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Torquator Tasso in den King George: "Wir haben alles richtig gemacht!"

Autor: 

Catrin Nack

TurfTimes: 

Ausgabe 729 vom Freitag, 29.07.2022

Glänzte auch als Zweitplatzierter: Torquator Tasso mit René Piechulek in den King George and Queen Elizabeth Stakes. ©galoppfoto - Jimmy Clark und Courtesy by GET/Katharina ImmerGlänzte auch als Zweitplatzierter: Torquator Tasso mit René Piechulek in den King George and Queen Elizabeth Stakes. ©galoppfoto - Jimmy Clark und Courtesy by GET/Katharina ImmerGenau 10 Jahre ist es her, dass Danedream auf ihren Sensationssieg im Arc einen ebenso spektakulären Erfolg in Ascots King George VI and Queen Elizabeth Stakes (Gr. I, 2400m) folgen ließ. Wie Londoner Busse, die erst gar nicht, dann im Doppelpack kommen, gab es durch Novellist im Jahr 2013 direkt den nächsten deutschen Erfolg in dem Prestige-Rennen. Tatsächlich sind die „King George“ nach wie vor DIE englische Paradeprüfung in der offenen Altersklasse über die klassische Derby-Distanz. In der heutigen Form gibt es das Rennen seit 1951, lange Jahre war es eine Art ungeschriebenes Gesetz, dass sich der amtierende Epsom-Derby Sieger hier zum ersten Mal der älteren Generation stellte. Adayar nahm diese Tradition im letzten Jahr wieder auf, er war das erste Pferd seit Galileo im Jahr 2001, dem das Derby-King George-Doppel gelang. Arc-Sieger (und -Platzierte) finden beinahe zwangsläufig ihren Weg in die darauffolgenden King George, zu sehr spricht das Rennen eben den klassischen Steher an, und passt auch zeitlich gut in den Rahmen (für die Arc-Titelverteidigung an diesem ersten Sonntag im Oktober). Mit 1,25 Millionen Pfund Preisgeld gehört das Rennen zudem zu den höchstdotierten der Insel. 

Die Tatsache, dass mit Torquator Tasso der amtierende Arc-Sieger seinen Weg nach Ascot fand, hat in der Fachpresse für entsprechende Aufmerksamkeit gesorgt. Auf der rennbahneigenen Webseite war sein Auftritt der Headline-Act, die Fachzeitung Racing Post nahm seinen Auftritt zum Anlass, einen mehrseitigen Bericht über die deutsche Vollblutzucht im Allgemeinen zu verfassen. Auch wenn Torquator Tasso letztendlich als zweitlängster Außenseiter ins Rennen ging, brachten ihm Presse als auch das kundige Publikum nichts als Respekt entgegen; tatsächlich hatten mehrere „Tipster“ ihn als „gutes Ding“ beschrieben, so dass sein Wettkurs zeitweilig gar nur einstellig war.   

Die Rennbahn Ascot hatte es sich im Vorfeld nicht nehmen lassen, zu Beginn der vergangenen Woche einen Pressetermin vor Ort in Mülheim zu organisieren, eine mehrköpfige, selbstredend englische, Journalistenschar reiste an. Im frühen Morgenlicht standen Marcel Weiß und René Piechulek, unterstützt von Julia Römich, Rede und Antwort. Mit guter Resonanz. Auch überregionale Zeitungen berichteten ganzseitig über den jüngsten deutschen vierbeinigen Star. Artikel, von denen Rennsport-Fans hierzulande nur träumen können. Interesse, von denen der Rennsport hierzulande nur träumen kann. Torquator Tasso zeigte sich von seiner besten Seite und bestätigte mit einer hervorragenden Morgenarbeit nicht nur seine gute Verfassung, sondern auch seine aufstrebende Form. „Torquator Tasso Trainer feuert eine gewaltige Warnung vor den King George“ titelte beispielsweise The Sun, Englands Antwort auf die BILD-Zeitung. Es rauschte in Englands Blätterwald. 

Ascots Rennbahn erinnert das Publikum sofort daran, welches Standing der Sport auf der Insel hat. Die Größe, die Ausstattung, die Pracht, die Aufmerksamkeit für kleine Details. Nicht umsonst schreibt England das GREAT in „Great British Racing“ in Blockbuchstaben, hier ist alles großartig. Schon im Vorführring findet jeder deutsche Führring dreimal Platz, und wird auf in England die herrschende Trockenheit (man ist versucht, Dürre zu schreiben) vor allem auf der Innenbahn schmerzlich sichtbar, so tut man hier sein Bestes, um den Rasen so grün wie möglich zu halten. Zum großen Erstaunen von Katja Heckmann, der ständigen Reisebegleiterin von Tasso, war bereits das Gras an der Abladerampe grüner als auf manch deutscher Rennbahn. Unnötig zu sagen, dass es ungepflasterte Wege und Holzbänke nicht gibt in Ascot. 

Bereits im Pre-Paradering bestach Torquator Tasso durch seine feine Eleganz, wie immer hervorragend herausgebracht, glänzend. Eins mit sich und seiner Umgebung, eins mit sich und seinen Begleitern, neben Heckmann war wie immer Nora Blasczyk an seiner Seite. „Er ist für seine Klasse ein recht leichtes Pferd“ bemerkte eine englische Journalistin. Doch Tassos goldenes Fell glänzte in der Sonne, und er hinterließ einen tadellosen Eindruck. 

Und so stand das große Ereignis an, die 71. „King George“ (hier geht es zum kompletten Rennen inkl. Video, weiteren Fotos und der züchterischen Analyse: Klick!). Erneut spielte Torquator Tasso in einem hochklassigen Rennen eine entscheidende Rolle. Mit 16-1 als zweitlängster Außenseiter ins Rennen gegangen, konnte er den Spuren von Danedream und Novellist leider nicht ganz folgen, sein zweiter Platz aber natürlich eine ausgezeichnete Leistung. Nicht 80-1, sondern „nur“ 18-1 zahlte der Sieger Pyledriver, dessen ständiger Reiter Martin Dwyer, Schwiegersohn des Trainers William Muir (der seit dieser Saison seine Lizenz zusammen mit Chris Grassick hält), bereits seit März mit einer Beinverletzung außer Gefecht ist. Nachdem sich zuletzt zweimal Frankie Dettori in den Sattel des Harbour Watch-Sohnes geschwungen hatte, dieser aber für John Gosden in den Sattel stieg, wandte man sich an den nordenglischen Jockey Patrick Joseph McDonald, in dessen C.V. als erster großer Sieg tatsächlich das Schottische Grand National auf der Jagdbahn verzeichnet ist. Mit Laurens hatte 40jährige Jockey bereits viermal auf höchstem Parkett punkten können, nun der Sieg in den King George. 

„Ich mache gleich Eure Arbeit und liefere die Schlagzeile“ witzelte William Muir direkt nach dem Rennen und sagte sinngemäß „Die klassische Generation versagt, es war ein schlechtes Rennen “. Tatsächlich hat mit Pyledriver nicht nur das Pferd mit dem niedrigsten Rating gewonnen; noch vor Torquator Tasso, der als Jährling bekanntlich die vergleichsweise geringe Summe von 24.000 Euro kostete, war er das mit Abstand „günstigste“ Pferd im Rennen. Für 10.000gns hatten seine Züchter, nun Teil des Besitzersyndikats, ihn als Fohlen zurückgekauft, rückblickend die beste Entscheidung ihres Lebens. Rund 1.8 Millionen Pfund an Gewinnsumme stehen nach dem King George auf der Haben-Seite. Rund 3,1 Millionen Pfund (um bei der Darstellung einer englischen Datenbank zu bleiben) sind es im Übrigen bei Tasso, der am vergangenen Samstag für seinen zweiten Platz knapp 230.000 Pfund eingaloppierte; aber jede deutsche Rennsport-Fan weiß natürlich um das ausgezeichnete Preisgeld in Frankreich. Die Entscheidung, in England anzutreten, war so goldrichtig wie Tassos Fell und sein Team reiste nach dem feinen zweiten Platz hocherhobenen Hauptes zurück nach Deutschland. Wie zu erwarten, tauchten in den Tagen nach dem Rennen durchaus kritische Artikel über die Klasse des Rennens auf; die Tatsache, dass der amtierende Epsom Derby Sieger Desert Crown das Rennen mit einer Verletzung auslassen musste (und im Moment für unbestimmte Zeit außer Gefecht scheint), dass die beiden Vertreter der klassischen Generation, die Oaks-Zweite Emily Upjohn und der Irische Derby-SiegerWestover, völlig ausspannten, dass kein einziger Vertreter der 2021 klassischen Generation im Rennen antrat, wurden als Klagepunkte gegen das Rennen verwendet. Wie anders die Schlagzeilen ausgesehen hätten, wären die gemeinten Pferde vorne gewesen ….

Was Pläne angeht, so wird Torquator Tasso - Gesundheit vorausgesetzt - nur noch einmal in Deutschland laufen. Es sind Pferde wie er, die die Fans auf die Rennbahn ziehen sollten, und wenn auch die Reichweite des Rennsports außerhalb der eigenen Kreise so schmerzlich gering ist: Jeder Pferdefreund muss ein Pferd wie ihn sehen wollen. Ein Spitzenathlet, ein Pferd mit einer seltenen Aura, ein Pferd, das für sich einnimmt und einfach begeistert. Kurz: Ein Publikumsmagnet. Wir sehen uns am 04. September in Iffezheim beim Großen Preis von Baden.

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