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Zweites Jockey-Championat für Filip Minarik: "Eine echte Fleißarbeit!"

Filip Minarik wird Jockeychampion 2011. www.galoppfoto.de - Gruttmann

Autor: 

Karina Strübbe

TurfTimes: 

Ausgabe 197 vom Donnerstag, 12.01.2012

Zum Zeitpunkt des Gesprächs liegt noch Spannung in der Luft. Sechs Rennen stehen im alten Jahr noch an, zumindest theoretisch genug, um noch eine Wendung in buchstäblich letzter Sekunde herbeizuführen, jedenfalls im Kampf um den Titel des Jockeychampions.  Filip Minarik ist trotzdem entspannt und guter Dinge. Dazu mag neben dem vermeintlich komfortablen Vorsprung von drei Siegen gegenüber  Alex Pietsch auch die Tatsache beitragen, dass sich eine lange Saison ihrem Ende nähert. Der Neusser Silvesterrenntag ist der letzte Auftritt von Filip Minarik in Deutschland, bevor es in den wohlverdienten Urlaub nach Thailand geht. Die gute Laune ist also begründet. Wenige Stunden später fällt dann wohl auch der letzte Rest der Anspannung weg, keine Wende mehr im Jockeychampionat, zwar ging Filip Minarik an diesem Tag leer aus, dafür konnte er jedoch schon nach dem fünften Rennen des Tages die ersten Glückwünsche entgegennehmen.

Filip Minarik am entscheidenden Silvesterrenntag in Neuss ... noch ganz sauber. Foto: Karina StrübbeFilip Minarik am entscheidenden Silvesterrenntag in Neuss ... noch ganz sauber. Foto: Karina StrübbeVor allem Fleißarbeit, sagt Filip Minarik, hat ihm zu seinem zweiten Championat nach 2005 verholfen. „Ein Champion-Titel ist natürlich eine Auszeichnung. Früher bedeutete das, dass man der Beste war. Jetzt ist es eher so, dass man der Fleißigste war.“ 81 Siege gelangen ihm im Jahr 2011, ein zufriedenstellendes Jahr, aber keine Ausnahmesaison, denn anders als noch 2010 waren keine herausragenden Siege wie der mit  Night Magic im  Großen Preis von Baden 2010 dabei. Dennoch hat das Championat gerade im Jahr 2011 eine besondere Bedeutung. „Es ist natürlich für mich persönlich schön, in einem  Danedream-Jahr mich mit dem Champion-Titel zu schmücken.“ Überhaupt hat Danedreams Arc-Sieg einiges verändert, auch Filip Minariks Sicht auf Traumpferde und Helden des Turfs, die vorher vermeintlich nur in England, Frankreich oder in den USA liefen. „Im Moment würde ich sagen, ich habe sämtliche Träume verloren. Ich wollte immer Pferde wie  Zarkava reiten, aber seit wir die Arc-Siegerin im Stall haben... Man verliert die Illusionen über angebliche Traumpferde. Wir haben auch eins zu Hause.“

So ein Championat ist ein hartes Stück Arbeit: Filip Minarik war mit Dakar in Neuss - zwar unplatziert, aber in diesem Moment der sichere Champion. Foto Hannah Parow-SouchonSo ein Championat ist ein hartes Stück Arbeit: Filip Minarik war mit Dakar in Neuss - zwar unplatziert, aber in diesem Moment der sichere Champion. Foto Hannah Parow-SouchonDirty & happy nach dem 6. Rennen ....Dirty & happy nach dem 6. Rennen ....Das wird er wohl auch in nicht allzu ferner Zukunft schon wieder sehen. Nach dem Urlaub in Thailand und einem Besuch bei der Familie in Tschechien, will Filip Minarik bereits im Laufe des Februars wieder in den Rennzirkus einsteigen. „Ich gucke mal nach dem Urlaub, wie schnell ich wieder fit bin. Ich möchte in  St. Moritz wieder mit Kondition einsteigen können.“ Lange hält es Filip Minarik sowieso nicht ohne die Pferde aus, für nicht pferdische Hobbys ist weder Zeit noch Platz, auch wenn er mal nicht selbst im Sattel sitzt.  Wenn sich der deutsche Rennsport im Winter auf die Sandbahnen in Neuss und Dortmund beschränkt, sind es eben die ausländischen Rennen, die im Fokus stehen. „Pferderennen sind alles. Ich gucke auch gern ausländische Rennen, jetzt im Winter auch National Hunt Sport, also Steeplechase in England. Rennsport ist mein Leben.“

Direktoriumspäsident Albrecht Woeste gratuliert zum gewonnen Championat. Foto: Karina StrübbeDirektoriumspäsident Albrecht Woeste gratuliert zum gewonnen Championat. Foto: Karina StrübbeDas war eigentlich schon immer so, erzählt Filip Minarik. Schon früh gab es nur die Pferde bei ihm und seinem Bruder, übrigens sehr zum Leidwesen der Mutter, die ihre Söhne lieber in „anständigen Berufen“ gesehen hätte. „Das ist bei beiden völlig misslungen“, sagt Minarik heute lachend, doch anfangs war es nicht so leicht. Er musste als Amateur beginnen und sollte das Abitur machen. „Das hat mir besonderes wehgetan, weil ich restlos überfordert war. Und danach gab's nur noch den Rennsport.“ Nach der Lehre bei seinem Vater in Tschechien ging es 1996 zu  Martin Rölke, die erste Station in Deutschland. Es folgten  Hubertus Fanelsa und danach schon  Peter Schiergen, eine Zusammenarbeit, die nun schon lange Jahre Bestand hat. Darüber hinaus gehört  Hein Bollow zu Filip Minariks größten Unterstützern. Dieser konnte den Sieg im Jockeychampionat live miterleben, war er doch im Auto mit Filp Minarik nach Neuss gekommen. „Hein Bollow fährt immer mit mir, wenn es geht. Heute ist eine Ausnahme, normal wird er bei dem Wetter zu Hause gelassen, aber er muss ja mitfiebern.“

Auf die Frage, was den größten Reiz des Berufs ausmacht, gibt es kein langes Zögern, es ist die Abwechslung, immer wieder Neues kennenzulernen und zu sehen, seien es Pferde oder Menschen. Monotonie ist der größte Feind. Da ist es auch kein Wunder, dass ihn schlechtes Wetter relativ wenig ausmacht. „Wenn ich drei Tage auf der Couch verbracht habe, eher zwei, dann fällt mir die Decke auf den Kopf und dann renne ich raus, auch mit Unterhose bei -1 Grad, Hauptsache raus. Ich bin kein Typ, der sich zu Hause verkriechen kann.“

 

Lieferten sich in 2011 einen spannenden Championatskampf: Filip Minarik, Eduardo Pedroza, Alexander Pietsch (von links). www.galoppfoto.de.JPGLieferten sich in 2011 einen spannenden Championatskampf: Filip Minarik, Eduardo Pedroza, Alexander Pietsch (von links). www.galoppfoto.de.JPG

Vom Vize-Champion Alexander Pietsch gibt es ein ausführliches und aktuelles Interview im Portal www.times.de: click here.

Platz Name Siege 2.Pl 3.Pl. 4.Pl. 5.Pl. Starts Gewinn- Sieg%
summe
1 Filip Minarik 81 75 65 72 80 628 820.065 12.9

2 Alexander Pietsch 78 66 50 51 45 480 578.930 16.25
3 Eduardo Pedroza 75 78 48 62 36 477 979.380 15.72
4 Andreas Suborics 64 35 50 33 26 338 591.220 18.93
5 Andrasch  Starke 62 61 59 46 24 393 1.134.865 15.78
6 Adrie de Vries 62 37 29 39 31 289 819.000 21.45
7 Jozef Bojko 53 61 62 60 61 538 687.900  9.85
8 Stefanie Hofer 51 47 44 45 50 452 438.980 11.28
9 Sabrina Wandt 45 28 25 34 30 326 239.081  13.8
10 Terence Hellier 41 40 24 30 24 260 591.010 15.77

So sieht der Jubel bei Filip Minarik nach einem Gr. I-Treffer mit Night Magic aus. www.galoppfoto.deSo sieht der Jubel bei Filip Minarik nach einem Gr. I-Treffer mit Night Magic aus. www.galoppfoto.de

Das Interview mit Filip Minarik: Irgendwie geht es in Deutschland immer weiter

Geboren:10.03.1975 in Prag
Jockey seit:„Ich war noch nie was anderes. Ich komme auch aus einer Rennsportfamilie."
Stall:Peter Schiergen als 2. Filip Minarik
Niedrigstes Reitgewicht: 51 Kilo

Was müssen Sie dafür tun?

„Nicht viel, ich bin viel unterwegs, reite viel, da verliert man viel Substanz. Wenn es losgeht muss ich da dann nicht mehr viel für tun.“
1. Sieg als Jockey:„Das war 1991 in Prag, ein Ausgleich, die Stute hieß Lucina.“
Größte Erfolge als Jockey:„Definitiv die Gruppe I-Siege, zwei davon mit Gonbarda, Großer Preis von Baden mit Prince Flori und Night Magic und Gran Premio di Milano mit Königstiger. Das sind fünf Gruppe I-Sieger, die stehen bei mir ganz oben.“
Anzahl Siege:1.117 (03.01.2012)
Was war Ihr bester Ritt?Einer der größten Erfolg - der Sieg im Großen Preis mit Night Magic. www.galoppfoto.deEiner der größten Erfolg - der Sieg im Großen Preis mit Night Magic. www.galoppfoto.de„Ich blicke gerne zurück auf Night Magic im Großen Preis von Baden. Der Rennverlauf passte, da war die einmalige Atmosphäre und es ist schon was ganz Besonderes.“
Gibt es einen Moment/einen Ritt, über den Sie sich sehr über sich selbst geärgert haben?„Man ärgert sich immer wieder. Man lernt aber mit der Zeit, dass immer wieder Fehler passieren werden und man geht mit den Siegen genauso wie mit den Niederlagen nachher ruhiger um.“
Welche(s) ist/sind ihre besondere(n) reiterliche(n) Stärke(n)? Haben Sie auch Schwächen als Jockey?„Das müssen andere beurteilen.“
Was war Ihr schönster Sieg?„Ich hab mich immer gefreut über Siege in Longchamp, weil Longchamp ist eine besondere Bahn und da habe ich zweimal mit Kasus gewonnen, wo ich eigentlich auch Mitbesitzer war. Der war ein gutes Pferd, das kaputtgegangen ist, das wir wieder neu aufgebaut haben. Mit dem haben wir viel Spaß gehabt und die zwei Siege in Longchamp bleiben für immer in Erinnerung.“
Welcher Sieg war dieses Jahr der überraschendste für Sie, also einer, mit dem Sie vorab nicht gerechnet haben?„Nein, eigentlich nicht. Nein, das war auch keine Ausnahmesaison, keine großen Sieger, nein.“
Wie sind Sie an den Rennsport gekommen?

„Ich komme aus einer Rennsportfamilie, mein Vater war erfolgreicher Jockey, dreifacher tschecheslowakischer Champion und danach erfolgreicher Trainer. Ich habe einen Bruder, der war auch Jockey, hat danach trainiert, jetzt reitet er wieder. Meine Mutter wollte es verhindern unbedingt. Ich musste erst als Amateur anfangen, Gymnasium machen und Abitur, das hat mir besonderes wehgetan, weil ich restlos überfordert war. Und danach gab's nur noch den Rennsport.“

Warum wollte Ihre Mutter das nicht?

Sie hat bei unserem Vater gesehen, wie schwer der Beruf ist und wollte, dass wir was Anständiges machen, ich und mein Bruder und es ist bei beiden misslungen.“

Wo haben Sie gelernt? was/bei wem):„Ich hab bei meinem Vater in Tschechien gelernt und habe ein dreimonatiges Praktikum gemacht, bei Toni Klug. Das war 1995.“  

Wie sind Sie nach Deutschland gekommen?

„Mit dem Zug.“ (lacht)
Und warum?„Es gab damals eine Verbindung von diesen Ostmeetings. Mein Vater hatte daher Verbindungen zu  Martin Rölke gehabt und hat mich da weiter vermittelt und der hat mich damals aufgenommen 1996. Das war meine erste Station in Deutschland. Es folgten  Hubertus Fanelsa und danach schon  Peter Schiergen."
Wer hat Sie im Rennsport gefördert? Person/Unterstützer?„Natürlich meine Familie, meine Eltern. Eine nächste wichtige Station war bei Hubertus Fanelsa in Bremen, dann kam schon Peter Schiergen. Viel Unterstützung kam auch von Hein Bollow, das sind so die Stützpunkte in meinem Leben.

Worin liegt für Sie der Reiz Ihres Berufes?

„Es ist immer wieder eine Herausforderung, man lernt nie aus. In dem Beruf gibt es immer wieder neue Pferde zu reiten, neue Bahnen, neue Menschen kennen zu lernen und es geht immer weiter. Es ist ein sehr abwechslungsreicher Beruf und das ist das, was ich brauche. Ich hasse, wenn es monoton wird.“

Wie motiviert man sich für Ihren Beruf, wenn man im Februar bei -1 Grad und eisigem Regen in der Morgenarbeit reiten muss?

„Sagen wir mal so, Lust hab ich nicht, aber wenn ich drei Tage auf der Couch verbracht habe, eher zwei, dann fällt mir die Decke auf den Kopf und dann renne ich raus, auch mit Unterhose bei -1, Hauptsache raus. Ich bin kein Typ, der sich zu Hause verkriechen kann.“

Welches ist/war das beste Pferd, das Sie geritten sind?

„Das ist eine schwierige Frage. Ich habe Danedream im Rennen geritten, was soll ich noch dazu sagen? Zwar nicht zum Sieg, aber sie ist eine Arc-Siegerin, was gibt es noch mehr?“

Haben Sie ein Lieblingspferd? Welches und warum?

„Immer wieder ja. Aber die kommen und gehen, man baut keine starken Beziehungen auf. Mir sind wahrscheinlich schon 10.000 Pferde durch die Hände gegangen und man darf mit ihnen nicht zu eng werden.“

Welches Pferd (früher, international) hätten Sie gern einmal geritten?„Im Moment würde ich sagen, ich habe sämtliche Träume verloren. Ich wollte immer Pferde wie Zarkava reiten, aber seit wir die Arc-Siegerin im Stall haben... Man verliert die Illusionen über angebliche Traumpferde. Wir haben auch eins zu Hause.“
Welche ist Ihre Lieblingsbahn und warum?„Also von der Linienführung her definitiv München.“
Auf welcher Bahn (international) würden Sie gerne einmal einen Ritt haben?„Longchamp. Longchamp ist das A und O, alles. Ich hab da mit Tertullian mal ein Grupperennen gewonnen, das war ein besonders schönes Erlebnis.“

Was gefällt Ihnen gut am deutschen Rennsport?

„Es geht immer weiter. Das ist für mich immer wieder ein Wunder. Ich war schon ein paar Mal sehr pessimistisch bezüglich Deutschland, aber wie man sieht, geht es immer weiter und das freut mich.“

Was würden Sie als erstes verbessern wollen?

„Das sind Fragen für die Verantwortlichen.“

Was ist Ihr Lieblingsessen und wie oft können Sie sich das genehmigen?

„Ich esse unheimlich gern Chinesisch, Asiatisch. Ich kann das auch öfter essen. Ich fliege am 9. Januar nach Thailand, auch wegen des Essens.“
Ist Thailand Ihr Lieblingsurlaubsziel?„Ich war noch nie da. Es geht ein Traum in Erfüllung. Ich hasse Langzeitflüge, aber ich werde mich überwinden, weil ich das Land kennenlernen möchte.“
Also reiten Sie nicht durch?

„Nein, das ist der letzte Deutschlandauftritt bis im Februar. Morgen muss ich noch nach Deauville und dann gucke ich mal nach dem Urlaub, wie schnell ich wieder fit bin. Ich möchte in St. Moritz wieder mit Kondition einsteigen können.“

Wenn Sie in einem Rennen reiten und sich die Liste der anderen Jockeys betrachten, über welchen Namen freuen Sie sich am meisten, wenn Sie ihn nicht lesen?

„Allgemein Frauen. Frauen gehören nicht in den Rennsport. Das ist eine reine Männersache. Wenn Frauen reiten möchten, dann sollen die ihre eigenen Rennen unter sich veranstalten, so wie in Frankreich.“
Also schlagen Sie ungern Frauen?Das hat mit schlagen oder nicht schlagen nichts zu tun. Man hat die nicht gern dabei.
Wie sieht ein typischer Tag aus?„Aufstehen, mit dem Fahrrad zum Stall fahren, Kaffee trinken, meine fünf Pferde reiten. Am Nachmittag ein bisschen was anderes machen. Es gibt in meinem Leben eigentlich keinen typischen Tag.“

Haben Sie nicht pferdische Hobbys?

„Nein, definitiv nein. Pferderennen sind alles. Ich gucke auch gern ausländische Rennen, also England, Frankreich, Hong Kong, Japan. Jetzt im Winter auch National Hunt Sport, also Steeplechase in England. Rennsport ist mein Leben.“

Sind Sie abergläubisch?

„Nein. Ich glaube an mich selbst.“

Welches Rennen würden sie gern mal gewinnen?

Natürlich kann man sich immer wieder irgendwelche Ziele erträumen, aber grundsätzlich gesagt: Ich habe mehr in meinem Leben erreicht, als ich mir jemals erträumt habe. Und man soll's nicht übertreiben.“

Was sind Ihre Ziele/Wünsche für 2012?

„Gesund bleiben.“

Welche Bedeutung hat denn überhaupt so ein Ehrentitel wie das Championat für Sie?

„Es ist natürlich eine Auszeichnung. Früher bedeutete das, dass man der Beste war. Jetzt ist es eher so, dass man der Fleißigste war. Aber es wäre natürlich für mich persönlich schön, in einem Danedream-Jahr mich mit dem Champion-Titel zu schmücken.“

Was machen Sie, wenn die Jockeykarriere irgendwann einmal vorbei ist?

„Das ist eine Frage, vor der ich Angst habe. Ich habe Angst, sie mir selber zu stellen, also kann ich nicht antworten.“

Text und Interview: Karina Strübbe

In der nächsten Ausgabe folgt das Porträt des Trainer-Champions Andreas Wöhler.

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