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Constitution Hill cantert in Newcastle

Constitution Hill ist in Newcastle eine Klasse für sich. Foto: courtesy by Tattersalls Ireland

Autor: 

Catrin Nack

TurfTimes: 

Ausgabe 747 vom Freitag, 02.12.2022

Es war nicht der Tag, der den Unterschied machte, sondern die Woche. Ascots Verlust (Turf- Times berichtete in der letzten Woche ausführlich) war Newcastles Gewinn, die Rennbahn erlebte Spitzensport und großen Besucherandrang. Nachdem Trainer Nicky Henderson seinen Nachwuchs-Star der letzten Saison, Constitution Hill, am vorletzten Samstag durchaus kontrovers abgemeldet hatte, trat der fünf Jahre alte Blue Bresil-Sohn am vergangenen Wochenende die weite Reise nach Newcastle an. Immer wieder hatte Henderson, ein Meister, wenn es um Champion Hurdler geht, die Fighting Fifth Hurdle (Gr.I, 3200m) als ersten Aufgalopp für eben seine schnellen Hürden-„Kurzstreckler“ genommen. Mit jeweils acht Siegen ist er tatsächlich Rekord-Trainer nicht nur für Newcastles Top-Prüfung, sondern auch für die Champion Hurdle selber.

Schon vor dem Rennen am Samstag eilte dem erst wenig geprüften, in regulären Rennen (ohne die in England so beliebten Point-to-Point-Rennen) ungeschlagenen Wallach ein Ruf wie ein Donnerhall voraus; zu beeindruckend war sein 22-Längen-Erfolg in der Supreme Novices´ Hurdle (Gr.I, ca. 3300m) im März. Newcastle rief, und alle kamen: „Die Zuschauer standen in Zehnerreihen am Führring“ wurde ein Sprecher der Rennbahn zitiert; richtig so. Es sollen und müssen die Top-Vierbeiner sein, die die Menschen auf die Rennbahn locken. Und Constitution Hill enttäuschte nicht – im Gegenteil. Er gewann nicht nur, er canterte ein Feld sehr guter Pferde förmlich ab; die Zweitplatziere Epatante, ebenfalls bei Henderson im Training und Siegerin des Rennens in den Jahren 2020 (in diesem Jahr gewann sie auch die Champion Hurdle) und 2021 (im toten Rennen mit dem diesmal Drittplatzierten Not so Sleepy) kam zwölf Längen zurück ins Ziel.

Es war zudem die Manier, mit der der Wallach durchs Rennen glitt, seine atemberaubenden Sätze, die lässige, schnelle, mühlelose Art, über die Hürden gleichsam zu wischen. „Bei den guten Hürdenpferden hat man das Gefühl, dass sie den Boden gar nicht verlassen“ wurde Jockey Nico de Boinville sinngemäß zitiert, und so sah es aus. Das Aufeinandertreffen mit einer gewissen Honeysuckle ist eines der am sehnsüchtigsten erwarteten Rennen des Cheltenham Festivals 2023; über Epatante gerechnet, müsste Constitution Hill mit rund sieben Längen gewinnen. Sicher – A schlägt B, C schlägt B und damit schlägt C auch A ist erst einmal nur Theorie, aber auch den größten Honeysuckle-Fans (und die in 16 Starts ungeschlagene Stute hat viele viele Freunde) musste es bei der Leistung angst und bange werden. Nach nur vier Starts scheinen die von der britischen Fachpresse umgehend eingeleiteten Umfragen, ob Constitution Hill das beste Hürdenpferd aller Zeiten sei, etwas verfrüht; dennoch hätte er am Samstag nicht beeindruckender gewinnen können.

Ebenfalls nach Newcastle reiste der Venetia Williams trainierte, amtierende Brown Advisory Chase (Gr.I, ca. 4900m) Sieger L´Homme Presse; auch er war vor zwei Wochen wegen des trockenen Bodens in Ascot zum Nichtstarter erklärt worden. Wie immer rechnen Trainer vom März (Cheltenham! aus rückwärts und sind bemüht, ihre Schützlinge beim Festival mit genau der „richtigen“ Startfolge ins jeweilige Rennen zu schicken. L`Homme Presse passte allerdings nur in ein Handicap, ganze 13 Kilo mehr schulterte der fast 8j. Wallach mehr als seine Gegner und zu einem bemerkenswerten Sieg. Eine Leistung, die ihn momentan als zweiten Favoriten für den Cheltenham Gold Cup sieht.

Newbury liegt im Süden der Insel, rund eine Stunde westlich von London. Das zweitägige Coral-Meeting um das Rennen, das einmal Hennessy Cognac Gold Cup hieß, hatte auch seine Highlights zu bieten. Allen voran das Finish der Coral Long Distance Hurdle (Gr.2, 4827m). Nomen est omen ist das Rennen eine Vorprüfung für Cheltenhams Stayers´ Hurdle. Das diesjährige Finish der Long Distance Hurdle, in deren Siegesliste das Who is who der Staying Hurdler zu finden ist, war ein frühes Highlight der gesamten Saison. Nichts liebt das fachkundige englische Publikum mehr, als wenn sich „alte“ Kämpfer zu absoluten Höchstleistungen aufraffen. Oder Publikumslieblinge, die den Zenit schon scheinen überschritten zu haben, die Fans eines Besseren belehren. Mit einem Hals-Rückstand unterlag der zehn Jahre alte Paisley Park (Emma Lavelle, Aidan Coleman), einstmals als neuer Big Buck´s gefeiert, dann aber u.a. von Herzproblemen geplagt, seinem ewigen Gegner Champ (Nicky Henderson, Jonjo O`Neill jun.); doch es war der Ton, der die Musik machte und die Zuschauer von den Sitzen riss. Von weit hinten kommend und optisch eigentlich chancenlos, konnte Coleman seinem Partner in der Zielgerade entscheidende Reserven entlocken, nur kam die Linie eben zu früh. Oder genau richtig, wenn man im Team „Champ“ war; wie Jockeylegende AP McCoy, nach dem der ebenfalls 10j. King´s Theatre-Sohn benannt ist. „Wenn dieses Rennen kein Lächeln in das Gesicht eines Hindernis-Fans zaubert, kann es kein Rennen“ dichtete die Racing Post.

Der Coral Gold Cup, wie erwähnt ehemals „the Hennessy“, ist ein Premier Handicap über ca. 5225 Meter, eine echte Steherdistanz. Neun Pferden gelang das Doppel mit dem Cheltenham Gold Cup, zuletzt Native River im Jahr 2018. Solche Kaliber fehlen in der Startaufstellung seit geraumer Zeit, die jüngste Austragung schien ein Schritt in die richtige Richtung. Das Höchstgewicht war im März immerhin in einer Gr.I Prüfung – wenn auch nicht im Gold Cup – gelaufen. Nach dem Sieg von Protektorat in Haydock war es jedoch erneut Team Skelton, die mit einem „Saturday-horse“ im Mittelpunkt standen. Le Milos, ein Shirocco-Sohn und erst seit kurzem im Stall der Brüder zu Hause, konnte sich am Ende knapp gegen Remastered und Gericault Roque (beide von David Pipe trainiert) durchsetzen. Es bliebt abzuwarten, ob dies echte Gruppe-Form ist; Le Milos hat eine Nennung für das Welsh Grand National Ende Dezember. 

Catrin Nack

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