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Auf den Spuren der britischen Mehl-Mülhens-Sieger

Erster klassischer Sieger für seinen Trainer Mick Channon und einer von neun englischen Siegern im Mehl-Mülhens-Rennen:  Royal Power mit Jockey Chris Catlin 2006. www.galoppfoto.de

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Turf aktuell

TurfTimes: 

Ausgabe 217 vom Donnerstag, 31.05.2012

Neun dreijährige Hengste von der Insel haben sich als Sieger in den Annalen des Mehl-Mülhens-Rennens, der aktuell als erstes klassisches Rennen der hiesigen Turf-Saison gelaufenen Meilenprüfung, seit der Öffnung dieser Prüfung für ausländische Starter eintragen können. Beim Sieg von Caspar Netscher am letzten Sonntag in Köln war stets auch die Erinnerung an den Vorgänger Excelebration gegenwärtig, der im letzten Jahr bei seinem Sechs-Längen-Sieg die Konkurrenz einfach stehenließ. Im Anschluss an den Triumph im deutschen Klassiker entwickelte sich der damals noch von Marco Botti trainierte Exceed and Excel-Sohn zu einem der führenden Meiler in Europa. Ihm gelang ein leichter Gruppe II-Sieg in England und ein Gruppe I-Erfolg im Prix du Moulin in Longchamp. Aus dem Schatten seines gleichaltrigen Landsmanns Frankel, der ihn in der letzten Saison bei drei Gelegenheiten in die Schranken wies, konnte er zwar nicht heraustreten, doch hohe Klasse auf Distanzen zwischen 1400m und 1600m stellte der Hengst im Vorjahr ohne Zweifel unter Beweis. Dies schlug sich auch im Ankauf durch das irische Coolmore-Konsortium nieder, was im Winter zum Standortwechsel des Hengstes ins Quartier von Aidan O’Brien führte. Nach erfolgreichem Saisoneinstand auf Gruppe III-Ebene in neuen Rennfarben musste Excelebration Mitte Mai in den Lockinge-Stakes auf Gruppe I-Parkett erneut Frankel vor sich dulden. Ob ihm in dieser Saison ein weiterer Gruppe I-Erfolg gelingen wird, bleibt abzuwarten.

Auch der Sieger der 2011-er Auflage des Mehl-Mülhens-Rennen kam aus England: Trainer Marco Botti (rechts) mit Excelebration und Adam Kirby. www.galoppfoto.de - Marius SchwarzAuch der Sieger der 2011-er Auflage des Mehl-Mülhens-Rennen kam aus England: Trainer Marco Botti (rechts) mit Excelebration und Adam Kirby. www.galoppfoto.de - Marius Schwarz

Diese frische Erinnerung an einen nach seinem Mehl-Mülhens-Erfolg auch auf europäischer Ebene groß auftrumpfenden britischen Sieger drängt das Schicksal früher Mehl-Mülhens-Triumphatoren, die den internationalen Stellenwert des deutschen Klassikers nicht unbedingt gesteigert haben, etwas in den Hintergrund. In diesem Beitrag wollen wir an die britischen Sieger der Vergangenheit erinnern und ihren weiteren Weg nach dem klassischen Triumph beleuchten.

Den Anfang macht dabei der von John Dunlop trainierte Flying Brave, der gleich 1991 bei der ersten für ausländische Gäste offenen Austragung des Mehl-Mülhens-Rennens dafür sorgte, dass die Siegprämie auf ein britisches Konto überwiesen werden musste und damit den damaligen Kritikern der Öffnung der klassischen deutschen Galopprennen Munition verschaffte. Es war allerdings das Mehl-Mülhens-Rennen, das vielen Turf-Fans nicht wegen des Siegers in Erinnerung geblieben ist, sondern wegen eines nicht mitgelaufenen Hengstes. Der haushohe Favorit Lomitas war trotz aller Bemühungen der Starthelfer nicht zum Einrücken in die Startbox zu bewegen, wodurch der Weg für Flying Brave, der ähnlich wie der diesjährige Sieger in den englischen 2000 Guineas nur im Mittelfeld ins Ziel gekommen war, endgültig frei war. Dem stets von John Reid gerittenen Persian Bold-Sohn gelang danach nur noch ein weiterer Gruppe-Erfolg. Ebenfalls in Deutschland holte er sich im selben Jahr ein Gruppe III-Rennen auf der Meile in Hoppegarten. Bei der Titelverteidigung ein Jahr später scheiterte er in Hoppegarten knapp an dem Schlenderhaner Irish Stew. Versuche in seiner Heimat blieben ebenso erfolglos wie Starts in Spanien und der Türkei. Der Vorhang nach einer kaum allzu überragenden Rennkarriere fiel am Ende der Vierjährigensaison mit einem letzten Platz in einem Listenrennen in Kempton. Als Deckhengst wurde er unseres Wissens nach nicht aufgestellt.

Die Befürchtung, dass jetzt jedes Jahr ein Brite das Mehl-Mülhens-Rennen gewinnen würde, erwies sich in der Folgezeit als unbegründet. Es dauerte sechs Jahre, bis mit dem von Clive Brittain betreuten Air Express der nächste Brite zum Zuge kam. Sechzehn Gäste hatten es in der Zwischenzeit erfolglos probiert bis der Salse-Sohn überlegen in Köln zum Zuge kam. Er vertrat schon ganz andere Klasse als Flying Brave. Er reiste bereits als klassischer Sieger im damals noch zur Gruppe II rechnenden italienischen Pendant, dem Premio Pariolo, in den Weidenpescher Park, doch weit bedeutender war sein späterer Sieg in den zur Gruppe I zählenden Queen Elizabeth II Stakes im selben Jahr in Ascot. Zuvor hatte er ebenfalls auf Gruppe I-Niveau einen 2. Platz in den St. James’s Palace Stakes, dem oft als europäisches Meilen-Derby apostrophierten Rennen bei der Royal Ascot Woche im Juni, belegen können. Vierjährig lief bei ihm nicht mehr viel zusammen, doch reichten seine Leistungen zuvor, um ihm einen Platz als Deckhengst zu sichern. Er gehörte sogar zu den Shuttle-Hengsten, die in der Decksaison 1999 auch in Australien zum Einsatz kamen. Da er jedoch bereits sechsjährig im Oktober 2000 verstarb, gibt es nur wenige Nachkommen aus zwei europäischen und einem australischen Gestütsjahr auf dem Eureka Stud in Queensland. Seine erfolgreichste Tochter ist ohne Zweifel die aus der mit nur bescheidener eigener Rennleistung aufwartenden Indian Ridge-Tochter Kangra Valley stammende Airwave. Die Gruppe I-Siegerin wurde nach ihrer erfolgreichen Rennkarriere von John Magnier auf der Tattersalls Dezember Auktion 2004 für knapp 700.000 Euro erworben und der Coolmore-Mutterstutenherde zugeführt. Aktuell hat sie die von David Wachman trainierte 3jährige Aloof auf der Bahn. Nach zwei Siegen in kleineren Prüfungen musste die Galileo-Tochter bei ihrem Erstauftritt auf Gruppe-Parkett vor zwei Wochen als Letzte im irischen Naas allerdings ihre Grenzen erkennen.

Zur Jahrtausendwende trug sich der Zafonic-Sohn Pacino als dritter Brite in die Siegerliste ein. Er riss weder vor noch nach dem Mehl-Mülhens-Rennen große Bäume auf der Rennbahn aus und erlebte im Weidenpescher Park seinen einzigen Gruppe-Erfolg. Der damals in Godolphin-Besitz stehende Hengst hatte nach der Kölner Sternstunde noch viele Möglichkeiten, sich auf der Rennbahn auszuzeichnen. Er startete noch als Neunjähriger bei den Winterrennen in den Vereinigten Arabischen Emiraten, allerdings nicht auf der damaligen Top-Bahn Nad Al Sheba, sondern auf der Jebel Ali Rennbahn. Zu diesem Zeitpunkt war er bereits durch viele Hände gegangen, unterschiedliche Trainer hatten ihr Glück mit dem am Ende seiner Dreijährigen-Kampagne von Godolphin verkauften Hengst versucht. Unter seinen 25 dokumentierten Starts auf arabischen Rennbahnen lässt sich genau ein Sieg in Jebel Ali finden.

Zwei Jahre nach Pacino steigerte ein weiterer Zafonic-Sohn die Negativbilanz von britischen Mehl-Mülhens-Siegern nochmals. Dupont, ein Schützling von William Haggas, kam zwar wie einige Jahre zuvor Air Express als bereits mit Gruppe-Meriten dekorierter Sieger des italienischen Pendants in den Weidenpescher Park und konnte auch dort leicht gewinnen, doch gelang ihm danach so gut wie gar nichts mehr. Elf Starts absolvierte er nach Köln ohne Sieg, bis seine Rennkariere zweieinhalb Jahre nach den beiden klassischen Meilentreffern auf der südafrikanischen Rennbahn in Durban mit einem 11. Platz in einem Handicap endete. Dupont hatte nach einer verkorksten Vierjährigen-Kampagne, bei der ihm eine einzige Platzierung in einem Gruppe III-Rennen in Köln gelungen war, den Weg nach Südafrika gefunden, doch auch bei seinen drei Starts als Fünfjähriger in Südafrika war ein 4. Platz auf Handicapebene die beste Ausbeute. Eigentlich ist dies nicht die Bilanz eines Heroen der Rennbahn und prädestiniert nicht unbedingt für eine Deckhengst-Karriere, dennoch fand Dupont 2005 seinen Platz auf dem Normandy Stud im südfrikanischen Ashton, rund 150km östlich von Kapstadt. Und an der dieser Stelle nimmt die vermeintliche „Looser“-Geschichte eine erstaunliche Wendung, denn seine Gestütskarriere verläuft besser als gedacht. In der laufenden Saison weist die Statistik aktuell 26 Siege für seine Nachkommen, von denen 52 auf der Bahn aktiv waren, mit einem Preisgeldvolumen von rd. 207.000 Euro aus. Mit Gruppe-Siegern wie den beiden Sprinter Magico und Depardieu sowie der Stute Lady Magpie auf der Meile mischte er auch in besseren Prüfungen mit, so dass er weiterhin im Deckhengsteinsatz bleibt. Für 2012 wurde seine Decktaxe auf (umgerechnet) bescheidene 500 Euro festgesetzt.

Brunel mit Darryll Holland gewinnt das Mehl-Mülhens Rennen 2004. www.galoppfoto.deBrunel mit Darryll Holland gewinnt das Mehl-Mülhens Rennen 2004. www.galoppfoto.de

Im Vergleich zu Dupont kann man den zweiten Haggas-Schützling in der Rolle des Mehl-Mülhens-Siegers, dem 2004 als Favorit zum Zuge gekommenen Brunel, schon geradezu als Rennbahn-Crack bezeichnen. Dem Marju-Sohn gelangen zwar im Jahr des Kölner Erfolgs auch keine weiteren Siege bei seinen Versuchen auf höchster Ebene, doch vierjährig lief es für ihn in etwas leichteren Aufgaben wieder weit besser. Jeweils ein zweiter Platz in einem heimischen Gruppe II- und Gruppe III-Rennen zu Saisonbeginn konnte er im Saisonverlauf noch durch einen Gruppe III-Sieg in Longchamp und einen hochdotierten Triumph in der Türkei steigern. Bei seinem Erfolg in der Topkapi-Trophy in Istanbul saß zum ersten und einzigen Mal Andreas Suborics im Sattel und sicherte Brunel den knappen Sieg vor dem Deutschen Trybuhl-Schützling Lazio. Nach seinem Türkei-Sieg wurde der Hengst verkauft und in der anschließenden Wintersaison unter der Obhut von Ismael Mohammed beim Dubai Racing Carnival eingesetzt. Bei drei Starts zu Beginn des Jahres 2006 war ein zweiter Platz auf Handicapebene die beste Ausbeute für den mittlerweile 5jährigen Brunel. In den Datenbanken findet sich zwei Jahre später noch ein letzter erfolgloser Handicapstart des Hengstes auf der Rennbahn Nad al Sheba. Zu diesem Zeitpunkt zeichnete jedoch Erwan Sharpy für ihn verantwortlich, die Umstände, die zur zweijährigen Pause und dem Trainerwechsel führten, bleiben im Dunkeln. Der aus Frankreich stammende Dubai-Veteran Sharpy beließ es beim einmaligen Comeback-Versuch, so dass diese Karriere eines Mehl-Mühlhens-Siegers wenig rühmlich in Dubai endete.

Noch nicht einmal beendet ist dagegen die Rennbahnkarriere des 2006er Mehl-Mülhens-Siegers Royal Power. Der Xaar-Sohn sorgte damals für den ersten klassischen Treffer seines Trainers Mick Channon. Channon versuchte bei weiteren Starts in schweren Prüfungen, an diesen Erfolg anzuknüpfen, doch gelang dies nicht. Auch beim Dubai Racing Carnival im Winter nach dem Kölner Sieg lief nichts, so dass der 4jährige Royal Power nach erfolglosen Versuchen auf Gruppe III- und Listenebene gegen Ende der Saison ebenso erfolglos auf Handicapebene startete. Damit war die Geduld des Besitzers Jaber Abdullah erschöpft, der Hengst wurde verkauft und lief als Fünfjähriger für David Nicholls. In dieser Saison verzeichnete er seinen einzigen Erfolg bei sieben Versuchen in einem kleinen Altersgewichtsrennen auf der Sandbahn. Eine sich anschließende weitere Winterkampagne in Dubai blieb ebenso ohne zählbare Ausbeute wie etliche Starts als Sechsjähriger auf englischen, schottischen und irischen Rennbahnen. Auch die Sonne an der Riviera hatte keinen leistungsfördernden Effekt, drei Starts beim Wintermeeting in Cagnes-sur-mer im Winter 2010 brachten nichts ein. Nach zwei weiteren Fehlschlägen auf mittlerer Handicapebene in England verließ Royal Power endgültig das Mutterland des Turfs und begann als Siebenjähriger einen neuen Karriereabschnitt in Norwegen. Von Jens Erik Lindstol für den Stall Bjerkheim trainiert hat der einstige Mehl-Mülhens-Sieger mittlerweile 16 Starts in Skandinavien absolviert. Meist läuft er auf seinen Heimatbahn in Ovrevoll bei Oslo, doch gab es auch schon Ausflüge mit ihm nach Schweden. Zwei Siege im Sommer 2010 gelangen dem gealterten Hengst dabei noch, einer in Göteborg und einer Ovrevoll. Am Tag des Erscheinens ist er bei den Abendrennen in Overvoll erneut mit von der Partie. Vielleicht gibt es beim 17. Versuch in Skandinavien, dem mittlerweile 59. Start des Neunjährigen in seiner Laufbahn, erneut Grund zum Jubeln, doch steht Royal Power diesmal in der klaren Außenseiterrolle.

Frozen Power mit Frankie Dettori gewinnen das Jubiläumsrennen 2010. www.galoppfoto.de - Marius SchwarzFrozen Power mit Frankie Dettori gewinnen das Jubiläumsrennen 2010. www.galoppfoto.de - Marius Schwarz

Ein weiterer Vollblüter mit „Power“ - zumindest im Namen - trug sich 2010 in die Siegerliste des Mehl-Mülhens-Rennens ein. Vier Jahre nach Royal Power war es der in Godolphin-Besitz stehende Frozen Power, der hier den ersten klassischen Triumph für seinen aufstrebenden Trainer Mahmood Al Zarooni perfekt machte. Doch auch bei ihm war nach Köln der Erfolgsfaden komplett abgerissen. Bei weiteren sieben Starts in aller Herren Länder – der Oasis Dream-Sohn lief in Frankreich, der Türkei, ein weiteres Mal in Deutschland und versuchte sich auch mehrfach beim Dubai Racing Carnival – endete er nicht ein einziges Mal unter den ersten Vier. Seine Rennbahnlaufbahn endete im letzten August in einem Gruppe III-Rennen im südenglischen Salisbury, wo er abgehängt als Letzter durch’s Ziel ging. Im Winter bezog er dennoch eine Deckhengst-Box im irischen Ballyhane Stud, wo er seine Dienste als Deckhengst für 4.500 Euro anbietet.

In welcher Straße der aktuelle Mehl-Mülhens-Sieger Caspar Netscher einmal landen wird, ist noch völlig offen. Ob er nach ruhmreicher Karriere einmal als einflussreicher Deckhengst enden wird oder über Jahre hinweg auf den Rennbahnen dieser Welt in immer leichteren Prüfungen dennoch der Konkurrenz hinterherlaufen muss, wird die Zukunft zeigen. Turf Times wird seinen weiteren Weg verfolgen und darüber berichten.       

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