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Altior, Native River und neue Namen

Autor: 

Catrin Nack

TurfTimes: 

Ausgabe 505 vom Freitag, 16.02.2018

Wenn man die Wochen bis zum Cheltenham Festival an einer Hand abzählen kann, ist die heiße Phase im Countdown eingeläutet. Langsam sind die minutiösen Vorbereitungen abgeschlossen; und nachdem englische Trainer das irische Dublin Festival weitestgehend links hatten liegen lassen, kamen im südenglischen Newbury und mittelenglischen Warwick noch einmal große Namen an den Start. Allen voran Nicky Hendersons Altior, ein inzwischen 8j. High Chaparral-Sohn, nun in 12 (!) Rennen in Folge unbesiegt und sicher der absolut prominenteste Name, bei dem im Rennprogramm neuerdings ein „W“ die erfolgte „Wind Op“, deren Angabe in England inzwischen obligatorisch ist, anzeigt.

Newburys Game Spirit Chase (Gr.2, 2m½ f) ist eine Traditionsprüfung in englischen Rennkalender, die seit 1952 gelaufen wird. Große Namen zieren die Siegerlisten, vor allem in den frühen 90iger Jahren liefen hier die absoluten Stars der Szene in schöner Regelmäßigkeit, seitdem hält das Rennen auch seinen Gruppe Status. Altior gewann die Prüfung zum zweiten Mal in Folge, und wenn das Drei-Pferde-Rennen auf dem Papier nach einer Formalität aussah, so war der Schimmel Politologue doch Paul Nicholls´ große Cheltenham-Hoffnung, und die Leichtigkeit, mit der Altior ihn nach seiner rund 10monatigen Pause beiseite wischte, war elektrisierend und steigerte die Vorfreude auf die Champion Chase um diverse Grade.

Zuvor hatte bereits der von Colin Tizzard trainierte Native River, der ebenfalls aus einer langen Pause kam, in der Denman Chase (Gr.2, 2m7 ½ f) seinen langersehnten Saisoneinstand gegeben. Nach dem sensationellen Lauf in der letzten Saison, bei der der stabile Fuchs drei der wichtigsten Steherprüfungen des Landes in begeisternder Manier gewonnen hatte und im Cheltenham Gold Cup auf einen heroischen dritten Platz gelaufen war, hatte der Indian River-Sohn augenscheinlich Zeit benötigt, wieder zu sich selber zu finden, auch hatten kleinere Blessuren sein Comeback verhindert.  Nun war der Fuchs wieder voll da, unter seinem Stammjockey Richard Johnson beeindruckte der Wallach von der Spitze aus – ganz   wie er es liebt -  erneut mit seinem sauberen und ergonomischen Springen und hatte keinerlei Mühe, einen renn-fitten Cloudy Dream mit rund 12 Längen in die Schranken zu verwiesen.

Native River steht somit zu Recht in einer Spitzenposition im Wettmarkt für den Cheltenham Gold Cup, eine Prüfung, die momentan nicht einfach zu lesen ist. Auch in der Denman Chase kamen leider nur drei Pferde an den Start, doch hochklassig waren sie alle, vor allem der zweitplatzierte Cloudy Dream. Bei 18 Starts ist der Schimmelwallach in den berühmten Farben von Trevor Hemmings ein Muster an Beständigkeit, nie war er schlechter als Dritter, und wenn auch die Reihe von zuletzt zweiten Plätzen leichte Zweifel an seinem Einsatzwillen aufkommen lassen könnte, so ist nichts weiter von der Wahrheit entfernt. Der Wallach ist so ehrlich wie der Tag lang ist, ungemein talentiert und an den Hindernissen zuweilen etwas übervorsichtig;  allein,  drei Meilen sind außerhalb seines Stehvermögens,  da hatte er zuletzt einige schwere Aufgaben bekommen.

Es war eine „Fact-Finding-Mission“ für Trainerin Ruth Jefferson, die erst vor kurzem die Zügel von ihrem verstorbenen Vater Malcolm übernommen hatte;  nun ist klar, dass die Ryanair-Chase über 2m5f das Ziel in Cheltenham sein muss. „Leider“ hat der Stall Jefferson hier auch den groß gesteigerten Waiting Patiently (der am anstehenden Wochenende (17.02.) in der Ascot Chase antreten wird) unter Order, sicher nicht optimal für ein kleines Quartier. Doch man sagt nicht nein zu einem Starter beim Festival, auch wenn es zu einem Stall-Duell kommen sollte.

Newburys Samstags-Renntag wird nicht umsonst als Betfair Super-Saturday betitelt, die Wettplattform ist an diesem Tag als Großsponsor stark engagiert. Ein weiterer Höhepunkt der Karte ist mit der Betfair Hurdle (HandGr3, 2m ½ f) eines der höchstdotierten Handicaps der Insel. Auch dies ein Rennen mit langer und wechselvoller Geschichte: seit 1963 fester Bestandteil des Rennkalenders, ist das Rennen langjährigen Fans des Sports noch unter Namen wie der Schweppes Hurdle (der Getränkehersteller unterstützte das Rennen bis 1986)  oder der Tote Gold Trophy bekannt.

Da ein Handicap, ist der Aussagewert bezüglich des Festivals etwas schwerer abzuschätzen;  unter den Siegern finden sich jedoch Namen bekannter Hurdler, die anschließend auch in gehobener Klasse mehr als prominent auftraten  (Make a Stand, My Tent or Yours, Decoupage, Geos etc.) . Ob der diesjährige Sieger Kalashnikov einmal solche Höhen erreicht, bleibt abzuwarten; auf jeden Fall ist der junge, extrem wenig geprüfte Kalanisi-Sohn stark gesteigert, mit sicher viel Luft nach Oben. Nicht nur gewann der erst 5j. Braune (nach dem Rennen natürlich schlamm-braun!) beim insgesamt fünften Lebensstart sein viertes Rennen (zudem ein zweiter Platz für einen nahezu makellosen Rennrekord), auch stellte dieser Sieg den vorläufigen Höhepunkt der jungen Karriere seiner – ebenfalls jungen - Trainerin Amy Murphy da.

Murphy, mit 26 Jahren eine der jüngsten – wenn nicht die jüngste- Trainerin der Insel, hatte sich nach Stationen bei Tom Dascombe, Luca Cumani und Gai Waterhouse Ende 2016 selbstständig gemacht, stark unterstützt von Vater Paul, der einst ein renommiertes Gestüt betrieb und den kleinen Stall seiner Tochter (es stehen rund 20 Boxen zur Verfügung) auch als Besitzer stark unterstützt, Kalashnikov läuft in seinen violett-gelben Farben, auch Amy Murphy´s weitere wichtige Siegerin Kalane trug diese bereits; eingefleischten Fans sind sicher noch die eisenharten und hochklassigen Schwestern Carole´s Legacy und Carole´s Spirit, „ihrerzeit“ von Nicky Henderson trainiert, ein Begriff. Murphy, die als sog. „Dual-Purpose“ Trainerin Flachrennpferde und Hindernispferde trainiert, ist damit in Newmarket, wo die Hamilton Stables ihre Basis sind, durchaus eine Art Exot; Stallungen, die sie sich im Übrigen mit Trainer Michael Wigham teilt. Kalashnikov steht für zwei Nachwuchsrennen in Cheltenham sehr prominent im Wettmarkt, nicht ausgeschlossen, dass der nächste Höhepunkt im jungen Trainerleben der Amy Murphy nur noch einen Monat entfernt ist.

Auch Harry Whittington steht noch am Anfang seiner Trainerlaufbahn, gegen Amy Murphy sieht er allerdings wie ein Veteran der Szene aus. Vor rund acht Jahren liefen die ersten Pferde unter seinem Namen,  mit Saint Calvados könnte nun der erste richtige Star im Stall stehen. Der Wallach, bei drei Starts für Whittington noch ungeschlagen, gewann am vergangenen Samstag die Kingmaker Novices´ Chase (Gr2, 2m) in wirklich eindrucksvollem Stil und ist nun völlig recht einer der Favoriten für die Arkle Chase beim Festival. Unter Jockey Aidan Coleman war der dunkelbraune Wallach mehr als eifrig, begeisterte aber mit einem technisch einwandfreien Springen. Auch er ein Pferd, welches für ein relativ kleines Quartier beim Festival im März sehr große Hoffnungen tragen wird.

Ein Wort in eigener Sache zu Germany, dessen irisch gezogene Söhne Samcro und Faugheen Jung- und Alt-Stars der Hindernisszene sind und dessen abenteuerlichen Lebenslauf Harald Siemen in seinem jüngsten Handicapper-Blog noch einmal unter die Lupe nahm. Ihn (Germany!) bewunderten wir 2008 im Woodlands Stud, damals neu gegründet und mehr oder weniger im Rohbau befindlich.  Germany, damals 17jährig,  war selber frisch aus der Wüste importiert „So genau wissen wir nicht, wo er da war, aber er kam in phantastischem Zustand zu uns, man hatte sich sehr gut um ihn gekümmert,“ erzählte uns Deirdre Lusby sinngemäß. Sein Wohlbefinden präsentierte uns der Hengst mehr als eindrucksvoll; Bilder, die in Erinnerung blieben. Germany lebt nicht mehr, und auch das Gestüt – damals hatte man sechs Hengste, zuletzt noch drei – scheint nicht mehr zu existieren; man braucht einen langen Atem, um Hindernispferde zu züchten, und der Erfolg kommt häufig dann doch zu spät.

Catrin Nack

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