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Champions & Co.

Zum 13. Mal Champion: Paul Nicholls. www.galoppfoto.de - JJ Clark

Autor: 

Catrin Nack

TurfTimes: 

Ausgabe 716 vom Freitag, 29.04.2022

Während der englische Hindernissport seine Champions am vergangenen Wochenende in Sandown offiziell kürte, bietet das fünftägige Punchestown-Festival noch einmal Gelegenheiten für irische Aktive, die Bilanz aufzubessern. 

Über das englische Jockey-Championat hatten wir bereits in der letzten Ausgabe der Turf-Times berichtet – Brian Hughes gewann den Titel zum zweiten Mal, wurde wegen Corona nun erstmals vor großem Publikum geehrte. Kurz vor Ende der Saison hatte er als erst vierter Jockey überhaupt seinen 200. Sieger innerhalb einer Saison geritten, 204 wurden es insgesamt, bei 956 Ritten. Nicht von ungefähr lobten Mitstreiter seine überragende Arbeitsmoral und unermüdlichen Einsatz.

Keine Überraschung gab es beim Titel des Champion-Trainers: zum insgesamt 13. Mal wurde Paul Nicholls gekürt, seit kurzem junge 60 Jahre alt. Nicholls nutze den letzten Renntag der Saison 21-22, um in Sandown fünf Siege einzufahren, davon in den ersten drei Rennen einen Hattrick sowie die sportlich hochwertigsten Rennen. Der von ihm trainierte Greaneteen wiederholte seinen Vorjahreserfolg in der Celebration Chase (Gr.1, ca. 3200m), als er dem großen Altior bei dessen letzten Lebensstart bezwungen hatte. Solche Stolpersteine waren in der aktuellen Austragung der rund 20 Jahre alten Prüfung nicht in Sicht, da war der 12-Längen-Erfolg unter Stalljockey Harry Cobden, der vier der fünf Tagessieger ritt, standesgemäß.

Auch die beiden Gr.2-Rennen der Karte gingen nach Ditcheat, der aus dem Stall von Harry Whittington zu Nicholls gewechselte Saint Calvados, immer ein Pferd mit viel Talent, konnte endlich den ersten Sieg fürs neue Team einfahren;  da wollte auch  McFabulous in der Gr.2 Select Hurdle nicht zurückstehen. Ganze 13 (!) Starter liefen in den drei Hauptrennen; es wird „eng“, wenn die Iren wegbleiben. Nicht, dass Nicholls sich beschwert haben wird. Insgesamt 2,964 Millionen Pfund galoppierten seine Schützlinge in der vergangenen Saison ein, und mit mehr als 500.000 Pfund vor seinem nächsten Verfolger Nicky Henderson behielt er deutlich die Oberhand. Zum Vergleich: Willie Mullins´ Stall gewann alleine beim jüngsten Cheltenham Festival 1,7 Millionen Pfund, und hat (Stand 27.04.) im eigenen Land bislang 5,1 Millionen Euro eingaloppiert.

Was England sein Cheltenham, ist Punchestown für Irland. Mit Unterschieden: Keine irische Rennbahn, auch nicht der kürzlich aufwendig renovierte Curragh, kann es mit den Anlagen englischer Rennbahnen aufnehmen; und steigen die Zuschauerzahlen in Irland auch seit einiger Zeit (Corona natürlich ausgenommen) kontinuierlich, so können auch diese „mit Weile“ nicht mit englischen Verhältnissen mithalten. Wo Cheltenham vom Zweikampf England-Irland lebt, traut sich kaum ein englischer Trainer in die sprichwörtliche Höhle des Löwen.

Eines bleibt somit gleich und wurde erneut überdeutlich: Die Stars des Sports kommen mit überwältigender Mehrheit aus irischen Ställen, und niemand kann „that man“ Willie Mullins das Wasser reichen. Da halfen auch vier Siege für Gordon Elliott am Dienstag, Tag Eins des Meetings, wenig. Mit dem 20-1 Außenseiter Mighty Potter konnte sein Cullentra Stall auch eines der drei Gr.1 -Rennen für sich entscheiden, auch der Sieg im Land Rover Bumper wird Balsam für Elliotts geschundene Seele gewesen sein, doch die eigentlichen Hauptrennen, die Gr.1 Champion Chase (ca. 3200m) und die ebenfalls zur höchsten Kategorie zählende Dooley Insurance Group Novice Champion Chase (ca. 4900m) gingen nach Closutton, dem Stall von Willie Mullins. 

In der Champion Chase sah man eine Wachablösung in der Hierarchie der irischen Zwei-Meiler. Die kühle Präzision, mit der Stalljockey Paul Townend den 8jährigen, amtierenden englischen Champion Chaser Energumene zum Sieg über den 10jährigen Publikums- und Stallliebling Chacun Pour Soi („Ich hatte noch niemals so einen sanften Zwei-Meiler in meiner Obhut. Alle lieben ihn.“ vertraute uns sein Arbeitsreiter in Cheltenham an) steuerte, war sehenswert und großer Sport. In der Novice Champion Chase nahm Mullins´ Capodanno (Manduro) den Skalp von niemand Geringerem als u.a. Bob Olinger, dessen so glücklicher Sieg in Cheltenham (sein Gegner Galopin des Champs kam in Führung liegend am letzten Sprung zu Fall, hat seitdem im irischen Fairyhouse überlegen gewonnen) ganz offenbar trotzdem Spuren hinterlassen hat. In diesem Rennen auch der erste der wenigen englischen Starter, die sich über die Irische See getraut hatten: Der von Alex Hales trainierte Millers Bank, in Aintree immerhin Gr.1 Sieger vor dem vom Gestüt Etzean gezogenen War Lord, wurde Letzter.

Am zweiten Meetingtag kam der Mullins-Zug (der Stall hatte in den ersten zwei Meetingtagen sagenhafte 45 Starter) dann so richtig ins Rollen: alle drei Gr.1-Rennen des Tages gingen in einem lupenreinen Hattrick an sein Quartier. So der Ladbrokes Punchestown Gold Cup, in dem Mullins fünf der neun Starter sattelte. Allen voran den in Cheveley Park Stud -Farben laufenden Allaho. Bisher vor allem über 2 und 2.5 Meilen unterwegs, war der No Risk At All -Sohn nur in jungen Jahren auf Steherdistanzen (um 3 Meilen = ca. 4800+) unterwegs und zuletzt u.a. zweifacher Ryanair-Sieger in Cheltenham, über besagte 2.5 Meilen (ca. 4100m). Die Vorstellung, mit der Allaho am Mittwoch ein wirklich hochklassiges Feld, das u.a. den von Paul Nicholls entsandten zweifachen King George Chase Sieger (und Vorjahressieger dieser Prüfung) Clan des Obeaux enthielt, war nicht nur eine Sternstunde des Punchestown Festivals, es war eine Sternstunde des Sports.

Unerbittlich und gnadenlos bestimmte Stalljockey Paul Townend von der Spitze aus das Geschehen. Und wenn am Ende auch – auf offiziell gut-weicher (gewässerter) Bahn - nur eine sehr moderate Zeit heraussprang, strichen nach und nach alle Kandidaten die Segel. 14 Längen Vorsprung waren es im Ziel – „Ich war die ganze Zeit im höchsten Gang, und er canterte nur“ erklärte ein fassungsloser Harry Cobden, Stalljockey von Paul Nicholls. „Er [Allaho] ist eine Maschine, und unser Pferd ist ein super Rennen gelaufen.“  Trainersohn Patrick Mullins, der auf Facile Vega, einem Sohn der großen Quevega, den Gr.1 Bumper des Tages gewonnen hatte, erklärte zudem: “ […] und über kürzere Wege, wenn er noch aggressiver gehen kann, ist er noch besser.“ Der wohl deutlichste Hinweis, dass man in Cheltenham 2023 dem Stall- (aber nicht Trainings-) Gefährten (und amtierenden Cheltenham Gold Cup Sieger) A Plus Tard nicht in die Quere kommen möchte. Zuvor hatte der Mullins-Stall mit The Nice Guy, in den gelb-schwarz-weißen Traditionsfarben von Malcom Denmark, die Gr.1 Irish Mirror Novice Hurdle (ca. 4800m) gewonnen. Der 7j. Fame and Glory Sohn ist erst wenig geprüft, bei bisher fünf Starts ungeschlagen. Für Denmark, dessen erste große Erfolge mit Monsignor über 25 Jahre zurückliegen, eine Rückkehr in die Riege der Erfolgsbesitzer.

Zwei Gr.1-Rennen standen am Donnerstag auf dem Programm, in beiden Fällen war einmal mehr das Team Mullins/Townend erfolgreich. Die Siegprämie von 162.250 Euro in der Champions Stayers Hurdle holte sich nach 4700 Metern der Vorjahressieger Klassical Dream, der Ashdale Bob und Gentlemansgame hinter sich ließ. Er war als klarer Favorit an den Start gekommen, auch wenn er zuvor in Cheltenham in der dortigen Stayers Hurdle nur Fünfter geworden war. Dort hatte er auch den populären Paisley Park vor sich dulden müssen, der über die Irische See aus dem Stall von Emma Lavelle gekommene Wallach war diesmal Fünfter.

Gleich drei der sechs Starter in der Barberstown Castle Novice Chase über 3200 Meter kamen aus dem Mullins-Stall, doch musste der Favorit Blue Lord kämpfen, um den 20:1-Außenseiter Coeur Sublime unter Rachael Blackmore auf Platz zwei zu verweisen. Es war der erste Sieg des in Frankreich gezogenen sechs Jahre alten Wallachs auf dieser Ebene.

Catrin Nack

 

 

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