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Countdown zum Festival

Das Team um Aucunrisque mit Jockey Nick Scholfield. Foto: courtesy by Newbury racecourse/David Hartley

Autor: 

Catrin Nack

TurfTimes: 

Ausgabe 756 vom Freitag, 17.02.2023

Das Cheltenham Festival rückt näher. Wurde an dieser Stelle schon einmal erwähnt, dass es Dreh- und Angelpunkt der gesamten Saison ist? Mitte der Woche waren es gerade einmal vier Wochen, bis sich auf der Rennbahn im Prestbury Park die Tore öffnen werden. Die Auftritte der Spitzenpferde werden somit sparsamer. Über 20 Jahre nachdem Henrietta Knight für den äußerst gezielten Einsatz ihres Stars, dem dreifachen Cheltenham Gold Cup Sieger Best Mate, von der Presse regelrecht gekreuzigt wurde, haben alle Trainer erkannt, dass Leistungen auf höchstem Level sorgfältiger Planung bedürfen. Somit war es nicht das größte Wochenende im Sport, aber einige sehr interessante Ergebnisse.

Die Rennbahn von Newbury, im Süden Englands rund eine Stunde westlich von London gelegen, bietet Graded-Action unter beiden Codes. Eine Bahn mit einem guten Namen, eigentlich. Privat geführt, ist sie in den vergangenen Jahren in finanzielle Schieflage geraten; zuletzt wurden die geringen Preisgelder von diversen Trainern scharf kritisiert, gar zu einer Art Boykott aufgerufen. Der Renntag um die Betfair Hurdle ist ein Traditionstermin, zwei bedeutende Gr.II-Rennen bieten einen zünftigen Rahmen. Nicht wenige Experten hatten im Vorfeld vermutet, dass es die Festspiele des Paul Nicholls, der in beinahe jedem Rennen den heißen Favoriten stellte, werden würden, doch der Champion-Trainer sollte diesen Tag aus anderen Gründen wohl so schnell nicht vergessen.

Es ist in England nicht ungewöhnlich, dass große Handicap-Rennen eine deutlich höhere Dotierung als Gruppe-Rennen ausweisen, so auch hier. Einer Siegprämie von rund 87.000 Pfund in der Betfair Hurdle standen knapp 40.000 Pfund in den beiden Graded-Rennen gegenüber. Nicht eben stark besetzt waren alle Rennen zudem. Die Betfair Hurdle (Handicap-Gr. III, ca. 3300m) ist trotz des schnöden Titels ein Rennen mit interessanter Geschichte; unter verschiedenen Namen (u.a. „The Schweppes“) wurde es einstmals gar als Aufgalopp für die Champion Hurdle genutzt. Die Zeiten sind vorbei; die jüngste Austragung war wenig verdächtig, versteckte Gr.I-Sieger in den Reihen zu haben.

Doch wird dies Trainer Chris Gordon und vor allem Jockey Nick Schofield, der seinen ersten großen Erfolg nach langer Verletzungspause feierte, wenig gestört haben. Zudem ist ihr Sieger Aucunrisque (No Risk at All) als Novice solide Gr.II-Klasse gewesen, hatte sich einstmals gar gegen einen gewissen Jonbon auf höchster Ebene versucht. Die beiden Jagdrennen des Tages, die Denman Chase (Gr.II, ca. 4800m) und die Game Spirit Chase (Gr.II, ca. 3300m) sind Traditionsprüfungen des Sports, auch wenn die Denman Chase, einstmals unter dem Namen AON Chase bekannt und zu Ehren des Kult-Chasers Denman umbenannt, erst 23 Jahre alt ist. Keiner Trainer hat in diesem Rennen mehr Sieger gesattelt als eben Nicholls, 10 an der Zahl. Als drittes Rennen der Karte gelaufen, hatte Nicholls zu diesem Zeitpunkt schon zwei seiner Favoriten verlieren sehen; nun folgte mit Hitman die nächste Schlappe. Nicht, dass Platz zwei in einer Graded -Prüfung per se eine Schlappe ist, aber welcher Top-Trainer freut sich schon über Platzierungen?

Deutlicher Sieger wurde der von Altmeister Philip Hobbs trainierte Zanza, ein Sohn des Schlenderhaners Arcadio. Verblüffend leicht löste sich der als 16-1 Chance gestartete Wallach vom Feld, sein erster Erfolg auf Graded-Level und sein fünfter Sieg (bei insgesamt sieben) auf der Rennbahn von Newbury. Punktlandung zudem für Hobbs, dessen 3000.Sieger als Trainer dies war. Es spricht für die absolute Qualität von Hobbs, wenn man seine letzten Jahre als „ruhiger“ empfunden hat, trotz Gr.1 Erfolgen von Pferden wie Thyme Hill oder Defi Du Seuil. Sein Name wird natürlich für immer mit dem wunderbaren Rooster Booster verbunden sein, auch trainierte Hobbs den legendären Flagship Uberalles zumindest einige Jahre lang.

Die Game Spirit Chase ist gewöhnlich ein Aufgalopp für die Queen Mother Champion Chase in Cheltenham. Der Renntitel weist auf die deutlich längere Geschichte des Rennens hin, Game Spirit ein erfolgreiches Hindernispferd der Queen Mum in den 50er Jahren. Tatsächlich wird das Rennen seit 1953 ausgetragen. In der Siegerliste einige ikonische Namen der Champion Chase Szene, man denke Waterloo Boy, Viking Flagship, Flagship Uberalles, Ask Tom, Celibate, Azertyuiop oder Altior. Der von Venetia Williams trainierte Funambule Silvola, ebenfalls ein Sohn eines deutsches Hengstes, Noroit, trug sich zum zweiten Mal in die Siegerliste ein. „Ich muss ihn gezielt einsetzten, da er einmal einen Sehnenschaden hatte, aber er ist das schnellste Pferd, das ich je trainiert habe“ bekannte Williams nach dem Rennen sinngemäß. Der Favorit Greaneteen konnte in dem Vier-Pferde-Feld nur enttäuschender Dritter werden. Tatsächlich stellte Nicholls am Ende des Renntages nicht einen einzigen Sieger in Newbury.

Auch die nicht eben große Rennbahn von Warwick machte am Wochenende von sich reden, letztendlich lag dies jedoch nur an einem Pferd. Nachdem durch die Abmeldung der heißen Favoriten Love Envoi das Listen-Rennen für Stuten viel von seiner Anziehung eingebüßt hatte, überstrahlte der Name von Jonbon den Renntag, und eigentlich den gesamten Tag. Als Bruder des großen Douvan hat der Walk in the Park -Sohn durchaus mehr zu bieten als das. Acht Siege bei neun Starts – seine verblüffend deutliche Niederlage im März 22 gegen einen gewissen Consitution Hill war schlußendlich trotzdem sehr solide Form – sind ein Formspiegel, der ihn zu mehr macht als nur dem „kleinen Bruder“. Leider wagte sich lediglich der Ex-Fährhofer Calico (Soldier Hollow – Casanga) als Gegner aus dem Stall, nachdem wegen des schnellen Bodens zwei weitere Starter abgemeldet worden waren. Jonbon hatte als 1-16 (!) – Favorit zwar wenig Mühe und gewann mit rund sechs Längen letztendlich sicher, der absolute „Wow-Faktor“ fehlte aber doch. Trainer Nicky Henderson versprach, dass wir in Cheltenham einen andern Jonbon sehen werden.

Gleichsam als Nachtrag zwei Sieger vom Sonntag. Im südenglischen Exeter, der Heimatbahn von Paul Nicholls, stellte Nicky Henderson mit Luccia (The Gurkha aus einer Hurricane Run-Mutter) eine in nun vier Rennen ungeschlagene Stute vor, die ein Listen-Rennen auch gegen Wallache nicht überlegener hätte sein können. Im geschlagenen Feld u.a. der von Paul Nicholls trainierte Lallygag, ein vom Stall 5-Stars gezogener It´s Gino -Sohn aus der Waky Nao-Tochter Laviola.

Im irischen Navan stand mit der Boyne Hurdle (Gr.II, ca. 4200m) eine Vorprüfung der Stayers´ Hurdle an. Ein Rennen, welches gerade Gordon Elliott aber zum Fine-tuning seiner Jagdpferde benutzt; dies das Rennen, welches der zweifache Grand National-Sieger Tiger Roll nicht nur regelmäßig auf dem Weg nach Aintree bestritt, sondern einmal sensationell auch gewinnen konnte. In diesem Zusammenhang musste man die Teilnahme der einstigen Gold Cup-Hoffnung Delta Work, inzwischen wie Tiger Roll ein Cross-Country- Starter, sehen. Der aktuelle Sieger des Rennens, der von Charles Byrnes trainierte Blazing Khal, kam aus einer langen Pause und beeindruckte nicht wenig. Sein nicht unumstrittener Trainer, der zuletzt eine Strafe wg. „ernsthafter Vernachlässigung“ seiner Schützlinge erhalten hatte, hat hier nicht nur einen Coup gelandet, sondern erneut ein ernsthaft gutes Pferd an der Hand. Auch er wird die Wochen bis Cheltenham zählen. 

Catrin Nack

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