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Beste Nachwuchsreiterin Sabrina Wandt: "Man muss sich durchkämpfen"

Sabrina Wandt in Dortmund. Foto: Karina Strübbe

Autor: 

Karina Strübbe

TurfTimes: 

Ausgabe 203 vom Donnerstag, 23.02.2012

In der neuen Serie "Porträts" stellt Turf-Times in ausführlichen Geschichten und einem Fragebogen die "Top Ten 2011" bei den Jockeys und Trainern vor. Dabei geht es nicht immer chronologisch zu: Jubiläen, Karriere-Bilanzen und persönliche Zeitfenster bestimmen den Rhythmus mit. Bisher erschienen sind bei den Jockeys: Filip Minarik | Alexander Pietsch | Kirsten Schmitt | Jozef Bojko bei den Trainern: Andreas Wöhler | Sascha Smrcek. In dieser Folge beschäftigen wir uns mit der erfolgreichsten Nachwuchsreiterin, die es auch "ohne Kilos" in die Top Ten geschafft hat. 

von Karina Strübbe

Sabrina Wandt hat sich nach oben gekämpft, buchstäblich. In wenig mehr als zwei Jahren hat sie sich von einer Fünf Kilo-Erlaubnisreiterin zu den Top Ten der deutschen Jockeystatistik hochgearbeitet oder vielmehr hochgeritten. Neben Steffi Hofer ist Sabrina Wandt somit die zweite Frau, die sich in der zumindest auf den vorderen Plätzen männlich dominierten Berufsrennreiterstatistik festgesetzt hat. Dort vorn will Sabrina Wandt, die 2011 abgesehen von der sehr guten Platzierung in der Jockeystatistik noch das Championat der Nachwuchsreiter für sich entscheiden konnte, nach Möglichkeit auch bleiben. Zwar ist es, wie sie sagt, mit dem Wegfall der Erlaubnis im Sommer letzten Jahres etwas schwieriger geworden, denn die Trainer überlegten sich schon genau „ob man jetzt das Mädel oder den Jockey ohne Kilos nimmt. Da heißt es hart bleiben und weiter kämpfen, nicht nachgeben, sonst hat man verloren.“ Trotzdem ist sie zuversichtlich.

Überraschungssieg! Ganz außen gewinnt Tipsy Tangerine mit Sabrina Wandt das mit 52.000 Euro dotierte BBAG Auktionsrennen: www.galoppfoto.deÜberraschungssieg! Ganz außen gewinnt Tipsy Tangerine mit Sabrina Wandt das mit 52.000 Euro dotierte BBAG Auktionsrennen: www.galoppfoto.deMangelnde Zähigkeit kann man Sabrina Wandt ohnehin nicht vorwerfen. Sie reitet auf jeder Bahn, ob tief im Osten oder weit im Süden ist egal. Auch auf den belgischen und französischen Bahnen ist sie oft. Dass es sich auszahlt, selbst für einen Ritt mehrere hundert Kilometer auf sich zu nehmen, scheinen die Siegaussichten auch noch so gering zu sein, hat sich spätestens in der Großen Woche 2011 gezeigt. Mit  Moonlight Mile, die als 708:10 Außenseiterin ins Rennen gegangen war, gewann sie die  Birco Trophy, einen Ausgleich IV mit lockeren zwei Längen Vorsprung und verwies keinen Geringeren als den amtierenden Jockeychampion  Filip Minarik auf den zweiten Platz. Damit gerechnet hatte sie nicht: „Ich hatte nur den einen Ritt. Da denkt man, okay, fahre ich halt hin, mache das und dann gewinnt man. Da ist natürlich die Freude riesengroß und dann hat sich auch alles gelohnt.“

Größter Erfolg für Sabrina Wandt mit Primera Vista in Baden-Baden. www.galoppfoto.deGrößter Erfolg für Sabrina Wandt mit Primera Vista in Baden-Baden. www.galoppfoto.de

In Iffezheim konnte Sabrina Wandt ebenso im letzten Jahr auch ihren bisher größten Erfolg feiern. Dieser gelang ihr nur drei Tage nach dem Überraschungserfolg mit Moonlight Mile, als sie im Sattel von  Primera Vista das  Baden Racing Super Handicap (Ausgleich I) für sich entscheiden konnte. Übrigens war auch dies alles andere als ein Favoritensieg (251:10), es stand jedoch mit  Ideology ein anderes Pferd in der gleichen Besitzer-Trainer-Kombination an erster Stelle im Wettmarkt.

Sabrina Wandt und Paula Flierman, die Gewinnerinnen der Perlenkette 2011. Foto Karina StrübbeSabrina Wandt und Paula Flierman, die Gewinnerinnen der Perlenkette 2011. Foto Karina Strübbe„Ein Listen- oder Grupperennen wäre schon toll“, ist die Antwort auf die Frage, welches Rennen sie gern einmal gewinnen würde. Ein sicherlich nicht unrealistisches Ziel, das zu ihrem Realismus passt. Für den Erfolg tut Sabrina Wandt einiges, Urlaub steht erst einmal nicht auf dem Plan. Sie will den kompletten Winter durchreiten, eine Pause gibt es nicht. „Ich reite durch. Mal gucken, wenn es sich ergibt, dann mache ich vielleicht Ende des Jahres Urlaub.“ Vorerst aber stehen die Sandbahnrennen an, ist es im Winter schon etwas einfacher an gute Ritte zu kommen, wie sie sagt.

Jockey Sabrina Wandt mit ihren Eltern Marianne und Siegfried im Portrait. www.galoppfoto.deJockey Sabrina Wandt mit ihren Eltern Marianne und Siegfried im Portrait. www.galoppfoto.deZum Rennsport ist Sabrina Wandt zufällig gekommen. Ursprünglich wollte sie eine Ausbildung zur Pferdewirtin in der klassischen Reiterei machen, eine Annonce brachte sie in den Rennstall von  Christian Freiherr von der Recke und damit zum Galopprennsport. „Da dachte ich, klein und leicht bin ich, probiere ich das mal, habe dann ein Praktikum gemacht und eine Woche später die Zusage bekommen. Und nachdem ich dieses Praktikum gemacht hatte, wusste ich auch, dass ich etwas anderes gar nicht machen will.“ Dem Rennstall Recke ist sie auch nach dem Ende ihrer Ausbildung treu geblieben, sie reitet dort als Arbeitsreiterin. Die vielen Ritte, die sie dort am Stall bekommen hat, haben ihr geholfen, sich als Frau in einer Männerdomäne erfolgreich zu behaupten. Der Aussage, dass Frauen im Rennsattel nichts zu suchen hätten, begegnet sie daher mit Unverständnis: „Das ist völliger Quatsch. Es ist zwar eine Männerdomäne, aber man sieht es ja, wir Frauen sind auch erfolgreich. Wenn man Steffi Hofer und mich nimmt, wir waren beide unter den ersten Zehn. Sie ist immer gut mit dabei, sie gewinnt viele Rennen.  Katharina Werning war genau so , es gibt schon Frauen, die auch reiten können.“

 

 

Der Fragebogen mit Sabrina WandtSabrina Wandt im Porträt. www.galoppfoto.deSabrina Wandt im Porträt. www.galoppfoto.de

Geboren02.05.1991
Jockey seit:
seit dem Sieg in Deauville mit  Bergonzi (11.03.2011)
Stall:Arbeitsreiterin bei Christian Freiherr von der Recke
Ausbildung (zum/von wann bis wann/bei wem):
2008-2011 bei Christian Freiherr von der Recke
1. Sieg als Jockey:
03.10.2009 mit  Lord of the Dark
Was ist Ihr niedrigstes Reitgewicht und was müssen Sie dafür tun?„Jetzt im Winter sind das 52,5 Kilo, im Sommer versuche ich wieder 51 Kilo zu schaffen. Das hat Ende letzten Jahres nicht mehr geklappt, aber ich denke, das geht wieder. Dann muss ich aber schon was dafür tun und abnehmen.“
Größte Erfolge als Jockey:
„Das war in Baden-Baden der große Ausgleich I mit Primera Vista von  Mario Hofer.“
Was war Ihr bester Ritt?„Mit  De Rigeur von uns. Den habe ich debütiert und weiterhin auch geritten. Da wusste ich selber auch, wie er sich gesteigert hat und wie man den reiten musste. Das war immer gut.“
Gibt es einen Moment/einen Ritt, über den Sie sich sehr über sich selbst geärgert haben?„Das gibt es schon, wo man dann hinterher denkt: Was habe ich da gerade gemacht? Aber ein spezielles Rennen kann ich jetzt nicht nennen.“
Welche(s) ist/sind ihre besondere(n) reiterliche(n) Stärke(n)?
„Durchsetzungsvermögen habe ich schon. Ich habe sehr viel Ehrgeiz und vor allem auch Durchhaltevermögen. Ich gebe nicht auf, ich kämpfe immer weiter.“
Was war Ihr schönster Sieg?
„Der mit Lord of the Dark, weil es mein erster Ritt war. Ich habe auf ihm gewonnen und viel von ihm gelernt.“
Haben Sie damals auch das erste Mal auf  ihm gesessen?„Ja, ich kannte ihn nicht. Ich habe ihn im Rennen das erste Mal geritten und dann auch öfter, in fünf Rennen insgesamt habe ich ihn geritten.“
Welcher Sieg war 2011 der überraschendste für Sie, also einer, mit dem Sie vorab nicht gerechnet haben?
„Das war in Baden-Baden mit Moonlight Mile von  Katja Gernreich, der Riesenaußenseiter.“
In so ein Rennen geht man auch nicht unbedingt mit dem Gefühl rein, zu gewinnen, oder„Nein, überhaupt nicht. Ich hatte nur den einen Ritt. Da denkt man, okay, fahre ich halt hin, mache das und dann gewinnt man. Da ist natürlich die Freude riesengroß und dann hat sich auch alles gelohnt.“
Wie sind Sie an den Rennsport gekommen?„Das war Zufall. Ich wollte Pferdewirtin mit Schwerpunkt Dressur und (Training) und habe dann eine Annonce von drei Rennställen gesehen, unter anderem die von Christian von der Recke und nachdem ich dieses Praktikum gemacht hatte, wusste ich auch, dass ich etwas anderes gar nicht machen will."
Wer hat Sie im Rennsport gefördert?
„Das waren viele, das ganze Team hat geholfen und denen bin ich heute immer noch sehr dankbar. Mein Trainer selber hat mich natürlich auch sehr unterstützt, ich habe viele Ritte bekommen, von anderen aber auch.“
Haben Sie Vorbilder, von denen Sie sich die eine oder andere Sache abgucken?„Ja, es gibt schon so ein paar, die ich gut finde.  Adrie de Vries zum Beispiel reitet immer sehr gut oder Andrasch Starke. Das sind so die Wichtigsten.“
Geben die Ihnen auch Tipps?„Ja klar. Man unterhält sich schon mal. Und wenn einer sieht, dass man etwas falsch macht, dann sie das und erklären auch, warum, wieso, weshalb. Das ist immer sehr hilfreich.“
Sind die wirklich immer so nett?„Naja, zuerst meckern sie einen an, zum Beispiel Andrasch Starke ist sehr gut. Der schreit dich erst an und wenn er dann zwischendurch mal Zeit hat, kommt er noch einmal zu dir und erklärt das in aller Ruhe.“
Dann geht das ja.„Das ist super. Ist ja auch richtig, man muss ja auch mal Lack bekommen, ohne geht es nicht. Ich brauche das auch. Wenn man mir sagt, pass auf, da und da, das geht so nicht, das hilft mir dann auch weiter.“
Worin liegt für Sie der Reiz Ihres Berufes?„Es macht Riesenspaß die hohen Geschwindigkeiten zu reiten. Ich habe mein Hobby zum Beruf gemacht, was unheimlich viel Spaß macht, gerade auch die Arbeit mit den Pferden zusammen. Die Schnelligkeit, oder auch wenn man gemeinsam kämpft, um das Rennen zu gewinnen, darum der Stärkere zu sein.“
Welches ist das beste Pferd, das Sie geritten sind? Earlsalsa vielleicht im Listenrennen letztes Jahr. Der ist ein Pferd, das sich von Mal zu Mal immer mehr gesteigert hat. Der kam vom Ausgleich III-Sieg und war dann ja zum Schluss im Gruppe III-Rennen platziert. Den habe ich bei uns geritten und das ist schon ein gutes Pferd.“
Merkt man so etwas sofort, wenn man da drauf sitzt?„Ja, man merkt das schon im Training, wenn man da drauf sitzt, dass der besser geht. Gerade auch wenn man einen immer wieder reitet, merkt man dann irgendwann, der kommt so langsam mit und steigert sich. Das spürt man auf jeden Fall.“
Welches Pferd hätten Sie gern einmal geritten?
„Earlsalsa war einer, den ich immer gern geritten hätte. Aber den habe ich dann ja auch in Dresden reiten dürfen.“
Welche ist Ihre Lieblingsbahn und warum?„Bad Harzburg, Ghlin und Dresden, weil ich da viel gewinne und auch sonst mag.“
Auf welcher Bahn würden Sie gerne einmal einen Ritt haben?„Longchamp wäre schön.“
Was gefällt Ihnen gut am deutschen Rennsport?
„Ich mag die großen Bahnen sehr gern wie Baden-Baden. Da ist die Stimmung anders, die Bahn ist schön groß, es sind viele Leute da. Das macht schon mehr Spaß als wenn man auf einigen kleinen Bahnen reitet. In Saarbrücken ist aber zum Beispiel auch immer gute Stimmung, das macht echt Spaß, wenn man mehr Stimmung im Hintergrund hat.“
Was ist Ihr Lieblingsessen?„Puh, ich esse viel und gerne.“
Können Sie das denn überhaupt so oft?„Es kommt drauf an. Natürlich muss man ein Gericht, das man gerne ist, irgendwie fettärmer machen und in geringen Mengen essen. Man darf sich den Bauch nicht damit vollschlagen, dann geht das schon.“
Reiten Sie den ganzen Winter durch oder machen Sie noch Urlaub?„Nein, ich reite durch. Mal gucken, wenn es sich ergibt, dann mache ich vielleicht Ende des Jahres Urlaub, mal sehen.“
Wie sieht ein typischer Tag aus?
„Ich stehe morgens um Viertel nach fünf auf, bin um halb sechs am Stall, miste sechs Boxen, reite zwei Lots, dann haben wir Frühstückspause. Danach reite ich wieder vier Lots, dann wird die restliche Stallarbeit erledigt. Dreimal in der Woche habe ich nachmittags frei, gefüttert wird dann noch zwischen vier und sechs Uhr.“
Haben Sie nicht pferdische Hobbys?„Ich fahre gern Einrad oder Inliner, ansonsten noch Spinning.“
Haben Sie einen Aberglauben?„Ja, schon. Wenn ich ein Rennen gewinne, ziehe ich beim nächsten Rennen genau dasselbe wieder an.“
Welches Rennen würden sie gern mal gewinnen?„Ein Listen- oder Grupperennen wäre schon toll.“
Was sind Ihre Ziele/Wünsche für 2012?„Weiter gesund bleiben und erfolgreich reiten.“
Haben Sie ein Lieblingspferd?„De Rigeur, weil ich den trainiert und bis jetzt immer selbst geritten habe. Er kämpft immer und hat sich stetig weiterentwickelt, ich habe ihn von Anfang an geritten, war mit ihm im Wiener Derby Zweiter, wo er trotz der großen Behinderung auch immer weiter gekämpft hat.“
Welche Bedeutung hat denn überhaupt so ein Ehrentitel wie das Championat für Sie?„Das ist natürlich schon was Besonderes, die Erste von den Nachwuchsreitern zu sein und dass sich das Kämpfen das ganze Jahr über gelohnt hat.“
Wie motiviert man sich für Ihren Beruf, wenn man im Februar bei 1 Grad und eisigem Regen in der Morgenarbeit reiten muss?
„Naja, man guckt schon aus dem Fenster und denkt, es könnte ruhig aufhören zu regnen, aber man hat ja Regensachen. Es gibt kein schlechtes Wetter, es gibt nur schlechte Kleidung.“
Hat man es schwerer als Frau?„Ich denke ja, auf jeden Fall. Ich sage mal, wir Frauen können vielleicht leichter reiten, was die Männer nicht können. Aber in der Regel haben sie mehr Kraft im Endkampf, was wir natürlich nicht haben. Da müssen wir versuchen, so stark wie möglich zu reiten und das mit Taktik hinzubekommen. Es ist schon schwieriger“
Was sagen Sie zu der Aussage, dass Frauen im Rennsport nichts zu suchen haben?„Das ist völliger Quatsch. Es ist zwar eine Männerdomäne, aber man sieht es ja, wir Frauen sind auch erfolgreich. Wenn man Steffi Hofer und mich nimmt, wir waren beide unter den ersten Zehn. Sie ist immer gut mit dabei, sie gewinnt viele Rennen. Katharina Werning war genau so , es gibt schon Frauen, die auch reiten können.“
Sie haben seit dem Sommer keine Erlaubnis mehr. Ist es jetzt deutlich schwerer für Sie?„Zu Anfang hat es sich schon bemerkbar gemacht, jetzt geht es wieder. Aber es ist schon schwieriger. Da ist immer die Frage, ob man jetzt das Mädel oder den Jockey ohne Kilos nimmt. Da heißt es hart bleiben und weiter kämpfen, nicht nachgeben, sonst hat man verloren.“
Ist es im Winter einfacher an gute Ritte zu kommen?„Hm, ja, eigentlich schon, es sind natürlich weniger Jockeys da, einige gehen ins Ausland, andere machen Pause, das ist schon etwas einfacher:“

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