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Das Wochenende der Derbys

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Turf aktuell

TurfTimes: 

Ausgabe 570 vom Freitag, 31.05.2019

Hierzulande konzentriert sich das Interesse der Turf-Szene in diesen Tagen auf Iffezheim. Die Höhepunkte des Frühjahrsmeeting stehen am Wochenende bevor, die Frühjahrs-Auktion geht nach dem morgendlichen Breeze Up für die Zweijährigen bereits am Freitagnachmittag über die Bühne. Ein Blick über die deutsche Grenze hinaus lohnt sich für Turf-Fans an diesem Wochenende dennoch, stehen doch in England und Frankreich an diesem Wochenende die nationalen Derbys auf dem Programm.

Am Samstag wird auf den Epsom Downs das mit umgerechnet 1,84 Mio. Euro dotierte englische Derby ausgetragen. Anders als in Frankreich ist das Derby auf der Insel damit das höchstdotierte Rennen der dortigen Saison. Dass es auch auf eine weit längere Tradition als das französische Pendant verweisen kann, bedarf keiner besonderen Erwähnung, ist doch hinlänglich bekannt, dass die erstmals 1780 in Epsom ausgetragene klassische Prüfung für Dreijährige das Vorbild für die zahlreichen nationalen Derbys für Vollblüter in anderen Ländern war. Nach derzeitigem Stand wird ein 13köpfiges Starterfeld den Kampf um das stattliche Preisgeld aufnehmen.

Die Favoritenrolle wird dabei – wie sollte es auch anders sein – von einem Vertreter des irischen Ballydoyle-Quartiers übernommen. Der bereits sechsmal im englischen Derby erfolgreiche Trainer Aidan O´Brien sattelt diesmal allein sieben Kandidaten in Epsom. Stalljockey Ryan Moore entschied sich für Sir Dragonet, was dem ungeschlagenen Camelot-Sohn zusammen mit dem überzeugenden Sieg in der Chester Vase über Derby-Distanz die Pole Position im Wettmarkt sicherte.

Selbst wenn der unerfahrene Sir Dragonet, der eigentlich gar nicht für einen Start im englischen Derby vorgesehen war und daher erst per kostspieler Nachnennung ins Starterfeld kam, bei seinem erst dritten Lebensstart in Epsom nicht zum Zuge kommt, könnte Aidan O’Brien durchaus über den siebten Derby-Erfolg jubeln, hat er mit dem Australia-Sohn Broome und dem Galileo-Sohn Anthony van Dyk doch auch den Co-Favoriten und einen weiteren bei den Buchmachern stark beachteten Kandidaten im Aufgebot. Broome gewann zwei Gruppe III-Rennen in Irland in diesem Jahr auf seinem Weg nach Epsom, schon im Vorjahr zeichnete er sich als Zweiter im Prix Lagardere am Arc-Wochenende auf höchstem Gruppe-Parkett aus. Geritten wird er von Donnacha O’Brien, der schon mehrfach in der zweiten O’Brien-Farbe in einem Klassiker erfolgreich war, zuletzt noch vor vier Wochen in den englischen 2000 Guineas mit Magna Grecia. Anthony van Dyk, dreifacher Sieger und zweifach auf Gruppe I Niveau Platzierter im Vorjahr, startete Mitte Mai mit einem sicheren Sieg in einem Listenrennen in Lingfield in die Saison. In seinem Sattel hat Jockey Seamie Heffernan, dreifacher Siegreiter im irischen Derby, die Möglichkeit auf einen ersten Erfolg im englischen Pendant. Vom restlichen Quartett des Ballydoyle-Quartiers in Epsom verdient Circus Maximus noch eine Erwähnung, wurde für den zuletzt auf Listenparkett in Chester erfolgreichen Galileo-Sohn doch Frankie Dettori als Jockey verpflichtet. Erstmals absolviert der zweifache Derby-Siegreiter Dettori damit erstmals für Aidan O´Brien einen Ritt im englischen Derby.

Den chancenreichsten Gegner für die O’Brien-Vertreter sehen die Buchmacher in dem von Hughie Morrison vorbereiteten Briten Telecaster, der für umgerechnet knapp 100.000 Euro nachgenannt wurde. Der New Approach-Sohn hat bereits Erfahrung damit, einem heißen Favoriten die Show zu stehlen. Sein Sieg in den Dante Stakes vor zwei Wochen holte den im Vorjahr zum neuen Superstar des englischen Turfs hochstilisierten Too Darn Hot wieder auf den Boden der Tatsachen zurück. Oisin Murphy ritt ihn bislang bei allen drei Starts seiner Laufbahn und wird sich auch am Samstag wieder in seinen Sattel schwingen. Die einzige Niederlage, die Telecaster beim Lebensdebüt Ende März bezog, wurde ihm vom Australia-Sohn Bangkok zugefügt. Besagter Bangkog gehört auch im Derby zu seinen Konkurrenten und rangiert ebenfalls im Vorderfeld des Wettmarkts. Der von Andrew Balding trainierte und von Silvestre de Sousa gerittene Hengst gewann bei seinem letzten Start mit dem Classic Trial ein Gruppe III Rennen in Sandown, was ihm einigen Kredit bei den Buchmachern einbrachte.

Dass die Einschätzung am Wettmarkt längst nicht immer ein zuverlässiger Indikator für den Derby-Erfolg ist, zeigt der Ausgang des Vorjahrs, als zwei Außenseiter, der seit dem Derby-Sieg nicht mehr gelaufene Godolphin-Vertreter Masar und der hierzulande durch seine Platzierung im Großen Preis von Bayern bestens bekannte Dee Ex Bee, auf den ersten beiden Plätzen in Epsom einkamen und als 17:1 bzw. 21:1 Außenseiter die Favoriten in die Schranken wiesen.

Einen Tag nach dem englischen Derby kommt es am Sonntag auf der Rennbahn in Chantilly zur Austragung des französischen Derbys, das seit seiner Inauguration im Jahr 1836 den Namen „Prix du Jockey Club“ trägt. Mit der für ein französisches Rennen ungewöhnlichen Namensgebung erwiesen die Franzosen dem englischen Vorbild eine besondere Referenz, benannten sie ihr nationales Derby doch nach der in Newmarket beheimateten Dachorganisation des englischen Turfs. Initial wurde der Prix du Jockey Club über 2500m gelaufen, die Verkürzung auf 2400m erfolgte jedoch bereits 1843.

Für einigen Wirbel sorgte in 2005 die Verkürzung der in diesem Derby zurück zu legenden Distanz auf 2100m, verabschiedete sich Frankreich damit doch aus dem Kreis der anderen führenden Turf-Nationen in Europa, die alle an einer Derby-Distanz von 2400m festhielten. Besonderes Stehvermögen ist somit für einen Sieg nicht mehr nötig, was auch zur Konsequenz hatte, dass seit 2005 kein einziger Derby-Sieger mehr im über 2400m führenden Arc, dem höchstdotierten französischen Rennen der Saison, erfolgreich war. Vor der Veränderung der Renndistanz hatten immerhin neun Derby-Sieger anschließend auch einen Arc-Erfolg an ihre Fahnen heften können, zuletzt gelang dies dem Aga Khan-Schützling Dalakhani im Jahr 2003.

Diesmal werden sich 15 Dreijährige, wie im englischen Derby auch hier ausschließlich Hengste, an den Start begeben und den Jahrgangsprimus des Nachbarlandes küren, wobei die heimischen Vertreter numerisch nur knapp im Vorteil sind, da sechs Derby-Starter aus britischen und irischen Quartieren anreisen werden. Doch scheinen die Chancen für einen der im französischen Derby ohnehin seltenen Erfolge ausländischer Gäste - zuletzt gelang dies 2014 dem Schimmel The Grey Gatsby - nicht allzu hoch, hat der französische Startrainer Andre Fabre mit Persian King diesmal ein ganz heißes Eisen im Feuer.

Im Wettmarkt nimmt der vom vierfachen Derby-Siegtrainer für das Dubai-Vollblutimperium von Sheikh Mohammed al Maktoum trainierte Kingman-Sohn nach seinem überzeugenden Erfolg im französischen Meilenklassiker eine äußerst dominante Stellung ein. Seine bisherige Rennkarriere war nahezu makellos, nur bei seinem Lebensdebüt in Deauville musste er als Zweiter einen Konkurrenten vor sich dulden, bei allen weiteren fünf Starts, davon auf drei auf Gruppe-Parkett, blieb er siegreich. Sein ständiger Jockey Pierre-Charles Boudot, für den es im Erfolgsfall der erste Derby-Sieg wäre, hat zuletzt Bedenken hinsichtlich des Stehvermögens für die geforderten 2100m als unbegründet bezeichnet. Ursprünglich bestanden Pläne, Persian King auf der Meilendistanz zu belassen und mit ihm die St. James´s Palace Stakes beim Royal Ascot Meeting anzusteuern, doch entschied man sich nach dem letzten Longchamp-Triumph für den Derby-Start.

So klar die Favoritenrolle an Persian King vergeben ist, so offen ist die Ausgangslage auf den Plätzen. Für die angesichts der Gesamtdotierung von 1,5 Mio. Euro lukrativen Platzgelder werden den drei britischen Gästen, dem von Andrew Balding entsandten Raise You (Andrew Probert), John Gosdens Schützling Kick On (Oisin Murphy) und Roger Varians Vertreter Surfman (Andrea Atzeni), gute Chancen eingeräumt. Von den drei irischen Gästen aus dem O´Brien-Quartier scheint der von Stalljockey Ryan Moore gerittene Cape of Good Hope aufgrund seines Erfolgs auf Listenebene in Epsom der aussichtsreichste Kandidat zu sein. Der Galileo-Sohn galt längere Zeit als fester Starter im englischen Derby, doch entschied sich das Ballydoyle-Quartier in dieser Woche gegen Epsom und für Chantilly.

Die französischen Hoffnungen auf einen Heimsieg lasten zwar primär auf Persian King, doch bietet Andre Fabre mit Slalom (Maxime Guyon) und Roman Candle (Mikael Barzalona) noch zwei weitere Schützlinge auf, die für den Trainingsgefährten in die Bresche springen können. Der im Besitz der Wertheimer-Brüder stehende Slalom ist nach drei Karrierestarts noch ungeschlagen, zuletzt siegte der Intello-Sohn auf Gruppe III Ebene über die französische Derby-Distanz in Longchamp. Roman Candle, frischer Sieger auf Gruppe II Parkett in Saint-Cloud, läuft zwar nur in der zweiten Godolphin-Farbe, doch hat der Le Havre-Sohn durchaus Chancen auf eine vordere Platzierung.

Trainer Jean-Claude Rouget bringt mit Sottsass einen Kandidaten mit schwankender Formkurve an den Derby-Start. Wenn er einen guten Tag erwischt, könnte auch er im Endkampf mitmischen. Nur schwer einzustufen ist der ungeschlagene Motamarris, den Fredy Head für Hamdan al Maktoum betreut. Drei Siege bei ebenso vielen Starts stehen im Rennrekord des Le Havre-Sohns, doch lief er bislang noch in einem Pattern-Rennen, so dass er diesmal Gegner ganz anderen sportlichen Kalibers treffen wird.

Was wäre ein französisches Derby ohne einen Vertreter des Aga Khans, der bereits sieben Mal das Derby im Nachbarland gewinnen konnte, der letzte Derby-Sieg durch Darsi liegt allerdings schon 13 Jahre zurück. Auch in diesem Jahr wird das grüne Renndress mit den roten Schulterklappen in Chantilly vertreten sein, allerdings wird dem von Alain de Royer-Dupre trainierten und von Christophe Soumillon gerittenen Zarkallani nur eine Außenseiterrolle zugebilligt. Der Invincible Spirit-Sohn der Arc-Siegerin Zarkava hat erst vor einer Woche bei seinem dritten Start die Maidenschaft ablegen können, da könnte der Sprung auf Gruppe I Niveau für ihn doch etwas zu früh kommen.

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