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Andreas Helfenbein im Porträt: "Die Liebe zum Sport ist ungebrochen!"

Autor: 

Karina Strübbe

TurfTimes: 

Ausgabe 256 vom Donnerstag, 14.03.2013

Jockey Andreas Helfenbein. www.galoppfoto.de - Frank SorgeJockey Andreas Helfenbein. www.galoppfoto.de - Frank Sorge9.200 Kilometer liegen zwischen Köln und Macao, in vielerlei Hinsicht eine andere Welt. Das Leben ist hektisch, laut. Doch eins ist zumindest ähnlich, Pferderennen gibt es hüben wie drüben. In Zeiten, in denen Pferde mal eben weite Strecken reisen, um an Rennen auf der anderen Seite der Weltkugel teilzunehmen, ist der Rennsport natürlich auch längst für die Zweibeiner eine globale Angelegenheit. Bestes Beispiel dafür ist Andreas Helfenbein. Vor gut einem Jahr hat er dem deutschen Galopprennsport vorläufig den Rücken gekehrt. Einem dreimonatigen Aufenthalt in Katar folgte Macau und dort ist er bis jetzt geblieben. Zwölf Siege und 22 zweite Plätze stehen für ihn bis dato zu Buche. „Ich bin nicht unzufrieden und kann mich nicht beschweren“, kommentiert Andreas Helfenbein seine Bilanz im Turf-Times-Interview via Skype. Die Differenz zwischen Siegern und Platzierten schmeckt ihm zwar noch nicht, doch ist er zuversichtlich, dies auszubügeln. Sein jüngster Gruppesieg mit Lucky and Wealthy, sein zweiter insgesamt in Macau, könnte den nötigen Auftrieb geben. Zum Optimismus trägt wohl auch die kürzlich um weitere drei Monate verlängerte Lizenz bei. Wenn es gut, „oder noch besser“ läuft, wird er über diese Zeit hinaus wohl in Macau bleiben, dann stelle sich allein aus finanziellen Gründen die Frage nicht, kein Wunder, wenn es selbst in den Basisrennen 9.000 € Sieggeld gibt, davon gehen zehn Prozent an den Reiter.

Der Diana-Sieg mit Mystic Lips 2007 zählt zu Andreas Helfenbeins größten Siegen. Foto: www. galoppfoto.deDer Diana-Sieg mit Mystic Lips 2007 zählt zu Andreas Helfenbeins größten Siegen. Foto: www. galoppfoto.de Heimweh macht sich trotzdem bemerkbar. „Momentan habe ich im Sinn, nach den drei Monaten nach Deutschland zurückzukommen. Ich vermisse Deutschland und den deutschen Rennsport unendlich.“ Auch abgesehen vom zu gewinnenden Geld sind die Unterschiede zwischen den Gepflogenheiten in Deutschland und Macazu bisweilen riesig. Fixe Jockey-Trainer-Verbindungen nach Stalljockey-Beispiel gibt es nicht, allenfalls existieren lose Beziehungen zu favorisierten Trainern, des sogenannten „Star Trainers“, das gilt auch für die Galopps am Morgen. Im Prinzip kann jeder für jeden reiten. Dass sich alles auf nur einer Rennbahn abspielt, auf der alle Pferde und Trainer stationiert sind, macht die Kontaktpflege einfacher, sagt Helfenbein: „Auch wenn einer mal sauer oder unzufrieden ist, ist hält das nicht lang an. Nach spätestens drei Tagen redet man wieder miteinander. Es ist aber auch ein kleiner Kreis, da es nicht viele Trainer und Jockeys gibt und der eine auf den anderen immer angewiesen ist.“

Andreas Helfenbein 2010 in Hamburg. Foto: www.galoppfoto.deAndreas Helfenbein 2010 in Hamburg. Foto: www.galoppfoto.deIm Unterschied zur benachbarten Monopole Hong Kong ist Macau dem Europäer in puncto Pferderennen normalerweise etwas weniger geläufig. Die Hong Kong International Races sind nahezu jedes Jahr im Dezember beliebtes Ziel auch deutscher Trainer. Macau dagegen ist "nur" zweite Adresse. „Es sind zwei verschiedene Welten“, gibt auch Andreas Helfenbein zu. „Jeder Hong Kong-Chinese weiß, welches Pferd wann läuft“ und wettet entsprechend, auch der Taxifahrer während der Fahrt. In Macau, der Stadt des Glückspiels, haben Pferderennen durch die zahllosen Casinos deutlich mehr Konkurrenz: „Aber ich möchte mich nicht beschweren, in Hong Kong ist es auch viel schwerer, das sieht man momentan ja beim Subi. Er tut sich ja auch nicht ganz leicht. Ich sehe mir immer die Rennen da an und freue mich, wenn er eins gewinnt.“

 

Ein Kuss für den Sieger. Andreas Helfenbein mit Directa Princess in Hannover. Foto: www.galoppfoto.deEin Kuss für den Sieger. Andreas Helfenbein mit Directa Princess in Hannover. Foto: www.galoppfoto.deWenn er nicht im Sattel sitzt, verbringt Andreas Helfenbein seine Freizeit in Macau unter anderem mit Billardspielen. So scheiterte der erste Interviewversuch aus Erfolgsgründen. Andreas Helfenbein war am Pooltisch unterwegs und kam bei einem Wochenturnier weiter als gedacht, nämlich bis zum Sieg. „Ich bin nicht der Beste, aber spiele nicht schlecht“, ist das recht bescheidene Fazit. Eine Konkurrenz fürs Reiten stellen Pool und 9-Ball nämlich nicht dar: „Das sind aber auch die Nerven. Ich zeige beim Billardspielen mehr Nerven als beim Rennreiten.“ Andreas Helfenbein wird dem Rennsattel treu bleiben, die Lust und Hingabe dazu ist auch nach fast 30 Jahren im Sport ungebrochen: „Das Gefühl zu siegen, zu gewinnen, ist nach wie vor überwältigend“ – auf welcher Seite des Erdballs auch immer.

Freude bei Andreas Helfenbein nach dem Sieg mit Forthe Millionkiss im Grossen Preis der Sparkasse Hannover.Freude bei Andreas Helfenbein nach dem Sieg mit Forthe Millionkiss im Grossen Preis der Sparkasse Hannover.

 

 

Das Interview mit Andreas Helfenbein
Geboren:23.07.1967
Jockey seit:1983 Beginn der Ausbildung
Anzahl Siege:gut 1500
Reiten und Leben in Macau

Wie schwer ist es, in Macao als Jockey Fuß zu fassen?

Geheime Taktik? Andreas Helfenbein 2011 im Düsseldorfer Führring. Foto: Karina StrübbeGeheime Taktik? Andreas Helfenbein 2011 im Düsseldorfer Führring. Foto: Karina Strübbe„Das ist sehr schwer zu beschreiben. Wenn die Leute Sie mögen, kommen Sie schnell rein und bekommen gute Ritte. Wenn die Leute sehen, dass Sie fit sind, dann sowieso. Aber wenn die Leute sehen, dass die Jockeys körperlich nicht fit sind – in Macao ist das Level sehr hoch – nehmen sie auch schnell wieder Abstand und man kommt leicht in einen Strudel nach unten.“

Warum hat die Fitness so eine herausragende Bedeutung?

„Ich habe an keinem Platz der Welt geritten, an dem die Fitness höher sein muss als hier. Das liegt an der Art, wie hier die Rennen gelaufen werden. Es geht aus der Maschine raus Vollgas. Dann springt man von einem Pferd aufs nächste. Auch am Renntag geht das alles sehr zügig und die Pferde pullen schon beim Aufgalopp, sodass man ständig unter körperlicher Belastung steht. Und dann kommen die heißen Temperaturen, das feuchte Klima, etwa 30 Grad und 60 % Luftfeuchtigkeit hinzu. Schließlich ist noch das Nervliche ein Faktor, weil hier ziemlich ‚wild‘ geritten wird.“

Ist es schwer, an wirklich gute Ritte zu kommen?

„Da muss man sich schon etwas hinarbeiten. Ich habe zwei ‚Star Trainers‘, die mich im Moment sehr stark fördern. Die haben beide recht ordentliche Pferde, für den einen habe ich das Grupperennen jetzt gewonnen. Dann gibt es noch einen dritten Trainer, Vize-Champion, für den ich auch öfter reite, nur bin ich an die richtig Guten noch nicht rangekommen. Aber das kommt vielleicht noch.“

Wie ist das mit der Lizenz, die gilt doch meist für drei Monate, oder?

„Ich habe meine Lizenz gerade mit Anfang März erst verlängert bekommen. Die jeweils dreimonatige Lizenz hat ihren Grund: Wenn man hier beispielsweise ein Pferd zurückhält, gibt es keine langzeitigen Sperren für ein halbes Jahr wie in Deutschland, sondern bekommt dann eben keine Lizenz mehr. Wenn man zu oft in diesem Sinne auffällig ist, gibt es hohe Geldstrafen, tageweise Lizenzentzug und nach drei Monaten gibt es dann erst einmal keine neue.“

Treffen Sie sich zwischendurch mal mit Andreas Suborics? Hong Kong ist ja nicht weit weg.

„Mit dem ‚Speed Boat‘ dauert die Fahrt nur eine Stunde, allerdings war ich in letzter Zeit etwas faul, aber ich will das jetzt mal wieder in Angriff nehmen, mir ein paar Renntage ansehen und mit dem Subi und dem Jiri essen gehen. Das steht schon lange auf dem Zettel, hat aber irgendwie nicht geklappt. Ich habe freitags und samstags Rennen, in Hong Kong ist sonntags Renntag und manchmal bin ich dann auch zu platt, weil ich sonntags auch noch Galopps reite.“

Wie viele Tage in der Woche reiten Sie eigentlich?

„Ich bin dazu verpflichtet, an vier Tagen zu arbeiten, das heißt, auf der Rennbahn zu sein. Wie viele Pferde ich dann reite, ist meine Sache. Und wenn ich am fünften oder sechsten Tag auch noch arbeiten möchte, weil mich jemand anruft und fragt, ob ich sein Pferd reite, liegt das an mir.“

Wie ist das mit dem Verhältnis zu den Kollegen – wie schnell findet man generell Anschluss?

„Ich habe mittlerweile auch Freunde gefunden, die nicht aus dem Rennsport sind, einer ist Casinomanager, einer hat eine große Firma für Rauchabzug bzw. Brandschutz. Die Leute, mit denen ich meine Freizeit verbringe, sind vor allem Engländer und Australier. Vom Rennsport ist kaum jemand da, der europäisch aussieht. Mit meinen chinesischen Kollegen war ich auch schon mal unterwegs, aber das ist schon etwas anderes, denn wenn man mit drei Chinesen weggeht, sprechen die natürlich Chinesisch und man sitzt daneben und versteht kein Wort.“

Was ist der größte Unterschied zwischen Deutschland und Macao?

„Es ist ein lautes, hektisches Leben hier, alles steht unter Strom und so werden auch die Rennen geritten. Aber es gibt hier auch in den kleinen Rennen eine Menge Geld zu gewinnen. In Deutschland sind die Pferde im Allgemeinen viel ruhiger, viel ausgeglichener als hier. Das hat aber damit zu tun, dass in Deutschland mehr Mittel- und Langstrecken gelaufen werden, hier sind fast alles Sprinter, etwa 90 %. Und Sprinter sind allgemein etwas hektischer und kribbeliger. Die werden hier dann auch entsprechend trainiert und ‚heiß gemacht‘.“

 Allgemeines

Was waren Ihre größten Erfolge als Jockey?

Sieg in der Winterkönigin: Sworn Pro und Andreas Helfenbein. www.galoppfoto.deSieg in der Winterkönigin: Sworn Pro und Andreas Helfenbein. www.galoppfoto.de„Puh, Hondo Mondo, Sternkönig und Arastou in den früheren Jahren, Mystic Lips in der Diana, die Winterkönigin, der Winterfavorit…, da kommt schon einiges zusammen, was ich als meine größten Siege feiern würde.“

Haben Sie ein Lieblingspferd?

Andreas Helfenbein siegt 2001 mit Bedford Set, einem seiner Lieblinge. Foto: www.galoppfoto.deAndreas Helfenbein siegt 2001 mit Bedford Set, einem seiner Lieblinge. Foto: www.galoppfoto.de„Das war zum Beispiel Arastou, auch Sternkönig habe ich sehr gemocht. Fair Breeze und Bedford Set kommen noch dazu, das sind unter den Guten meine Lieblingspferde. Ich habe aber auch viele Lieblingspferde, die nicht so gut, aber sympathisch waren.“

Wie sind Sie zum Rennsport gekommen?

„Ich war immer pferdeverrückt, so lang ich denken kann, waren Pferde mein Ein und Alles. Ich bin viel auf Ponyhöfen gewesen, habe dort Urlaub gemacht. Als ich etwa vierzehn war, kam jemand zu mir und hat gesagt, ich hätte das ideale Gewicht und die Sportlichkeit für einen Jockey. Ich wusste erst gar nicht, was das ist. Er hat damals aber auch direkt gesagt, dass es in Frankfurt eine Rennbahn gibt. Also bin ich mit meinem Vater zu einem Renntag gefahren und von da an wusste ich, das ist mein Ding, ich will Jockey werden. Könnte man fast als Berufung sehen.“

Worin liegt für Sie der Reiz Ihres Berufes?

„Ich habe immer noch die gleiche Liebe zum Pferd. Ich liebe Sport. Was besonders reizvoll ist, ist mit dem Pferd eins zu werden. Es gibt, so glaube ich, wenige oder keine Sportarten, wo Tier und Mensch dermaßen eins werden, um volle Leistung zu bringen.“

Haben Sie Vorbilder?

„Ja. Andrasch Starke und Olivier Peslier sind zum Beispiel Vorbilder für mich, aus Gründen von Stil, Leistung, aber auch das Menschliche ist wichtig. Das passt einfach, für mich sind das Champions, genauso Lanfranco Dettori, auch wenn es für ihn gerade nicht so gut läuft. Für Olivier Peslier zum Beispiel bin ich ein Freund. Als er jetzt in Katar war, haben wir was zusammen unternommen. Wir grüßen uns mit Küsschen, wie die Franzosen halt so sind. Und auch sonst das Menschliche bei ihm, er behandelt jedermann wie einen Menschen, auch wenn es der kleinste Ordner ist. Er ist nie herablassend. So etwas bewundere ich. Und wenn dann noch die Leistung stimmt und die Siege stimmen, er reitet ja wirklich tolle Rennen und der Andrasch genauso. Beim Andrasch kann man einfach hingucken.“

Was würden Sie gern noch erreichen?

„Ich möchte gesund bleiben bis zum Ende meiner Karriere.“

Andreas Helfenbein feiert den Sieg mit Djumama im Schwarzgold-Rennen 2011. www.galoppfoto.de - Marius SchwarzAndreas Helfenbein feiert den Sieg mit Djumama im Schwarzgold-Rennen 2011. www.galoppfoto.de - Marius Schwarz

Welches Rennen würden sie gern mal gewinnen?

„Da sind schon ein paar. Das Derby würde ich schon gern gewinnen, obwohl es für mich nie so DAS Ziel war. Und die Goldene Peitsche würde ich gern mal gewinnen, die ist mir zweimal durch die Lappen gegangen.“

Welche ist Ihre Lieblingsbahn und warum?

„Ich mag am liebsten Köln und Baden-Baden. Außerhalb von Deutschland Longchamp, das ist eine gigantische Rennbahn, Hong Kong auch, die Bahn ist auch genial.“

Was ist Ihr Lieblingsessen?

„Ich liebe Spaghetti, aber auch das chinesische Essen, das richtige chinesische Essen, nicht das, was man oft in Deutschland bekommt. Wenn Sie hier essen gehen, das ist Wahnsinn. In bin ja des Öfteren von Besitzern eingeladen. Dann sitzt man an einem runden Tisch, auf dem im Laufe des Essens 15-20 Speisen stehen, die immer nachgefüllt werden. Das ist verrückt.“

Muss man sich da keine Sorgen machen, am nächsten Tag noch aufs Pferd zu kommen?

Freut sich auch über die kleinen Siege, Andreas Helfenbein mit Caitania in Bad Doberan. www.galoppfoto.deFreut sich auch über die kleinen Siege, Andreas Helfenbein mit Caitania in Bad Doberan. www.galoppfoto.de„Nein, gar nicht. Das Komische ist, die kochen oder dünsten irgendwie so, dass es nicht dick macht.“ 

Was ist Ihr liebstes Urlaubsziel?

„Die Malediven, weil es da schön warm ist, ruhig ist, da Strand ist und die Palmen ins Wasser wachsen. Generell würde ich den Indischen Ozean nennen. Aber die ganze Welt habe ich auch noch nicht gesehen. Nach Ägypten möchte ich noch, meine Lebensgefährtin Maria Wachendorf ist gefühlt halbe Ägypterin. Sie sagt, es sei ihre zweite Heimat. Sie hat angefangen, für arme Pferde dort zu sammeln und will das jetzt zu einer Organisation ausweiten: Help Horses in Egypt“.

 

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