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Cheltenham: Der Countdown läuft

Autor: 

Catrin Nack

TurfTimes: 

Ausgabe 408 vom Donnerstag, 10.03.2016

Mit dem heutigen Freitag kann man an einer Hand abzählen, wie oft man bis zum Beginn der diesjährigen Cheltenham Festival noch schlafen muss. Am Dienstag, den 15. März werden sich um 13:30 Ortszeit die Startbänder (und der „Cheltenham Roar“) über dem Prestbury Park erheben, und rund zwanzig Pferd werden der ersten Hürde in der Supreme Novice Hurdle entgegen stürmen.

Sieben Rennen werden nun pro Tag ausgetragen, ein neues Hürdenrennen für junge Stuten (ausgetragen als vorletztes Rennen am dritten Tag des Festivals) hinzu gefügt, neue Renntitel haben sich nicht nur über den Streitigkeiten des Rennsports mit den Buchmachern ergeben. Michael O´Learys Fluggesellschaft Ryanair ist nun für zwei Hauptrennen verantwortlich, neben der „hauseigenen“ Ryanair Chase hat man auch die World Hurdle (die ehemalige Stayers Hurdle) unter die Fittiche genommen. Auch der Gold Cup kommt deshalb mit einem neuen Namenszusatz daher; Timico, eine Internet-Firma um Pferdebesitzer Tim Radford, hat hier den Buchmacher Betfred abgelöst, der unter der neuen Regeln kein „Authorised Betting Partner“ ist (dafür aber ja (pikanterweise) Inhaber des Tote). Radford , dessen grüne Farben mit roten Sternen vor allem durch den alten Haudegen Somersby, der seit 2009 kein Festival ausließ und damit heuer zum achten Mal in einem Graded-Rennen an den Start kommen wird, bekannt sind, hat für „sein“ Rennen zwar kein Pferd genannt, aber unter der Woche einige Eisen im Feuer.

Gerade der bereits erwähnte Somersby, für den Mick Channon als Trainer zeichnet, wäre ein überaus populärer Sieger. Unweigerlich erinnert man sich da an den großen Kämpfer Youmzain, der sich im Prix de l´ Arc d´Triomphe drei Mal auf den Ehrenplatz raufte; beim Training seiner Hindernispferde bekommt Channon aber Schützenhilfe von Henrietta Knight, die selber nach dem Tod ihres Mannes, Ex-Jockey-Legende Terry Biddlecombe, ihre Lizenz nicht mehr erneuert hatte.

Ein zwar eher unwahrscheinlicher Sieg wäre natürlich der erste Cheltenham-Sieger für Channon, er wäre damit aber nicht der erste „Flach“-Trainer, dem dies in neuerer Zeit gelänge; neben Trainern wie Dermot Weld und David Elsworth, die immer wieder unter beiden Codes trainieren und trainiert haben, stehen z.B. auch ein Sir Michael Stoute (Kribensis) und ein James Fanshaw (Royal Gait) in der Siegerliste der Champion Hurdle, ganz zu schweigen natürlich von Aidan O´Brien, dessen Erfolge mit Istabraq natürlich Cheltenham – Folklore sind und dessen Interesse am Hindernissport wieder etwas entfacht wurde; trotz einer zuletzt eher schwachen Leistung steht „sein“ Ivanovich Gorbatov (wie einstmals Istabraq im Besitz von J.P. McManus) nach wie vor an der Spitze des Wettmarks für die Triumph Hurdle am kommenden Freitag.

Aber nicht nur O´Brien sorgt für einen irischen Einschlag, vielmehr sind die Iren nun schon seit Jahren, wenn nicht gar Jahrzehnten im Prestbury Park eine Macht für sich, vorbei die Zeiten, in denen irische Trainer armen Verwandten gleich mit einer Handvoll meist chancenloser Pferde über die irische See kamen. Der „Celtic Tiger“ hat auf der grünen Insel auch vor einem Aufschwung im Rennsport nicht halt gemacht, kein Trainer hat davon in einem solchen Maße profitiert wie Willie Mullins, der bereits im Jahr 1994 seinen ersten großen Sieger sattelte, für den dann aber Jahrzehntelang Siege in Cheltenham durchaus harte Arbeit waren.

Es war ein langsamer und steter Aufstieg an die Spitze – Nostalgiker des Sports erinnern sich an frühe Größen wie Florida Pearl, Micko´s Dream, Alexander Banquet oder Adamant Approach – heutzutage geht es nicht darum, ob Mullins einen Cheltenham – Sieger stellt, sondern nur noch, wie viele, so erdrückend ist die Anzahl der Talente aus seinem Stall. Sein Kurs, Champion-Trainer zu werden, beträgt unwettbare 1-14 (was grob gerundet 10:10 bedeutet). Kaum ein Rennen, für das nicht einer seiner Schützlinge an prominenter Stellung, wenn nicht gar an der Spitze, des Wettmarktes steht; und es ist nur ein kleines Indiz für die schier unglaubliche Stärke seines Stalls, dass er nach dem Ausfall von zwei Favoriten mit der nun erwartungsgemäß nachgenannten Annie Power immer noch die Nummer Eins im Wettmarkt der Champion Hurdle im Stall hat.

Der absolute Banker aus seinem Stall soll dem Vernehmen nach Limini im bereits erwähnten neuen Novice - Hürdenrennen für Stuten sein; auch die gewaltige Vroum Vroum Mag solle in der alt-eingesessenen „Quevega“ Mares´ Hurdle nur sehr schwer zu schlagen sein. Je Rennen besonders würde es den Rahmen des Artikels sprengen, auf die Chancen aller seiner Starter einzugehen, Min (verm. Supreme Novice Hurdle ) , Douvan (Arkle Chase), Yorkhill (Neptune), Un de Sceaux (Champion Chase) sind neben den genannten Namen heiße Favoriten, während Black Hercules, Long Dog, Gangster und Don Poli (um nur einige Namen zu nennen, und ohne Anspruch auf Vollständigkeit) mit rund 12-1, 8-1 bzw. 6-1 mit einer vergleichsweise „langen“ Quoten locken.

Aber nicht nur Willie Mullins bringt seine Streitmacht gen England, auch Gordon Elliot kommt mit seinem bisher stärksten Team (vor allen natürlich der deutsch gezogene Don Cossack, No More Heroes (RSA Chase) , Cause of Causes (Kim Muir) und Tombstone) , während Trainer Henry de Bromhead aus einem vergleichswiese kleinen Team seine Hoffnungen vor allem in Identity Chief (Champion Hurdle) , Supasundae (Supreme Novice) und Special Tiara setzt.

Mit all den genannten Pferden würde es nun schon eine Vielzahl irischer Siege geben, nur gut, dass die Pferde allzu häufig das Skript nicht lesen und es sowieso immer anders kommt, als man denkt. Gut auch, dass neben den großen Quartieren der Herren Mullins, Henderson, King und Nicholls auch immer wieder sog. „kleine“ Trainer ihr Glück versuchen. Der vielleicht unbekannteste Name mag dabei Sandy Thompson sein, dessen Seeyouatmidnight im Moment fünfter Favorit für die RSA Chase ist und damit auch eine der größten Hoffnungen des Nordens Englands, genauer gesagt Schottlands. Auch junge Trainer wie Ben Pauling, dessen Barters Hill zwar kein „gutes Ding“, aber eine ungemein große Hoffnung ist, Dan Skelton, Harry Fry oder Harry Whittington hoffen auf ihren jeweils ersten Festival Sieger.

Deutsche Elemente sind im Hindernissport nicht selten, beim diesjährigen Festival auch hier und da vertreten. Don Cossack, natürlich, und The Giant Bolster, dem vom Gestüt Fährhof gezogenen Black Sam Bellamy-Sohn, der wie der bereits erwähnte Somersby seit Jahren eine feste Größe beim Festival ist; Trainer David Bridgewater hat trotz Doppelnennung erneut den Gold Cup im Visier. Protek des Flos hat trotz seines Vaters Protektor ein französisches Suffix, während Shirocco natürlich vor allem mit Annie Power vertreten ist, als beinahe schon etablierter NH-Beschäler aber zumindest mit diversen Nennungen vertreten ist; auch Samum hat mit der vom Gestüt Karlshof gezogenen Whiteout ein Pferd am Start.

Und nicht zu vergessen ein Zweibeiner, der seinem ersten Einsatz beim Cheltenham-Festival mit großer Spannung entgegen sieht: Michael Berger, der sich nach verschiedenen Stationen als Arbeitsreiter und Futtermeister in Deutschland mit einem „Arbeits-Winter“ bei Nicky Henderson einen langgehegten Traum erfüllte. Morgendliche Ritte auf Bobs Worth waren gut, ein Pflegepferd in Form von Top Notch, nach all den Ausfällen nun ein durchaus chancenreicher Champion Hurdle Teilnehmer, aber noch besser; der Wallach steht an rund fünfter Stelle im Wettmarkt, WeiterTräumen ist also erlaubt!

Kein Traum mehr, sondern nunmehr eine Tatsache ist auch die Cheltenham-Teilnahme von Victoria Pendleton. Die zweifache Olympia-Siegerin im Radrennen bestätigte Anfang dieser Woche ihre Teilnahme in der Foxhunters´ Chase, dem „Gold Cup“ für Amateure. Da das Rennen 40 Minuten nach dem Timico Cheltenham Gold Cup am kommenden Freitag ausgetragen wird, können wir es in der nächsten Ausgabe der Turf-Times zusammen mit den ersten Ergebnissen näher beleuchten - wie auch den Gold Cup selber.

Catrin Nack

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