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Earl of Tinsdal will seinen Titel am neuen Austragungsort verteidigen

Earl of Tinsdal kennt München von drei Starts. Foto: www.galoppmuenchen.de - www.turfstock.com

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Turf aktuell

TurfTimes: 

Ausgabe 227 vom Donnerstag, 09.08.2012

Dass sich der Name eines Galopprennens ändern kann, daran hat man sich in Zeiten wechselnder Sponsoren längst gewöhnt. Dass sich nicht nur der Namen, sondern auch der Austragungsort einer sportlich wichtigen Galoppprüfung mit Gruppe-Status ändert, gehört allerdings erst zu den Entwicklungen der letzten Jahre, in denen vielfach Rochaden von Gruppe-Rennen stattfanden. Selbst auf Gruppe I-Niveau ist dies nichts Besonderes mehr im deutschen Turf. Von den sieben Gruppe I-Rennen wanderte sowohl der Preis der Diana (drei Austragungsorte in den letzten zehn Jahren) als auch der heutige Große Preis von Berlin (drei Austragungsorte in den letzten zehn Jahren) von Rennbahn zu Rennbahn. Auch die vor 55 Jahren als Aral-Pokal auf der Gelsenkirchener Rennbahn initierte Steherprüfung im August eines Jahres musste nach der Schließung der Horster Bahn vor elf Jahren erstmals den Austragungsort wechseln. Doch auch die Kölner Rennbahn, wo das Rennen in den letzten Jahren als Rheinland-Pokal gelaufen wurde, stellte keine endgültige Heimat für die Prüfung dar, in diesem Jahr wird sie erstmals in München-Riem als Wettkontor München - Großer Preis von Bayern ausgetragen. Damit verdoppelte sich die Zahl der Gruppe I-Prüfungen in der bayerischen Landeshauptstadt und der Hunger auf weitere Highlights ist damit noch nicht gestillt, wie die Münchener Bewerbung um die Austragung des Deutschen Derbys, dem nächsten Kandidaten für ein auf Wanderschaft gehendes Gruppe I-Rennen des deutschen Turf-Programms, schlagend demonstriert.

Die Premierenaustragung an neuer Veranstattungsstätte drohte Anfang der Woche zum Fiasko zu werden, als sich immer mehr Streichungen in der potenziellen Starterliste abzeichneten. Durch zwei Nachnennungen ist es dann letztendlich doch noch ein Sextett geworden, das am Sonntag die Startboxen beziehen wird. Quantitativ kommen diesmal somit nicht mehr, aber auch nicht weniger Vollblüter als durchschnittlich in den vergangenen Kölner Jahren an den Ablauf. Qualitativ kann sich das Feld durchaus sehen lassen, auch wenn die Abwesenheit jeglicher ausländischer Gäste kaum Begeisterungsstürme auszulösen vermag. Auch die 5jährige französische Globetrotterin Sarah Lynx aus dem Quartier von John Hammond wurde als letzte Ausländerin am Tag der Starterangabe aus dem Feld. Die Montjeu-Tochter, die noch in der Wochenmitte auf den Nennungslisten von drei Gruppe-Prüfungen dieses Wochenendes stand, bevorzugte einen Auftritt im Prix de Pomone, einem Stuten vorbehaltenen Gruppe II-Rennen am Samstag in Deauville, wo sie unter Christophe Soumillon als Titelverteidigerin bei ihrem späten Saisondebüt ins Rennen gehen wird.

Das rein nationale Sextett in Riem sieht ebenfalls den Titelverteidiger der letzten noch in Köln gelaufenen Prüfung am Start. Der von Andreas Wöhler betreute Earl Of Tinsdal (Eduardo Pedroza) reist zum vierten Mal in seiner schon durch zwei Gruppe I-Siege dekorierten Laufbahn nach München. Als Zweijähriger blieb er dort bei zwei Starts unbezwungen, dreijährig musste er als Vierter in den Bavarian Classic die erste Niederlage seiner Karriere einstecken. Der Black Sam Bellamy-Sohn ist einer vor drei Vertretern der Vierjährigen, die auf ebenso viele Dreijährige treffen werden. Dabei scheinen die älteren Jahrgänge in München besser gerüstet, da auch der zwei Favorit, Gestüt Schlenderhans Atempo (Adrie de Vries), aus ihren Reihen stammt. Für den wenig geprüften Monsun-Sohn ist es diesmal der erste Auftritt auf Gruppe I-Parkett. Im Frühjahr konnte er unter damals für ihn günstigen Gewichtsbedingungen schon einmal Earl of Tinsdal hinter sich lassen, als er in Köln seinen einzigen Gruppe-Sieg im Gerling-Preis feierte. Zuletzt scheiterte er als Dritter im Hamburger Hansa-Preis am mangelnden Tempo und konnte seinen Speed nicht zur Geltung bringen.

Die letzte Vertreterin der Vierjährigen ist die von Miltcho Mintchev nach München beorderte Temida (Filip Minarik), die vermutlich als längste Außenseiterin das Rennens bestreiten wird. Für die Oratorio-Tochter, die im vergangenen Jahr ein Gruppe III-Rennen in Mailand gewinnen konnte, steht aktuell ein Listensieg bei der Derby-Woche zu Buche. Über die Derby-Distanz von 2400m ist sie ein noch unbeschriebenes Blatt. Dass ihr gleich beim ersten Start über diese Distanz, der gleichzeitig auch ihr erster Gruppe I-Auftritt und ihr erstes Aufeinandertreffen mit Hengsten in dieser Saison darstellt, ein Volltreffer gelingt, ist nur schwer vorstellbar.

Das Trio des Derby-Jahrgangs umfasst auch einen Derby-Sieger, auch wenn es sich „nur“ um den Sieger des klassischen Rennens in Italien handelt. Der von Michael Figge vor Ort trainierte Feuerblitz versuchte es nach dem italienischen Gruppe II-Erfolg auch im deutschen Pendant, landete in Hamburg allerdings nur auf Rang 10. Auch sein Start vor zwei Wochen im Großen Dallmayr-Preis blieb als Fünfter ohne zählbare Ausbeute. Die Tatsache, dass er über eine Nachnennung in dieses Feld kam, zeugt zumindest von der Einschätzung seines Umfeldes, dass er die kurze Startfolge verkraften kann. Dennoch ist ein Big Shuffle-Sohn als Sieger eines Gruppe I-Rennens über 2400m immer noch eine gewöhnungsbedürftige Vorstellung.

Höher sollten da die Chancen des zweiten Münchener Lokalmatadoren Baltic Rock (Gary Hind) sein. Der in den Farben des Gestüt Ammerlands laufende Rock of Gibraltar-Sohn zeigte nach dem Erfolg auf Listenebene in Bremen bei seinem 4. Platz im Deutschen Derby, dass er nach dem Quartierwechsel von Peter Schiergen zu John David Hillis ein anderes Pferd geworden ist. Ihm ist eine Platzierung im Vorderfeld durchaus zuzutrauen, auch wenn er – anders als die anderen bislang vorgestellten Starter – noch nicht auf einen Gruppe-Sieg in seinem Rennrekord verweisen kann.

Dieses Manko gilt auch für die einzige dreijährige Stute im Sextett. Die mittlerweile in Dortmund von Uwe Stoltefuß trainierte Caitania (Andrasch Starke) empfahl sich durch einen zweiten Platz im Hamburger Stutenpreis auf Gruppe III-Ebene für den Start in Riem. Dabei war sie als offensichtlich unterschätzte Außenseiterin nur durch einen kurzen Kopf von der späteren Diana-Siegerin Salomina geschlagen, offenbar eine Leistung, die ihr Umfeld zur Entrichtung der Nachnennungsgebühr für den Großen Preis von Bayern motivierte. Nur durch einen 3. Rang oder eine noch bessere Platzierung würde die Aussie Rules-Tochter, die bis vor einem Monat von Christian Sprengel in Hannover vorbereitet wurde, diese Investition finanziell direkt wieder einspielen, wobei eine Platzierung auf Gruppe I-Ebene für den Zuchtwert auch in der Zukunft eine nicht zu unterschätzende Bedeutung hätte.

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