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Champion's Day in Ascot - die sechste Auflage

Autor: 

Catrin Nack

TurfTimes: 

Ausgabe 440 vom Donnerstag, 20.10.2016

Im Jahr 2011 wurde der British Champions Day in seiner heutigen Form zum ersten Mal auf der Rennbahn von Ascot ausgetragen. Vorausgegangen war eine der größten Umstrukturierungen des englischen Rennkalenders überhaupt; Traditionsrennen wurden um Wochen vor- oder rückverlegt und Rennen entwurzelt, um einen Renntag der „Superlative“ auf der Insel zu kreieren. Das Timing war perfekt, gerade zierte ein Rennpferd namens Frankel den grünen Rasen, für den seine Fans sicher auch in den entferntesten Winkel des Vereinigten Königreiches gereist wären. Zwei Jahre in Folge enttäuschte der Hengst die Zuschauer zu Ascot nicht,  dreijährig gewann er die British Champions Mile, besser bekannt unter dem Namen Queen Elizabeth II Stakes; und sein allerletzer Rennbahnauftritt dann standesgemäß in den Champion Stakes, der 14. und letzte Sieg einer perfekten Karriere als Krönung eines außergewöhnlichen Trainerlebens  -  man hätte kein besseres Skript schreiben können.

Seitdem schwächelte der Tag ein wenig vor sich hin. Auch wenn die Champion Stakes seit über 100 Jahren Mitte Oktober, und damit seit den 1920igern eben auch 14 Tage nach dem Prix de l´Arc de Triomphe gelaufen werden (eine Tatsache, die den englischen Veranstaltern mehr und mehr ein Dorn im Auge ist), so waren Wind und Wetter für einen Tag, der den Höhepunkt des Rennjahres darstellen sollen, nicht eben gern gesehene Gäste.

Mit rasant fortschreitender Internationalsierung  war es das Eine, EIN Rennen windschnittig zwischen Arc und Breeders´ Cup zu platzieren, und noch einmal etwas anders, einen ganzen Renntag als Spielball zwischen zwei etablierten Mega-Events zu sehen, die zudem wesentlich mehr Preisgeld ausschütten (können). Great British Racing muss sich schon seit Jahren mehr auf Traditionen denn monetäre Vorteile verlassen, und wenn auch die jüngste Austragung des  Champions Day „the richest ever“ war, so hängt man mit einer Gesamtdotierung des Tages von 4 Millionen Pfund doch meilenweit hinter alleine dem Arc zurück, dessen Dotierung – nur für dieses Rennen  -  in 2016 bei rund 5 Millionen Euro lag. Und doch: Ascot rief und viele kamen, es wurde, wie die „Racing Post“ stolz verkündete, „The Best Yet“;  ein Tag im Takt der schnellen Pferde, sechs Rennen  in rasanter Folge, blink and you miss it. Steher – Sprinter – Stuten – Meiler – Champion (Mitteldistanz) Stakes und ein enorm hochdotiertes Handicap waren die kurze und knackige Karte des Tages,  und zum ersten Mal stimmte die Qualität der Rennen in vollem Umfang; eher könnte man die Tatsache der quantitativ doch sehr überschaubaren Programms bemängeln, bereits um 16.20 Uhr wurde das letzte Rennen ausgetragen. Aber wie gesagt, lieber Klasse statt Masse, und die bekam man ganz sicher geboten.

Traditionell beginnt der Champions Day – nach der Eröffnungszeremonie-  mit der Ehrung des Champion Jockeys und des Champion-Nachwuchsreiters, in diesem Jahr waren dies Jim Crowley und Josephine Gordon. Hier ließen sich die Veranstalter nicht lumpen und gewannen den frisch gebackenen Olympiasieger Nick Skelton zum Übergeben der Trophäen, wie überhaupt der Rennsport gerne einen Schulterschluss mit erfolgreichen Sportlern anderer – auch Nicht-hippologischer- Disziplinen demonstriert und somit seine Stellung nicht nur in der Pferdewelt, sondern im Sport allgemein weiter stärkt. Neben diversen erfolgreichen Paraolympioniken war im Übrigen auch ein Vollblüter vor Ort, der nach seiner Rennlaufbahn (bei Mick Channon) als Vielseitigkeitspferd bei den Olympischen Spielen in Brasilien (für Brasilien) an den Start gekommen war.

Extra angereist war auch der Sieger der ersten „Ascot Champion Stakes“, Cirrus des Aigles höchstpersönlich, natürlich begleitet von seiner damaligen Trainerin Corrine Barande-Barbe sowie seinem Ex-Jockey und Neu-Besitzer Christophe Soumillon.  Auftritte alter vierbeiniger Stars sind in England so selten nicht, und immer ein wahrer Publikumsmagnet; nichts liebt das fachkundige britische Publikum so sehr, als Champions vergangener Tage im Herbst ihres Lebens noch einmal zu zujubeln.

Doch auch die Stars von heute bildeten einen formidablen Club: Im Long Distance Cup kamen neben dem amtierenden Ascot Gold Cup Sieger Order of St. George u.a. eine Leger-Siegerin, Simple Verse (die im Vorjahr das Stuten-Rennen der Champions-Karte gewann), der frisch gekürte Prix de Cadran- und Lonsdale Cup-Sieger Quest for More und mit Sheikhzayedroad der aktuelle Doncaster Cup Sieger an den Ablauf. Der heißer Favorit Order of St. George, 13 Tage zuvor noch exzellenter Dritter im Arc hinter Found, sah beim Satteln bestechend und wie der sicherer Sieger aus, allein, er kam schweißgebadet aus dem Führring und schien somit doch anzudeuten, dass ihm das schwere Rennen aus Chantilly noch in den Knochen stecke (auch wenn er dort, so muss man fairerweise anmerken, auch vor dem Rennen stark schwitzte). In einem langsam gelaufenen Rennen konnte der Galileo-Sohn unter Ryan Moore seine Klasse nie entfalten und lief schließlich nicht einmal in die Platzierung.

Moore, der an diesem Tag in jedem Rennen auf einem (Mit-) Favoriten saß, musste auch imnächsten Rennen das Geschehen von hinten betrachten, der mit-favorisierte Twilight Son fand auf dem eher weichen Boden nie ins Rennen und wurde enttäuschender Drittletzter. Noch hinter ihm blieb mit Mecca's Angel ein weiteres gemeintes Pferd, eine der Top-Sprinterinnen der Insel, zweifache Nunthorpe-Siegerin und insgesamt 10fache Siegerin, die nun im letzten Rennen ihrer Karriere zum ersten Mal überhaupt in einem Top-Sprint über 1200m (statt 1000m) an den Start kam; der Versuch sollte nicht belohnt werden. Im Besitz eines wahrhaft „kleinen Besitzers“, der die Stute seinerzeit für 16.000gns im Tattersalls Book 2 zusammen mit Trainer Michael Dods erworben hatte (sie ist inzwischen eine rechte  Schwester von Markaz, des Ja- und Nein-Siegers der diesjährigen Goldenen Peitsche), hat sich die Schimmelstute zu einer fünffachen Gruppe-Siegerin gemausert; bereits freihändig an bisher ungenannte Kunden als Zuchtstute verkauft, wird sie im nächsten Jahr von Galileo gedeckt. Für David Metcalfe, der nie mehr als zwei Pferde im Training hat und selbst einmal Jockey war, war sie das Pferd seines Lebens, ein Superstar, den er wöchentlich besuchte und der sein Leben in den letzten vier Jahren bestimmte. „Ich werde nie wieder eine wie sie finden, aber wir werden es versuchen“ vertraute er uns schon in Chantilly an; gerade hatte er einen Jährlingshengst von Poet´s Voice erworben.

Auch im Stuten-Rennen, den Champions Fillies &Mares Stakes, sollte es für Ryan Moore auf der Favoritin Seventh Heaven erneut überhaupt nicht nach Plan laufen. Hände voll endete die die Galileo-Tochter, die in York noch keine Geringere als Found bezwungen hatte und seitdem geschont worden war, nur auf Platz fünf, nachdem Moore mit schlechtem Startplatz versucht hatte, sich an der Innenseite einen Weg zu bahnen, dies misslang gründlich. Die Stute sollte diese schlechte Platzierung schnell geraderücken. Die Siegerin Journey hatte sich im letzten Jahr nur Simple Verse geschlagen geben müssen, die sich ja nun gegen die Steher versucht hatte, so war in diesem Jahr der Weg frei zu einem vollen Erfolg. Sieger(innen) mit Frankie Dettori im Sattel werden natürlich auf jeden Rennbahn besonders gerne gesehen, der Italiener ist ein Garant für gute Stimmung.

In den Queen Elizabeth II Stakes trafen –und das ist sicher nicht alltäglich – die aktuellen Sieger aller vier englischen und irischen Guineas aufeinander: Minding, Galileo Gold, Jet Setting und Awtaad, mit insgesamt 13 Startern kam auch ein ungewöhnlich großes Feld zusammen. Der Sieg von Minding, an anderer Stelle ausführlich beschrieben, war nun endlich der erste Treffer für Team O´Brien/Moore; der 21. Gruppe 1- Erfolg des Trainers im laufenden Jahr, der den Rekord von Bobby Frankel (25) durchaus vor Augen hat. Zwei Rennen waren ihm an diesem Tag ja bereits „durch die Lappen“ gegangen, nur wird Samstag (22.10.) erst einmal in der Racing Post Trophy in Doncaster angegriffen.

Minding war die erste Stute seit der von Sir Michael Stoute trainierten Milligram im Jahr 1987, die sich in die Siegerliste des Rennens eintragen konnte.  Ihr Trainer hofft, dass sie auch vierjährig im Training bleiben darf, dies entscheiden im Team Ballydoyle/Coolmore  ja die von O´Brien so vielzitierten „lads“ (John Magnier, Michael Tabor, Derrick Smith mit wechselnden Stimmanteilen).

Dass Christophe Soumillon nicht nur gekommen war, um seinem alten Kumpel Cirrus des Aigles die Hufe zu halten, stellte er in den Champion Stakes eindrucksvoll klar. Sein Partner Almanzor ist einer der Stars der aktuellen Saison, nun seit fünf Rennen ungeschlagen, und zum zweiten Mal Bezwinger der wunderbaren, eisenharten Arc-Siegerin Found. Nach den Irischen Champion Stakes Mitte September hatte sein Trainer Jean Claude Rouget die englischen Version des Rennens als nächstes Ziel des Wootton Bassett-Sohnes ausgeben und sich auch durch den späten Ausfall seiner Arc-Starterin La Cressonniere nicht von diesem Plan abbringen lassen; eine Tatsache, die englische Journalisten gar nicht genug betonen konnten. Es war der 21. Gruppe Erfolg in 2016 für Rouget -sein zweiter in diesem Rennen nach Literato im Jahr 2007-;  seit Jahrzehnten natürlich einer der Top-Trainer Frankreichs, hat er ein solches Jahr auch noch nie erlebt.

Soumillon, nach kontroversen Jubel-Gesten und Peitschen-Strafen nicht gerade ein Liebling des englischen Publikums, leistete auch hier ganze Arbeit: seine beiden kleinen Kinder auf dem Geläuf erwärmten in ihrer ganzen strahlenden Freude für den Papa die Herzen,  Soumillon selber referierte in bestem Englisch über den Sieg seines Pferdes und seinen Platz zwischen den Großen, die er das Glück hatte reiten zu dürfen:  „Wenn er im nächsten Jahr den Arc gewinnt, sage ich vielleicht, dass er der Beste ist, den ich je geritten habe.“  Ein letztes Wort zu Found: dies war ihr neunter Start des Jahres, ihr siebter in einem Gruppe 1-Rennen. Zwei Siege mögen auf den ersten schnellen Blick ernüchternd klingen, doch diese eisenharte Stute belegte in sechs der sieben Rennen den Ehrenplatz, außer natürlich im Arc, den sie gewann; sie muss wirklich aus einem ganz besonderen Holz geschnitzt sein und steht nach wie vor für den Breeders´ Cup unter Order.

 

Catrin Nack

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