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Das besondere Double: Derby und Großer Preis von Baden

Kamsin holt sich dem Großen Preis von Baden mit Johan Victoire im Sattel. www.galoppfoto.de

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Turf aktuell

TurfTimes: 

Ausgabe 583 vom Freitag, 30.08.2019

Der 147. Große Preis von Baden sieht am Sonntag wie in nahezu jedem Jahr ein illustres zehnköpfiges Feld am Start. Mit den beiden Briten Communique (Joe Fanning) und Ghaiyyath (William Buick) sind auch wieder ausländische Gäste im Höhepunkt der Großen Woche vertreten und könnten für einen weiteren Gästesieg sorgen, doch die einheimischen Vertreter sind keinesfalls chancenlos. Besonderes Augenmerk richtet sich im achtköpfigen deutschen Aufgebot auf Gestüt Ittlingens Laccario, der als amtierender Derby-Sieger erstmals seit seinem Erfolg in Hamburg wieder ein Rennen bestreitet und dem die Favoritenbürde von den Buchmachern auferlegt wurde. Derby-Sieger im Aufgebot des Großen Preises von Baden sind keine Seltenheit, schließlich geht es in beiden hochdotierten deutschen Steherprüfungen auf Gruppe I Parkett über dieselbe Distanz. Da auch der zeitliche Abstand von zwei Monaten eine genügend lange Erholungspause nach dem Derby ermöglicht, ist der Große Preis von Baden für den Derby-Sieger oft ein Ziel in der Dreijährigenkampagne. Wie Laccario sich dabei aus der Affäre ziehen wird, das wird der Sonntagnachmittag zeigen. Wie sich seine Vorgänger in der langen Geschichte beider Rennen geschlagen haben, das beleuchten wir im Folgenden.

Der Große Preis von Baden existiert seit 1858 und ist damit elf Jahre älter als das Deutsche Derby. In den Anfangsjahren konnte sich somit kein Derby-Sieger in die Annalen des Großen Preises eintragen, erst ab 1869 gab es die theoretische Möglichkeit dafür. Es dauerte jedoch bis zum Jahr 1930, bis erstmals mit Gestüt Schlenderhans Alba ein Derby-Sieger auch im Großen Preis von Baden triumphierte. Derby-Platzierte waren dagegen schon wesentlich früher in Iffezheim erfolgreich. Schon im Jahr 1870 sorgte mit Graf Renards Hochstapler der Derby-Dritte für einen Paukenschlag im selben Jahr in Iffezheim. Auch Tallos, der Derby-Zweite des Jahres 1877, die Stute La Gondola, Derby-Zweite in 1881, und Bulgar, Derby-Dritter des Jahres 1887, sind in der Siegerliste des Großen Preises von Baden zu finden.

In der Zeit direkt vor Albas erstem Doppelerfolg aus Derby und Großem Preis von Baden hatte sich dieses Ereignis geradezu angekündigt. Zwei Jahre vor Alba schaffte Lupus, der Derby-Sieger des Jahres 1928, in Iffezheim einen 3. Rang. Ein Jahr später blieb dem aus Erlenhofer Zucht stammenden Derby-Sieger Graf Isolani der Erfolg in Iffezheim nur knapp verwehrt, er musste sich mit Rang 2 hinter dem unvergessenen Oleander, neben Kincsem der einzige Dreifachsieger im Großen Preis von Baden, begnügen, so dass es Alba im folgenden Jahr 1930 vorbehalten blieb, den Bann der Derby-Sieger in Iffezheim zu brechen.

Schon drei Jahre später konnte der Graditzer Alchimist in Albas Spuren wandeln und nach dem Derby auch den Großen Preis von Baden an seine Fahnen heften. Im Kriegsjahr 1941 sorgte der Schlenderhaner Magnat für den dritten Doppelerfolg. Die Kriegsjahre, nicht nur des zweiten, sondern zuvor auch des ersten Weltkrieges, waren Phasen in denen nicht immer beide Rennen ausgetragen wurden, so dass zwölfmal nicht einmal die theoretische Chance eines Doppelerfolgs bestand. Letztmalig fiel der Große Preis von Baden im Jahr 1950 aus.

Ob der Erlenhofer Niederländer, Derby-Sieger des Jahres 1950, auch im gleichen Jahr den Großen Preis von Baden gewonnen hätte, bleibt somit für immer Spekulation. Dass Niederländer jedoch im Jahr 1953 den Großen Preis von Baden gewonnen hat und somit einer von insgesamt fünf Derby-Siegern ist, der als älteres Pferd erstmals den Großen Preis von Baden gewann, das ist den Annalen zu entnehmen. Vor Niederländer hatten dies zwei andere Erlenhofer geschafft: Athanasius, der Derby-Sieger des Jahres 1934, siegte ein Jahr später im Großen Preis von Baden und seinem Sohn Ticino gelang nach dem Derby-Erfolg im Jahre 1942 zwei Jahre später der Erfolg im Großen Preis von Baden, der in diesem Jahr allerdings in Hoppegarten ausgetragen wurde.

Nach Niederländer finden sich mit Luciano und Acatenago nur noch zwei weitere Derby-Sieger, deren erster Sieg im Großen Preis von Baden erst aus einem Jahr nach dem Derby datiert. Im Jahr 1967 gewann Luciano das Derby, musste sich im selben Jahr in Iffezheim als Zweitplatzierter dem Briten Salvo beugen und feierte seinen ersten Sieg im Großen Preis von Baden erst im Folgejahr, diesen dann jedoch überlegen gegen den Briten Chicago, einen Stallgefährten seines vorjährigen Bezwingers. Mitte der 80er Jahre des letzten Jahrhunderts beherrschte der Fährhofer Acatenango auf der Steherdistanz den deutschen Turf. Nach seinem Derby-Erfolg im Jahr 1985 und dem folgenden Triumph im Aral-Pokal ließ er den Start im Großen Preis von Baden bewusst aus und strebte einen klassischen Sieg im damals noch einen ganz anderen Stellenwert als heute besitzenden St. Leger an, zu dem es dann aufgrund einer fiebrigen Infektion nicht kam. So datiert der erste von zwei Acatenango-Siegen im Großen Preis von Baden erst aus dem Jahr 1986, dem Jahr nach seinem Derby-Sieg.

Den fünf Derby-Siegern, die erst in einem späteren Jahr auch den Großen Preis von Baden gewinnen konnten, stehen insgesamt zwölf Derby-Sieger gegenüber, denen der Doppelerfolg im gleichen Jahr glückte. Nach den drei bislang Erwähnten war Gestüt Waldfrieds Mangon 1952 der erste Derby-Sieger der Nachkriegszeit in diesem Dutzend. Nach Mangon war es eine ganze Zeitlang um die Chancen der Derby-Sieger in Iffezheim schlecht bestellt. Der Waldfrieder Baalim war mit einem 2. Platz im Großen Preis von Baden des Jahres 1962 noch der beste Vertreter der Derby-Sieger in dieser Phase.

Erst in den 70er Jahren kam es wieder zu Doppelerfolgen im Derby und Großem Preis von Baden. Den Auftakt machte 1970 Gestüt Schlenderhans Alpenkönig, der nach seinem überraschenden Derby-Erfolg gegen den Stallgefährten Lombard im selben Jahr auch in Iffezheim triumphieren konnte. Der Zoppenbroicher Athenagoras setzte dies drei Jahre später fort, bevor es im folgenden Jahr 1974 Marduk war, der nach dem Derby-Erfolg auch eine Abteilung des damals in zwei getrennten Rennen ausgetragenen Großen Preises von Baden gewann. Man kann trefflich darüber streiten, ob Marduk gegen den Sieger der anderen Abteilung dieses Großen Preises von Baden, den Franzosen Meautry, eine Chance gehabt hätte und vielleicht nur durch das Glück, in der anderen Abteilung laufen zu können, zu seinem Erfolg gekommen ist. Worüber man nicht streiten kann, ist die Tatsache seines neuerlichen Erfolgs im Großen Preis von Baden im folgenden Jahr. Der Hengst der Gräfin Batthyany, einer von sieben Doppelsiegern des Großen Preises von Baden, wäre somit immer in dieser Rückschau vertreten gewesen.

Ebenfalls ein Doppelsieger des Großen Preises von Baden ist der nächste Derby-Sieger, der in dieser Rückschau Erwähnung findet. Der von Uwe Stoltefuß trainierte Mondrian, der seinen Derby-Sieg 1989 am grünen Tisch der Rennleitung bekommen hatte, brauchte in Iffezheim keine Rennleitungsentscheidung, um in den Jahren 1989 und 1990 jeweils sicher die versammelte internationale Konkurrenz auf die Verliererstraße zu schicken. Sein dritter Versuch in Iffezheim im Jahr 1991 war nicht von Erfolg gekrönt, der einstige Champion war in diesem Jahr nach dem Wechsel in das englische Quartier von Paul Cole nur noch ein Schatten seiner selbst und endete als Letzter.

Auch in den 90er Jahren des letzten Jahrhunderts kam mit Gestüt Ittlingens Lando ein Derby-Sieger nicht nur im Jahr seines Derby-Sieges 1993, sondern auch im Folgejahr im Großen Preis von Baden zum Zuge. Wie Mondrian blieb auch ihm der Hattrick bei seinem Versuch im Jahr 1995 versagt.

Als einzige Stute der Turf-Geschichte, die sowohl das Derby als auch den Großen Preis von Baden siegreich beendete, nimmt Gestüt Ammerlands Borgia eine besondere Rolle ein. Die Acatenango-Tochter stand weder beim Derby-Erfolg 1997 noch bei ihrem Iffezheimer Triumph zwei Monate später in der Favoritenrolle, was sie nicht daran hinderte, ihre Konkurrenten in die Schranken zu weisen.

Im aktuellen Jahrtausend weisen die Siegerlisten nur zwei verwandtschaftlich eng verbundene Vollblüter des Stalles Blankeneses aus, denen das Kunststück des Doppelerfolgs gelang. Im Jahr 2000 war es der Monsun-Sohn Samum, der nach seinem triumphalen Derby-Sieg auch den damals erstmals als Lauf der Racing World Series mit deutlich angehobener Dotierung ausgetragenen Großen Preis von Baden gegen starke internationale Konkurrenz für sich entscheiden konnte. Acht Jahre später wandelte sein Sohn Kamsin in seinen Hufspuren und zeichnete sich als bislang letzter Double-Gewinner aus. Der als Deckhengst nach Frankreich gewechselte Hengst, mittlerweile im Haras de la Tuilerie aufgestellt, ist auch der einzige noch lebende Vertreter dieser Gruppe der Doppelsieger.

Etliche andere Derby-Sieger der letzten zwanzig Jahre scheiterten bei ihrem Versuch, manche knapp wie Gestüt Ammerlands Boreal, der 2001 nur den Briten Morshdi knapp vor sich dulden musste, und Gestüt Schlenderhans Adlerflug, der 2007 nach großem Kampf dem Fährhofer Quijano knapp unterlag. Unvergessen ist auch noch der Schock nach der Niederlage des Görlsdorfer Derby-Triumphator Sea The Moon im Jahr 2014, als Gestüt Schlenderhans Ivanhowe den 15:10 Favoriten bei seinem wie sich später herausstellte letzten Rennbahnauftritt klar auf den 2. Platz verwies. Noch weit schlimmer erwischte es Gestüt Ravensbergs Waldpark, der nach seinem Derby-Sieg im Jahr 2011 in Iffezheim nur als Letzter über die Ziellinie kam. Immerhin in die Geldränge liefen Belenus, Derby-Sieger des Jahres 1999, und Pastorius, Derby-Sieger des Jahres 2012, jeweils als Dritter sowie der vorvorjährige Derby-Sieger Windstoß und Gestüt Schlenderhans Wiener Walzer, Derby-Sieger des Jahres 2009, jeweils als Vierter. Gerade in den letzten Jahren mussten vier Derby-Sieger, für die ein Start in Iffezheim eigentlich auf der Agenda stand, verletzungsbedingt darauf verzichten, so dass man bei Lucky Speed (2013), Nutan (2015), Isfahan (2016) und Weltstar (2018) nur spekulieren kann, ob sie ohne Verletzung die Liste der Double-Gewinner hätten verlängern können.

Ein besonders trauriges Ende nahm der Versuch des Derby-Siegers des Jahres 1992, Pik König aus dem Rennstall Darboven, die Ausbeute der Derby-Sieger im Großen Preis von Baden zu verbessern. Im Schlussbogen musste er angehalten werden, er hatte sich eine Verletzung zugezogen, die sich als so gravierend herausstellte, dass er einige Tage später aufgegeben werden musste. Ein solches Schicksal bleibt Gestüt Ittlingens Laccario am Sonntag hoffentlich erspart. Ob er angesichts der Niederlagenserie deutscher Vollblüter in den tragenden Grand Prix Prüfungen des heimischen Turfs in dieser Saison und der auch diesmal starken internationalen Konkurrenz als 13. Derby-Sieger im selben Jahr auch im Großen Preis von Baden als Erster den Zielstrich passieren kann, werden wir erst am Sonntagnachmittag wissen. Genau ein Vierteljahrhundert nach dem letzten Triumph eines Ittlingers im Großen Preis von Baden wäre ein solcher Erfolg, mit dem Laccario dem Vorbild seines Großvaters Lando nicht nur beim Derby-Erfolg, sondern auch beim Sieg in Iffezheim nacheifern würde, jedoch eine runde Jubiläumssache.

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