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Prix Ganay eröffnet die europäische Champions League des Turfs

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Turf aktuell

TurfTimes: 

Ausgabe 565 vom Freitag, 26.04.2019

Die deutsche Turf-Saison kommt langsam in Schwung, am Wochenende wird in Krefeld das dritte diesjährige Gruppe-Rennen gelaufen, doch spielt sich das Geschehen hierzulande noch in den unteren Regionen des europäischen Pattern-Systems ab. Ein Blick über die Grenze zeigt, dass andernorts auch im Frühjahr bereits Top-Prüfungen auf dem Programm stehen. Den Auftakt des europäischen Reigens von Gruppe I-Prüfungen in diesem Jahr macht am Sonntag Frankreich, wo auf der Rennbahn Paris-Longchamp am westlichen Rand des Bois du Boulogne mit dem Prix Ganay die erste Prüfung dieser Art im Fokus steht. Im Vorjahr im Rahmen der Einweihung der umgestalteten Tribünenbauten in Longchamp einmalig mit 600.000 Euro dotiert, ist man in diesem Jahr wieder zur gewohnten Dotierung von 300.000 Euro, immerhin knapp das Doppelte der meisten deutschen Gruppe I-Rennen, für die 2100m-Prüfung zurückgekehrt.

Ursprünglich als Prix des Sablons im Jahr 1889 kreiert und über eine Distanz von 2000m stets Anfang April ausgetragen, bekam das Rennen im Jahr 1949 den aktuellen Namen (in Erinnerung an den im Jahr zuvor verstorbenen Marquis Jean de Ganay, einem langjährigen Präsidenten der französischen Galopper-Dachorganisation) und im Jahr 1971 bei der Einführung des europäischen Gruppe-Systems die heutige Distanz und terminliche Platzierung Ende April.

Die erste Austragung der Mitteldistanzprüfung vereinigte wie so oft auch in den folgenden Jahren nur ein kleines Feld am Start und hatte mit dem in insgesamt 27 Rennen siegreichen Schimmel Le Sancy einen heißen Favoriten. Doch endete die Premiere mit dem Sieg des Außenseiters Acheron, der gestürzte Favorit musste noch ein Jahr warten, bevor er sich 1890 in die Siegerliste eintragen zu können. In den Annalen des Ganay finden sich zahlreiche große Namen des Turfs: Arc-Heroen, Derby-Sieger aus mehreren Nationen und Sieger weiterer klassischer Prüfungen. Nur selten erlebte ein „One Time Wonder“ in dieser Prüfung seine Sternstunde, meistens setzen sich hier die profilierten Cracks durch. Acht Ganay-Sieger konnten auch am Ende des Jahres ihres Triumphs den Arc gewinnen, zuletzt gelang dies 2007 Dylan Thomas, dem damals ersten irischen Sieger der Prüfung. Fünf weiteren Vollblütern gelang im Anschluss an ihren Arc-Sieg ein halbes Jahr später der Treffer im Ganay, das letzte Beispiel für diese Art des Doubles ist der Franzose Bago im Jahr 2005.

Fünfmal kam es zu einem Doppelerfolg im Ganay, jeweils in aufeinanderfolgenden Jahren. Der bekannteste Name unter den Doppelsiegern gehört der Wildenstein-Stute Allez France, die hier 1974 und 1975 gewann. Die stets von Jockey Yves Saint-Martin (sechsfacher Rekord-Ganay-Siegjockey) gerittene Arc-Siegerin, die als erste Stute der Turf-Historie zur Preisgeldmillionärin aufstieg, gewann in beiden Jahren überlegen. In den Schatten gestellt wurde die Französin im letzten Jahrzehnt allerdings von ihrem Landsmann Cirrus des Aigles, dem einzigen Dreifachsieger im Ganay. Der bis zum Alter von neun Jahren auf der Rennbahn aktive Kultwallach gewann auf seiner Lieblingsbahn Paris-Longchamp in den Jahren 2012, 2014 und 2015, unvergesslich sein Kampfsieg 2014, als er die als unschlagbar eingestufte Treve mit einem kurzen Kopf bezwang.

Im Jahr 2013 musste Cirrus des Aigles einen Start im Ganay verletzungsbedingt auslassen und machte damit den Weg frei für den einzigen deutschen Ganay-Triumphator. Der Soldier of Hollow-Sohn Pastorius gewann unter Olivier Peslier mit einer Länge Vorsprung auf den heutigen Fährhofer Deckhengst Maxios, der zu dieser Zeit unter Obhut von Jonathan Pease in den Farben der Niarchos-Familie lief. Fünf Jahre zuvor hatte der von Peter Rau nach Paris entsandte Saddex, der nur eine halbe Länge hinter dem O’Brien-Schützling Duke of Marmalade Zweiter wurde, die Chance auf einen deutschen Ganay-Erfolg knapp verpasst. Dieselbe Platzierung hatte zehn Jahre davor bereits die von Harro Remmert betreute Diana-Siegerin Que Belle eine Länge hinter dem Aga Khan-Hengst Astarabad erreicht. Immerhin Dritter zum französischen Derby-Sieger Vision d'Etat war Gestüt Schlenderhans Adlerflug bei seinem Ganay-Start im Jahr 2009, der gleichzeitig sein letzter Auftritt auf der Rennbahn war.

Ausländische Starter kamen im Ganay insgesamt nur zu acht Siegen in der 130jährigen Geschichte des Rennens, waren allerdings auch nur in geringer Zahl in dieser Prüfung am Ablauf. Der beeindruckendste Sieger war jedoch einer dieser Gäste, der Brite Mill Reef, der 1972 mit stattlichen 15 Längen Vorsprung gewann und seinerzeit für den ersten Ganay-Sieg eines im Ausland trainierten Vollblüters sorgte. Auch im Vorjahr ging der Erfolg im höchstdotierten Prix Ganay aller Zeiten ins Ausland, als der von John Gosden trainierte Cracksman bei seinem überlegenen Vier-Längen-Sieg imponierte.

Bei der 127. Austragung der Prüfung am kommenden Sonntag stehen die Chancen auf einen weiteren ausländischen Erfolg alles andere als schlecht. Ein Jahr nach Cracksman ist es der Godolphin-Vertreter Ghaiyyath aus dem englischen Erfolgsquartier von Charlie Appleby, der sich anschickt, erneut den Sieg auf die Insel zu entführen. Der 4jährige Hengst gewann vor drei Wochen den traditionellen Ganay-Aufgalopp in Paris-Longchamp, den Prix Harcourt (Gr. II), souverän Start-Ziel und muss laut Trainer Appleby jetzt seinen „Härtetest“ beim Debüt auf Gruppe I-Parkett absolvieren, um Applebys Einschätzung als veritabler Arc-Kandidat zu rechtfertigen.

Dem englischen Dubawi-Sohn stellen sich vier heimische Kandidaten der Trikolore in den Weg. Gestüt Ammerlands von Andre Fabre trainierter Waldgeist absolviert dabei sein Saisondebüt und hat die Winterpause hoffentlich zum Auftanken nutzen können, bei seinen letzten Starts Ende des Vorjahrs in den USA und Hongkong wirkte der bereits auf Gruppe I-Parkett siegreiche Galileo-Sohn nicht mehr ganz frisch. Beim letztjährigen französischen Derby-Sieger Study of Man war nach dem Derby-Triumph Anfang Juni der Faden gerissen, jetzt soll dem Schützling von Pascal Bary beim Saisondebüt der Neuanfang gelingen. Mit dem in der französischen Godolphin-Filiale bei Andre Fabre stationierten Soleil Marin und dem von Fabrice Chappet vorbereiteten Intellogent gehen auch die beiden hinter Ghaiyyath Platzierten des Prix Harcourt an den Start, wobei nicht viel für eine Formumkehr spricht.

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