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St. Leger-Wochenende in Europa - Bruderkampf in Dortmund

St. Leger-Favorit Araldo im Porträt

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Turf aktuell

TurfTimes: 

Ausgabe 232 vom Donnerstag, 13.09.2012

Es steht das europäische St. Leger-Wochenende bevor. Gleich in drei Ländern – Deutschland, England und Irland – haben Vollblüter mit besonders ausgeprägtem Stehvermögen die Chance der Bewährung auf Gruppe-Level. War es früher allerorten die letzte der klassischen Dreijährigen-Prüfungen, so hat sich das St. Leger diesen Status nur noch im Mutterland des Turfs bewahrt. In England genießt das Rennen auch eine weit höhere Wertschätzung, nicht allein in diesem Jahr durch den Versuch des Iren Camelot am Samstag in Doncaster mit der Komplettierung der „Triple Crown“ Turf-Geschichte zu schreiben.

In allen anderen Turf-Nationen erlebte das St. Leger einen sportlichen Niedergang. In Irland ist es allerdings weiterhin eine Gruppe I-Prüfung, die an diesem Samstag auf dem Curragh vom irischen Ex-Derby-Sieger und Ex-Ascot Gold Cup-Sieger Fame and Glory angesteuert wird. Der O’Brien-Schützling wird u.a. auf den letztjährigen Favoriten des Deutschen Derbys, den Briten Brown Panther, und sieben weitere Gegner treffen, von denen allerdings nur zwei den aktuellen Derby-Jahrgang vertreten.

In Deutschland hat das St. Leger in der Nachkriegszeit seine Heimat in Dortmund gefunden. Hierzulande sind die Zeiten längst vorbei, in denen die Stars des Derby-Jahrgangs im St. Leger noch einmal zu einer Revanchepartie auf einer längeren Distanz aufeinandertrafen. Über Jahrzehnte als Gruppe II-Prüfung gelaufen, wurde das Rennen in 2005 aufgrund abnehmender sportlicher Bedeutung auf Gruppe III-Status herabgestuft. Zwei Jahre später erfolgte die Öffnung für die älteren Jahrgänge, womit eine Entwicklung in anderen Ländern nachvollzogen wurde. Gleich bei der Premiere eines nun für alle Jahrgänge offenen St. Legers trug sich mit dem damals 5jährigen El Tango ein Vollblüter in die Siegerliste ein, der dieses Rennen bereits zwei Jahre zuvor als Dreijähriger schon einmal gewonnen hatte. Der aus Wittekindshofer-Zucht stammende Acatenango-Sohn blieb bislang der einzige Doppelsieger des St. Legers in Deutschland.

Daran wird sich auch am Sonntag nichts ändern, wenn sich im Großen Preis von DSW21 - 128. Deutsches St. Leger (Gruppe III, 2800m, 55.000€) neun Vollblüter um die Nachfolge des im Vorjahr siegreichen Briten Fox Hunt streiten. Bei einem Erfolg des aus dem Championquartier von Andreas Wöhler aufgebotenen Altano (Eduardo Pedroza) käme es allerdings zu einem doppelten St. Leger-Erfolg des mittlerweile 6jährigen Galileo-Sohns, wenn auch nicht im selben Land. Im Vorjahr belegte Altano zwar nur Rang 6 im Deutschen St. Leger, gewann anschließend jedoch das Italienische Pendant in Mailand. In diesem Jahr konnte er sich als Gruppe-Sieger im Hoppegartener Oleander-Rennen auf Extremsteherdistanz auszeichnen. Seit dem Derby-Meeting, als er nur auf Rang 4 im Langen Hamburger landete, hat Altano pausiert.

Sein zwei Jahre jüngerer von High Chaparral abstammender Halbbruder Araldo (Martin Harley) wird aktuell noch etwas höher eingestuft. Der von Paul Harley in Warendorf trainierte 4jährige Hengst des Gestüts Ittlingen hat sich als sehr spätreifes Pferd kontinuierlich gesteigert und ist in dieser Saison noch unbesiegt. Zuletzt gewann er auf Listenebene in Baden-Baden über dieselbe Distanz, was ihm die Favoritenrolle für das Dortmunder Rennen beschert.

Von den drei Vertretern des Derby-Jahrgangs im Starterfeld verdient die beständige Schiergen-Vertreterin Nymphea (Dennis Schiergen) nach ihrem hervorragenden 2. Rang im Stuten-Derby einigen Kredit. Sie blieb in Düsseldorf weit vor der Röttgenerin Wilddrossel (Eugen Frank), die in Dortmund die Einschätzung ihres Trainer Markus Klug bestätigen muss, dass sie auf „Bahnen mit Linien“ zu deutlich besseren Leistungen fähig ist. Der einzige Hengst aus dem Derby-Jahrgang ist der wie Nymphea im Besitz des Stalles Nizza stehende Nexius (Alexander Pietsch), der jedoch von Waldemar Hickst vorbereitet wird. Für ihn ist es ein deutlicher Sprung in der Distanz, der etwas überraschend kommt. Der Union-Dritte ist bislang noch nicht einmal über Derby-Distanz am Start gewesen.

Die zwei aus dem Ausland anreisenden Starter sind beide in Deutschland keine Unbekannten. Die 4jähirge Tidespring (Fabrice Veron) aus dem französischen Quartier von Henri-Alex Pantall  war beim Derby-Meeting zuletzt Zweite im Langen Hamburger und blieb dabei vor Altano. Als Monsun-Tochter wäre ihr Sieg in diesen Tagen natürlich eine besondere Hommage an ihren am Dienstag verstorbenen Vater. Nach Royal Fantasy (2003) und Schiaparelli (2006) wäre ihr Erfolg der dritte St. Leger-Sieg eines Monsun-Nachkommens und gleichzeitig der zweite französische Triumph im Dortmunder Ex-Klassiker nach Non Partisan, der 1992 dieses Rennen im ersten Jahr seiner internationalen Öffnung über die Landesgrenze entführen konnte. Auch der zweite Gast, der 4jährige Wallach Donn Halling (Martin Seidl) aus dem tschechischen Stall von Václav Luka, gab bei der Iffezheimer „Großen Woche“ als Dritter auf Listenparkett bereits hierzulande seine Visitenkarte ab. Chancenlos ist der Tscheche bei seinem Versuch, dem einzigen tschechischen St. Leger-Sieger Darsalam (2004) nachzueifern, sicherlich nicht, doch spricht auch nicht viel für eine Formumkehr gegen den in Baden-Baden deutlich vor ihm endenden Araldo.

Die beiden noch nicht erwähnten Starter im Dortmunder Saisonhöhepunkt, Gestüt Schlenderhans Tahini (Rene Piechulek) und Stall Blankeneses Earlsalsa (Jozef Bojko), gehören zu den Außenseitern des Feldes. Der 4jährige Schlenderhaner hatte zuletzt im schon mehrfach erwähnten Listenrennen in Iffezheim als Fünfter keine Siegchance und sollte erneut vor einer zu schweren Aufgabe stehen. Beim von der Recke-Schützling Earlsalsa, der im fortgeschrittenen Alter von acht Jahren nur sehr dosiert eingesetzt wird, hängt alles von der Tagesform ab. Der Vorjahresvierte in diesem Rennen gewann zuletzt in Bad Doberan eine harmlose Prüfung und feierte dabei den ersten Volltreffer nach fast zweijähriger Durststrecke. Am Sonntag trifft er ganz andere Gegner und wäre schon mit dem Gewinn eines Preisgeldes gut bedient.

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