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Ein Wallach gewinnt das Tschechische Derby

Autor: 

Martin Cáp

TurfTimes: 

Ausgabe 271 vom Donnerstag, 27.06.2013

Es war vielleicht das seltsamste Derby, das je in Tschechien gelaufen wurde. Nachdem die Prager Rennbahn Anfang Juni stark von der Überschwemmung getroffen wurde, mussten alle Derby-Trials inklusive der tschechischen „Union“ abgesagt werden und man tappte völlig im Dunkeln, was die Klasse und Stehvermögen der dreijährigen Spitze angeht. Da man mit der Prager Rennbahn frühestens im Herbst wieder rechnen kann, musste das Derby zum zweiten Mal in der Geschichte anderswo gelaufen werden. Man entschied sich relativ schnell für Most, die moderne Anlage im Norden des Landes unweit der deutschen Grenze, wo seit 1997 Flach- und Hindernisrennen gelaufen werden und wo die Tschechischen Oaks zuhause ist. Die Bahn hat ein wesentlich anderes Profil als Prag, auf der Gegengerade geht es Berg auf und in der Zielgerade Berg ab, was besonders großrahmigen Pferden und Stehern mit Speed zu schaffen macht.

Mit Mister Aviation (Montjeu) hat Trainer Frantisek Holcak sein siebtes Derby gewonnen und ist somit zum erfolgreichsten Trainer des Blauen Bandes aufgestiegen. Alle seine Sieger wurden im Winter vor der Saison speziell für die klassischen Rennen gekauft, was auch der Fall von Mister Aviation ist. Der Stall Monte Negro hatte ihn privat von Tommy Stack in Irland mit dem Rating 85 erworben.

Der Wallach Mister Aviation (links) mit Jan Havlik als Sieger im Tschechischen Derby. www.galoppfoto.de - Petr GuthDer Wallach Mister Aviation (links) mit Jan Havlik als Sieger im Tschechischen Derby. www.galoppfoto.de - Petr Guth

Mister Aviation hatte einen idealen Rennverlauf und als er anfangs der Zielgeraden auf die Spitze ging, zeigte er sich als großer Kämpfer, denn er konnte dem späten Angriff von Talar (Whipper) um einen Kopf standhalten. Zum ersten Mal belegten die ersten zwei Plätze im Derby Wallache, denen die klassischen Rennen nach einer heftigen Diskussion im Jahre 2007 geöffnet wurden. Eine kontroverse Entscheidung, die ohne Zweifel auf die große Popularität der Hindernisrennen im Lande und die stets sinkende Bedeutung der tschechischen Vollblutzucht zurückgeht. Nach dem Resultat des Derbys scheint es, dass sich da wieder einiges ändern könnte.

Dritter wurde aus der einheimischen Zucht stammende Außenseiter Taggerton, der erste erfolgreiche Sohn von Egerton, der in den letzten zwei Jahren der meist gebuchte Hengst im mährischen Gestüt Napajedla war. Auf schnellem Boden enttäuschten die Favoriten mit deutschen Wurzeln – der von Irmgard und Dieter Meinke gezogene Bathyrhon (Monsun) zeigte sich zu offensiv, beteiligte sich auf der Pace der Rennens und endete nur als Zehnter. Platz elf belegte Mister Westminster (Hurricane Run) mit Steve Drowne, der nach dem zweiten Platz in den 2000 Guineas als Favorit gehandelt wurde, doch viel besser auf der breiteren Prager Rennbahn aufgehoben wäre.

Die tschechische Saison geht vorerst auf den Bahnen Most, Karlsbad und Pardubice weiter, einige Renntage gibt es auch auf den kleinen Provinzbahnen. Wie genau die Rückkehr nach Prag aussehen wird, bleibt offen, und das nicht nur wegen dem Hochwasser. Schon einige Tage vor dem Derby veröffentlichte der Veranstalter TMM eine Pressemitteilung, dass er kein Interesse an der Saison 2014 hat und dass die Rennbahn einem möglichen neuen Rennverein zur Verfügung steht.

Martin Cáp, Prag

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