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Paul Harley im Porträt: Optimale Bedingungen im Grünen

Paul Harley im Trainingszentrum Warendorf. Foto: Julia Baum

Autor: 

Karina Strübbe

TurfTimes: 

Ausgabe 218 vom Donnerstag, 07.06.2012

Seit Anfang des Jahres trainiert Paul Harley in einer grünen Idylle. Wer auf den Hesselhof irgendwo zwischen Warendorf, Sassenberg und Füchtorf kommt, muss die Anlage schon gezielt gesucht haben. Das Navigationsgerät ist beim Finden eher eine Hürde als eine Hilfe. Auch auf dem Hof empfängt den Besucher erst einmal Ruhe, es sei denn, ein Lot ist gerade auf dem Weg zur Trainingsbahn oder kommt von dort zurück. Weitläufig ist das Gelände, da muss Paul Harley schon einmal das Auto nehmen, will er rechtzeitig auf der Bahn stehen, um seine Schützlinge beim Canter zu begutachten.

Paul Harley bei der Arbeit, All For You wird abgespritzt. Foto: Karina StrübbePaul Harley bei der Arbeit, All For You wird abgespritzt. Foto: Karina StrübbeTempo ist Programm bei der Morgenarbeit, Paul Harley ist gefühlt überall, öffnet die Fenster im Stutenstall, gibt zwischendurch Anweisungen, bandagiert Pferdebeine, springt zwischendurch ins Büro, spricht mit dem Hufschmied und dann ist auch schon wieder Zeit für das nächste Lot. Hektik kommt trotzdem nicht auf. Das Team hat sich in den letzten Monaten eingespielt, die Stimmung ist gut und das zeigen auch die ersten Resultate auf den Rennbahnen. Vor knapp fünf Wochen schnupperten Harleys erste Starter Rennluft und der Anfang war durchaus vielversprechend. Eine Siegquote von knapp 30% oder in Zahlen 7 Sieger bei 24 Starts stehen bislang zu Buche.

Paul Harleys erster Sieg als Trainer: In Hannover holte er sich Gestüt Brümmerhofs Abbashiva (Dennis Schiergen) seinen ersten Punkt im neuen Job. www.galoppfoto.de - Frank SorgePaul Harleys erster Sieg als Trainer: In Hannover holte er sich Gestüt Brümmerhofs Abbashiva (Dennis Schiergen) seinen ersten Punkt im neuen Job. www.galoppfoto.de - Frank Sorge

Die Einfahrt des Hesselhofs - mitten im Grünen. Foto: Karina StrübbeDie Einfahrt des Hesselhofs - mitten im Grünen. Foto: Karina StrübbeDank gebührt da vor allem der Mannschaft, sagt Harley. In den Vordergrund drängen, das ist nicht seine Art. Zum Erfolg tragen alle Teammitglieder bei und überhaupt sei es für seine Leute auch nicht so einfach gewesen über den Winter und dann noch die Herausforderung, sich an einen neuen Chef zu gewöhnen. Wenn sich dann die ersten Starter gut präsentieren, ist das doppelt schön. „Das freut mich, denn die Leute hier haben wirklich sehr, sehr hart gearbeitet über den Winter. Die Umstellung für die Mannschaft war auch nicht einfach, das ist klar. Neue Ideen, neues System. Ich ziehe meinen Hut vor der Leistung der Mannschaft und meiner Frau.“ Auch sei einiges investiert worden, zum Beispiel wurde die Sandbahn wurde erneuert. „Ohne Gregor und Julia Baum wäre das sowieso alles nicht möglich gewesen. Dadurch, dass die Anlage privat ist, haben wir sehr viele Möglichkeiten. Die Familie Baum investiert immer weiter in diese Anlage und da können wir nur weiterkämpfen und hoffen, dass es weiterhin so läuft, wie es angefangen hat.“

Stalltrakt auf dem Hesselhof. Foto: Karina StrübbeStalltrakt auf dem Hesselhof. Foto: Karina StrübbeDann muss Harley erst einmal telefonieren, Jockeys für Rennen in Frankreich müssen gefunden und die Abholung eines englischen Jockeys am Flughafen organisiert werden. Gegen kurz nach Mittag kehrt dann wieder mehr Ruhe ein. Einige Pferde stehen auf der Wiese, Platz ist ja genug. Darunter auch Stallcrack Durban Thunder, dessen Saisondebüt kurz bevor steht, wo ist allerdings noch nicht sicher. „Es ist schwer, für ihn als Gruppe I-Sieger überhaupt Rennen zu finden, aber ich bin sehr, sehr zufrieden mit ihm.“ Das Hauptziel ist natürlich wieder der Dallmayr-Preis, dann geht es um die Titelverteidigung. 

Paul Harley mit Rupert Plersch 2009 in Iffezheim. www.galoppfoto.de - Frank SorgePaul Harley mit Rupert Plersch 2009 in Iffezheim. www.galoppfoto.de - Frank SorgeVor kurzem ist auch ein alter Bekannter in den Stall gezogen, War Artist. Nach seiner Rückkehr aus Dubai wurde der mittlerweile Neunjährige in Harleys Obhut überstellt, vielleicht auch ein Zeichen der Verbundenheit mit Rupert Plersch, für den Paul Harley noch bis Ende letzten Jahres als Agent tätig war. War Artist, der ein „tolles Pferd“ sei, soll in Zukunft nicht mehr internationale Gruppe I-Rennen bestreiten, sondern etwas kürzertreten. Anders sieht das bei den jungen, aufstrebenden Kandidaten aus. Dazu zählt Darak, der in Richtung Derby gehen könnte. Möglicherweise sei das für ihn aber noch zu früh, warnt Harley. Bei den dreijährigen Stuten ruhen die Hoffnungen vor allem auf All For You, Santa Ponsa, der Hoppegartener Siegerin Miss Coral und Emily Of Tinsdal. Letztere ist immerhin Schwester von Earl Of Tinsdal.

Die Trainingsanlage in Warrendorf. www.galoppfoto.de - Frank SorgeDie Trainingsanlage in Warrendorf. www.galoppfoto.de - Frank Sorge

Wann denn der Arbeitstag  zu Ende ist, ist die letzte Frage an Paul Harley. Der überlegt kurz. Einen richtigen Feierabend gebe es nicht, zumindest momentan am Anfang nicht. Genauso wenig übrigens wie freie Tage, seit Januar gab es die jedenfalls nicht. Aber die Anlage sei ja wunderschön und sehr ruhig, fast wie Urlaub also. Wenn dann die Pferde auch noch gut laufen, erst recht. 

Das Interview mit Paul Harley
Geboren:05.12.1965
Trainer seit:Januar 2012
Wie regeln Sie die Jockeyfrage?Paul Harley mit seinem Neffen, dem Jockey Martin Harley, in Hoppegarten. www.galoppfoto.de - Frank SorgePaul Harley mit seinem Neffen, dem Jockey Martin Harley, in Hoppegarten. www.galoppfoto.de - Frank Sorge„Je nach Wunsch der Besitzer. Norman Richter ist Jockey am Stall, er wird seine Chancen bekommen. Er hat auch schon drei Rennen für mich gewonnen. Mein Neffe Martin Harley wird eine große Rolle spielen. Er reitet in England und hat schon über 150 Rennen gewonnen. Der Jockey wird von Fall zu Fall entschieden und dann nach Besitzerwunsch.“
Wie viele Pferde haben Sie im Training?„Wenn alle hier sind, sind es genau 50.“
Was sind die größten Hoffnungen bei den Dreijährigen?„Von den Hengsten bis jetzt Darak, der ist ein besseres Pferd. Es kommt auch auf die Entwicklung von Rennen zu Rennen an. Er ist immer noch sehr unreif und babyhaft. Ich weiß noch nicht, ob das Derby für ihn nicht möglicherweise zu früh ist. Er ist sicherlich auf Dauer ein gutes Pferd, wenn er geschont wird, ein Gruppepferd. Derbypferde sind in meinen Augen Pferde, die zweijährig oder früh dreijährig schon gelaufen sind, die also schon Erfahrung gesammelt haben.“
Und bei den Stuten?Santa Ponsa schaut aus ihrer Box. Foto: Karina StrübbeSanta Ponsa schaut aus ihrer Box. Foto: Karina Strübbe„All For You ist eine große Hoffnung und Santa Ponsa. Dann ist da noch Anaita, eine Dubawi-Stute von Manfred Ostermann. Sie ist sehr steigerungsfähig. Ich glaube schon, dass sie ihre Rennen gewinnen wird. Um zu sagen, wie gut sie ist, ist es aber noch zu früh. Emily Of Tinsdal kann man nicht auslassen. Bei ihr hat es ein bisschen gedauert, bis sie sich gefunden hat, aber jetzt kommt sie langsam. Ich bin sehr zufrieden mit ihr. Ich kann mir vorstellen, dass sie eine bessere Stute ist. Wie gut, wird man sehen. Sie hat natürlich ein komplett anderes Pedigree als ihre Geschwister, die alle viel Stamina im Pedigree haben. Librettist ist natürlich Speed, Speed, Speed. Ihre Mutter hat, soweit ich weiß, auch über 1400m gewonnen. Daher denke ich, dass sie bei 1600m anfangen wird. Es wäre natürlich schön, wenn sie rauskäme und sie gleich gut präsentieren oder sogar gewinnen könnte. Denn sie hätte einen unheimlich großen Wert als Zuchtstute, wenn sie Siegerin ist.“
Wie sieht es bei den Zweijährigen aus?

„Ich habe nette Zweijährige, da habe ich noch mehr Hoffnung. Namen kann ich jetzt noch nicht nennen, aber die sind wirklich nett.“

North Star sorgte bei BBAG-Auktion 2007 als €710.000-Rekordjährling für Schlagzeilen: Jetzt liefert er sich nach einem 2. Platz im Fünf-Pferde-Rennen der Kategorie D Wasserschlachten mit seinem neuen Trainer Paul Harley. www.galoppfoto.de - Frank SorgeNorth Star sorgte bei BBAG-Auktion 2007 als €710.000-Rekordjährling für Schlagzeilen: Jetzt liefert er sich nach einem 2. Platz im Fünf-Pferde-Rennen der Kategorie D Wasserschlachten mit seinem neuen Trainer Paul Harley. www.galoppfoto.de - Frank Sorge

Wann ungefähr wird man die Ersten auf der Rennbahn sehen?„Richtung September. Es wird wahrscheinlich der eine oder andere früher rauskommen können, aber ich konzentriere mich eher auf Ende August/Anfang September. Die sind alle gezogen für die zweite Hälfte der Saison oder dreijährig.“
Wie sind Sie zum Rennsport gekommen?„Ich habe mit 14 angefangen mit der Lehre in Irland. Meine Familie hatte mit dem Rennsport nicht so viel zu tun. Allerdings habe ich als Kind Ponyrennen geritten und seit 14 bin ich dabei. Die Lehre habe ich bei Liam Browne gemacht, einem der besten Lehrmeister, die es zu der Zeit gab. Die Lehrzeit betrug fünf Jahre, harte Jahre.“
Fünf Jahre Lehrzeit? Sind das immer noch so viele?„In Irland sind es jetzt vier, glaube ich. Man lernt viel und am Ende sollte man wissen, ob man im Sport bleiben will. Die Lehre in Irland ist hart, aber sehr, sehr gut.“
Warum hat es Sie nach Deutschland verschlagen?Paul Harley als Schlenderhaner Racing-Manager nach Iotas Sieg im Preis der Diana 2005. www.klatuso.com - Klaus-Jörg TuchelPaul Harley als Schlenderhaner Racing-Manager nach Iotas Sieg im Preis der Diana 2005. www.klatuso.com - Klaus-Jörg Tuchel„Ich hatte nicht so viel Erfolg, konnte kaum überleben. Also habe ich mich anders orientiert und z. B. jeden Sommer in Skandinavien geritten und nach Deutschland bin ich durch Christian von der Recke gekommen. Wir kennen uns aus Irland, er war Assistenztrainer, als ich in der Lehre war. Wir kennen und gut und lange. Er hat mich rübergebracht und dann habe ich in Deutschland für Hubertus Fanelsa als Stalljockey gearbeitet. Damals habe ich nicht ein Wort Deutsch gesprochen. Vier Jahre war ich hier als Jockey tätig, durchaus mit Erfolg, aber für ganz oben hat es nicht gereicht: Klick zum Profil Paul Harley mit den wichtigsten Erfolgen! Damals hatte ich auch Gewichtsprobleme. Und da ich immer gesagt habe, dass ich früh aufhören will, wenn es nicht für ganz oben reicht, habe ich das gemacht und mit 29 aufgehört.“
Was kam nach der Jockeykarriere?

Die Mannschaft des Gestüts Schlenderhan mit dem Racing-Manager Paul Harley (3. v. l.) im Derby-Führring 2007: Der Sieger gewann für die berühmten schwarz-rot-blauen Farben und hieß Adlerflug. www.galoppfoto.de - SorgeDie Mannschaft des Gestüts Schlenderhan mit dem Racing-Manager Paul Harley (3. v. l.) im Derby-Führring 2007: Der Sieger gewann für die berühmten schwarz-rot-blauen Farben und hieß Adlerflug. www.galoppfoto.de - Sorge„Ich war vier Jahre bei Godolphin an verschiedenen Orten, Frankreich, England, Dubai. Anschließend bekam ich das Angebot von Baron von Ullmann und seiner Mutter bei Gestüt Schlenderhan. Das war eine Zeit, die sich wahrscheinlich nie in meiner Laufbahn wiederholen wird. Wir hatten damals viele gute Rennpferde, viel Erfolg, ganz tolle Zeit. So viele tolle Rennpferde in solch kurzer Zeit habe ich selten gesehen. Bei meiner Zeit bei Godolphin haben wir 2000 22 Gruppe I-Rennen gewonnen. Danach war ich selbstständig, meistens in Deutschland, fast drei Jahre und habe Rupert Plersch, der war mein Hauptkunde, ein wenig betreut. Habe für ihn gekauft, verkauft usw. War auch eine tolle Zeit, wir haben auch immer noch ein sehr gutes Verhältnis. Er unterstützt mich hier auch mit War Artist.“

 

A propos War Artist, seit wann ist der eigentlich bei Ihnen?

„Der ist seit 7. Mai hier. Er kam von Mike de Kock aus Dubai, da war er über Winter. Ich habe mich letztes Jahr schon um ihn gekümmert, als er bei Markus Klug stand und zweimal in Gruppe I-Rennen in England um dreieinhalb Längen geschlagen war. Dann hatte er unpassenden Boden und zum Schluss war er über den Berg. In Dubai war er jetzt zweimal unplatziert. Aber es freut uns sehr, ihn hier zu haben, er ist so ein tolles Pferd. Wir werden mal schauen, er ist immer noch gesund und ich glaube, wir werden viel Spaß mit ihm haben. Unser Ziel ist nicht mehr Gruppe I, sondern kleinere Rennen, wenn er gesund bleibt und uns gefällt vielleicht die Goldene Peitsche. Die hat er schon einmal gewonnen.“

Und wie kamen Sie dann nach Warendorf?

„Ende des letzten Jahres kam die Anfrage von Gregor Baum, genau zum richtigen Zeitpunkt, weil Rupert Plersch seinen Bestand verringern wollte und wir gerade entschieden hatten,getrennte Wege zu gehen. Wir haben uns getroffen, alles durchgesprochen und uns schließlich geeinigt. Dann haben wir noch einen kurzen Urlaub gemacht und Anfang Januar ging es hier los. Und jetzt sind wir langsam so weit, dass alles läuft, die ersten Pferde sind gelaufen und – toi, toi, toi – haben entweder gewonnen oder sich gut präsentiert. Es freut mich sehr, natürlich auch für meine Besitzer. Da habe ich überhaupt großes Glück, auch was Tierärzte und Hufschmiede angeht, da habe ich ein tolles Team. Ich bin natürlich auch sehr dankbar dafür, dass die ganzen Besitzer hiergeblieben sind. Und ohne Julia und Gregor Baum wäre das sowieso alles nicht möglich gewesen."

Was sind Ihre Ziele/Wünsche für 2012?

„Erfolgreich sein für meine Besitzer. Ich hoffe, dass am Ende des Jahres alle mit den Ergebnissen zufrieden sein können.“

Welches Rennen würden sie gern mal gewinnen?

„Mehrere. Die Winterkönigin zum Beispiel. Die haben wir in meiner Schlenderhaner Zeit nie gewonnen. Das wäre mal nett. Aber generell Grupperennen zu gewinnen ist immer eine tolle Sache. Die Gruppepferde wachsen ja nicht auf den Bäumen. Wir müssen also realistisch sein, vielleicht ist der eine oder andere dabei, wir schauen mal.“

Sie wohnen auf dem Hof? Was machen Sie, wenn sie mal Abstand brauchen?

„Seit Anfang des Jahres haben wir intensiv an der ganzen Sache gearbeitet. Wenn ich ehrlich bin, habe ich keinen Tag frei gehabt, seitdem ich hier angefangen habe. Meine Frau auch nicht. Aber das ist so, wie überall. Wenn man mit etwas Neuem anfängt, muss man hart arbeiten. Wahrscheinlich muss man noch härter arbeiten, wenn es am Laufen ist, aber schauen wir mal. Wir haben großes Glück, unser Job ist unser Hobby.“

Gibt es einen Feierabend?

„Bis jetzt jein, aber irgendwann.“

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