Drucken Redaktion Startseite

Champions Day

Autor: 

Catrin Nack

TurfTimes: 

Ausgabe 591 vom Freitag, 25.10.2019

Zum 9. Mal öffnete die Rennbahn von Ascot am vergangenen Wochenende ihre (goldverzierten) Tore für den British Champions Day. Englands „richest raceday“ umfasst sechs Rennen, fünf Gruppe-Rennen und ein Handicap. Rund vier Millionen Pfund werden an dem Katar-gesponsorten Renntag verteilt; was Preisgelder angeht, hat England international den Anschluss natürlich auch verloren. Nicht aber, was Prestige und Traditionen angeht; auch wenn  hier der Champions Day kein wirklich gutes Beispiel ist. Im Jahr 2011 wurde er nachgerade „zusammengewürfelt“: Newmarket wurden die altehrwürdigen Champion Stakes (wo sie 1877(!) erstmals ausgetragen wurden), die Pride Stakes sowie der Jockey Club Cup entrissen; die Queen Elizabeth II Stakes und Diadem Stakes zeitlich verlegt.

Mit neuen Namen bilden die Rennen nun Teile der Champion Series, die eben am Champions Day in den verschiedenen Kategorien (Sprint/Steher/Stuten etc.) ihren krönenden Abschluss findet.  Ein Gegenstück zum Breeder´s Cup und Arc-Tag soll es sein; Renntage, die den britischen Offiziellen ein Dorn im Auge sind.  Ob dies gelungen ist, darüber scheiden sich die Geister. Immer wieder kämpft die Rennbahn von Ascot an dem recht späten Datum mit widrigen Bodenverhältnissen – in diesem Jahr mussten einige der Rennen auf der inneren Hindernisbahn gelaufen werden, da der sog. „Round Course“ teilweise zu nass war.

Die zeitlich knappe Lage zu den oben genannten Renntagen hält seit Jahren – eigentlich seit der ersten Austragung, die seinerzeit ein gewissen Frankel geradezu im Alleingang zu einem Publikumserfolg machte – internationale vierbeinige Stars fern. Auch in diesem Jahr waren fehlten diverse große Namen; schlussendlich fanden die Rennen aus britischer Sicht aber durchaus versöhnliche Ergebnisse. Unbestritten auch, dass Ascot weiß, wie man einen Top-Renntag abhält. Gerade für die günstigste, die Queen Anne Enclosure (Englands Rennbahn haben eine strikte Trennung von Bereichen, die sich nicht unerheblich auf den Eintrittspreis niederschlagen) hatte man Scharen an Freikarten verteilt. Hier tobte das Leben; nach den Rennen gab es ein Livekonzert. Zur Ehrung der amtierenden Champion-Jockeys – in diesem Jahr mit Oisin Murphy und Cieren Fallon als Champion Nachwuchs-Reiter zwei Jockeys mit irischen Wurzeln – wurden bunte Schals als Andenken in die Menge geworden; so schafft man Stimmung. Sogar die Königin war vor Ort; jenseits von „Royal Ascot“, wo ihre Ankunft tagtäglich ein Publikumsmagnet ist, kann sie diesen Renntag quasi „inkognito“ genießen. Zusammen mit rund 30.000 Zuschauern sah sie hochklassige Rennen und spannende Endkämpfe.

Vierbeiniger Star des Tages war unbestritten die eisenharte Magical aus dem Quartier von Aidan O’Brien. Beim neunten Jahresstart, dem siebten auf Gruppe1-Ebene, war ihre Erzrivalin Enable nicht mit von der Partie; bei bisher fünf Aufeinandertreffen hatte sie, Magical, ein jedes Mal den Kürzeren gezogen. Nur 13 Tage nach einem sicherlich harten Rennen im Prix de l´Arc de Triomphe ließ sich Magical diese goldene Gelegenheit nicht nehmen und kämpfte sich in den Champion Stakes (Gr1, 2000m) sicher nach Hause. Bereits im Führring hatte die vierjährige Galileo-Tochter jegliche Zweifel bezüglich harter Rennen ausgeräumt, zufrieden vor sich hin-schnaufend ihre Runden gedreht. „Sie ist ein Pferd, welches zu keiner Aufgabe „nein“ sagt. Sie sagt zu allem „ja“. Mental ist sie einfach immer bereit und niemals böse. Sie ist einzigartig. Sie gibt immer alles und ist wirklich eine unglaubliche Stute", so ihr Trainer Aidan O’Brien nach dem Rennen. Magical gelang somit das Champion Stakes-Doppel, hatte sie doch im September das irische Pendant gewonnen. Sie ist seit Indian Skimmer und Triptych, zwei absolut legendären Rennstuten, denen die Doppel-Siege in den Jahren 1987 und 1988 gelangen, die erste Stute, die beide Rennen in einer Saison gewinnen konnte.

Ein Sieg am Champions Day ist etwas ganz Besonders, und man muss schon zur Elite seiner Zunft gehören, an solch einem Tag einen zweiten Sieger stellen zu können. In dieser Liga spielt O’Brien ohne Zweifel. Bereits im zweiten Rennen des Tages, dem Long Distance Cup (Gr.2, 3200m) hatte sein Kew Gardens, „selbstredend“ ebenfalls ein Sohn von Fabel-Vererber Galileo, die schier endlose Siegesserie von John Gosdens Stradivarius beendet, wenn auch mit „Nase“ mehr als knapp.  Ein echter Schock für die britischen Rennbahnbesucher, Stradivarius war die Zugnummer des Tages, hatte in den letzten beiden Jahren einen mit einer Million Pfund dotierten Sonderbonus in einer Serie von Steher-Rennen abgesahnt und war zeitweilig sogar für den Prix de l`Arc de Triomphe im Gespräch gewesen. Seit 10 Rennen hatte der Sea the Stars-Sohn keine Gegner mehr vor sich dulden müssen.  Dettori und Trainer John Gosden machten den weichen Boden für die Niederlage verantwortlich. Beide Hengste bleiben im Training, erfreuliche Aussichten für die Steherrennen in 2020.

Sowohl Magical als auch Kew Gardens wurden von Trainer-Sohn Donnacha geritten; nachdem Joseph den ewigen Kampf gegen die Waage vor einigen Jahren endgültig aufgeben hatte, ist mit dem jüngsten Sprössling der O’Briens mehr als adäquater Ersatz im Sattel. Sogar Mutter Annemarie fand sich zu einem ihrer zunehmend raren Rennbahnbesuche ein; die beiden Schwestern sind fester Bestandteil jedes Siegerfotos und weiterer Teil dieser so bemerkenswerten Rennsport-Familie.

Die anderen drei Gruppe-Rennen gingen an (unterschiedliche) britische Trainer, und Jockeys. Sorgen der Buchmacher,  dass ein gewisser Frankie Dettori auf seiner Lieblingsbahn, auf der der Kult um seine Person mit seinen „magnificent seven“ (Dettori gewann 1996 alle sieben Rennen einer hochklassigen Karte, u.a. im Übrigen die Queen Elizabeth II Stakes) einstmals begonnen hatte, konnte der Jockey nicht „erfüllen“. Im einleitenden Sprint hatte Dettori auf Martyn Meade´s Favoriten Advertise (es gewann Andrew Baldings Donjuan Triumphant als 33-1 Außenseiter) ebenso das Nachsehen wie auf dem bereits erwähnten Stradivarius.

Donjuan Triumphant war der erste Gruppe1-Sieger für Besitzer King Power Racing, deren Eigner, ein thailändischer Geschäftsmann mit schier unaussprechlichem Namen, auch den englischen Fußball-Club Leicester City besaß und im Oktober 2018 bei einem tragischen Hubschrauberabsturz ums Leben kam.  Für Donjuan Triumphant war es beim 37. Start der erste Erfolg auf Gruppe-Ebene, ganz zu schweigen von einem Gruppe Eins-Rennen.  Auch in den QEII, nunmehr als „Champion Mile“ gelaufen, hatten John Gosden und Dettori das Nachsehen, mit Richard Hannons King of Change gewann erneut ein Außenseiter.

Doch der Renngott hatte ein Einsehen: Im Fillies & Mares (Gr.1, knappe 2400m) reichte es für seinen Ritt Star Catcher (Trainer: John Gosden), in den Farben von Golden Horn-Besitzer Anthony Oppenheimer. Es war der dritte Gruppe1-Erfolg der Stute, die in den Irish Oaks zudem klassisches Lorbeer gewonnen hatte; bei sechs Starts in diesem Jahr siegte die Sea The Stars-Tochter aus einer seltenen Horse Chestnut (SAF)-Mutter in fünf Rennen und ist ein weiteres Beispiel für das unnachahmliche Händchen ihres Trainers für das vermeidlich schwache Geschlecht. Vor allem aber war es der insgesamt 250.Gruppe1-Erfolg Dettoris, sein 18. auf dieser Ebene in diesem Jahr. „Ich wusste, dass ich vor dem Arc bei 249 [Gruppe1] Siegen stand, und hatte gehofft, dass es Enable sein würde", bekannte Dettori nach dem Rennen. Dettori, erstmal Champion-Jockey, als Oisin Murphy gerade seinen ersten Geburtstag gefeiert hatte, ist ohne Frage der Jockey „unserer“ Generation. Sein Talent, seine Langlebigkeit, sein Enthusiasmus legendär; ans Aufhören denkt er dem Vernehmen nach noch lange nicht, „ich habe viele Kinder und das Schulgeld ist teuer."

Verwandte Artikel:

Block: Adsense 728 x 90
Google AdSense 728x90