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325 Jahre Gestüt Graditz: Blut ist der Saft, der Wunder schafft!

Stallgasse im Gestüt Graditz. www.galoppfoto.de

Autor: 

Klaus-Dieter Graage

TurfTimes: 

Ausgabe 157 vom Donnerstag, 24.03.2011

Am 3. Oktober feiert das  Gestüt Graditz im sächsischen Torgau sein 325jähriges Bestehen. Die traditionsreiche Zuchtstätte ist damit das älteste Vollblutgestüt Deutschlands. Die Liste der Namen, die in dieser langen Geschichte genannt werden müssen, ist lang. Einer darf in keinem Fall fehlen: Graf Georg von Lehndorff, der von 1866 bis 1906 Leiter des Gestüts war und von dem so nachhaltige Sätze stammen, wie der, den wir uns als Überschrift für diesen Artikel ausgesucht haben und der in einer Stallgasse des vor wenigen Jahren komplett sanierten Schlosses und Gestüts auch heute noch zu finden ist. Dem außergewöhnlichen Jubiläum wollen wir mit Hilfe des Chronisten Klaus-Dieter Graage eine Serie starten, mit der wir die Graditzer Geschichte in einzelnen Etappen nacherzählen.

Graf Georg v. Lehndorff – ein Name der klingen wird, solange Pferde gezüchtet werden!

Von Klaus-Dieter Graage

Oberstallmeister Graf Georg von Lehndorff um das Jahr 1899 in der Uniform der preußischenn OberlandstallmeisterOberstallmeister Graf Georg von Lehndorff um das Jahr 1899 in der Uniform der preußischenn OberlandstallmeisterMit jenem Satz würdigte der einstige Preußische Oberlandstallmeister (1933/34) Gustav Rau die herausragende Lebensleistung des „alten ostpreußischen Grafen“. Der 325. Geburtstag des Gestütes Graditz im Jahre 2011 ist uns würdiger Anlaß für eine kleine Reminiszenz an dessen einstigen Leiter(1866-1906) und Königlich-Preußischen Oberlandstallmeisters (1887-1911). Rufen wir mit folgender auszugsweisen Dokumentation Leben und Werk des des großen deutschen Hippologen und verdienstvollen horseman Graf Georg v. Lehndorff in Erinnerung – am treffendsten, indem wir aus ausgewähltem historischen Schriftgut der „Pferdefamilie“ Lehndorff sowie einstiger namhafter Hippologen, Praktiker und Fachautoren des Metiers Vollblutzucht und Rennsport zitieren.

Lebensweg       

Die dem preußischen Uradel angehörenden Lehndorffs gelangten mit dem deutschen Ritterorden nach Ostpreußen, siedelten zuerst nahe der Stadt Königsberg und wurden im 16. Jahrhundert mit einem Flecken Land im Steinorter Gebiet, westlich des Mauersees gelegen, belehnt. Das vielsagende Sprichwort „Der Ostpreuße kommt mit der Trense zur Welt!“ traf im Besonderen auf nahezu alle Generationen der Lehndorffs zu, wie ein Blick in deren interessante Familiengeschichte belegt. Vollblutzucht und Rennsport besonders verbunden waren nächst Georg v. Lehndorff, dessen Sohn Siegfried (Landstallmeister,  Leiter der preuß. Hauptgestüte Neustadt (1896-1906), Graditz (1906-1922) und Trakehnen (1922-1931), Autor des Buches „Ein Leben mit Pferden“) und Neffe Dr. Manfred (u.a. bis 1945 Präsident des Königsberger Rennvereins, Leiter des Gestütes Röttgen (1947-1962)).

Schloß SteinortSchloß SteinortÜber den am 4. Dezember 1833 in Steinort geborenen Georg Hermann Albrecht Graf v. Lehndorff schreibt sein Enkel, Dr. med. Hans v. Lehndorff (1910-1987) in [1] quasi als Kurzbiografie: „Er verlebte seine frühe Jugend in Steinort und zeigte von Kindheit an einebesondere Neigung zu Pferden und zur Reiterei. Die Schule besuchte er in Königsberg und trat als Siebzehnjähriger bei den Kürassieren ein. Bereits zwei Jahre später ließ er sich als Leutnant verabschieden, um sein Gut Laserkeim zu bewirtschaften, das ihm durch Erbschaft zugefallen war. Schon früh ritt und gewann er seine ersten Rennen. Bald verkaufte er Laserkeim und erwarb statt dessen das Gut Haselhorst in unmittelbarer Nähe von Berlin-Spandau. Dort unterhielt er einen qualitätvollen Rennstall, mit dem er große Erfolge gehabt hat. Mit 142 Siegen im Sattel wurde er der führende Mann im deutschen Rennsport. Als erster deutscher Reiter und Rennstallbesitzer ging er mit seinen Pferden nach Petersburg und Moskau und hat auch dort bedeutende Rennen gewonnen. Auch auf französischen Rennbahnen ist er mit Erfolg in den Sattel gestiegen. 1866 trat er wieder in die Armee ein und machte den Krieg mit, wurde aber noch im gleichen Jahr ...  mit der Leitung des Königlich-Preußischen Hauptgestütes Graditz betraut. 

Sein Gut Haselhorst verkaufte er, um sich ganz der staatlichen Pferdezucht zu widmen. Er hat Graditz vierzig Jahre lang geleitet, bis mein Vater [Siegfried v. Lehndorff (1869-1956)] es von ihm übernehmen konnte. 1887 wurde er zum Oberlandstallmeister ernannt, das heißt zum Direktor der gesamten Pferdezucht in Preußen. 1897 erhielt er den Titel „Wirklicher Geheimer Rat, Excellenz“. Er war die dominierende Persönlichkeit in Deutschlands Rennsport und Vollblutzucht. Oft reiste er in Pferdeangelegenheiten nach England, wo man ihn – eine für Ausländer sehr seltene Auszeichnung – zum Mitglied des Jockey-Club ernannte. Sein Arbeitsfeld war ungeheuer umfangreich, und er kann das Verdienst für sich in Anspruch nehmen, die Einrichtungen der staatlichen Pferdezucht, die bis dahin zersplittert und zum Teil von geringer Bedeutung waren, organisiert und zu Musterbetrieben gemacht zu haben. Durch seinen Einfluß auf das Landwirtschaftsministerium hatte er die Möglichkeit, die Regierung zur Bereitstellung größerer Mittel zu veranlassen, um aus England, dem Mutterland der Vollblutzucht, hochwertige Zuchtpferde ins Land zu bringen. Seine Kenntnisse und Erfahrungen hat er in seinem allen Pferdeleuten bekannten Standardwerk „Handbuch für Pferdezüchter“ niedergelegt. Mit einundzwanzig Jahren verheiratete er sich mit Clara Gräfin Kalnein. Aus der Ehe gingen fünf Kinder hervor, drei Töchter und zwei Söhne. Beide Söhne, mein Vater und sein Bruder Meinhard gingen als Landstallmeister in die Pferdezucht. Im April 1914 starb mein Großvater achtzigjährig in Berlin, wo er die letzten Jahre gelebt hatte.“

Reiter und Rennstallbesitzer     

Graf Georg von Lehndorff auf GodolphinGraf Georg von Lehndorff auf GodolphinDen Namen Georg Graf v. Lehndorff liest man in den Herrenreiter-Listen erstmalig im Jahre 1849. Und 1851 gewann er als 17-jähriger Portepee-Fähnrich mit dem Schimmel-Wallach Bravo sein erstes Rennen. Oskar Christ hält in [2] in einem Kapitel „Graf Georg Lehndorff und seine Zeit“ u.a. fest: „Mit Lehndorffs Auftreten begann eine neue Epoche in Deutschlands Herrensport ... Graf G. Lehndorff war wohl der erste in der Reihe der wirklich großen Reiter oder richtiger gesagt, der erste Künstler unter verschiedenen Reitern von Klasse ... Die Steeple-chases wurden damals sehr langsam geritten und bekamen eigentlich erst durch das Reiten des Grafen Lehndorff den Charakter eines Rennens.“ Und weiter heißt es in [2]: „Getreu der Tradition seiner Familie legte er sich einen Stall guter Pferde zu und mit diesen zog der Graf nun auf den Rennbahnen von halb Europa herum. Er ritt nicht nur in Deutschland, wo es etwas zu gewinnen gab, er gewann auch in Russland, in Frankreich, in Polen, in Ungarn, überall ein verehrter Reiter und gern gesehener Gast.“ Als Herrenreiter bestritt Graf Lehndorff mehr als 400 Rennen und kehrte dabei  142-mal als Sieger zur Waage zurück. All seine großen Erfolge als Reiter und Rennstallbesitzer aufzuzählen, würde den Rahmen unserer kleinen Reminiszenz sprengen. Der Zeitschrift „Sport im Bild“, Nr. 20 / 1915 entnehmen wir deshalb beispielhaft: „Zu seinen besten Pferden zählten 1863 die Ausländer Gaspard und Gaulois, die je sechsmal siegreich waren ... Gaspard gewann einige Rennen in Berlin und wurde dann zur Erfüllung seiner wertvollen Engagements nach Moskau verladen. Unterwegs nahm er noch ein Rennen in Königsberg mit. In der alten russischen Kaiserstadt gewann er dann den Kaiser-Preis und den Preis der Gestüts-Verwaltung. Genau so machte es sein Stallgefährte Gaulios, der nach vier Siegen in Berlin, Stettin und Insterburg in Moskau ebenfalls zwei gute Rennen landete ... Im Jahre 1864 hatte Graf Lehndorff sogar das gewinnreichste Pferd im Stall: den vierjährigen Engländer Fontenoy, der mit 14 Siegen über 10.000 Taler gewann ... 1864 zählte der Stall 25 Insassen, die 40mal siegten und 20 zweite Plätze belegten ... Im Jahre 1865 (dem letzten vollen Jahr) wird der Aktionsradius des Lehndorffschen Stalles noch größer ... Das Schwergewicht wurde nach Frankreich verlegt. Graf Lehndorff nahm seine besten Pferde und ließ sich in Chantilly nieder ...“ Mit sechs Championaten -  1853 (8 Siege), 1858 (14), 1859 (12), 1861(14), 1862 (13) und 1864 (10) – hat sich Graf Georg Lehndorff  als einer der erfolgreichsten deutschen Herrenreiter (Amateurreiter) aller Zeiten ein bleibendes Denkmal gesetzt.

Züchter      

Schloß Graditz bei TorgauSchloß Graditz bei TorgauIm Oktober 1866 wurde der erst 33-jährige Graf Georg Lehndorff mit der kommissarischen Verwaltung des Hauptgestütes Graditz und des sächsischen Landgestütes Repitz betraut und bereits im  November 1867  zum Landstallmeister und Leiter beider Zuchtstätten befördert. Der Fiskus hatte die bis dato in Neustadt / Dosse, Trakehnen und Graditz wenig organisierte und zersplitterte Vollblutzucht in Graditz vereinigt, was sich alsbald für die gesamte deutsche Vollblutzucht als segensreich erweisen sollte. Von den 1866 in Graditz vorhandenen 56 Zuchtstuten jedoch waren zehn Jahre später nur noch zwei als „zuchttauglich“ vorhanden. Bei Siegfried v. Lehndorff lesen wir dazu  in [3]: „Schon im Herbst 1866 wurde mit der Reorganisation der Vollblutzucht  durch den Ankauf von 2 Stuten begonnen, denen 1867 fünfzehn aus England folgten. Diese Ankäufe hatten Baron Maltzahn [Oberlandstallmeister] und mein Vater gemeinsam ausgeführt. Da ersterer bereits im Oktober 1868 starb, kaufte mein Vater von diesem Jahre ab allein, und zwar im Durchschnitt jährlich 3 Stuten, bis ich das Gestüt am 1. April 1906 übernahm ... Im ganzen hat er von 1866 bis zum Herbst 1905, also in 40 Jahren 152 Stuten angekauft.“ Der Engländer William Allison schreibt in seinen „Erinnerungen an Menschen und Pferde“: „Von allen ausländischen Käufern ... war Graf Lehndorff der bekannteste und bemerkenswerteste. Er war bis in die Fingerspitzen  ein Pferdekenner der Praxis und er war ein echter Gentleman, was man von einer großen Zahl seiner Landsleute nicht sagen konnte.“ Und der legendäre Trainer des Lord Derby, Sir George Lambton, urteilte über  Graf Georg v. Lehndorff, dass dieser „als Beurteiler von Zuchtpferden der beste auf der Welt“ gewesen sei.  „Von Graditz aus ist Graf Georg Lehndorff der weltberühmte, großartige Hippologe geworden, als der er in unserer dankbaren Erinnerung fortlebt.“ (Album des deutschen Rennsports 1932).  „In der Vollblutzucht hat es sicher nie einen Züchter gegeben, der mit solchem Erfolge das Problem löste, ein Pferd von allerhöchster Rennfähigkeit zu züchten, das auch in Knochenstärke und Form (Exterieur) den hohen Ansprüchen für seine Verwendung in der Halbblutzucht genügte. Das schwere Ringen um einen für die Landespferdezucht brauchbaren Vollbluthengst füllte einen großen Teil von Lehndorffs Leben aus, und er ist allein seiner Tätigkeit in Graditz wegen als Hippologe für alle Zeiten unsterblich. Der Tätigkeit  in der Graditzer Vollblutzucht gehörte seine ganze Liebe.“ (G. Rau, Sankt Georg, Nr.23 / 1933). Ebenda schrieb Landstallmeister v. Prittwitz-Cosel seine persönlichen Erinnerungen an Graf Georg v. Lehndorff nieder: „Ich trat mein Kommando zur Gestütsverwaltung am 1. April 1901 in Graditz bei Torgau an, zu einer Zeit, in der das Deckgeschäft noch in vollem Gange war. Auch die Rennpferde, welche in damaliger Zeit den Winter in Graditz verbrachten, waren noch nicht nach der Trainingszentrale in Hoppegarten übergesiedelt ... Fast jeden Tag fuhr Exzellenz zur Morgenarbeit der Rennpferde auf die Galoppierbahn. Beim Deckgeschäft war er stets zugegen. Dann erledigte er die Arbeiten auf dem Geschäftszimmer. Ferner besuchte er im Laufe des Tages die Fohlen bei Fuß, die Jährlingsstuten auf den Koppeln, die Jährlingshengste in den Paddocks, die Rennpferde im Stall oder fuhr auf die Vorwerke zu den Halbblütern. Wurde ein Fohlen geboren, so war sein erster Gang zu diesem und es wurde eingehend begutachtet. Ging ein Pferd ein, so wohnte er der Sektion bei. In der Anatomie der Pferde wusste er Bescheid wie der erfahrenste Tierarzt und stellte mit absoluter Sicherheit die Diagnose.“ Mit der Konzentration der staatlichen Vollblutzucht in Graditz entstand auch der alsbald berühmte und von nicht wenigen Privatbesitzern ob seiner Übermacht zeitweise gefürchtete Graditzer Rennstall. Aus Kostengründen trainierte der „Graf“ die Pferde anfangs selbst, erst 1883 wurde mit Richard Waugh ein erster Berufstrainer angestellt. Aus [4] entnehmen wir: „Als die ersten 25 Jahre des Graditzer Rennstalles verstrichen waren, waren 189 Graditzer – 100 Hengste und 89 Stuten – 1.246mal gelaufen und 496 Rennen waren gewonnen worden, die den stattlichen Gewinn von 1.934.661 Mark darstellten.“ Trotz mehrjährigem Startverbot für fiskalische Pferde (1872-1877) im Deutschen Derby vermochten die Graditzer das wichtigste klassische Rennen unter Ägide des Gestütsleiters Graf Georg v. Lehndorff mit Potrimpos (1886), Peter (1891), Geier (1893, Halbsieger mit Hardenberg) und Habenichts (1898) viermal zu gewinnen!  

Oberlandstallmeister

Durch allerhöchste Kabinettsordre wurde Graf Georg v. Lehndorff im Oktober 1887 zum Königlich-Preußischen Oberlandstallmeister ernannt und bekleidete dieses verantwortungsvolle Amt bis zum Jahre 1911, also annähernd 25 Jahre. Seine Amtszeit kann zweifelsohne als Epoche der Reorganisation und des allgemeinen Aufschwungs insbesondere der deutschen Vollblutzucht und des Rennsports bezeichnet werden. Der Graditzer Gestütsmeister Hinrichs, langjähriger Wegbegleiter des Grafen, erinnert sich (Sankt Georg, Nr. 23 / 1933) u. a. an deren gemeinsame Englandreisen: „Von dem hohen Ansehen, das Graf Georg Lehndorff in England genoß, kann sich nur der eine Vorstellung machen, der bei solchen Gelegenheiten dabei gewesen ist. Wenn Exzellenz Lehndorff auf einem englischen Rennplatz eintraf, dann wurde er sofort von den offiziellen und führenden Persönlichkeiten begrüßt und stand im Mittelpunkt des allgemeinen Interesses ... Exzellenz Lehndorff kaufte jeden Vollblüter, der für Deutschland bestimmt war, persönlich. Er ging dabei sehr gewissenhaft vor, kontrollierte ganz genau die Abstammung, die er von allen Vollblutpferden auswendig wusste, und verschaffte sich sorgfältigste Informationen über jedes einzelne Pferd ...

Quelle 'Das Pferd' v. Nov. 1892Quelle 'Das Pferd' v. Nov. 1892Ein besonderes Meisterstück von Graf Lehndorff war der Ankauf von Ard Patrick. Der Graf sah den Hengst zum erstenmal bei einem 2200m-Galopp und machte dann den Kauf perfekt. Er erlebte dann die Freude, sich dieses Pferd rechtzeitig gesichert zu haben, als Ard Patrick kurz hintereinander als Vierjähriger die Prince of Wales-Stakes und die Eclipse-Stakes ... gewann. Graf Lehndorff war es auch, der für die Halbblutzucht so bedeutende Hengste wie Perfectionist, Red Prince, Master Magpie ausfindig machte und für Deutschland sicherte ... Seine Begleiter auf diesen Reisen waren sehr oft die Herren U. v. Oertzen und Exzellenz von Girsewald.“  Und Hinrichs resümiert über „seinen“ Oberlandstallmeister: „ Von allen Seiten holten sich Züchter und Rennleute Rat und Auskunft bei Exzellenz Lehndorff, und bei jeder Gelegenheit gab er Hinweise, Anregungen und Belehrungen ..., so daß man ihn mit Recht den größten Förderer von Deutschlands Vollblutzucht und –sport sehen kann.“

Funktionen und Ehrungen       

Lehndorff-Denkmal auf der Rennbahn Hoppegarten, 1926 eingeweiht, zu DDR-Zeiten abgetragen und seither verschollen. Fotos (5) Graage-ArchivLehndorff-Denkmal auf der Rennbahn Hoppegarten, 1926 eingeweiht, zu DDR-Zeiten abgetragen und seither verschollen. Fotos (5) Graage-ArchivGraf Georg v. Lehndorff zeigte außerordentliches Engagement auch in Funktionen verschiedenster Gremien von Zucht und Sport. „Eine Reihe von Jahren war er Vorsitzender der Technischen Kommission des Union-Klubs, ein Posten, den er erst niederlegte, als er 1887 zum Oberlandstallmeister ernannt wurde. Dafür übernahm er dann den Vorsitz des Großen Schiedsgerichts in Rennangelegenheiten, den er erst 1913 an seinen Nachfolger, Burchhard von Oettingen, abtrat. Im Union-Klub war Graf Lehndorff einer der Vizepräsidenten, er gehörte auch der Aufnahmekommission, dem Repräsentanten-Ausschuß und der Importations-Kommission an. Im Berliner Renn-Verein war er gleichfalls Vize-Präsident und der Verein für Hindernis-Rennen führte ihn als Ehrenpräsident. Er war auch einer der 36 Männer, die am 15. Dezember 1867 ... den Union-Klub ins Leben gerufen hatten.  ... Die Laufbahn des Grafen Lehndorff ist nicht nur reich an Erfolgen gewesen, sondern auch reich an Ehrungen ... 1891 erhielt er anlässlich des 25jährigen Jubiläums von Graditz das Komturkreuz des Hohenzollernschen Hausordens, 1897 wurde er zum Wirklichen Geheimen Rat mit dem Titel Exzellenz ernannt und ihm weiter der Kronenorden I. Klasse verliehen. Dieser Auszeichnung folgte beim Scheiden aus seinem Amt Ende des Jahres 1911 die Verleihung des Roten Adlerordens I. Klasse mit Brillanten ... Wie hoch auch das Ausland die Person des Grafen Lehndorff schätzte, beweist, daß er als Ehrenmitglied dem Englischen Jockey-Club angehörte, der einzige Deutsche, dem je diese Auszeichnung zuteil geworden ist.“ (Album des deutschen Rennsports 1933).

Aus seinem Werk

Die hippologische Fachliteratur des 19. Jahrhunderts und zuvorderst das von Georg Graf v. Lehndorff verfasste „Handbuch für Pferdezüchter“ beurteilte der langjährige Generalsekretär des Union-Klubs von 1867, F. Chales de Beaulieu (1899-1992) wie folgt: „Leider sind all diese gediegenen Bücher der heutigen Lesergeneration nahezu unbekannt. Bessere gibt es aber nicht und wird es nicht mehr geben.“  Und Gustav Rau schreibt im „Sankt Georg“, Nr. 23 / 1933: „Graf Lehndorff´s durch die ganze Welt gegangenes „Handbuch für Pferdezüchter“ ist typisch für die Schlichtheit seines Wesens. Er gibt in diesem Werke das ganze Maß seiner gewaltigen züchterischen Erfahrungen, aber nicht als über den Züchtern stehender Oberlandstallmeister, sondern er spricht als Züchter zu seinen Tausenden Züchterkollegen.“ Untersetzen wir unsere kleine Dokumentation mit aus Platzgründen nur drei Auszügen aus dem „Handbuch ...“ [5] Graf Georg v. Lehndorffs, dessen 5. Auflage 1909 er selbst als sein hippologisches Testament bezeichnete. Zur Zucht: „Die Vollblutzucht ist in viel geringerem Maße ein Produkt der Scholle als das Halbblut oder gar die kaltblütigen Schläge, sie ist vielmehr ein universelles Kunstprodukt, eine äußeren Einflüssen gegenüber widerstandsfähige Rasse, welche sich nach allen Ländern verpflanzen und überall weiterzüchten lässt, ohne wesentlich zu degenerieren, solange sie nach denselben Prinzipien fortgezüchtet wird ...“ „Man soll nur Stuten aus dem bestbewährten Blut kaufen, wobei namentlich auf die Mutter noch mehr Rücksicht zu nehmen ist als auf den Vater. Die gute Abstammung allein darf aber noch nicht entscheidend sein, weil man sich auch dabei noch leicht mit ungesunden Tieren bekaufen kann ...“ Zu den Rennen: „Die Schnelligkeit ist nicht der Zweck, sondern nur der Maßstab für die gemachte Kraftprobe. Das große ideale Prinzip, welches diese Art der Prüfung unvergleichlich höher stellt als alle anders gearteten Ermittlungen resp. Taxen, welche lediglich auf individueller Beurteilung durch Kommissionen oder einzelne Richter beruhen, ist die absolute und blinde Gerechtigkeit, personifiziert in den unbeugsamen Siegespfosten, welche auf der Rennbahn den Ausschlag geben; und die  unumstößliche Gewißheit, daß weder Moden noch Zeitströmungen, weder Wohlwollen noch Haß, weder persönliche Ansichten noch Opportunitätsrücksichten (wie sie leider bei Schauprämiierungen so häufig) die in über 200jähriger Statistik niedergelegten Entscheidungen heißer Kämpfe beeinflußt haben, verleiht dem englischen Vollblut einen Zuchtwert, welchen keine Rasse in irgendeiner anderen Tierart beanspruchen kann.“

Literaturempfehlung / Quellen

[1] Lehndorff, H. Graf v.: Menschen, Pferde, weites Land, München 1980. [2] Christ, O.: Das Hohelied des deutschen Amateurrennsports, Hannover 1938. [3] Lehndorff, S. Graf v.: Ein Leben mit Pferden, Hannover 1956. [4] Christ, O.: Kreuz und quer durch den Rennsport, Köln 1948. [5] Lehndorff, G. Graf v.: Handbuch für Pferdezüchter, Berlin 1881. [6] Beaulieu, F. Chales: Vollblut, München-Basel-Wien 1967.  Chronist: K.D.Graage   Repros: Archiv   

Georg Graf v. Lehndorff - Zitate

Blut ist der Saft, der Wunder schafft!    

Züchte nur von den Besten Deiner Besten, und lass’ es diesen wenigen Tieren an nichts fehlen!

Zu einem guten Rennpferde gehören: Erstens Gesundheit – zweitens Gesundheit – drittens viel Gesundheit!

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