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Wie auf Wolke Sieben

Andrasch Starke in Ascot: Das sind Momente, die muss man festhalten, das erlebt man nur einmal im Leben. Photo by Emma-Louise Kerwin

Autor: 

Frauke Delius

TurfTimes: 

Ausgabe 225 vom Donnerstag, 26.07.2012

Normalerweise ist Andrasch Starke ein strikter Internet-Verweigerer. „Ich habe zwar mein Uralt-Handy und eine Email-Adresse, aber auch nur, weil ich das von Berufs wegen brauche, sonst interessiert mich das alles gar nicht“, heißt es. Ausnahmen jedoch bestätigen die Regel. Nach dem Sieg mit Danedream in den King George VI and Queen Elizabeth Stakes ist sein Email-Postfach übergequollen und natürlich hat er sich auch den den Rennfilm auf Youtube angeschaut und alles noch einmal Revue passieren lassen, „das sind Momente, die muss man festhalten, das erlebt man nur einmal im Leben. Ich habe das außergewöhnliche Glück mit Danedream innerhalb von zehn Monaten mit dem Arc und den King George die beiden bedeutendsten Rennen in Europa gewonnen zu haben, das genieße ich jetzt einfach und empfinde große Freude und Genuss.“

Und das konnte jeder in Ascot sehen. So dass die BBC-Reporter fast ein wenig erstaunt waren, wie sich dieser Jockey aus Germany da freuen kann. Aber Andrasch Starke steht zu seinen großen Gefühlen: „Da war nichts, was ich zurückgehalten habe. Wenn man so ein Pferd reiten darf und so ein Rennen gewinnt, dann darf man sich freuen und das habe ich gemacht. Ich habe mich gefühlt wie auf Wolke Sieben!“ Trotzdem ist Andrasch Starke seit seinen großen Erfolgen nicht abgehoben. Ganz im Gegenteil. Er strahlt die Ruhe eines Mannes aus, der es niemanden mehr beweisen muss. Doch das Strahlen ist irgendwie immer noch in seinem Gesicht. Er wirkt gelassen, professionell. Eine kurze Anfrage für ein Interview wird prompt beantwortet.

TT: Andrasch, zwei Tage nach dem großen Erfolg. Wie war die Landung?

AS: Leider musste ich sofort nach dem Rennen zum Flughafen. Ich habe noch zwei schnelle Interviews gegeben und dann ging es sofort los. Das war schade, ich wäre so gerne noch in Ascot auf der Bahn geblieben. Die Atmosphäre dort: Wahnsinn! Die Leute feiern, machen Picknick, es ist ein Feiertag, auch weil die Queen da ist. Alle machen sich schick und bleiben auch nach den Rennen auf der Bahn. Aber mein Flieger nach Köln ging schon so früh, weil ja am nächsten Tag schon wieder Berlin auf dem Programm stand. Das war genauso wie nach dem Arc, da war ich auch am Tag danach in Hoppegarten. Ich bin dort sehr nett empfangen worden, Gerhard Schöningh hat vor den Rennen eine kleine Kutschfahrt organisiert, der Rennfilm aus Ascot ist auch gezeigt worden. Aber ich hatte wenig Zeit, denn ich musste in jedem Rennen reiten. Und dann geht das normale Leben weiter, sicher wird es wie nach dem Arc-Sieg noch eine Feier mit den Besitzern geben, aber alles zur seiner Zeit.

Kutschfart zu Ehren der Ascot-Sieger (von links): Trainer Peter Schiergen, Jockey Andrasch Starke, Gastgeber Gerhard Schoeningh und Waldemar Zeitelhack, der Besitzer der 1975-er Arc-Siegers Star Appeal auf der Rennbahn in Berlin-Hoppegarten. www.galoppfoto.de - Sabine BroseKutschfart zu Ehren der Ascot-Sieger (von links): Trainer Peter Schiergen, Jockey Andrasch Starke, Gastgeber Gerhard Schoeningh und Waldemar Zeitelhack, der Besitzer der 1975-er Arc-Siegers Star Appeal auf der Rennbahn in Berlin-Hoppegarten. www.galoppfoto.de - Sabine Brose

TT:  Gibt es – ausgenommen natürlich Ihre Frau - ein anderes weibliches Wesen, das Sie so zum Strahlen bringt wie Danedream?

AS (lacht): Ich freue mich auch über jedes andere Rennen. Aber so etwas wie in Ascot ist etwas ganz Außergewöhnliches. Mir ist  bewusst, dass ich ein unglaubliches Glück damit habe, dieses Pferd reiten zu dürfen. So etwas wird es mit großer Wahrscheinlichkeit nicht so schnell wieder geben. Denn Pferde wie Danedream sind in Deutschland die Ausnahme. Für viele ausländische Jockeys sind solche Rennen vielleicht nichts Besonderes mehr, die reiten da immer und kriegen immer wieder Top-Pferde. Deshalb genieße ich das aber umso mehr. Das kann mir keiner mehr nehmen.

TT: Nach dem Arc-Erfolg nun der Sieg in den King George – der erste deutsche Erfolg in diesem Rennen überhaupt. Was wiegt schwerer, was bedeutet Ihnen mehr?

AS: Das kann ich nicht sagen. Beide Rennen bedeuten mit unglaublich viel. Der Arc-Sieg kam für mich vielleicht etwas weniger überraschend. Danedream hat mir schon beim Aufgalopp so viel Vertrauen gegeben und im Rennen hatte ich die Hände immer voll, während die anderen schon kämpfen mussten. Da wusste ich, dass wir gut abschneiden. Die King George sind vielleicht noch anspruchsvoller als der Arc und auch die Vorgeschichte war eine ganz andere. In Ascot mussten wir nach dem schlechten Abschneiden im Grand Prix de Saint-Cloud die Form ja um 100 Prozent wandeln. Aber Danedream hat mir wieder so viel Vertrauen gegeben und für mich gekämpft. Ich war ganz gelassen und hatte unterwegs ein gutes Gefühl. Die macht das von ganz alleine … und dann so ein Rennen mit Nase zu gewinnen … einfach sensationell.

TT: So ganz unbeteiligt waren Sie an der Sache aber nicht, auch die internationale Fachpresse attestiert Ihnen einen Weltklasseritt. Wie haben Sie den Rennverlauf erlebt, ist das alles noch präsent?

AS: Ja, jede Sekunde des Rennens. Das ist alles sehr bewusst abgelaufen. Ich wusste, dass vorne der Pacemaker zurückkommt. Nathaniel war immer neben mir, der hat lange gewartet. Ich habe kurz überlegt, in die Lücke vor mir reinzugehen, aber die war nicht groß genug und ich wusste, dass Nathanial mich festnageln will. Den Stopp wollte ich nicht riskieren, da bin ich mit Danedream rausgezogen und wie sie dann gekämpft hat, das war unglaublich. Solche Endkämpfe passieren nur, wenn man zu 100 Prozent an das Pferd glaubt.

TT: Der Trainer Peter Schiergen hatte Danedream erst als Zweite gesehen, das Zielfoto zeigt ja auch, wie knapp es war. Was haben Sie gedacht?

AS: Wenn man obendrauf sitzt, dann weiß man das eigentlich am besten. Ich hatte ein gutes Gefühl und habe gedacht, entweder ist das ein totes Rennen oder wir sind vorne. In England kommt das Zielfoto ja sehr schnell und als ich den positiven Aufschrei der Zuschauer gehört habe, da habe ich für einen Moment geglaubt, dass ich mich wohl getäuscht habe. Denn so einen Jubel kriegt normalerweise nur der Favorit – nicht der Außenseiter. Aber dann habe ich gemerkt, hey, die jubeln für uns. Das war der totale Wahnsinn. Eine unglaubliche Stimmung für alle, für das ganze Team.

TT: Ein kleiner Wehmutstropfen ist die sechstägige Sperre, die Sie wegen des Peitscheneinsatzes bekommen haben. Zwei Schläge mehr als erlaubt. Ich frage Sie das, weil sich in die Diskussionen in den Internetforen immer wieder auch die kritischen Stimmen derer mischen, die aus tierschützerischen Gründen den Peitscheneinsatz anprangern…

AS: Es ist eigentlich schon so, dass man da behutsam mit umgeht. Aber das war so unglaublich knapp, ein unglaublicher Endkampf. In solchen Rennen geht es um so viel und auch die beiden Jockeys hinter mir haben Strafen bekommen. Es ist ja auch nicht so, dass wir übertrieben haben. Sieben Schläge sind erlaubt, ich hatte nur zwei mehr. Ich bin auch der festen Überzeugung, dass das Pferd davon kaum etwas merkt. Wir haben mittlerweile Stöcke, die mit Schaumstoff gepolstert sind und immer strengere Reglements. Früher war das sicher anders. Diese Diskussion wird uns sicher noch weiterbeschäftigen.

TT: Was haben die beiden großen Erfolge mit Danedream für Sie in der öffentlichen Wahrnehmung geändert?

AS: Auf deutschen Rennbahnen hat man mich sicher schon vorher gekannt, aber international war das anders. Ich bin auch viel herumgekommen, aber man hat nicht immer solche Pferde, um in der höchsten Liga mitzumischen. Das ist mit Danedream anders geworden. Es ist schon spürbar, dass einen die Kollegen aus dem Ausland mehr respektieren. Spätestens seit Samstag weiß auch der internationale Rennsport: Die deutschen Pferde und Jockeys haben es drauf!

TT: Und dann die Siegerehrung mit Queen Elizabeth II. Das Foto auf unserer Titelseite sagt eigentlich schon alles. Das war doch sicher ein ganz besonderer Moment in Ihren Sportlerleben?

AS: Ja, auch jeden Fall. Wer hat in seinem Leben schon das Privileg so etwas zu erleben? Das Foto bekommt auf jeden Fall einen Ehrenplatz bei mir. Wir wurden vorher instruiert, dass wir ihr auf keinen Fall die Hand geben dürften, sondern dass nur sie das Recht dazu hat. Aber das war überhaupt kein Problem. Das war alles sehr entspannt und sehr nett. Sie hat uns sogar auf Deutsch begrüßt und uns gratuliert. Dann wollte sie noch wissen, ob uns die Ehrenpreise gefallen, und wann Danedream nach Hause fährt. Das sind die Momente, die muss man festhalten. Solche Erfolge beflügeln, man ist noch entspannter, hat noch mehr Freude bei der Arbeit. Dann geht man auch gerne morgens früh um 5 Uhr zum Training.

TT: Wie geht es Danedream?

AS: Die ist hier ganz munter am nächsten Morgen nach Ihrer Reise über den Kanal hier angekommen. Dann hat sie auf der Koppel Gras gefressen. Der geht es gut.

TT: Und welche Träume haben Sie noch mit ihr? Dass Sie am Ende der Saison nach Japan in die Zucht geht, gilt ja als sicher.

AS: Ich hoffe, dass das mit dem Start im Großen Preis von Baden klappt. Es wäre schön, noch einmal in Deutschland mit ihr zu laufen. Dann natürlich der Arc. Wer weiß, vielleicht schenkt Sie uns ja noch einen ganz großen Sieg...?

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