den letzten Tagen sanken sie kontinuierlich und befinden sich mittlerweile überall unter pari. Der Sieg eines Jahresdebütanten in den Eclipse Stakes ist dabei eigentlich sehr ungewöhnlich, der in diesem Jahrtausend einzig Enables Vater Nathaniel im Jahr 2012 gelang. Und die Konkurrenz, auf die Enable treffen wird, ist keineswegs von schlechten Eltern. Unter den sieben Gegnern, die sich ihr am Samstag in den Weg zum erfolgreichen Saisoneinstand stellen werden, befinden sich gleich drei diesjährige Gruppe I Sieger: die von Aidan O‘Brien aus dem Ballydoyle-Quartier entsandte Galileo-Tochter Magical (Ryan Moore), der von Roger Varian trainierte Isphahan-Sieger Zabeel Prince (Andrea Atzeni) und der in den Lockinge Stakes erfolgreiche Mustashry (Jim Crowley), der von Michael Stoute vorbereitet wird, der mit Regal Reality (Kerrin McEvoy) einen weiteren Starter in den Eclipse Stakes satteln wird, der auch ohne Gruppe I Sieg nach seinem überlegenen Erfolg in den Brigadier Gerard Stakes (Gr. III) im Wettmarkt zum erweiterten Favoritenkreis zählt.